Kommentar

Vergesst den Bielersee!

Thomas Angeli © zvg

Thomas Angeli /  Eine neuste Studie zeigt, dass eine Reaktorkatastrophe im AKW Mühleberg weit grössere Folgen hätte, als bisher angenommen.

Niemand beisst die Hand, die ihn füttert. Und so bringt auch die Studie des Ökoninstituts Darmstadt zu den Folgen einer Reaktorkatastrophe im AKW Mühleberg letztlich das zutage, was man erwarten kann, wenn die Auftraggeber Greenpeace, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) und Ärztinnen und Ärzte für soziale Verantwortung und zur Verhütung des Atomkriegs (PSR/IPPNW) heissen.

Die radioaktive Verseuchung der Aare

Doch zum einen ist das Ökoinstitut Darmstadt eine renommierte Institution, die längst nicht nur Umweltorganisationen zu ihren Auftraggebern zählt, sondern ebenso Ministerien und andere Behörden. Und zum anderen sind die Erkenntnisse, die Studienverfasser Christian Küppers gewonnen hat brisant, da sie ein bisher ignoriertes Thema aufgreifen: Die radioaktive Verseuchung der Aare.

Küppers hat die Katastrophe in Fukushima auf das AKW Mühleberg heruntergerechnet – mit konservativen Annahmen was die Freisetzung von Radioaktivität und die meteorologischen Verhältnisse betrifft. Das Resultat gibt zu denken: Bis zum Ausfluss der Aare aus dem Bielersee wäre nach einem Unfall mit Kernschmelze Sperrgebiet. Wasser, Seegrund, Ufer und Fische wären auf Jahrzehnte hinaus verseucht, die Ortschaften am Ufer faktisch unbewohnbar. Kurz: Bei einer Kernschmelze in Mühleberg kann man den Bielersee vergessen.

Ernte bis nach München ungeniessbar

Auch die Kontamination durch die Luft wäre massiv. Die Auswirkungen wären beim angenommenen Szenario (Westwind, der dann auf Südwest und später zurück auf West dreht) bis weit nach Deutschland hinein spürbar. Innerhalb von zwei Tagen würde die Bevölkerung in einem Gebiet, das sich von Mühleberg über Bern bis weit ins aargauisch-luzernische Seetal zieht, eine Strahlendosis von bis zu 10 Millisievert abbekommen – zehn Mal mehr als der gesetzliche Grenzwert. In der Stadt Bern selber würde die Dosis bis zu 100 Millisievert betragen. Fände der AKW-Unfall im Sommer statt, würde die Ernte in einem Streifen, der fast bis nach München reicht, ungeniessbar.

Klar: Man kann solche Aussagen als Angstmache abtun, weil die Studie von Kreisen in Auftrag gegeben wurde, die das AKW Mühleberg lieber heute als morgen abschalten würden. Man muss aber nicht.
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Die Auswirkungen einer Reaktorkatastrophe in Mühleberg im Film (Quelle: Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz):

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Journalist und Betreiber des Energie- und Umweltblogs «Angelis Ansichten», wo er diesen Beitrag zuerst publizierte.

Zum Infosperber-Dossier:

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