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WEF-Direktor Alois Zwinggi prüft eine «Anzeige wegen Wucher». © sda

«Wucher»-Vorwurf trotz prallvollem WEF-Tresor

Kurt Marti /  Mega-Reserven, happige Eintrittspreise und Millionen-Subventionen: Doch für den WEF-Direktor sind die «Wucherer» die anderen.

WEF-Direktor Alois Zwinggi prüft eine Anzeige wegen Wucher während des «World Economic Forum» (WEF) in Davos, wie er gegenüber der «Südostschweiz» erklärte.

Doch was meint Zwinggi mit dem «Wucher»-Vorwurf? Die unbescheidenen WEF-Eintrittspreise, die stolzen WEF-Mitgliederbeiträge oder die protzigen WEF-Beiträge der strategischen Partner:

  • Eintrittspreis pro Person: 27‘000 Franken (total 43 Millionen)
  • Jährlicher Mitgliederbeitrag: 60‘000 Franken (Total 31 Millionen)
  • Jährlicher Beitrag strategischer Partner: 600‘000 Franken (Total 185 Millionen)

237 Millionen Reserven, 8 Millionen Subventionen

Oder hat Zwinggi mit dem «Wucher»-Vorwurf an die Subvention von rund 8 Millionen Franken gedacht, die das WEF von der öffentlichen Hand für die Begleichung der Sicherheitskosten bekommt, statt diese vollständig aus der WEF-Kasse zu begleichen, oder an die Gratis-Leistung von rund 28 Millionen durch die Schweizer Armee,

  • obwohl das WEF einen jährlichen Umsatz von rund 280 Millionen Franken hat und
  • obwohl in den WEF-Schatullen ein gigantischer Reserven-Berg von rund 237 Millionen Franken schlummert, der rapid grösser wird (85 Millionen mehr als im Vorjahr, 4,6-mal mehr als 2013)?

Nein, das kann Zwinggi mit dem «Wucher»-Vorwurf nicht gemeint haben. Denn es käme wohl niemand in den Sinn – trotz der überrissenen Eintrittspreise, Mitglieder- und Sponsoren-Beiträgen sowie der Millionen-Subvention von Bund, Kanton und Gemeinde – ernsthaft zu behaupten, das WEF würde «die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen» der WEF-Gäste, der Mitglieder-Firmen, aber auch der öffentlichen Hand ausnützen.

Denn das sind laut Strafgesetzbuch Art. 157 Abs. 1 die strafrechtlichen Bedingungen, die für Wucher erfüllt sein müssen. Wer also angesichts der Finanzkraft der WEF-Mitglieder-Firmen und der WEF-Besucher, aber auch der subventionierenden öffentlichen Hand den Wucher-Vorwurf gegen das WEF präsentieren würde, hätte zurecht mit Hohn und Spott zu rechnen.

WEF-Direktor Zwinggi: «Abzockerei und Wucher»

Bei Zwinggis «Wucher»-Vorwurf geht es selbstverständlich nicht um die WEF-Preise und die Subventions-Millionen, sondern um die hohen Preise der kleinen Davoser Vermieter von Lokalitäten aller Art, die laut Zwinggi «die Angebots- und Nachfragesituation während dem Jahrestreffen derart eklatant ausnützen». Er finde dafür «keine anderen Worte als: Abzockerei und Wucher», erklärte er gegenüber der «Südostschweiz». Deshalb prüfe das WEF eine «Anzeige wegen Wucher».

Wenn die Davoser VermieterInnen laut Zwinggi «Wucher» betreiben, heisst das im strafrechtlichen Sinn, sie nutzen «die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen» ihrer Kunden aus.

Doch Zwangslagen, Abhängigkeit und Unerfahrenheit sind bei dieser Kundschaft ebensowenig zu erblicken wie bei den WEF-eigenen Gästen und WEF-Mitglieder-Firmen. Auch von einer besonderen Urteilsschwäche ist nicht auszugehen. Deshalb ist der «Wucher»-Vorwurf gegen die Davoser Mini-Kapitalisten ebenso lachhaft wie es jener gegen die hohen Eintrittspreise und Mitgliederbeiträge des WEF wäre.

FDP-Politiker sträubt sich gegen den Markt

Erstaunlich ist, dass selbst der wackere Davoser Landamann Tarzisius Caviezel, der von 2007 bis 2011 für die FDP im Nationalrat sass, ins Wucher-Lamento der WEF-Spitze einstimmte und damit seinen steuerzahlenden Davoser Mini-Kapitalisten in den Rücken fiel, nur um WEF-Gründer Klaus Schwab und seinem Tross zu gefallen.

Gegenüber dem Echo der Zeit von SRF beschwörte der FDP-Politiker Caviezel allen Ernstes eine imaginäre Zwangslage herauf: «Wenn Sie nach Davos müssen, koste es, was es wolle, dann müssen Sie das Angebot annehmen, das Ihnen dann noch zur Verfügung steht.»

Dass die WEF-Eintrittspreise und Mitglieder-Beiträge unanständig hoch und für gewöhnliche BürgerInnen nicht erschwinglich sind, darüber hörte man von Caviezel nichts. Auch nichts sagte Caviezel dazu, dass die öffentliche Hand eine Party der Mega-Kapitalisten, deren Schatullen prall gefüllt sind, mit rund 8 Millionen Franken und 28 Millionen Gratisleistung der Armee subventioniert.

«Organisationen, die mit uns null und nichts zu tun haben»

Das lukrative Monopoly von Angebot und Nachfrage, das die WEF-Mitglieder-Firmen und folglich auch das WEF, so reich und potent gemacht hat, will Zwinggi offensichtlich nur für seinen exklusiven WEF-Zirkel reserviert haben. Der frühere Manager des Zementherstellers Holcim, dessen Geschäftsleitung beispielsweise im Jahr 2010 rund 15,6 Millionen abkassierte, verteidigte den Anspruch auf Exklusivität in der «Südostschweiz» präzis wie folgt:

«Es gibt noch ein anderes Phänomen: die Trittbrettfahrer. Das sind Leute und Organisationen, die während des Jahrestreffens des Forums in Davos sind, die mit uns aber null und nichts zu tun haben.»

Dem WEF-Direktor zur Erinnerung: In der Schweiz und anderen demokratischen Rechtsstaaten gibt es schon seit längerer Zeit die sogenannte «Handels- und Gewerbefreiheit», die in der Verfassung verankert ist und die selbst dann gilt, wenn man und frau «null und nichts» mit dem WEF zu tun haben.


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3 Meinungen

  • am 9.02.2018 um 15:27 Uhr
    Permalink

    Danke für diesen wohltuenden Klartext und die erhellende Übersicht!
    Gertrud Bernoulli

  • am 9.02.2018 um 18:56 Uhr
    Permalink

    Boooaah !!! Wenn man solche Zahlen liest, ja nur sich so was mal vorzustellen wagt, als kleiner Büezer (wenn man ihn büezen liesse), da wundert man sich nicht, dass die Reichen immer reicher und die Armen … aber ihr wisst ja. Nichts Neues unter der Sonne. Ich wär so gerne Millionär oder nur schon Trittbrettfahrer!

  • am 10.02.2018 um 05:50 Uhr
    Permalink

    Der Bund sollte dem Schwab endliche einmal eine Rechnung für den enormen Aufwand schicken, welche das WEF dem Bund verursacht.

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