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Der F-35 kommt. Zurückgestellt werden nur Aufträge, für die es noch keinen unterzeichneten Vertrag gibt. © SRF

Radio SRF – das Sprachrohr der Armee

Marco Diener /  Die Armee jammert. Und Radio SRF eilt sogleich zu Hilfe. Das schadet der Glaubwürdigkeit.

«Allein nächstes Jahr sind für die Armee dringend benötigte und geplante Beschaffungen im Wert von 981 Millionen Franken nicht finanzierbar.» So begann Bundeshaus-Redaktor Dominik Meier gestern Mittag seinen Beitrag im «Rendez-vous» auf Radio SRF. Manch ein Zuhörer, manch eine Zuhörerin kratzte sich da schon am Kopf. Woher weiss Radio SRF, was die Armee «dringend benötigt»?

Wer hat ein Interesse?

Es ging weiter: «Diese Zahl steht in einer Aktennotiz des Bundesamts für Rüstung – Armasuisse –, in die Radio SRF Einblick hatte.» Und schon tauchte die nächste Frage auf: Wer hat ein Interesse daran, dass Radio SRF über die Aktennotiz von Armasuisse berichtet? Wer hat sie zugespielt? Etwa jemand aus dem Umfeld der Armee?

«Planungsüberhang»

Und dann machte sich Radio SRF auch noch die Wortwahl von Armasuisse zu eigen. Die Rede war von einem «Planungsüberhang». Und zwar «in der Höhe von einer Milliarde Franken».

«Planungsüberhang» – übersetzt heisst das: Die Armee will mehr kaufen, als das Budget zulässt. Normal wäre, dass die Armee weniger bestellt. Oder später bestellt.

«Vertrauensverlust»

Genau das will Armasuisse: gewisse Käufe zurückstellen, auf andere ganz verzichten. Alles gut. Könnte man meinen.

Ausser für Radio SRF. Dominik Meier klagt: «Leidtragende sind Lieferanten, die fest mit Aufträgen gerechnet hatten. Das Bundesamt für Rüstung rechnet dementsprechend mit einem Vertrauensverlust. In der Aktennotiz heisst es, Zitat: ‹Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit des Bundes dürfte aufgrund der nichtverlässlichen Planung insbesondere bei den kleinen und mittleren Unternehmen leiden und zu einem Vertrauensverlust führen.›»

«Vertrauensverlust» – auch hier übernimmt Radio SRF die Wortwahl der Armee.

Und macht die Hörerinnen und Hörer allen Ernstes glauben, Vertrauen führe zu einem Vertrauensverlust, wie das Bundesamt für Rüstung gemäss seiner Aktennotiz befürchtet.

Verträge sind noch gar nicht unterschrieben

Dabei ist gar nichts Aussergewöhnliches passiert. Denn Radio SRF betont selber: «Nicht betroffen von Verschiebungen oder gar einem Abbruch sind Rüstungsprojekte mit bereits unterschriebenem Kaufvertrag.» Darunter fallen die F-35-Kampfjets.

Die Armee stellt nur Käufe zurück oder verzichtet darauf, wenn es noch keinen unterzeichneten Vertrag gibt. Alles normal also. Denn jeder Lieferant muss wissen, dass nichts fix ist, solange kein Vertrag unterschrieben ist. Und jeder Lieferant muss stets damit rechnen, dass mal mehr, mal weniger bestellt wird.

Das müssten eigentlich auch die Radio-SRF-Leute wissen. Aber sie übernehmen – warum auch immer – das Gejammer der Armee über den angeblichen «Vertrauensverlust» bei den Lieferanten.

Die Fragen an Radio SRF

Infosperber wollte von Radio SRF wissen:

  1. Woher weiss Radio SRF, was die Armee «dringend benötigt»?
  2. Von wem hat Radio SRF die Aktennotiz erhalten?
  3. Warum übernimmt Radio SRF die Wortwahl – «Planungsüberhang», «Vertrauensverlust» – des Bundesamts für Rüstung?

SRF musste in seiner Stellungnahme einräumen, dass es die Armee und das Bundesamt für Rüstung seien, welche die nicht finanzierbaren Projekte in einem internen Dokument als «dringend benötigte und bereits für die Beschaffung geplante und vorbereitete Vorhaben» einstufe.

Von wem die Aktennotiz stammt, unterstehe dem Quellenschutz. Und zur Wortwahl behauptet SRF, dass sie diese nicht übernehme, sondern wiedergebe und erläutere.


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Keine
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Eine Meinung zu

  • am 14.06.2024 um 14:52 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für das Nachfragen bei Radio SRF. Bei deren Begründung zur Wortwahl musste ich laut und herzlich lachen. Made my day.

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