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Patrick Jerg: Das Spiel © zvg

Das Spiel: Tiervielfalt im eigenen Zoo geniessen

Patrick Jerg /  Der Spagat zwischen «Tieren in Gefangenschaft» und Artenschutz ist gross. Das Expertenspiel «Arche Nova» schlägt spielend Brücken.

Es gibt tatsächlich schönere Momente im Leben eines Spielers, als 20-seitige Regeln zu lesen und über zwei Stunden am Spielbrett zu sitzen. Das alles spricht nicht unbedingt für ein Spiel, das man eigentlich anpreisen möchte. «Arche Nova» fällt ein wenig aus dem herkömmlichen Rahmen. Es ist ein Spiel für Kenner, für Experten, die sich an komplexere Sachen wagen und flexible Strategien fahren. Und es ist ein Spiel, das trotz aller Widrigkeiten in den letzten Monaten eine grosse Euphorie in der Spielewelt ausgelöst hat.

Thematisch bewegen wir uns auf einem eher heiklen Gebiet. Wir planen unseren eigenen Zoo, siedeln Tiere an, bauen Gehege, werben Sponsoren an und arbeiten mit dem Verband zusammen. Tiere in Gefangenschaft zu sehen ist nicht jedermanns Sache. «Arche Nova» schlägt aber einen Bogen und widmet sich auch dem Artenschutz und der Auswilderung von Tieren. Um das Spiel zu gewinnen benötigt man einen attraktiven Zoo und herausragende Leistungen beim Artenschutz. Nur mit der Kombination dieser beiden Werte schafft man die Basis für einen Sieger-Zoo.

Fünf Aktionen zur grossen Vielfalt

Bis zum Spielende ist es ein langer Weg, der im Grunde nur über fünf unterschiedliche Aktionen führt. Diese Aktionskarten verschieben die Spieler ständig in der eigenen Auslage hin und her und variieren dadurch die Stärke der Karten. Das hat Auswirkungen auf den Radius der gewählten Aktion. Mit einer starken Tier-Aktion lassen sich grössere Tiere im Zoo ansiedeln, als mit einer geringen Stärke. «Arche Nova» ist ein sehr verzahntes Spiel. Die Möglichkeiten im eigenen Zoo vergrössern sich im Laufe der Partie. Durch das Voranschreiten auf drei Wertungsleisten holt man sich Extra-Leistungen ab und optimiert die Abläufe im Zoo zusätzlich.

Über 200 Karten bilden das Grundgerüst des Zoo-Aufbauspiels. Mit den Karten holt man sich Tiere in die Gehege und Spezialisten, die für Vorteile in zahlreichen Bereichen sorgen. Die Auswahl der Karten ist mitunter spielentscheidend, die vielen Kombinationsmöglichkeiten üben den grossen Reiz des Spiels aus. In jeder Partie setzt man neue Strategien um und reagiert auf die Karten in der Hand.

Der Blick über den Tellerrand

Autor Mathias Wigge ist mit seinem Erstlingswerk Ausserordentliches gelungen. Er hat sich dem Thema in seiner ganzen Facette gestellt und sie in seinem Spiel abgebildet. So ist eben nicht nur die Anzahl der Tiere im Zoo wichtig, es zählt auch die artgerechte Haltung in passenden Gehegen, die Forschung und Entwicklung, das Unterstützen von Artenschutzprojekten und die Zusammenarbeit mit Partnerzoos in aller Welt. Einige Tiere erhält man nur, wenn Forschung oder Partnerzoos bereit stehen. Gelingt es, ein Tier im Zoo anzusiedeln, gewinnt man dafür an Attraktivität und den einen oder anderen Soforteffekt für den Ausbau des Zoos.

Mit den fünf Aktionen widmet man sich in jedem Spielzug einem Schwerpunkt: den Tieren, dem Verband, den Sponsoren, dem Ausbau oder dem Nachziehen neuer Karten. Das Timing für die einzelnen Aktionen ist entscheidend. Wartet man die volle Stärke einer Karte ab oder zieht man die Aktion vor? In spielerischen Pausen generiert der eigene Zoo auch Geld, das man sofort wieder investiert. Durch die stetige Verbesserung des Zoos bringen die Besucher bald höhere Einnahmen und das Projekt Zoo kommt ins Rollen.

Eine tierische Wohlfühl-Atmosphäre

«Arche Nova» bietet noch zahlreiche Kleinigkeiten an, das ganze Spektrum des Spiel lässt sich hier nicht ausbreiten. Es läuft auch nicht immer alles rund. Da gibt es Partien, in denen der Aufbau stockt, die falschen Tiere auf dem Markt sind und die brauchbaren Spezialisten ständig bei den Mitspielern landen. Trotzdem macht das Spiel eine ungeheure Lust auf die nächste Partie, denn jeder Zoo entwickelt sich und kein Spiel gleicht dem anderen. Mit den vielen Karten und den daraus möglichen Kombinationen ist eine ungeheure Varianz im Spiel. Es entstehen kleine Kettenreaktionen, die eine grosse Freude verbreiten. Jeder Spielzug vermittelt das Gefühl, eine wichtige Entscheidung getroffen zu haben.

«Arche Nova» gehört zu den komplexeren Spielen des Jahrgangs, es behandelt das Thema Zoo aber sehr ausgewogen. Der Ausgangspunkt der Aktionen ist überschaubar, die daraus entstehenden Möglichkeiten gross. Um die Effekte der einzelnen Karten zu verinnerlichen, benötigt man ein paar Partien. Trotzdem bleibt am Ende jedes Spiels ein gutes Gefühl, wenn man sieht, was man in seinem Zoo erreicht hat.

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Arche Nova 1
Arche Nova

Arche Nova | Aufbauspiel von Mathias Wigge | Illustration: Loic Billiau, Dennis Lohausen | Für 1 – 4 Personen | Ab 14 Jahren | 90 – 180 Minuten | Verlag: Feuerland Spiele | 60.90 Fr. / 56 Euro


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Patrick Jerg betreibt seit über 10 Jahren die Webseite brettspielblog.ch und veröffentlicht regelmässig Spielkritiken über Brett- und Kartenspiele.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Portrait Patrick Jerg 2

Das Spiel: Alle Beiträge

Spielen macht Spass. Und man lernt so vieles. Ohne Zwang. Einfach so.

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