Türkische Annexionen in Nordsyrien.

Von der Türkei annektierte Gebiete in Nordsyrien: grün = seit 2016; blau = seit 2018; braun = seit 2019. Insgesamt eine Fläche von 8800 Quadratkilometern. Die «Wertegemeinschaft» der NATO hat nicht reagiert. © Wikipedia

NATO-Staaten müssen sich nicht an die gemeinsamen Werte halten

Andreas Zumach /  Ob USA, Erdoğan, Orbán oder Milanović: Sie können die Werte missachten. Die NATO kennt keine Sanktionen gegen eigene Mitglieder.

Das Militärbündnis der NATO ist derzeit engagiert in der Unterstützung der Ukraine gegen Putin-Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Seit ihrer Gründung im Jahr 1949 bezeichnet sich die NATO selber gerne als «Wertegemeinschaft». Laut der Gründungsakte sind ihre inzwischen 30 Mitgliedsstaaten «der UNO-Charta verpflichtet» und darüber hinaus «den Prinzipien der Demokratie, individueller Freiheiten und der Rechtsstaatlichkeit», wie Generalsekretär Jens Stoltenberg bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont.

Der Ukrainekrieg hat die Selbsteinschätzung und auch die Aussenwahrnehmung der NATO als «Wertegemeinschaft» noch einmal erheblich verstärkt, mehr als jedes andere Ereignis seit Ende des Kalten Krieges. Die Rollen von Gut und Böse in diesem Krieg sind eindeutig verteilt. Putin-Russland führt einen «verbrecherischen», «völkermörderischen» Angriffskrieg nicht nur gegen die Ukraine, sondern «gegen das freiheitliche Europa». Hingegen «verteidigen» die NATO-Staaten mit ihren Waffenlieferungen an die Ukraine und den Wirtschaftssanktionen gegen Russland die «westlichen Freiheitswerte». 

Gegen Putin und andere für den Krieg mutmasslich verantwortliche Mitglieder der politischen und militärischen Führung Russlands wurden Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof sowie bei nationalen Justizbehörden Deutschland und anderer NATO-Mitgliedsstaaten beantragt oder bereits eingeleitet. Im Unterschied zu den scharfen, durchaus zutreffenden Bezeichnungen von Putin-Russlands Krieg werden die vergangenen Völkerrechtsverstössen und Kriegsverbrechen, welche die NATO beziehungsweise einzelne Mitgliedsstaaten in den letzten drei Jahrzehnten in Ex-Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen und anderswo begangen haben, von den meisten PolitikerInnen und Journalistinnen in den Mitgliedsstaaten der Allianz lediglich als «Fehler» verharmlost oder sogar ausdrücklich gerechtfertigt. 

Gegen keinen einzigen der für diese Völkerrechtsverstösse und Kriegsverbrechen verantwortlichen westlicher Politiker oder Militärs gab es bis heute auch nur ein Ermittlungsverfahren.

Gegenüber eigenen Mitgliedern ist die NATO mehr als tolerant

Auch im Inneren der NATO sah die Realität in den letzten 73 Jahren häufig anders aus, als die hehre Selbstbeschreibung einer den Prinzipien von Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit verpflichteten «Wertegemeinschaft» vorgibt. Das gilt weit mehr noch als für den aktuellen, von der NATO bislang nicht einmal kritisierten Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten in Ungarn und Polen vor allem mit Blick auf die Türkei sowie in geringerem Ausmass auch auf Griechenland. 

Die beiden Staaten wurden 1952 in die NATO aufgenommen. Es galt damals, die südosteuropäische Flanke der NATO gegen die kommunistische Sowjetunion und ihre an die Türkei und Griechenland angrenzenden Verbündeten Bulgarien und Rumänien zu sichern. Gleichzeitig erhielt die NATO damit einen ungehinderten Zugang ihrer Seestreitkräfte zum Schwarzen Meer und zum östlichen Mittelmeer sowie zu Häfen an den Küsten dieser Gewässer. 

Faschistische Diktaturen unterstützt

Die blutigen Militärputsche und nachfolgenden faschistischen Diktaturen in der Türkei 1960 und 1980 sowie in Griechenland 1967 wurden von den USA und anderen NATO-Mitgliedsstaaten nicht nur geduldet, sondern sogar unterstützt. Dasselbe gilt für die seit August 1976 anhaltende völkerrechtswidrige Besatzung Nordzyperns durch die Türkei, sowie für die seit Jahren laufenden kriegerischen Interventionen und Landbesetzungen der Türkei in Syrien und im Irak. 

Die Unterdrückung der Kurden in der Türkei sowie der Abbau von Demokratie und Rechtsstaat durch den zunehmend diktatorischen Präsidenten Erdoğan waren bislang kein Anlass für die übrigen NATO-Mitglieder, diesen schwerwiegenden Verstössen gegen die «Prinzipien Demokratie, individuelle Freiheiten und Rechtsstaat» auf irgendeine Weise entgegenzutreten. Im NAT0-Vertrag seien «keine Sanktionsmöglichkeiten gegen Mitglieder vorgesehen», wird diese Untätigkeit in der Brüsseler Zentrale der Allianz entschuldigt.

NATO lässt sich erpressen

Doch der eigentliche Grund für dieses Zurückhaltung liegt darin, dass sich die NATO seit vielen Jahren von der Regierung in Ankara erpressen lässt. In erster Linie durch die Drohung, die NATO-Basis Incirlik in der Südosttürkei zu schliessen. Die Basis war und ist für die NATO und für die USA die wichtigste Militärinfrastruktur für sämtliche bisherigen Kriege und Luftoperationen im Nahen und Mittleren Osten. Zudem sind in Incirlik US-amerikanische Atomwaffen stationiert. Ein gleichwertiger Ersatz für diese Militärbasis in einem anderen Land der Region ist für die USA und die NATO bislang nicht in Sicht. 

Mit dem anfänglichen Widerspruch Ankaras gegen einen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens – zwei Länder, die sämtliche zitierten Prinzipien der NATO-Gründungsakte besser erfüllen als irgendein anderes Land – war in der NATO eine noch nie dagewesene Kontroverse entstanden. Zur Rechtfertigung ihrer seit 1997 in insgesamt vier Beitrittsrunden vollzogenen Osterweiterung von damals 16 auf inzwischen 30 Mitglieder betont die NATO immer wieder «das souveräne Recht aller Staaten Europas», bestehenden Militärallianzen (ergo: der NATO, dem einzigen weltweit bestehenden militärischen Bündnis) beizutreten, wenn das in ihren sicherheitspolitischen Interessen liege. Dasselbe «souveräne Recht» wurde von der NATO bislang auch mit Blick auf einen eventuellen Beitritt der Ukraine zur NATO betont. Unter Verweis auf dieses «souveräne Recht» lehnten die NATO und der ukrainische Präsident im Vorfeld des Ukrainekrieges auch jegliches Kompromissangebot an Russland – etwa in Form eines mehrjährigen Moratoriums in der Frage einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine – strikt ab. 

Wenige Tage nach Kriegsbeginn verkündete Selensky dann, ein Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft sowie ein Verzicht auf ausländische Militärstützpunkte und ein Neutralitätsstatus der Ukraine mit Sicherheitsgarantien durch bestimmte Staaten seien möglich. 

Mit Blick auf die im Gang befindliche Norderweiterung der NATO durch Schweden und Finnland wurde das «souveräne Recht» der freien Bündniswahl erneut betont. Selbstverständlich besteht dieses «souveräne Recht».

Wobei allerdings auch die aktuellen NATO-Mitglieder das «souveräne Recht» haben, Beitrittsbegehren abzulehnen. 

Die entscheidende Frage sollte jedoch sein, ob die bisherige Ausdehnung der NATO und für die Zukunft geplanten Erweiterungen der Militärallianz (sicherheits-)politisch klug waren und sind. Hätte Erdoğan erklärt, dass er den Beitritt Schwedens und Finnlands mit seiner über 1000 Kilometer langen Grenze zu Russland (sicherheits)politisch unklug und für eine gefährliche Provokation Russlands hält, dann hätte daraus eine politisch relevante, längst überfällige NATO-interne Debatte entstehen können. 

100’000 Kurdinnen und Kurden in Schweden und Finnland in Gefahr?

Stattdessen hatte Erdoğan seinen Einspruch gegen eine NATO-Mitgliedschaft der beiden skandinavischen Staaten mit der Behauptung begründet, die Regierungen in Helsinki und Stockholm würden die türkisch-kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützen, weil sie angeblich die Anwesenheit von PKK-Mitgliedern unter den in beiden Ländern lebenden Kurden sowie Massnahmen zur Geldbeschaffung für die PKK duldeten. 

Ankara betrachtet die PKK als Terrororganisation und bekämpft sie mit harten militärischen und polizeilichen Mitteln. Auch die EU, der sowohl Schweden wie Finnland angehören, hat die PKK als Terrororganisation eingestuft. Doch im Klartext forderte Erdoğan von den Regierungen in Stockholm und Oslo, ihre Schutz- und Asylverpflichtungen für verfolgte türkische KurdInnen aufzugeben, die von ihm pauschal als PKK-Anhänger und damit als «Terroristen» diffamiert werden. 

Das war schiere Erpressung. In Schweden leben über 85‘000 KurdInnen, in Finnland rund 15‘000. Der grösste Teil sind Flüchtlinge in erster, zweiter oder dritter Generation, die seit Ende der 1960er Jahren in erster Linie aus der Türkei aber auch aus Irak und Syrien vor Verfolgung und Krieg geflohen sind. 

Dasselbe gilt für Erdoğans Forderung nach Wiederaufnahme von Waffenlieferungen, welche die Regierungen in Oslo und Stockholm gestoppt hatten aus berechtigter Sorge, dass die Türkei diese Waffen bei ihren völkerrechtswidrigen Interventionen in Syrien und Irak einsetzt oder gegen die Kurden im eigenen Land.

Erdoğans Erpressungsmanöver richtete sich aber nicht nur gegen die Regierungen in Stockholm und Helsinki, sondern auch gegen die Biden-Administration in Washington. Einerseits möchte der türkische Machthaber die USA zur Lieferung von Kampfflugzeugen an die Türkei nötigen, die Washington nach Ankaras Kauf russischer Boden-Luftraketen storniert hatte. Andererseits möchte Erdoğan von Washington grünes Licht für eine neue, weitreichende weitere Militäroperation gegen Kurden in Nordsyrien, die er Ende Mai angekündigt hatte.

Vergangene türkische militärische Übergriffe in Syrien waren vor allem gegen die Kurdenmiliz YPG gerichtet, die Ankara als Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK betrachtet und deshalb als Terrororganisation einstuft. Für die USA hingegen waren die Bodentruppen der YPG ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischen Staat (IS). Da der IS nach seiner weitgehenden Vertreibung aus Syrien im Jahr 2018 dort inzwischen wieder Anschläge verübt, wollen die USA diese Partnerschaft mit der YPG zumindest vorläufig nicht aufgeben.

Schon jetzt kontrolliert und besetzt Ankara völkerrechtswidrig grenznahe Gebiete auf nordsyrischem Territorium. Das Ziel ist eine durchgehende «Sicherheitszone», die entlang der ganzen Grenze 30 Kilometer tief in das syrische Territorium reicht. Nach der Vertreibung oder Vernichtung der YPG sollen dort rund drei Millionen syrische Flüchtlinge angesiedelt werden, die sich gegenwärtig in der Türkei aufhalten. Schon 2015 und 2019 hatte sich Erdoğan bei der US-Regierung vergeblich um die Billigung und Unterstützung dieser Pläne bemüht. 

Nach Einschätzung des Analysten Salim Cevik vom Centrum für Türkeistudien (Cats) in Berlin finden die türkischen Militärangriffe im Westen Nordsyriens mit russischer Zustimmung oder gar Unterstützung statt. Östlich des Euphrat benötige die Türkei die Zustimmung der USA und Russlands. «Erdoğan sieht jetzt seine Chance, da Russland mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt ist. Seine Vetokarte in der Nato nutzt er, um die USA zu Zugeständnissen auf syrischem Boden zu drängen.»

Noch unklar, was der Kompromiss bedeutet

Insbesondere NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, aber auch die Regierungen in Washington und Berlin hatten darauf gedrängt, dass bereits beim NATO-Gipfel Ende Juni über den Mitte Mai erfolgten Mitgliedsantrag Finnlands und Schwedens positiv entschieden wird, was dann auch geschah. Der in die Verhandlungen eingeschaltete NATO-Generalsekretär hatte die Regierungen in Oslo und Stockholm zur Kompromissbereitschaft gegenüber Ankaras Erpressung gedrängt. «Wenn ein wichtiger Schlüsselverbündeter wie die Türkei Bedenken hinsichtlich von Terrorismus äussert, dann müssen wir uns natürlich hinsetzen und das ernstnehmen», erklärte Stoltenberg. «Kein anderes NATO-Land» habe «mehr Terrorangriffe erlitten als die Türkei». Die Türkei sei «ein wichtiger Verbündeter, der eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Terrorgruppen wie die Terrormiliz Islamischer Staat gespielt hat», behauptete der NATO-Generalsekretär – entgegen allen Erkenntnissen, die ein vielfältige Unterstützung des IS durch die Türkei belegen, zumindest bis zur weitgehenden Vertreibung der Terrormiliz aus Syrien im Jahr 2018.

Sollten die USA und alle anderen NATO-Staaten ebenso wie Finnland und Schweden den vereinbarten Kompromiss mit Erpresser Erdoğan so auslegen, dass er auf Kosten der Rechte und des Schutzes der in den beiden skandinavischen Ländern lebenden KurdInnen geht, oder dass er zu einer Wiederaufnahme finnischer und schwedischer Waffenlieferungen an die kriegsführende Türkei führt, dann würde der Selbstbeschreibung der NATO als «Wertegemeinschaft» noch ein Stück unglaubwürdiger. 

Ansprüche auf Bosnien-Herzegowina

Eine ähnlich miese Erpressung wie Erdoğan versucht der irreführender Weise als «Sozialist» firmierende nationalistische Präsident Kroatiens, Zoran Milanović. Er fordert, dass das Wahlgesetz im benachbarten Bosnien-Herzegowina zugunsten der dort lebenden Kroaten geändert wird, bevor das Parlament in Zagreb den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands ratifiziert. Hinter dieser Forderung steht das seit Anfang der 1990er Jahre von den Nationalisten in Zagreb wie in Belgrad unverändert verfolgte Ziel, den souveränen Staat Bosnien-Herzegowina zwischen Kroatien und Serbien aufzuteilen.

Dieses Ziel des Präsidenten eines NATO-Mitgliedsstaates ist von ähnlich völkerrechtswidriger Qualität, wie die Ansprüche von Putin auf Teile der Ukraine. Ein Nachgeben und eine Kompromissbereitschaft der NATO gegenüber den Bestrebungen nationalistischer Kroaten zur Zerschlagung und Aufteilung des bosnischen Einheitsstaates wäre eine Ermutigung für die serbischen Nationalisten in der bosnischen Republica Srpska und in Belgrad, die dasselbe Ziel verfolgen. Damit würde die NATO mitten im weiterhin tobenden Ukrainekrieg gemeinsame Sache machen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der diese Bestrebungen der nationalistischen Serben unterstützt.

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Dieser Artikel ist eine aktualisierte Version eines Beitrags, der in in der Juli-Ausgabe der Blätter erschienen ist. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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Über Widersprüche der westlichen Wertegemeinschaft hat Infosperber schon mehrmals informiert:

2.7.2022: Nato-Gipfel: Doppelmoral kostet Glaubwürdigkeit

15.5.2022: Russland und Türkei: «Völkerrecht wird nach Belieben angewandt»

10.5.2022: Ukraine und Jemen: Ein Messen mit zweierlei Mass

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

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8 Meinungen

  • am 25.07.2022 um 18:22 Uhr
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    Meiner Meinung nach sind seit Jahrzehenten der grösste Kriegstreiber und Aggressor der Welt immer noch die USA. Wer kann sich noch an den 9. September erinnern? Die Terrororganisation CIA hat den demokratisch gewählten Salvador Allende weggeputscht. Im Iran haben die USA den Shah weggeputscht. Also der Nachfolger dann nicht so wollte, hat man sich halt Hilfe bei einem jungen, vielversprechenden Dikator namens Saddam Hussein geholt…. der sollte da den Iran angreifen mit Unterstützung der USA. Auch in Afghanistan haben die USA den Bin Laden installiert und geholfen Al Qaeda aufzubauen. NIcht zu sprechen von all den anderen Ländern wo die USA einfach nur für Destabilitsation gesorgt hat. Man lerne: Drohnenmordet und bombt man genug Länder in Schutt und Asche, bekommt man den Friedensnobelpreis über. Die NATO ist einfach nur ein weiterer Spielball der USA… wer wirklich glaubt, die NATO sei für (West)europa da, dem ist nicht mehr zu helfen.

    • am 26.07.2022 um 14:40 Uhr
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      Danke für Ihre Sichtweise. Ich frage mich, welche Rolle da United Kingdom spielt. Die Gewaltgeschichte dieser Nation wird all zu oft in der Dunkelheit gehalten. Wenn die medialen Informationen stimmen, sollen sie die Ukraine seit Jahren mit Waffen und Söldnern beliefern. Was sprach Winston Churchill angeblich bei Kriegsende? «Es könnte sein das wir die falsche Sau geschlachtet haben» Worum geht es letztendlich? Um Geld. Ressourcen sind bare Kasse. Keine Nation hat soviel Ressourcen wie Russland. Geld regiert für manche die Welt. Der Neoliberalismus, der unbegrenzte missbrauchte Kapitalismus, machte es möglich den jetzigen Zustand zu erzeugen. Eine Minderheit welche über 90% der Welt besitzt, kann alles kaufen in einer Welt des Mangels, und sie werden diese Schöpfung vor die Säue werfen, denn niemand kann sie aufhalten. Es sei denn es geschähe ein Wunder.

      • am 28.07.2022 um 00:07 Uhr
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        @Beatus Gubler: Ich stimme in den allermeisten Punkten mit Ihnen überein. Ihren letzten Satz, den auch ich selbst mir immer wieder sage – bei allem was gerade geschieht oder eben leider auch nicht geschieht -, will ich gern zu einem Hinweis nutzen:
        Vielleicht gibt es ja tatsächlich «Wunder», vielleicht ist es aber nicht dieses eine, unübersehbare, unmittelbar folgenreiche Wunder, das alle lebensfeindlichen Prozesse auf einen guten Weg bringt? Vielleicht sind es viele kleine Wunder – die gesehen und beachtet werden wollen!?
        Eines dieser Wunder – besonders angesichts allen Unrechts und aller Gewalt im Jahr zuvor – ist für mich zweifellos die wegweisende und berührende Rede des indigenen Vizepräsidenten David Choquehuanca zum Amtsantritt am 8.11.2020 im Bolivianischen Parlament!
        https://www.youtube.com/watch?v=PmroJFXH3G8
        Sollten nicht 15 Jahre unerwartet positive Entwicklung für Menschen und Gemeinwesen seit Evo Morales, auf Basis alter indigener Weisheit, mehr Beachtung finden?

    • am 26.07.2022 um 23:19 Uhr
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      Ich bin in den meisten Punkten einig mit Ihnen, ausser dem einen: Obama hat den Friedensnobelpreis im 2009 erhalten. Die Drohnenbombardierungen von denen Sie schreiben, fanden erst einige Jahre später statt.
      Zitat http://www.us-politik.ch/teil16.htm : «Im April 2012 erlaubt Obama der CIA, gezielte Tötungen mittels Drohen bei blossem Verdacht auf Terrorismus nicht nur in Pakistan, sondern auch im Jemen durchzuführen. John Brennan, Obamas Terrorabwehr-Spezialist, verteidigt diese Mordanschläge, die oft Zivilisten treffen, als «ethisch und legal». Bis Ende 2012 bauen die USA 19’000 Drohnen. Obama lässt sich regelmässig Listen mit geplanten geheimen Tötungen vorlegen, womit er zugleich Richter und Henker und damit ein Terrorist ist.

      • Portrait Andreas Zumach 2022
        am 27.07.2022 um 11:48 Uhr
        Permalink

        Die Drohnenbombardierungen durch die USA von denen Herr Nedacc schreibt, fanden keineswegs erst «einige Jahre» nachdem Präsident Obama 2009 den Friedensnobelpreis erhielt. Sie begannen Ende 2001 unter Präsident Bush, kurz nachdem dieser in Reaktion auf die Anschläge vom 11.9.2001 den «Krieg gegen den Terrorismus» ausgerufen hatte. Unter Obama wurde die Zahl der Drohneneinsätze von rund 50 während der Präsidentschaft von Bush erheblich gesteigert und dann noch einmal unter Donald Trump. In den den vier Regierungsjahren von Trump gab es insgesamt12.832 Drohneneinsätze.
        Andreas Zumach

  • am 25.07.2022 um 23:51 Uhr
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    Danke für den umfangreichen und differenzierten Einblick! Das alles kann nicht oft genug ins Licht gerückt werden.
    Allerdings habe ich hier in Kommentaren schon mehrmals darauf hingewiesen, dass offenbar auch Finnland und Schweden nicht gerade respektvoll und achtsam mit ihrer eigenen indigenen Minderheit, den Sami, umgegangen sind und umgehen, auch ihr Lebensraum wurde kolonisiert, ihre Kultur zerstört, die Menschen diskriminiert.
    Wenn hier Herr Zumach schreibt, «zwei Länder, die sämtliche zitierten Prinzipien der NATO-Gründungsakte besser erfüllen als irgendein anderes Land» und sich dabei auf UNO-Charta, Demokratie, individuellen Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit bezieht, macht mich das nachdenklich:
    Werden hier die Rechte der Indigenen einfach ausgeblendet, wie so oft (!) – oder haben die bestehenden NATO-Staaten schon so sehr gegen all diese hohen eigenen Werte verstoßen, dass der Umgang der nordeuropäischen Staaten mit den Sami dagegen in Bedeutungslosigkeit versinkt?

    • Portrait Andreas Zumach 2022
      am 27.07.2022 um 12:12 Uhr
      Permalink

      Sie haben Recht mit dem Hinweis auf die Sami in Schweden und Finnland Allerdings gehören diese im globalen Vergleich zumindest seit den 1960er Jahren zu den am besten integrierten indigenen Bevölkerungsgruppen. Die noch immer bestehenden tatsächlichen oder zumindest von den Sami empfundenen Diskriminierungen und Mißachtungen durch die Mehrheitsgesellschaft/Regierung/Behörden sind natürlich nicht «bedeutungslos». Doch im Vergleich zu den in meinem Artikel genannten schweren Verstöße der Türkei und anderer NATO-Staaten sind sie tatsächlich sehr viel weniger gravierend. Auch die Diskrimierung der Roma und Sinti in südosteuropäischen NATO-Staaten oder der Umgang mit Flüchltingen in den meisten NATO-/EU-Staaten stellen eine erheblichere Verletzung/Einschränkung von rechtstaatlichen, menschen- und völkerrechtlichen Normen dar.Daher bleibe ich bei meiner Formulierung.
      Andreas Zumach

      • am 27.07.2022 um 14:03 Uhr
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        Herr Zumach, ich möchte Ihren Artikel in keiner Weise kritisieren.
        Letztlich bestätigen Sie ja meinen letzten Satz, in dem ich die «Bedeutungslosigkeit» nicht absolut gesetzt, sondern in Relation zu den gravierenden «Verletzungen/Einschränkungen von rechtstaatlichen, menschen- und völkerrechtlichen Normen» durch andere NATO-Länder gesetzt hatte.
        Wenn schon diese hohen Werte immer wieder als Begründung für den Beginn oder die Weiterführung von Kriegen missbraucht werden, müsste dann nicht dieses Kriegsbündnis NATO, und natürlich jetzt auch Finnland und Schweden, ganz besonders hohe Ansprüche gerade an das eigene Verhalten stellen (was Sie ja thematisieren).
        Dies kann ich auch in Bezug auf die Sami nicht wirklich erkennen, selbst wenn sich einiges positiv entwickelt hat. Gerade weil es global weiter jede Menge schlimmere Repressionen gegen indigene Völker gibt, sollte da nicht viel mehr Sensibilität für dieses Thema geweckt werden? Ist «am (relativ) besten integriert…» wirklich genug?

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