Grande_Dixence

Die Alpiq bietet 49% ihrer Wasserkraft-Beteiligungen zum Kauf an, darunter auch Grande Dixence © Tnt66/Wikimedia Commons/cc

Stromkonzern Alpiq schrumpft – und erholt sich

Hanspeter Guggenbühl /  Ihr Umsatz hat sich seit 2012 halbiert. Doch 2016 erzielte die Alpiq 2016 wieder einen kleinen Gewinn.

Damit sie floriere, so lautet die Mehrheitsmeinung, müsse die Wirtschaft wachsen, notfalls auf Pump. Das extreme Gegenbeispiel markiert der Westschweizer Stromkonzern Alpiq: Im Geschäftsjahr 2012 erzielte er noch einen Umsatz von 12,7 Milliarden Franken, sass auf Schulden von 4 Milliarden und verbuchte einen Verlust von 1,1 Milliarden Franken.
In den folgenden Jahren, so zeigen die gestern veröffentlichten Zahlen zum Geschäftsjahr 2016, sank der Umsatz der Alpiq auf 6,1 Milliarden. Gleichzeitig aber sanken ihre Nettoschulden erstmals unter die Milliardengrenze, und sie verbuchte – nach Milliardenverlusten in den Vorjahren – 2016 wieder einen bescheidenen Gewinn von 115 Millionen Franken.
Schulden und Beteiligungen abgebaut
Diese Schrumpfung ist auf mehrere Einflüsse zurückzuführen. Erstens sanken die Preise auf dem europäischen Elektrizitätsmarkt, auf dem die Alpiq den Grossteil ihres Stroms auf Termin verkauft, seit 2012 auf rund die Hälfte, bevor die Preise auf dem Spotmarkt ab September 2016 kurzfristig wieder stark anzogen. Das verminderte den Umsatz und zwang das Management, den Wert ihrer unrentabel gewordenen Atom-, Gas- und neueren Wasserkraftwerken mit Sonderabschreibungen in Milliardenhöhe nach unten zu korrigieren. Gleichzeitig verkaufte die Alpiq den Grossteil ihrer Gaskraftwerke in Italien und Frankreich, ihren Anteil am Schweizer Übertragungsnetz sowie Beteiligungen an andern Stromfirmen, unter anderem an der Bündner Repower und der Solothurner AEK.
Nach dieser Schrumpfkur verbesserte sich der wirtschaftliche Gesundheitszustand der Alpiq. Davon zeugt im Geschäftsjahr 2016 nicht nur der (kleine) Jahresgewinn. Auch das negative Verhältnis von Verschuldung zu operativem Gewinn vor Abschreibungen und Sondereinflüssen (Ebitda) hat sich vermindert, nämlich von 4 zu 1 im Jahr 2012 auf noch 2 zu 1 im Geschäftsjahr 2016.
Timelag bei sinkenden Terminpreisen
Einige Sorgen bleiben: Die in den letzten Jahren gesunkenen Terminpreise wirken sich erst mit Verzögerung voll aus und werden den Ertrag der Stromproduzentin Alpiq 2017 und 2018 weiter schmälern, rechnete Konzern-Chefin Jasmin Staiblin gestern den Medien vor. Und der Stillstand des AKW Leibstadt ab August 2016, der allein der Alpiq 2016 einen Verlust von 40 Millionen bescherte, wird sich auch im laufenden Geschäftsjahr 2017 negativ auswirken, weil «Leibstadt» erst seit Ende Februar wieder und mit reduzierter Leistung Strom erzeugt.
Die Sanierung des – nach der Axpo – zweitgrössten Schweizer Stromkonzerns ist darum noch nicht abgeschlossen. Wie vor einem Jahr angekündigt, plant die Alpiq weiterhin, 49 Prozent ihrer Wasserkraft-Beteiligungen zu verkaufen. Bisher hat sie nämlich keinen Käufer gefunden, der bereit ist, den unbekannten Preis zu zahlen, den die Konzernleitung anstrebt.
Rentable Teile werden ausgegliedert
Zudem will die Alpiq – ähnlich wie schon die Axpo – rentable Geschäftssektoren ausgliedern und auswärtige Investoren daran beteiligen, weil sie das nötige Kapital für deren Ausbau nicht selber aufbringt. Dabei handelt es sich um Bereiche wie Stromhandel, Kraftwerkbau, Rückbau von Atomanlagen oder das Elektrogeschäft (von der Elektrotechnik in Gebäuden über Smart Grids bis zur Elektromobilität).
Diese nicht ganz neue Strategie preist die Konzernleitung euphorisch an unter dem Titel «Alpiq schafft Strukturen für zukünftiges Wachstum». Doch selbst wenn dieser Strukturwandel mit zusätzlichem Kapital gelingt, dürfte es sehr lange dauern, bis diese «neuen Wachstumsbereiche» den Umsatzschwund, den die Alpiq allein in den letzten fünf Jahren im traditionellen Stromgeschäft verbuchte, kompensieren können. Stärker als die neuen, personalintensiveren Geschäftsfelder könnten mittelfristig die Umsätze der traditionellen Wasserkraft wieder wachsen. Denn ab 2020 werden in Europa und vor allem in Deutschland viele Atomkraftwerke abgestellt. Dieser Abbau von Überkapazitäten dürfte die Marktpreise und damit die Umsätze und Renditen der Stromproduktion aus Wasserkraft wieder erhöhen. Somit könnte sich das bisherige Scheitern des Wasserkraft-Teilverkaufs für die Alpiq in Zukunft als Glücksfall erweisen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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