Neben-Russland-leben

Protest gegen das ungemütliche Leben als Nachbar von Russland © EuroT

Der historische Drang Ostmitteleuropas in die Nato

Jürg Müller-Muralt /  Die Nato-Osterweiterung war kein aggressiver Akt gegen Russland, sondern entsprach dem starken Wunsch «gebrannter Kinder».

Portrait_Juerg_MuellerMuralt
Jürg Müller-Muralt

Nato-Osterweiterung – allein schon der Begriff weckt die Vorstellung einer aktiven, wenn nicht gar aggressiven räumlichen Ausdehnung. Es lohnt sich, im Hinblick auf den geplanten Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens die Gründe für die Erweiterung der Nato Richtung Osten zu betrachten. Die Ansicht, die Nato-Osterweiterung sei im Grunde eine konzertierte, gegen Russland gerichtete Politik, ist historisch nicht haltbar. Das Grundmotiv der einzelnen beitrittswilligen ostmitteleuropäischen Staaten war immer das Bedürfnis nach Schutz vor einem als unberechenbar eingestuften Nachbarn, mit dem man schon einige unliebsame Erfahrungen gemacht hatte. Was die russische Führung heute als Bedrohung interpretiert, ist paradoxerweise das Ergebnis einer Situation, in der sich zahlreiche Staaten durch Russland bedroht sahen. Es war nicht die Nato, und es waren auch nicht die USA, welche Ostmitteleuropa förmlich in die Nato prügelten; es war vielmehr die leidvolle Geschichte unter sowjetischer Herrschaft und die jahrzehntelange Zwangsmitgliedschaft im Warschauer Pakt, welche dem Drang nach Westen den nötigen Schub verliehen.

Starke demokratische Legitimation

Und vor allem war es der mehrheitliche Wunsch der Bevölkerung dieser Staaten. Die demokratische Legitimation des Nato-Beitritts ist in allen Ländern hoch, alle traten dem Militärbündnis freiwillig bei. Einige Staaten führten gar Volksabstimmungen durch. In Ungarn votierten rund 83 Prozent, in Slowenien 66 Prozent für den Beitritt. Regierungen, die der Nato ablehnend gegenüberstanden, wurden teilweise sogar abgewählt; so geschehen in Bulgarien und in der Slowakei.

Sicherheitsvakuum zwischen Ostsee und Schwarzem Meer

Entscheidend für die sicherheitspolitisch völlig veränderte Lage war die Implosion der Sowjetunion und das Verschwinden des Sowjetimperiums. Rasch entstand ein Sicherheitsvakuum in «Zwischeneuropa», den früheren Satellitenstaaten und Ex-Sowjetrepubliken zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Zudem scheiterte Präsident Boris Jelzin bei der Demokratisierung Russlands, beim Aufbau stabiler rechtsstaatlicher Strukturen und auch beim Versuch, eine Partnerschaft mit den USA und der Nato aufzubauen. Die Tragik der russischen Situation nach dem Ende des Kalten Krieges hat weniger mit dem US-amerikanischen Triumphalismus zu tun, den es sehr wohl gab, und auch nicht mit der Weiterexistenz der Nato, sondern mit Problemen bei der politischen Transformation Russlands.

USA wandten sich anfänglich dem Osten zu

Die auf Russland spezialisierte Plattform Dekoder fasst die damalige Lage wie folgt zusammen: «Tatsächlich hatten sich die USA und die Nato seit dem Sommer 1990 dem Osten und der UdSSR konstruktiv zugewandt und ihnen über den neuen Nordatlantischen Kooperationsrat (NAKR) ‹die Hand der Freundschaft› ausgestreckt – ein Prozess der Annäherung, der auch nach der plötzlichen sowjetischen Implosion 1991, mit allen neuen unabhängigen Staaten, inklusive Russlands, beibehalten wurde. In dem Moment allerdings, mit dem Russland 1993 im politischen Chaos versank und revisionistische Stimmen anfingen, Gehör zu finden, begann die aktive Suche nach Sicherheit der Zwischeneuropäer, die nun immer dringlicher den Anschluss an die westlichen Institutionen suchten. Dieser Druck von aussen auf die Nato war massgeblich für die Entwicklungen und Entscheidungsfindung um den Osterweiterungsprozess in den 1990ern und 2000ern.»

Bedrohungsgefühl fördert Drang nach Westen

Die neuen, demokratisch gewählten Regierungen der einstigen Ostblockstaaten – also etwa Polens und Ungarns – betrachteten die Sowjetzeit als eine Ära der Unterdrückung und drängten nach Westen und in die Nato. In den Worten des Historikers Wolfgang Mueller, Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien: «Nach 40 Jahren Sowjet-Besetzung, Militärinterventionen (Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968; Red.) und Diktatur gab es ein Bedrohungsgefühl. Dazu kamen aktuelle Forderungen russischer Politiker, das russische Imperium samt Polen und Finnland wiederherzustellen. Darum drängten die Staaten Ostmitteleuropas in die Nato, obwohl das dem Westen anfangs nicht recht war.»

Die Nato gerät in heikle Lage

In der Tat brachte der Zusammenbruch des Ostblocks die Nato in eine schwierige Lage. Viele westliche Staaten fürchteten sich davor, Russland zu provozieren. Es gab einerseits grosse Vorbehalte, neue Mitglieder aufzunehmen, anderseits aber wollte man die beitrittswilligen Staaten nicht vor den Kopf stossen. US-Präsident Bill Clinton lehnte noch 1993 die Osterweiterung ab. Stattdessen schuf er 1994 das Instrument mit dem Namen «Partnerschaft für den Frieden» (PfP); auch Russland machte dort mit. Die apodiktische Aussage in einem auch von Infosperber wiedergegebenen Interview des früheren SPD-Politikers Klaus von Dohnanyi, wonach die USA «diesen Nato-Expansions-Druck eben immer ausgeübt» hätten, ist in dieser Form also nicht korrekt, denn dies gilt nicht für die Anfangsphase der Debatte der Osterweiterung.

Russland intervenierte und zündelte immer wieder

Die Bedrohungsängste der ostmitteleuropäischen Staaten waren ja auch nicht aus der Luft gegriffen. Schon damals fehlte das Vertrauen in die dauerhafte politische Zuverlässigkeit und demokratische Entwicklung Russlands. Ab 1994 führte Russland den ersten Tschetschenienkrieg, der etwa in Polen zu Fragen nach der eigenen Sicherheit führte. Immer wieder unterstützte Russland mit regulären und irregulären Truppen separatistische Kräfte in den Nachbarstaaten: 1992 Abchasien gegen Georgien, im gleichen Jahr Transnistrien gegen Moldau, 2008 Südossetien gegen Georgien, seit 2014 die Donbass-Region gegen die Ukraine und schliesslich die Annexion der Krim. Die baltischen Staaten, die ihre Unabhängigkeit als Folge des Hitler-Stalins-Pakts verloren, befürchteten aus einem ganz speziellen Grund eine russische Intervention: Die Sowjets betrieben eine gezielte «Russifizierung», was zu einer bis heute grossen russischsprachigen Minderheit im Baltikum führte, insbesondere in Estland und Lettland. Das Argument, diese Minderheit schützen zu müssen, kann durchaus als Interventionsgrund instrumentalisiert werden. Durchexerziert hat das Russland ja auch in der Ukraine.

Anne Applebaums Rezept der Abschreckung

Die amerikanische Historikerin Anne Applebaum, Spezialistin für osteuropäische Geschichte und prominente Warnerin vor Faschismus und Autoritarismus auch in ihrem eigenen Land, wirft dem Westen vor, zu lange die Augen vor den Gefahren verschlossen zu haben, die von Russland ausgingen. Man hätte, wie gegenüber der Sowjetunion, Abschreckungspolitik betreiben müssen: «1991 unterliess dies der Westen, weil er glaubte, es sei nicht mehr nötig. Doch Russland rüstete auf und fiel in Nachbarländer ein, und der Westen tat noch immer so, als ob von Russland keine Gefahr ausgehe. Wir glaubten, Russland nicht mehr abschrecken zu müssen. Das war ein Fehler.»

Die diversen Nato-Osterweiterungen entsprachen in erster Linie den sicherheitspolitischen Bedürfnissen der jeweiligen Staaten und liegen nicht einseitig und nicht allein in geopolitischen Interessen der USA und der Nato begründet, die es natürlich auch gibt. Während des Erweiterungsprozesses ist es zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen Russland und dem Westen gekommen – mit jedem neuen Nato-Mitglied etwas mehr. Die deutlich geäusserten Bedenken Russlands wurden weitgehend in den Wind geschlagen, statt parallel zum Nato-Wachstum auch die diplomatischen Bemühungen um die Einbindung Russlands entsprechend zu verstärken.

Die Debatte um das gebrochene Versprechen des Westens

Da schon häufig thematisiert und kontrovers diskutiert, wird in diesem Artikel nicht nochmals explizit und ausführlich darauf eingegangen, welchen Anteil an dieser Entfremdung die Frage hat, ob der Westen ein Versprechen gebrochen habe, die Nato nicht weiter nach Osten auszudehnen. «Der sowjetischen Führung hätte damals – darüber besteht in der Politikwissenschaft weitgehende Übereinstimmung – bereits klar sein müssen, dass mit den betreffenden Äusserungen eine völkerrechtlich verbindliche Zusage zu einem Verzicht auf eine Nato-Osterweiterung nicht vorgelegen hat, zumal diese sowohl im Fortgang der Zwei-Plus-Vier-Gespräche (zur deutschen Wiedervereinigung, Red.) nicht aufrechterhalten als auch nach der deutschen Wiedervereinigung von entscheidenden westlichen Politikern explizit nicht wiederholt wurden», wie es in einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags von 2016 heisst.

Das bedeutet aber nicht, dass es solche Äusserungen nicht gegeben hat, die nun im Narrativ über die Kriegsursachen eine gewisse Rolle spielen. Tatsächlich gab es im Zuge der Verhandlungen um die Wiedervereinigung Deutschlands mündliche Zusagen an Russland, die Nato nicht weiter nach Osten auszuweiten. Das geht aus Zeitzeugenberichten wie auch aus Gesprächsnotizen hervor. Infosperber hat schon verschiedentlich darüber berichtet (hier und hier). Eine ausgezeichnete, alle Positionen berücksichtigende Darstellung zu dieser komplexen Frage findet sich auf Wikipedia. Differenzierte Analysen präsentieren auch Dekoder und der MDR (Mitteldeutscher Rundfunk).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Ukraine_Sprachen

Die Ukraine zwischen Ost und West: Jetzt von Russland angegriffen

Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

18 Meinungen

  • am 27.05.2022 um 11:31 Uhr
    Permalink

    Ergänzend sei erwähnt:
    Der Warschauerpakt wurde aufgelöst, die NATO nicht.
    Auch Russland hat ein Bedrohungsgefühl und ein Sicherheitsbedürfnis.
    In der Ukraine leben auch (benachteiligte) Russen.
    Auch die USA-NATO zündelte und provozierte permanent, überschritt die gesetzte rote Linie und wies Gesprächsangebote zurück.
    Ein zwingender Waffenstillstand ist nur möglich, wenn man diesen Punkten Rechnung trägt, ob uns das passt oder nicht.
    Warum stellt sich Europa nicht hinter den aktuellen Vorschlag Italiens?

    • am 27.05.2022 um 23:43 Uhr
      Permalink

      Bei der deutschen Wiedervereinigung wurde Gorbatschow von Kohl und Baker versprochen, dass sich die NATO keinen Zentimeter nach Osten erweitern würde. Präsident Bush wollte dieses Versprechen nicht schriftlich festgehalten haben. 1999 erfolgte die erste NATO-Osterweiterung, danach ging es weiter und weiter bis an die russische Grenze. Wenn das nicht Provokation ist, was dann? So geht es mitunter auch auf Pausenplätzen zu und her!
      1962 haben die Sowjets russische Raketen auf Kuba stationiert. Die USA waren nicht erfreut darüber, feindliche Raketen vor ihrer Grenze zu haben. Unter Präsident Kennedy zogen die USA dann ihre Raketen aus der Türkei, und die Sowjets die ihrigen aus Kuba ab.

    • am 28.05.2022 um 07:41 Uhr
      Permalink

      Es sollte bekannt sein, daß die USA die NATO beherrschen. Ihr geht es um die Arktis. Dazu, weil selbst zu schwach, brauchen die USA Finnland und Schweden.
      Man kann sich an die vielen angeblichen russischen U-Boote, die nicht vorhanden waren, erinnern. Auch ist der unaufgeklärte Mord von Olof Palme, der ein freundschaftliches Verhältnis zu der UdSSR aufbauen wollte, mit einem großen Fragezeichen versehen.
      Wer steckte dahinter? Wer wollte eine engere Bindung an die UdSSR verhindern? Der Mord war erfolgreich, denn die Spannungen wurden systematisch aufgebaut.

    • am 28.05.2022 um 15:16 Uhr
      Permalink

      Wichtig ist auch, die Aufnahme in die NATO kann nur nach einstimmigem Beschluss aller Mitgliedsländer erfolgen.
      Man hört oft, die Polen (als die ersten) und die anderen Beitrittskandidaten wollten unbedingt in die Nato.
      Deutschland hatte den Russen eine Nichterweiterung in Richtung Osten versprochen und nur so die Wiedervereinigung bekommen. Deutschland hätte also bei den Eintrittsgesuchen dieser mit «Nein» stimmen müssen !
      Oder haben die USA – die ja auch in den Ost-Ländern massiv Stimmung für einen NATO-Beitritt machten – auf Deutschland Druck ausgeübt ?
      Dann hätte die deutsche Regierung das öffentlich machen müssen. Zumindest, wenn die BRD ein souveräner Staat ist. Was man bezweifeln muss…

  • am 27.05.2022 um 11:49 Uhr
    Permalink

    Endlich mal Klartext auf dieser Plattform. Vielen Dank.

    Bei Schweden und Finnland sieht man ja jetzt auch die direkte Fortsetzung dieser eindeutigen Logik.

    Und damit erkennt man auch, dass es Putin bei diesem Angriffskrieg gar nicht um die _Beseitigung_ der angeblichen «NATO-Umzinglung» geht, vielmehr wurde diese ja jetzt geradezu provoziert!

    In Wahrheit braucht der Diktator dringend den erfundenen «äusseren Feind». Denn nur so kann er an der Macht bleiben, die oppositionelle Presse und Politik als «ausländische Agenten» verunglimpfen, kriminalisieren oder gar umbringen lassen.

    • am 28.05.2022 um 15:23 Uhr
      Permalink

      Wieso sieht sieht man, dass es «nicht um die _Beseitigung_ der angeblichen «NATO-Umzinglung geht»?
      Schauen Sie sich doch mal eine Landkarte an.
      Die Stationierung von Marschflugkörpern-fähigen und damit Atomwaffen fähigen Abschuss-Rampen in Rumänien ist für Sie auch keine Bedrohung, eher Kunst und Landschaftsverschönerung.
      Was die Kuba-Krise angeht (Stationierung einiger Raketen in Kuba _nachdem_ Kuba von den USA aus angegriffen wurde –> Schweinebucht), die wurde ja hier schon erwähnt…

  • am 27.05.2022 um 12:20 Uhr
    Permalink

    Wer Anne Applebaum zustimmend zitiert, ordnet sich im Informationskrieg klar auf einer Seite ein.

  • am 27.05.2022 um 12:21 Uhr
    Permalink

    1989/90 ging es den meisten Einwohnern der ehemaligen sowjetischen Satelliten nicht um militärische Bündnisse sondern um wirtschaftliches und soziales Überleben. Die UdSSR hatte abgewirtschaftet und war kein attraktives Vorbild mehr. Von heute auf morgen brach ein gesamter Wirtschaftsraum mit Millionen Arbeitsplätzen zusammen. Der Gewinnerwesten, besonders die USA, lockte mit Freiheit, Konsumgütern und Vielfalt. Deswegen orientierten sich alle Staaten sofort nach Westen. Den alten Kadern ging es vor allem darum, ihre Pfründe in die Privatwirtschaft zu überführen und über den Umbruch zu retten. Die Angst vor dem Russen spielte nur eine untergeordnete Rolle. Die hatten ja ihre eigenen Probleme.
    Die logische Folge der Auflösung des Warsch. Paktes wäre die Auflösung der NATO gewesen; sie hatte ihre Schuldigkeit getan – eine neue europäische Sicherheitsarchitektur ohne Dominanz der USA hätte ein Ziel sein können.

  • Christian Müller farbig x
    am 27.05.2022 um 12:27 Uhr
    Permalink

    @ Jürg Müller-Muralt – Aha: Die osteuropäischen Staaten fühlen sich in Erinnerung an die Warschau-Pakt-Zeiten von Moskau bedroht – aber Russland darf sich vom Westen nicht bedroht fühlen. Um ein Beispiel zu nennen: Als die deutsche Wehrmacht 1941 gegen Russland vorrückte, ermordete sie allein schon in Weissrussland 2,5 Millionen Menschen – einen vollen Viertel der weissrussischen Bevölkerung! In Hunderten von Dörfern wurden die Einwohner mit Gewalt zusammengetrommelt, in eine Scheune gesperrt und diese wurde dann abgefackelt. Der Film «Komm und sieh!» müsste in den Schweizer Gymnasien zum Pflichtstoff erklärt werden. Vielleicht verstünden dann ein paar Leute mehr, warum Russland das nicht vergessen hat und sich von der nach Osten erweiterten NATO bedroht fühlt. (Zum Trailer: /https://www.youtube.com/watch?v=g21GloEWM-k)

  • am 27.05.2022 um 12:42 Uhr
    Permalink

    «Communication is with the receiver» pflegte mein amerikanischer Chef zu sagen, wenn ich mich über einen Kunden beklagte, der nicht meiner Meinung war. Es ist eigentlich egal, was der Westen zur NATO Osterweiterung meint, zentral ist, wie sie in Russland empfunden wird. Wenn wir in Frieden zusammen leben wollen, ist dies der Ausgangspunkt für konstruktive Verhandlungen. Und dabei auch – gemäss den Harvard Prinzipien – Sache und Personen nicht mit einander vermengen, sondern getrennt behandeln.

  • am 27.05.2022 um 13:57 Uhr
    Permalink

    Das ist ein zu kurzer Blick. Wäre am 4. April 1949 nicht die NATO (mit Stossrichtung Sowjetunion) gegründet und dann 1956 nicht Deutschland wiederbewaffnet worden, wäre der sowjetische Druck auf die Länder des Warschauer Paktes (gegründet nach und als Antwort auf die der NATO) wahrscheinlich ganz anders gewesen.
    Das meint auch Herr Genscher in seinen Memoiren,
    Man darf dabei nicht vergessen, dass die Sowjetunion (also Russland) dreimal in 130 Jahren aus Westen angegriffen worden war. Und dass dies dort schreckliches Leid zur Folge hatte. Allein der II Weltkrieg brachte dort zwischen 27 und 30 Millionen Tote. Die 4 Millionen Kriegsgefangenen von denen die meisten durch Genickschuss oder Verhungern zu Tode kamen und die mehr als zwei jährige Blockade Leningrads die zu 1 Million Toten und zu Kannibalismus in der Stadt unter ständigem Beschuss führten sind – neben dem Wüten der Sonderkommandos – nur die bekanntesten Verbrechen an den «Russen».
    Ein Glacis schien also notwendig.

    • am 28.05.2022 um 14:17 Uhr
      Permalink

      Man darf zumindest nicht vergessen, dass Kriege mit westlichen Ländern sehr viel Leid gebracht haben. Und dann, einmal mehr, müssen wir versuchen, die permanente Opferhaltung die ‹Russland› und einige Leser hier einnehmen, zu relativieren. Nein, im 2 WK hat Russland die westlichen Nachbarn überfallen und gehofft, zu einem tiefen Preis die Nachbarn einsacken zu können. Insofern müssen wir – entgegen der russischen Geschichtschreibung – Russland ganz klar zum Täter machen. Und der heutige Westen (UK, USA) hat Russland im 2 Weltkrieg geretttet. Die hatten nämlich ab 1941 die gleichen Dreckalternativen wie es Russland 1939 hatte. Nämlich mit Hitler zu kooperieren. Die Aussagen zum 1. Weltkrieg sind nicht ganz so klar, aber defintiv ist auch hier die Opferhaltung falsch. Welches der dritte Krieg ist, den Sie meinen, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber vielleicht lohnt es sich, die Position der Balten, Polen, Ukrainer, Weissrussen, Finnen in diesen letzten 130 Jahren zu sehen…..

      • am 29.05.2022 um 22:06 Uhr
        Permalink

        Es gibt noch andere mit sogenannt „permanenter Opferhaltung“. Die USA sicher nicht.

  • am 27.05.2022 um 17:19 Uhr
    Permalink

    Nach meinem Wissen hat es nach der Perestroika mit Gorbatschow, dem damit verbundenen Zerfall des Warschauerpaktes einen «Augenblick» gegeben mit Jelzin, in dem Russland werden wollte wie der Westen, eine kapitalistische Konsumgesellschaft. Ein fataler Fehler! Die USA haben ihre Berater in ein kapitalistisch unterentwickeltes Land geschickt und vorgeschlagen, die großen Kolchosenbetriebe und industriellen Kombinate privaten Kapitaleignern zu übergeben. Prompt haben sich die Verwaltungsdirektoren der Landwirtschaft und der industriellen Produktion/Verarbeitung von Rohstoffen dafür gemeldet, es bildeten sich die Oligarchen als Kapitalistenklasse. Die haben ihren plötzlichen Reichtum verwendet, um sich selber zu bereichern, Prestigeobjekte zu kaufen, ohne sich um die Armut der Bevölkerung zu kümmern, zeigten sich als unfähig, die Produktivkräfte zu entwickeln. So ist das größte Land der Erde ein unterentwickeltes Land mit vielen Rohstoffen & einer arm gebliebenen Bevölkerung geblieben.

  • am 27.05.2022 um 18:50 Uhr
    Permalink

    «in geopolitischen Interessen der USA und der Nato begründet, die es natürlich auch gibt.»

    Erstaunlich, wie viel Glaubwürdigkeit ein so unschuldiges Wörtchen wie «auch» kosten kann.

  • am 28.05.2022 um 12:10 Uhr
    Permalink

    «Der Drang Ostmiteleuropas in die Nato» ist für mich kein Thema. Es geht im Prinzip darum, dass die USA seit jeher Krieg führen gegen Russland. Die Sanktionen sind nichts anderes als ein Krieg mit andern Mitteln. Bei allen «farbigen Revolutionen» hatten die USA ihre Finger drin. Die Ukraine ist der Kampfplatz auf dem man Russland entscheidend schwächen will. Der Maidan war von den USA gesteuert und finanziert. Seitdem ist die Ukraine kein souveräner Staat mehr. Herrn Müller-Muralt empfehle ich, sich auf CONSORTIUMS NEWS das zwischenzeitlich gelöschte, jetzt wieder hergestellte Nuland-Pyatt Video anzusehen, resp. anzuhören. Uebrigens hat der russische «Agressor» nur den gewollten Krieg antizipert. Schon vom Dekret 117 gehört, das einer Kriegserklärung gleichkommt und von Selensky im März 2022 unterschrieben wurde?

    • am 29.05.2022 um 19:33 Uhr
      Permalink

      Zitat 2014 focus.de: Hierzulande wurde kaum Notiz genommen von der Resolution 758 des US-Repräsentantenhauses. Nach Einschätzung des (republikanischen Kongressabgeordneten) früheren amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron Paul handelt es sich um einen höchst gefährlichen Beschluss: Er warnt vor dem Dritten Weltkrieg.
      Ron Paul nennt die Resolution 758 des US-Repräsentantenhauses eines der «schlimmsten Werke von Gesetzgebung», das jemals beschlossen worden sei. Das Dokument sei «16 Seiten Kriegspropaganda, die selbst Neocons (die Konservativen, Anm.d.Red.) die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, wenn sie dazu fähig wären».
      Quelle: https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/ex-us-praesidentschaftskandidat-ron-paul-klagt-an-us-kongress-erklaert-russland-den-krieg_id_4333115.html

  • am 28.05.2022 um 20:15 Uhr
    Permalink

    Nach dem Ende der Sowjetunion befanden sich bon heute auf morgen Millionen von Russen in einem fremden Land und wurden seit dann unterdrückt. Stört niemanden. Dass auf der Krim die Mehrheit der Bevölkerung für die Zugehörigkeit zu Russland gestimmt hat – egal, Russland hat einfach völkerrechtswidrig gehandelt.
    Russland verteidigt seinen Staat gegen eine Weltmacht USA, die ihre Vorherrschaft nur durch völkerrechtswidrige Kriege und Leid im Ausland erreicht. Es gab noch nie ein Krieg auf Amerikanischem Boden (ausser der Unabhängigkeitskrieg). Aber Kriege mit erfundenen Gründen zum Wohle der Demokratie ist völlig ok. Man stelle sich einfach mal vor, Russland hätte im Mexiko und Kanada je ein Raketenabwehrsystem errichtet! Fakt ist, dass die Russische Haltung genau so legitim ist, wie die Amerikanischen Angriffskriege. Ohne USA hätten wir heute weder Al-Qaida noch IS und die USA stürzte jedes Land nach dem Krieg ins Chaos – stört wieder niemanden. Von wegen neutrale Berichterstattung!

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...