Kommentar

UBS platzierte in den CS-Vertrag eine einzigartige Giftpille

Lukas Hässig © zvg

Lukas Hässig /  Die UBS hat die Übernahme der CS von langer Hand geplant. Das berichtet «Inside Paradeplatz» und veröffentlicht ein SEC-Dokument.

Die Geschichte der Übernahme der Credit Suisse muss neu geschrieben werden. Die UBS-Kapitäne hatten das Vorhaben von langer Hand geplant. Seit Oktober war die oberste Führung der Nummer 1 des Landes mit einem Deal intensiv beschäftigt. Das zeigt ein SEC-Dokument zum Deal, das die US-Aufsichtsbehörde SEC am 26. April 2023 offengelegt hat.

Die UBS-Führung hatte der Welt weisgemacht, man habe den Kauf nicht angestrebt – einen solchen habe die UBS noch Ende Februar, also vier Wochen vor der Übernahme – angeblich als «not desirable» betrachtet.

Doch das waren nette Worte für ein knallhartes Kalkül. Unter dem Kommando von UBS-Präsident Colm Kelleher, der seine Ex-Kollegen von Morgan Stanley zur Seite hatte, wurde der Sturm umgesetzt.

Wir schnappen uns die Credit Suisse: So lautete von Anfang an das Ziel. Das macht das SEC-Dokument deutlich. Zentraler Beleg ist eine «Giftpille» im Übernahmevertrag. Der CS-Verwaltungsrat verpflichtete sich, Kelleher und seinen UBS-Verwaltungsrat «no later than 24 hours» ins Bild über eine mögliche Konkurrenz-Offerte zu setzen.

«Further, Credit Suisse has agreed to keep UBS Group AG fully informed, on a prompt basis, of any material development with respect thereto, within 24 hours after receipt thereof.»

Eine solche Drittofferte käme nur unter ganz bestimmten Bedingungen in Frage, unter anderem müsse sie «more favorable to the Credit Suisse shareholders» und «not less favorable to the financial stability of the Swiss financial market» sein.

Dann hätte die UBS viel Zeit, eine solche Drittofferte zu kontern. Sie erhält nämlich «five trading days following such notification to submit to Credit Suisse a binding proposal for an alternative merger agreement […] so that the merger agreement is at least as favorable to the Credit Suisse shareholders and the financial stability of the Swiss financial market as the alternative transaction.».

Im Folgenden wird’s richtig spannend:

UBS-SEC Klausel 2

Sollte die CS tatsächlich einen Deal mit einem anderen Käufer anstreben, der mehr als 50 Prozent der Paradeplatz-Bank erwerben will, und die UBS dies akzeptiert und sich zurückzieht: Für die CS respektive ihren Drittkäufer würde es richtig teuer:

«Credit Suisse has agreed to pay UBS Group AG a termination fee of […] in the amount of 50% of the explicit or implied premium offered by such third party.»

Hoppla. Die Hälfte von dem, was ein Dritter mehr bietet als die UBS, geht an die UBS. Süsser geht kaum.

Wenn also JP Morgan die CS für 5 Milliarden kaufen will und damit die von der UBS gebotenen 3 Milliarden um 2 Milliarden überbietet, muss die CS der UBS eine Milliarde als Penalty überweisen. Und zwar sofort, denn im Vertrag heisst es:

«The termination fee will immediately become due and payable by Credit Suisse to UBS Group AG.»

Die umgehend fällige Strafgebühr, eine Poison pill historischen Ausmasses, zahlt selbstverständlich der Drittkäufer, nicht die CS. Er ist es ja, der die CS erwirbt und damit den Schaden der Strafzahlung trägt.

Selbst wenn der Deal aus anderen Gründen scheitern würde, also nicht wegen einer Konkurrenzofferte eines anderen Multis oder sonstigen Investoren, kommt die UBS auf ihre Rechnung. Dann nämlich wird eine «termination fee« von «CHF 100,000,000» fällig. Alles für die UBS.

Auch was den Deal mit Bern angeht.

Die UBS übernimmt die ersten 5 Milliarden Verluste auf «certain non-core assets» der CS, die nächsten 9 Milliarden landen beim Bund, sprich dem Schweizer Steuerzahler. Macht 14 Milliarden Franken.

Wer für allfällige weitere Verluste geradesteht, ist offen. «UBS Group AG and the Swiss government would discuss entering into a profit-loss sharing agreement», heisst es dazu im Deal.

Der Bund hat sich fangen lassen. Denn die «certain non-core assets» sind eine Blackbox. Es ist allein die UBS, die bestimmt, was in diesem toxischen Topf landet. Der bisher detaillierteste Bericht zum grossen Schweizer Banken-Beben wirft die Frage auf, wer welches Spiel gespielt hat.

Die UBS-Kommandozentrale an der Bahnhofstrasse 45 war schon seit Herbst 2022 am Brüten von Übernahmeplänen. Damals war die CS faktisch am Boden – der erste Bank-Run in Asien hat sie bis aufs Mark geschwächt.

SNB, Finma und Bund schwiegen eisern. Kein Ton auch von den Parlamentariern.

Schweizer Old-Banker um Oswald Grübel, Josef Ackermann und weitere wollten eine Schweizer Lösung. Doch CS-Präsident Axel Lehmann liess sie auflaufen. Stattdessen holte er sich 4 Milliarden Frischgeld, davon 1,5 Milliarden bei den Saudis – viel zu wenig. Die CS hätte total 10 Milliarden Frischkapital benötigt.

Ende 2022 meinte der abtretende SVP-Finanzminister Ueli Maurer, man solle die CS nun zwei Jahre in Ruhe arbeiten lassen. Derweil intensivierte UBS-Chairman Colm Kelleher mit seinen alten Morgan-Stanley-Freunden die Attacke, wie das UBS-SEC-Dokument zeigt:

«In early December 2022, at the direction of the Strategy Committee, management undertook a preliminary assessment of what consequences a transaction with Credit Suisse would have, should UBS Group AG be approached to take an active role in rescuing Credit Suisse […] A preliminary assessment was presented to the Strategy Committee on December 19, 2022.»

Ready for Take-over.

Just zur Zeit, als SVP-Maurer mit seinem ganzen Polit-Gewicht meinte, es sei nun Zeit zu schweigen. Und in der Swiss Re bereits laut verbreitet wurde, dass die UBS die CS übernehmen könnte. Dort, wo Sergio Ermotti, der alt-neue UBS-CEO, das Präsidentenzepter schwang.

Was machten Axel Lehmann, sein CEO Ulrich Körner, der CS-Rechtschef Markus Diethelm – alle drei langjährige Ex-Kapitäne der UBS? Sie zeichneten die Lage schön. Konnte man damals wirklich derart stupid sein?

Oder gab es auch auf der Seite der CS-Generäle einen Geheimplan?

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Anfänglich war hier von einem SBG-Dokument die Rede. Das richtige war verlinkt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor ist Redaktor und Herausgeber von Inside Paradeplatz.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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4 Meinungen

  • am 5.05.2023 um 11:32 Uhr
    Permalink

    Besten Danke für den Hinweis zu dem guten Artikel von Lukas Hässig! Ja, eine eigentlich erschütternde Nachricht, die hier der Bevölkerung offenbart wird. Daraus geht hervor, dass die CS schon lange in Schieflage war und man sich bereits ab Herbst 2022 über die weitere Existenz der Bank Gedanken machte.

    • am 7.05.2023 um 17:48 Uhr
      Permalink

      Leider wird diese Nachricht eben gerade nicht «der Bevölkerung offenbart». Die Tagespresse mit der grossen Reichweite schweigt wieder einmal.

  • am 5.05.2023 um 21:53 Uhr
    Permalink

    Auch die UBS wird bald dran sein … Finanzkrisen und Bankenrettungen sind nicht das Problem, sondern das Ziel:
    – zuerst alles kaputt schlagen, damit nachher wieder Wachstum möglich wird.
    – Steuergelder den Superreichen zuschieben, sprich: Verluste sozialisieren und Gewinne privatisieren.
    Solange alle Parteien den zinsbasierten, auf ewiges Wachstum getrimmten Kapitalismus bis aufs Blut verteidigen, wird sich daran nichts ändern.
    Und die Lösung steht schon bereit: CBDC.

    • am 6.05.2023 um 09:46 Uhr
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      Ja, Herr Stäger, solche Pläne gibt es und Sie wissen auch, aus welcher Küche sie stammen. Der bekannte Völkerrechtler Alfred de Zayas nannte diese «neuen Gesellschaftspläne» in einem Interview mit Ralf Paulsen «einen grossen Schwindel um sicherzustellen, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden…» Und Ihre Vermutung zu den «CBCD» ist auch richtig, auch sie kommen von denselben Gesellschaftsklempner. Aber diese Rechnung ist noch nicht ohne den Wirt gemacht: stellen Sie sich vor, die Menschen realisieren, dass dieser Angriff auf das Bargeld v.a. auch ein Angriff auf unsere Freiheit und ein grosser Schritt Richtung «Überwachgungsstaat» bedeutet.

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