Sperberauge

Nord-Stream-2: Die USA streiten Mittäterschaft nicht ab

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Laut SRF-Tagesschau streiten die Ukraine und Russland eine Mittäterschaft ab, nicht aber die USA.

Zum Jahrestag des Terroranschlags auf die Pipeline Nord-Stream-II sei es immer noch ein «Rätsel, wer die Täterschaft war und die Attacke in Auftrag gab». Das berichtete die SRF-Tagesschau am 26. September.

Im Tagesschau-Bericht war die Rede vom Segelboot, dessen Spuren in die Ukraine führten, und von einem russischen Marineschiff, das in der Nähe des Tatorts gesichtet worden sei, und von einer möglichen «False Flag»-Operation, welche bewusst Hinweise auf eine falsche Spur gesetzt haben könnte.

Am Schluss erklärte die Tagesschau:

«Wer steckt hinter dem Anschlag in der Ostsee? Sowohl die Ukraine als auch Russland streiten eine Mittäterschaft ab.»

Die Zuschauerinnen und Zuschauer konnten das so verstehen, dass die USA – im Gegensatz zur Ukraine und Russland – nicht abstreiten oder dementieren, dass sie Mittäterin oder Auftraggeberin waren. 

Es fiel auf, dass der zweieinhalbminütige Bericht das Wort «USA» nicht erwähnte. Die Tagesschau informierte nicht darüber, dass auch die USA eine Mittäterschaft dementiert haben. Das kann folgende Gründe haben:

  • Die Tagesschau informiert die Öffentlichkeit, als ob es selbstverständlich und bewiesen wäre, dass die USA mit dem Terrorakt weder als Auftraggeberin noch als Ausführende irgendeine Rolle spielen.
  • Die Tagesschau will den Verdacht ausschliesslich auf die Ukraine und Russland richten, welche eine Mittäterschaft nicht etwa «dementieren», sondern «abstreiten».
  • Die Tagesschau weiss mehr als sie vorgab und verheimlicht dies. Denn man kann nur etwas «abstreiten», was tatsächlich wahr ist. So wäre erklärbar, weshalb die USA laut Tagesschau nichts «abstreiten».

Die SRF-Tagesschau sagt dazu via SRF-Medienstelle:

«Wir weisen in diesem Fall zurück, dass SRF Fakten ausblendet oder unausgewogen berichtet. Eine Mittäterschaft – oder sogar Täterschaft der USA – legt vor allem der Hersh-Bericht nahe, der sich aber nur auf eine einzige anonyme Quelle beruft. Und natürlich gibt es Aussagen von US-Präsident Biden, welche zeigen, wie unglücklich die USA mit Nordstream (vor allem Nordstream 2) waren. Kommt dazu, dass die Behauptungen im Hersh-Bericht wegen einiger Ungereimtheiten sogar vom Reporter selbst später zurückgezogen wurden. Aus diesen Überlegungen fanden wir es vertretbar, uns ganz auf die Ukraine und Russland zu konzentrieren – im Bewusstsein, dass man nichts ausschliessen kann. Auch eine mögliche Beteiligung der USA nicht.»

Und hier, wie es um den «Rückzug» von Seymour Hersh steht:

Seymour Hersh: Year of Lying about Nord Stream.

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TAGESSCHAU vom 26.9.2023
Tagesschau vom 26. September 2023

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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Beiträge zu Nord-Stream-2 auf Infosperber: hier.

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Zum Infosperber-Dossier:

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Die Ukraine zwischen Ost und West: Jetzt von Russland angegriffen

Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

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4 Meinungen

  • am 27.09.2023 um 13:30 Uhr
    Permalink

    Die Tagesschau hat sich erfolgreich um den heissen Brei herumgemogelt. Ohne direkt etwas Falsches zu sagen. Es gibt schon genug Interviews mit Seymour Hersh, sogar welche mit deutschen Untertiteln. Seine Einordnung des Falls in die langfristige amerikanische Aussenpolitik ist interessant:
    https://www.youtube.com/watch?v=vFK5ZXH7JZk

  • am 27.09.2023 um 19:25 Uhr
    Permalink

    Gut erkannt. Es ist nur noch peinlich, wie sich das SRF hier wieder windet und wendet. Natürlich hat Hersh seinen Bericht nicht zurückgezogen.

  • am 27.09.2023 um 21:00 Uhr
    Permalink

    So ein gewaltiges Energieprojekt wie NS2 und eine derartige Stille in der Aufarbeitung zielt schon fast auf Schuldbekenntis ab.
    Das schweigen der Lämmer, in der Hoffnung, wer nichts sagt, lügt auch nicht.
    Was darunter leidet (ausser der Wirtschaft und somit der Gesamtheit) ist das Vertrauen in Politik (Medien) , und das ist ein starkes Gift für Demokratien.

  • am 28.09.2023 um 09:49 Uhr
    Permalink

    Mit einer Nussschale von Segelboot sollen die Sprengkörper zu den Rohren gebracht worden sein, die Detonationen waren derart stark, dass sie von den Erdbebenwarten aufgezeichnet werden konnten. Soviel bekannt, sollen die Rohre über einige Meter Länge zerstört worden sein. Bilder davon werden wohlweislich nicht veröffentlicht. Also könnten Fachleute wohl ermessen, wie viel Sprengstoff eingesetzt wurde. Die präzise Platzierung der Sprengkörper neben den Rohren ist keine Kleinigkeit und erfordert lange Vorbereitung und Hytech. Diese Fragen werden weder gestellt noch beantwortet.

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