Bildschirmfoto20200506um18_29_49

Geschäftsleitung der BA: Lauber (2. v. r.) mit Marty, Curiger, Rayroud, Montanari (v. l.). © Website BA

Lauber und seine folgsame Truppe

Monique Ryser /  Nicht nur Lauber ist angeschlagen – auch seine Stellvertreter. Doch es wird nicht einfach, sie loszuwerden.

Die Gerichtskommission hatte dem Parlament im Herbst 2019 empfohlen, den Bundesanwalt Michael Lauber nicht wiederzuwählen. Grund waren nicht nur die geheimen und richterlich sanktionierten Fifa-Treffen, sondern auch «die persönliche Eignung von Bundesanwalt Lauber.» Zu erheblicher Kritik beigetragen habe sein Umgang mit der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) und seine Ablehnung jeglicher Kritik an seiner Amtsführung, seine mangelnde Transparenz und sein Umgang mit Mitmenschen. «Jedem Einschreiten der Aufsicht und des Gerichts mit Pressekonferenzen und Ausstandsbegehren zu begegnen, zeugt vom Fehlen der erforderlichen Sachlichkeit der Amtsführung», schrieb die Gerichtskommission in ihrem Bericht ans Parlament.
In der Gerichtskommission fiel der Entscheid zur Nichtwahl mit neun zu sechs Stimmen bei einer Enthaltung. Die Bundesversammlung wählte Lauber trotzdem für eine weitere Amtszeit bis Ende 2023.

Amtsenthebung könnte dauern
Nach der Publikation der vernichtenden Disziplinaruntersuchung der AB-BA, der Lohnkürzung und weiteren Enthüllungen über seine Amtsführung sowie dieAmtsführung seiner Behörde
scheint nun sicher: Die Gerichtskommission wird ein Amtsenthebungsverfahren einleiten. Sie hat dafür Handlungsgrundsätze zur Verfügung.
In Artikel 5 ist festgelegt: «Hat die Gerichtskommission Kenntnis von Feststellungen, welche die fachliche oder persönliche Eignung von Richterinnen und Richtern, der Bundesanwältin, des Bundesanwalts oder der Stellvertretenden Bundesanwältinnen und Bundesanwälte ernsthaft in Frage stellen, so hat sie von Amtes wegen umgehend, d.h. spätestens an ihrer nächsten ordentlichen Sitzung, über die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens zu entscheiden.»

Ein Rücktritt wäre praktisch
Damit ist es aber natürlich nicht getan: Die betroffene Person muss angehört werden, hat das Recht auf Stellungnahme, Einsichtnahme in Unterlagen und auf anwaltliche Vertretung. Behält Lauber seine bisherige Taktik bei, wird er auch hier alle rechtlichen Mittel ausschöpfen.
Die Fraktionen von SP, CVP und der Grünen haben den Bundesanwalt aufgefordert, zurückzutreten. Ansonsten sie eine Amtsenthebung unterstützen würden. FDP und SVP haben sich noch nicht offiziell geäussert, aber auch dort bröckelt die Unterstützung.
Diese beiden Parteien und die SP waren es, die ihn im letzten Herbst zur Wiederwahl empfohlen hatten.

SP liess sich auf «Versprechen» ein
Pikant: Fast alle rechneten damit, dass sich die SP auf eine Empfehlung zur Nichtwahl einigen wird. Doch, wie CH-Media damals rapportierte: «Es gab Leute, die gingen mit der festen Absicht ins Hearing, Lauber nicht zu wählen. Sie kamen wie verwandelt zurück. Und gaben ihm am nächsten Tag die Stimme.» Und weiter: «Er sagte, er werde zurücktreten, wenn im Disziplinarverfahren etwas an ihm hängen bleibe», sagt ein SP-Fraktionsmitglied, das Lauber wählte. Die Aussage wird von anderen bestätigt. Darauf werden wir ihn behaften, sagt der Lauber-Wähler», zitierte CH-Media.

Stellvertreter machen nichts ohne Lauber
Kein Interesse gezeigt hat die Gerichtskommission bis anhin an den Stellbvertretern, die ebenfalls für eine weitere Amtszeit gewählt sind. DieDisziplinaruntersuchung der AB-BA gibt auch Einblick in die Geschäftsleitung der Bundesanwaltschaft: Ihr gehören neben Lauber die Stellvertreter Jacques Rayroud und Ruedi Montanari sowie der Infochef André Marty an.
Als es darum ging, dass die Bundesanwaltschaft der Aufsicht Dokumente für die Disziplinaruntersuchung zur Verfügung stellt, gingen diese Begehren an die beiden Stellvertreter. Das scheint logisch, Lauber war ja Partei des Verfahrens. Diese kamen den Begehren aber nicht nach, sondern besprachen sich mit ihrem Chef. Der Bericht hält fest, dass Lauber mit seinen Stellvertretern zusammen die Thematik besprochen habe. Die Folge war, dass den Auskunftsbegehren der AB-BA nur «sehr eingeschränkt» entsprochen wurde.
Zudem hat Lauber mit einer «Aktennotiz und Entscheid» seinen Stellvertretern und seinem Infochef Marty zugesichert, dass die Bundesanwaltschaft ihre Anwaltskosten übernimmt. Er habe das proaktiv entschieden und nicht auf entsprechende Anfragen gewartet.

Lauber sagt, wer was sagen darf
Als gravierend stuft die Aufsicht ein, dass Lauber den beiden Stellvertretern und dem Infochef ein von ihm persönlich unterzeichnetes Dokument «Aussageermächtigung und Entbindung des Amtsgeheimnisses» ausgestellt habe. Das scheint absurd und ist es auch: Der Bundesanwalt als Partei der Disziplinaruntersuchung sei nicht befugt, eine Aussageermächtigung zu erteilen, zumal dies zu einer Belastung der Auskunftsperson führe, so die Disziplinaruntersuchung. Denn, als Mitglieder der Behörde, die untersucht wird, hätten sie in jedem Fall der Aufsicht Red und Antwort stehen müssen. Laut Bericht, konnte Lauber keine gesetzlichen Grundlagen für sein Handeln nennen. Als Leserin der Disziplinaruntersuchung fragt man sich aber auch, weshalb die beiden Stellvertreter, sich nicht autonom verhalten sondern mit dem Chef kurzgeschlossen haben. Rayroud und Montanari sind ebenfalls bereits für die Amtszeit 2020 bis 2023 gewählt.

Infochef, der nicht mehr auftritt
Unklar ist, warum Infochef André Marty in der Geschäftsleitung der Bundesanwaltschaft sitzt. Die Kommunikation in Strafverfahren ist per se sehr restriktiv und bietet nicht viel Spielraum. Warum er an den Fifa-Treffen teilgenommen hatte, wird man wohl nie wissen. Klar ist aber: Er hatte das erste Treffen mit Lauber und Infantino-Freund Rinaldo Arnold organisiert.
Auf Anfrage schreibt Marty: «In meiner Funktion als Informationschef der BA bringe ich kommunikative Aspekte in die Geschäftsleitung ein.» Das gesamte Kommunikationsteam umfasse vier Kolleginnen und Kollegen, eine Person mit befristetem Vertrag und eine Praktikantin, insgesamt 480 Stellenprozente. Seit Anfang Jahr ist das Kommunikationsteam öffentlich mit dem Jahresbericht und zwei Medienmitteilungen in Erscheinung getreten. Marty selber hat bei den nicht protokollierten Fifa-Treffen teilgenomment. Er trat auch oft als Sprecher in Erscheinung – bis vor etwas mehr als einem Jahr, als noch mehr Fifa-Treffen bekannt wurden und die Vorwürfe der Behörde um die Ohren flogen. Seitdem schweigt er.
Lauber lässt sich inzwischen von einer externen PR-Agentur beraten – die er laut eigener Aussage selber bezahlt.

Finanzkontrolle griff schon 2017 ein
Fünfter im Bunde ist Generalsekretär Mario Curiger. Gemäss einer von CH-Media per Öffentlichkeitsgesetz erzwungenen Liste der Anzahl Angestellten, weiss man, dass Ende 2017 im Stab von Lauber, der von Curiger geführt wird, 61 Personen arbeiten.
In der Presse erschien der Name von Curiger auch in Zusammenhang mit freihändig vergebenen Aufträgen der Bundesanwaltschaft. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hatte Lauber damals dafür gerügt, die Aufträge mit Einzelunterschrift ausgelöst zu haben.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Polizei1

Justiz, Polizei, Rechtsstaat

Wehret den Anfängen, denn funktionierende Rechtssysteme geraten immer wieder in Gefahr.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

4 Meinungen

  • am 7.05.2020 um 13:09 Uhr
    Permalink

    Bravo Monique ! Excellentes enquêtes, percutants articles. Ce Monsieur Lauber ne semble pas être le citoyen suisse le plus parfaitement recommandable.

    gil stauffer

  • am 7.05.2020 um 21:27 Uhr
    Permalink

    Man soll die Aktivitäten und Einflussnahme von Herrn Marty nicht unterschätzen – war er doch ein brillanter Journalist beim Schweizer Fernsehen SRF und dort ein exzellenter Kenner des arabischen Raumes und deren Despoten. Ein Schelm wer da was wachsen hört…

  • am 8.05.2020 um 12:00 Uhr
    Permalink

    Wieder so ein Mannerstübli (siehe Foto), ein Trauerspiel.
    Für Aufheiterung kann man ja mal die Taten von Rinaldo Arnold studieren, auch aus einem Männerstübli.

  • am 8.05.2020 um 13:51 Uhr
    Permalink

    Vielleicht ist es politisch gewollt dass wir eine schwache und ineffiziente BA haben. Lauber bietet Gewähr für diese Ausrichtung. Komplexe Fälle gehen in der Regel in die Hose oder verjähren. Kein Wunder ist die BA stark mit sich selber und Laubers Trickli beschäftigt! Der eigentliche Skandal, und das ist ein politischer, Lauber ist heute Mai 2020 immer noch im Amt!

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...