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Twitternder Trump: «...sollen sie die gestohlene Drohne doch behalten.» © CC

«The Donald» bringt China nicht aus der Fassung

Peter G. Achten /  Trumps aussenpolitische Provokationen auf Twitter sorgen weltweit für Kopfschütteln. China reagiert selbstbewusst und gelassen.

Mit dem Telefongespräch zwischen Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen und President-elect Donald Trump war die rote Linie überschritten. Die für Peking sakrosankte «Ein-China-Politik» wurde von der amerikanischen Supermacht in Frage gestellt. Seit 1972 Präsident Nixon sich zur Überraschung der Weltöffentlichkeit mit der Volksrepublik China diplomatisch arrangierte, galt dieses Prinzip. Selbst Taiwan – von China als «abtrünnige Provinz» apostrophiert – einigte sich mit China im Consensus von 1992 auf das Ein-China-Prinzip, zwar mit je einer eigenen Interpretation. Donald Trump indes, wohl schlecht beraten, zwitscherte munter auf Twitter im 140-Zeichen-Stakkato, seine Administration müsste nicht unbedingt an die Ein-China-Politik gebunden sein, es sei denn «wir machen ein Geschäft mit China, das mit andern Themen verknüpft ist, Handel eingeschlossen».
Dann kam der Drohnen-Zwischenfall im Südchinesischen Meer. Die chinesische Marine beschlagnahmte eine amerikanische Drohne, gab sie dann nach kurzem diplomatischem Dialog wieder zurück. Trump twitterte munter: «Wir sollten China mitteilen, dass wir die gestohlene Drohne nicht zurückhaben wollen – sollen sie sie doch behalten!». Doch Trump, während des Wahlkampfs für sein loses Mundwerk berühmt und berüchtigt, wetterte auf Twitter weiter gegen China. Er griff China unter anderem an als «Währungs-Manipulator», China habe «Amerika vergewaltigt», habe «unfair Steuern auf unsere Unternehmen erhoben», helfe Amerika nicht im Konflikt mit Nordkorea und habe den «grössten Diebstahl an Arbeitsplätzen in der Geschichte» begangen.
«Trump handelt aussenpolitisch wie ein Kind»
Bis jetzt äusserte sich Peking eher zurückhaltend und sehr selbstbewusst. Trump, so sagte etwa ein Regierungssprecher, handle und twittere «aussenpolitisch wie ein Kind». In einem Kommentar der Global Times, herausgegeben vom Parteiblatt Renmin Ribao (Volks-Tageszeitung), hiess es, China habe viele Möglichkeiten, auf Trumps wirtschaftliche und handelspolitische Drohungen zu reagieren. «Wenn Trump die harte Tour spielen will, dann werden wir ihn nicht enttäuschen», so der Kommentator. Trump sei unberechenbar, und so müsste Chinas Aussenpolitik mehr Einfallsreichtum entwickeln. Mehr Überraschung sei nötig nach dem Prinzip «während sie ihr Spiel spielen, spielen wir unser eigenes».
USA und China voneinander abhängig
Präsident Obama hatte während seiner achtjährigen Amtszeit China stets mit Respekt behandelt im Wissen, dass die USA und China aufeinander angewiesen sind. Obama hat jedoch in seiner zweiten Amtszeit seine Asien-Politik grundlegend verändert, in Zusammenarbeit notabene mit der damaligen Aussenministerin Hillary Clinton. Oft nicht zum Vorteil Chinas. Der amerikanische Präsident begann ab 2012 eine «strategische Umkehr» seiner Aussenpolitik. Das Hauptinteresse galt fortan nicht mehr Europa und Nahost sondern Asien (Pivot Asia).
Die Militärallianz mit Japan und Südkorea wurde intensiviert, ein Raketenabwehrsystem in Korea installiert, die Zusammenarbeit mit Australien, Vietnam und Indien deutlich verbessert. Handelspolitisch gleiste Obama die Trans-Pazifische-Partnerschaft (TPP) unter Ausschluss von China auf, um «China daran zu hindern, in der Region ihre Regeln» aufzuzwingen. Zudem schickte Washington regelmässig Marine und Luftstreitkräfte ins Südchinesische Meer. Obama hielt das für notwendig, um Chinas Durchsetzungswille in Grenzen zu halten und erhielt dafür hinter vorgehaltener Hand Lob und Applaus von asiatischen Staaten. China interpretierte freilich die Haltung der USA, nicht ganz zu Unrecht, als Massnahmen, um Chinas Aufstieg einzudämmen. Obama indes überschritt nie eine diplomatische rote Linie. Vielmehr führte er regelmässige Gipfelgespräche mit China über Politik und Wirtschaft ein.
Mehr Konfrontation
Derzeit ist nur gewiss, dass es unter Präsident Donald Trump zwischen den USA und China in naher Zukunft wohl zu mehr Konfrontation und Konflikten kommen wird. Ein kleiner Lichtblick allenfalls spendet die Zusammensetzung des aussenpolitischen Personals in Washington. Dort sind sowohl friedliche Tauben wie kämpferische Falken vertreten. Als neuer US-Botschafter in China zum Beispiel ernannte Trump Terry Branstad, ehemaliger Gouverneur von Iowa und seit über dreissig Jahren bekannt mit Chinas Staats-, Partei- und Militärchef Xi Jinping. Andrerseits unterhält Trumps Stabschef Reince Priebus seit langem enge Beziehungen zu Taiwan.
Der zwitschernde Donald allerdings sollte sich in Acht nehmen. In einem Kommentar des Parteiblattes Global Times hiess es warnend an die Adresse von Trump: «China hat auf seine provozierenden Äusserungen eine ruhige Haltung bewahrt. Aber wenn er nach Amtsantritt China behandelt wie in seinen Tweets, wird sich China keine Zurückhaltung mehr auferlegen.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Peter Achten arbeitet seit Jahrzehnten als Journalist in China.

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