8. Juni 1976 Präsident Pinochet empfängt US-Staatssekretär Henry Kissinger in Santiago de Chile

8. Juni 1976: Präsident Pinochet empfängt US-Aussenminister Henry Kissinger in Santiago de Chile © cc

Dieser Realpolitiker war ein unbehelligter Kriegsverbrecher

Red. /  Erst im Mai 2023 veröffentlichte das National Security Archive in Washington schwer belastendes Material über Henry Kissinger.

upg. Am 29. November ist Henry Kissinger gestorben. Der Friedensnobelpreisträger wird vielerorts als historische Figur gelobt. Doch kurz vor seinem hundertsten Geburtstag veröffentlichte das National Security Archive in Washington am 25. Mai 2023 auf seiner Webseite Links zu Originaldokumenten. Sie entlarven den als Realpolitiker Gefeierten als einen rücksichtslosen und kaltblütigen Machtpolitiker. Das geht aus einer Auswertung von Originaldokumenten hervor. Grosse Medien haben bisher wenig darüber informiert. Infosperber übersetzt nochmals die Zusammenfassung der Archives. Weitere Links zu Originaldokumenten findet man auf der Webseite des Archives.


Der 100. Geburtstag [im letzten Mai] sorgte für eine weltweite Berichterstattung über sein Vermächtnis als führender Staatsmann, Meisterdiplomat und realpolitischer Stratege der Aussenpolitik. «Niemand auf der Welt hat mehr Erfahrung in internationalen Angelegenheiten», schrieb The Economist kürzlich in einer lobenden Würdigung Kissingers. 

Während seiner Amtszeit als nationaler Sicherheitsberater und Aussenminister von Januar 1969 bis Januar 1977 erstellte Kissinger eine lange Reihe von Geheimdokumenten, in denen seine politischen Überlegungen, Gespräche und Direktiven zu vielen Initiativen festgehalten sind. Für einige dieser Initiativen wurde er berühmt: die Entspannung mit der UdSSR, die Öffnung gegenüber China und die Pendeldiplomatie im Nahen Osten.

Doch die historischen Aufzeichnungen dokumentieren auch die Schattenseiten von Kissingers umstrittener Amtszeit: 

  • seine Rolle beim Sturz der Demokratie und dem Aufstieg der Diktatur in Chile, 
  • seine Verachtung für die Menschenrechte und seine Unterstützung für schmutzige und sogar völkermörderische Kriege im Ausland, 
  • geheime Bombenangriffe in Südostasien,
  • seine Beteiligung an den kriminellen Machenschaften der Nixon-Administration, darunter die geheimen Abhörmassnahmen gegen seine eigenen hochrangigen Mitarbeiter.

Um zu einer ausgewogenen und umfassenderen Bewertung von Kissingers Vermächtnis beizutragen, stellt das National Security Archive hiermit ein kleines Dossier mit freigegebenen Aufzeichnungen zusammen – Memos, Memcons und «Telcons», die Kissinger geschrieben, gesagt und/oder gelesen hat. Sie dokumentieren die streng geheimen Überlegungen, Operationen und Strategien während Kissingers Zeit im Weissen Haus und im Aussenministerium.

Die aufschlussreichen «Telcons» – mehr als 30’000 Seiten täglicher Abschriften von Kissingers Telefongesprächen, von denen er viele heimlich aufzeichnete – wurden von Kissinger als «persönliche Papiere» mitgenommen, als er 1977 aus dem Amt schied. Er verwendete sie selektiv, um seine meistverkauften Memoiren zu schreiben. Das National Security Archive zwang die US-Regierung, diese offiziellen Unterlagen von Kissinger zurückzuerhalten, indem es eine Klage vorbereitete: Sowohl das Aussenministerium als auch die National Archives and Records Administration (NARA) hätten rechtswidrig zugelassen, dass geheime US-Regierungsdokumente ihrer Kontrolle entzogen wurden.

Nachdem die Akten zurückgegeben waren, stellte der leitende Analyst des Archivs, William Burr, einen auf das Öffentlichkeitsgesetz FOIA gestützten Antrag auf ihre Freigabe. Die freigegebenen Dossiers enthielten den Klageentwurf – der nie eingereicht wurde. Kissingers Bemühen, diese höchst informativen und aufschlussreichen historischen Aufzeichnungen zu entfernen, aufzubewahren und zu kontrollieren, werden als ein entscheidender Teil seines offiziellen Vermächtnisses angesehen.

Die veröffentlichten Dokumente enthalten auch Links zu Dutzenden anderer Kissinger-Dokumentensammlungen, die das Archiv unter der Leitung des unerschrockenen William Burr über mehrere Jahrzehnte hinweg identifiziert, verfolgt, erhalten und katalogisiert hat. Diese Sammlungen bilden nun eine zugängliche, umfangreiche Sammlung von Unterlagen über einen der bedeutendsten aussenpolitischen Entscheidungsträger der USA im 20. Jahrhundert. Im Folgenden einige Erkenntnisse:


1. KISSINGER, DIE GEHEIMEN BOMBENANSCHLÄGE UND ABHÖRGERÄTE

Im Herbst 1968 nutzte der damalige Harvard-Professor Henry Kissinger seinen Zugang als Berater des Aussenministeriums, um als geheimer Informant der Nixon-Kampagne zu den Friedensgesprächen der Johnson-Regierung in Vietnam zu dienen. Sollte es Präsident Lyndon B. Johnson gelingen, den Krieg zu beenden, befürchtete Nixon, die Wahl gegen Vizepräsident Hubert Humphrey zu verlieren. Deshalb drängte Nixon insgeheim die südvietnamesische Regierung, die Gespräche abzubrechen, und versprach ihr ein besseres Angebot, sobald er gewählt sei.

Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt beschloss der siegreiche Nixon zusammen mit seinem neuen nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger, die heimliche Bombardierung der nordvietnamesischen Nachschubwege in Kambodscha und Laos ins Auge zu fassen, um Ho Chi Minh zu den Bedingungen der USA an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Die Bombenangriffe mit den Codenamen «Frühstücksplan» und «Operation Menü» begannen am 17. März 1969 und dauerten über ein Jahr. Tausende Tausende von kambodschanischen Zivilpersonen wurden getötet. 

Der Präsident bewilligt den «Breakfast plan» von Kissinger
Der Präsident bewilligt den «Breakfast plan» von Kissinger

Am 9. Mai 1969 veröffentlichte die New York Times erstmals einen Artikel über das verdeckte B-52-Bombenprogramm [in Kambodscha und Laos]. Darauf bat Kissinger den FBI-Direktor J. Edgar Hoover, bestimmte Journalisten und US-Beamte, einschliesslich seiner eigenen Mitarbeiter im US-National Security Council  NSC abzuhören, um herauszufinden, wer Informationen an die Medien weitergab. Der erste seiner Mitarbeiter, der abgehört wurde, war ein NSC-Mitarbeiter namens Morton Halperin. Er trat zurück und verklagte schliesslich Kissinger, Nixon und das Justizministerium, weil sie sein Büro und seine privaten Telefone illegal abgehört hatten.

Kissingers Staff verlangte illegale Telefonüberwachungen
Kissingers Staff verlangte illegale Telefonüberwachungen

Als der Abhörskandal aufflog, gab Kissinger an, dass sich seine Rolle darauf beschränkt habe, dem FBI eine erste Reihe von Namen zu liefern. Im Laufe des Halperin-Prozesses behauptete er dann jedoch, dass nicht er, sondern Hoover diese Personen identifiziert habe. Doch Kissingers Stellvertreter Alexander Haig, der dem FBI über einen Zeitraum von zwei Jahren die Namen der mutmasslichen Informanten übermittelte, erklärte, er habe diese Namen von Kissinger erhalten. Laut Halperins Klage haben sich Hoover und Kissinger am Tag der ersten New York Times-Story viermal an diesem Tag telefonisch beraten. Am gleichen Abend wurde die Abhöranlage auf dem Haustelefon von Halperin installiert.

Hoover sandte Berichte über die Überwachung von Halperin und anderen Zielpersonen direkt an Präsident Nixon. Einer dieser Berichte wurde kürzlich von der Nixon-Bibliothek freigegeben. «Die illegalen und regelwidrigen Abhörmassnahmen der Regierung verletzten nicht nur das Recht auf Privatsphäre, sondern beeinträchtigten auch die politischen Rechte der überwachten Personen und derjenigen, mit denen sie sprachen», so Halperin in einer Erklärung an das Archiv für diesen Beitrag. «Diese Überwachungsaufzeichnungen erinnern uns an die Notwendigkeit ständiger Wachsamkeit und Rechenschaftspflicht.»


2. KISSINGER UND CHILE

Chile ist wohl die Achillesferse von Kissingers Erbe. Die freigegebenen historischen Aufzeichnungen lassen keinen Zweifel daran, dass Kissinger der Hauptverantwortliche für die Bemühungen der USA war, die demokratisch gewählte Regierung von Salvador Allende zu destabilisieren. Wie aus CIA-Dokumenten hervorgeht, überwachte Kissinger in den Wochen vor Allendes Amtsantritt verdeckte Operationen unter dem Decknamen FUBELT, um den Militärputsch anzuzetteln, der direkt zur Ermordung des chilenischen Oberbefehlshabers der Armee, General René Schneider, führte. 

Kissingers Memorandum an den Präsidenten Allendes Wahl
Kissingers Memorandum an den Präsidenten nach der Wahl Allendes

Nachdem die ersten Putschversuche gescheitert waren, überzeugte Kissinger persönlich Nixon, die Position des Aussenministeriums zu unterstützen: Washington solle keinen Modus Vivendi mit Allende anstreben, sondern eine geheime Intervention genehmigen mit dem Ziel, «Allendes Probleme zu verschärfen, so dass er zumindest scheitert oder […] maximale Bedingungen geschaffen werden, unter denen ein Zusammenbruch oder ein Umsturz möglich wäre». Das geht aus Kissingers Gesprächsleitfäden in den drei Tagen nach Allendes Amtsantritt hervor.

Nur wenige Tage nach dem Sturz Allendes vor fünfzig Jahren am 11. September 1973 teilte Kissinger Nixon mit, die USA «haben die Bedingungen so gut wie möglich hergestellt. In der Eisenhower-Zeit wären wir Helden».

Kissinger gestaltete die US-Politik so, dass Allende daran gehindert wurde, seine gewählte Regierung zu konsolidieren. Nachdem die Streitkräfte von General Augusto Pinochet gewaltsam die Macht übernahmen, so zeigen die Dokumente, gestaltete Kissinger die US-Politik neu, um die Konsolidierung einer brutalen Militärdiktatur zu unterstützen. «Ich denke, wir sollten unsere Politik so verstehen, dass diese Regierung, so unangenehm sie auch sein mag, besser für uns ist als Allende», sagte er zu seinen Stellvertretern, als diese ihm in den Wochen nach dem Putsch über die Menschenrechtsverletzungen berichteten. 

Bei einem privaten Treffen mit Pinochet im Juni 1976 in Santiago sagte Kissinger zu dem chilenischen Diktator: «Meine Einschätzung ist, dass Sie ein Opfer aller linken Gruppen in der Welt sind und dass Ihre grösste Sünde darin bestand, dass Sie eine Regierung gestürzt haben, die auf dem Weg zum Kommunismus war.»

«Wir wollen Ihnen helfen und Ihnen keine Steine in den Weg legen», teilte Kissinger dem General mit, wobei er den Rat seines eigenen Botschafters in Chile missachtete, Pinochet eine direkte, harte Botschaft in Sachen Menschenrechte zu übermitteln. Vielmehr sagte Kissinger: «Sie haben dem Westen mit dem Sturz von Allende einen grossen Dienst erwiesen.»


3. KISSINGER UND DIE MENSCHENRECHTE

Die verächtliche Umarmung des Pinochet-Regimes durch Aussenminister Kissinger und die Missachtung seiner Unterdrückung trugen zu einer breiten öffentlichen und politischen Bewegung bei, welche die Menschenrechte als Priorität in der US-Aussenpolitik institutionalisieren wollte. 

Doch als der Kongress Gesetze vorbereite, welche die US-Hilfe für ausländische Regime, welche die Menschenrechte verletzten, einschränken sollten, eskalierte Kissingers Verachtung für die Menschenrechtsfrage. Seine Bereitschaft, massenhaftes Blutvergiessen, Folter und Verschwindenlassen durch verbündete, antikommunistische Militärregime zu billigen, zu unterstützen und zu akzeptieren, spiegelt sich in verschiedenen freigegebenen Dokumenten wider.


Von Kambodscha über Pakistan bis Indonesien

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1957: Kissinger befürwortet Einsätze von Atomwaffen

upg. Während des Vietnamkriegs bombardierten die USA ab 1965 Kambodscha. Im Laufe der Jahren wurden unter Kissingers direkter Federführung über 2,7 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen und es gab rund 500’000 zivile Opfer.

Die Vernichtungsstrategie der USA verhalf Pol Pot und den Khmer Rouge in Kambodscha an die Macht. Indirekt ist Kissinger damit für über eine Million Opfer des Pol-Pot-Regimes verantwortlich. 

Der Sozialwissenschaftler Marko Kovic weist in Tweets auf weitere Kriegsverbrechen Kissingers hin: 1971 unterstützte er den pakistanischen Genozid an der ost-pakistanischen Bevölkerung (heute Bangladesch). Bis zu drei Millionen Menschen wurden ermordet.

Ab 1975 unterstützte die US-Regierung mit Waffenlieferungen unter anderen den indonesischen Genozid in Ost-Timor, in dem rund 250’000 Zivilpersonen ermordet wurden. Kissinger hatte die Invasion von 1975 mit dem indonesischen Diktator Suharto koordiniert.


4. KISSINGER UND DIE OPERATION CONDOR

Kissingers Widerstand, die Militärregime der Südhalbkugel zur Einhaltung der Menschenrechte zu drängen, erstreckte sich auch auf deren internationale Mordoperationen, die als Operation Condor bekannt sind. Anfang August 1976 wurde Kissinger von seinem Stellvertreter über die Pläne unterrichtet, im Rahmen von Condor «Terroristen […] in ihren eigenen Ländern und in Europa zu finden und zu töten». 

Seine Berater überzeugten ihn, eine Demarche zu genehmigen, die an General Pinochet in Chile, General Videla in Argentinien und Junta-Offiziere in Uruguay gerichtet werden sollte – die drei Condor-Staaten, die am meisten in grenzüberschreitende Mordaktionen verwickelt waren. Doch als die US-Botschafter in Chile und Uruguay Einwände gegen die Übergabe der Demarche erhoben, zog Kissinger sie einfach zurück und ordnete an, dass «in dieser Angelegenheit keine weiteren Massnahmen ergriffen werden».

Fünf Tage später fand der kühnste und berüchtigtste Terroranschlag von Condor in der Innenstadt von Washington D.C. statt, als eine von Pinochets Agenten platzierte Autobombe den ehemaligen chilenischen Botschafter Orlando Letelier und seinen jungen Kollegen Ronni Moffitt  tötete.

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Zum Original-Bericht des National Security Archive in Washington hier.

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Die unten stehenden Kommentare stammen von der Erstveröffentlichung im Mai.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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Menschenrechte

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8 Meinungen

  • am 27.05.2023 um 16:56 Uhr
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    Gratuliere, sehr guter und treffender Titel. Kissinger’s Idee war es denn auch, die B52-Bomber mit ihrer Bombenlast unter Angabe falscher Koordinaten, von Guam nach Kambodscha zu schicken, wobei die Piloten im Glauben waren über vietnamesischem Kriegsgebiet zu sein, als sie die Bombenschächte öffneten. Die Bilder mit brennenden Dörfern, Strassen, fliehenden Menschen und v.a. auch Kindern, werde ich nie vergessen!

  • am 28.05.2023 um 08:02 Uhr
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    Der Vietnam-Krieg war ein US-Desaster, aber die USA hatten zumindest zwischenzeitlich die Lehren daraus gezogen. Die Annäherung der USA an China (Ping-Pong-Diplomatie) war das Verdienst Henry Kissingers. Leider haben die USA einem normalisierten Verhältnis zu Russland keine Beachtung geschenkt, sondern den Zerfall der Sowjetunion als ihren Sieg betrachtet: «The Winner takes it all!» Noch immer glauben die USA auf diesem «richtigen» Weg zu sein und versuchen, die Nato-Osterweiterung weiter fortzusetzen. Der Konflikt mit Russland bezüglich der Ukraine könnte sich zu einem «zweiten Vietnam» entwickeln, allerdings mit Folgen für die ganze Welt! «Grosshans USA» hat doch nichts dazugelernt.
    Henry Kissinger ist für ein Verhältnis des Masshaltens gegenüber dem neuen Russland eingetreten.

  • am 28.05.2023 um 16:02 Uhr
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    Es ist eine deprimierende, gewissermassen in Stein gemeisselte historische Gesetzmässigkeit : Kriegsverbrecher werden dann nur zur Verantwortung gezogen, wenn sie entweder als Erfüllungsgehilfen eines durch totale militärische Niederlage untergegangenen, einstmals mächtigen Regimes handelten (Ribbentrop & Konsorten in NS-Deutschland, Tojo in der japanischen Militärdiktatur) oder dann als Schergen eines drittrangigen, machtpolitisch irrelevanten Kleinstaats (Milošević in Restjugoslawien, Mladić in der bosnischen Serbenrepublik, Thaçi im Kosovo) fungierten. Kriegsverbrecher hingegen – und seien diese noch so ruchlos – werden, falls sie im Interesse einer Grossmacht agierten (George W. Bush in USA oder Tony Blair in UK) für ihre Untaten nie belangt, müssen sich niemals vor einem internationalen Strafgericht verantworten und wurden gar – wie Kissinger – zum Friedensnobelpreisträger gekürt. Von dieser Unkultur der Straffreiheit wird dereinst auch Putin profitieren. Traurig, aber wahr !

    • am 29.05.2023 um 08:56 Uhr
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      Ja, Herr Knupfer, stelle wir uns vor, wer da alles vor Gericht erscheinen müsste. Ich denke an (unvollständige Aufzählung): Chile, Libyen, Irak, Afghanistan, Vietnam, Jugoslawien, an die Millionen von unschuldigen Opfer und Kriegsgeschädigten. Man nennt dies die «Verlogenheit/Scheinheiligkeit des Westens». Ich bin mir eines sicher, diese und andere Ereignisse werden nicht ohne Folgen bleiben. Vielen Dank für Ihre klaren und wahren Worte.

  • am 29.05.2023 um 09:41 Uhr
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    Kissinger ist das Paradebeispiel dafür, wohin eine einseitige ideologische Ausrichtung – in dem Fall als strammer Antikommunist – führt. Statt Diplomatie als die Kunst des Ausgleichs und der Wahrung von gegenseitigen Interessen zu verstehen und Menschen unterschiedliche Meinungen zuzubilligen, geht es immer nur um Machterhalt und Machtgewinn, also um die Unterdrückung und Tötung Andersdenkender. Dabei dient der Machterhalt gleichzeitig der Profitmaximierung. Die USA sind unübertroffen bei der durch Waffengewalt erzwungenen Meinungsdiktatur in vielen Teilen der Welt und der Installation ihr höriger Regimes. Das wird dann dem staunenden Volk als «Rettung der Demokratie und ihrer Werte» verkauft. Kissinger hat diese Politik – je nach Gemengelage – wesentlich mitbestimmt. Wenn jetzt immer mehr Staaten gegen diese US-polare Weltordnung aufstehen, so bedeutet das, dass die Welt einer anderen Denkweise und koexistiellen Handelns bedarf.

    • am 30.05.2023 um 12:50 Uhr
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      Das immer wieder zu lesende «Argument», dass es offenbar global darauf ankomme, unsere Werte zu verteidigen, ist nicht wirklich überzeugend: im Gegenteil!
      Die politische Biografie Kissingers belegt dies exemplarisch. Die USA und ihre Vasallen in der NATO
      kämpfen, wenn es nötig ist mit äußerster Brutalität, für den Erhalt ihrer globalen Dominanz, nicht um die Sicherung von Menschenrechten oder gar für demokratische Zielsetzungen. Jeffrey D. Sachs ordnet dies bezogen auf den Ukraine-Krieg wie folgt ein: «In Bezug auf den Ukraine-Krieg hat die Regierung Biden wiederholt und fälschlicherweise behauptet, dass der Ukraine-Krieg mit einem unprovozierten Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 begann. Tatsächlich wurde der Krieg von den USA auf eine Art und Weise provoziert, die führende US-Diplomaten im Vorfeld des Krieges jahrzehntelang vorausgesehen hatten». Die USA könnten einen Politikwandel vollziehen, wenn z.B. Sachs und Burr mehr Gehör finden – darauf ist zu hoffen!

  • am 29.05.2023 um 14:27 Uhr
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    Ein hervorragender aufklärender Artikel, der durch solide Quellen geadelt wird.
    Vielen Dank – und weiter so!

  • am 31.05.2023 um 17:15 Uhr
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    Die Verbohrtheit des us-amerikanischen Antikommunismus hat Millionen Menschen das Leben gekostet. Überall wurden kommunistische Machtübernahmen gewittert, obwohl die UdSSR und ihr cordon sanitaire sich stets selbst genug waren. Weder in Chile, noch vorher im Kongo, auch nicht in Indonesion oder den Philippinen hat die UdSSR je nennenswert interveniert oder eine expansionistische Außenpolitik betrieben. Die Außenpolitik der USA hat nie richtig erkannt und verstanden, was die UdSSR wollte: keinen zweiten 22.06.1941. Die UdSSR hatte soviele immense wirtschaftliche, gesellschaftliche und organisatorische Probleme, dass Abschottung und Ruhe nach innen ihr wichtigstes Ziel war. Das Ziel der USA war immer Destabilisierung und Unterwanderung dieses Machtblocks. Der UdSSR fehlten im Gegensatz zur USA letztlich immer die Mittel; das wurde von den USA verkannt. Lohnenswert hierzu sind die Interviews mit Walentin Falin.

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