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Starkstromleitungen: Von den Stauseen ins Unterland © cc

Schweizer Stromvorrat ist so tief wie nie

Hanspeter Guggenbühl /  Die Schweiz leerte ihre Stauseen auf Rekordtiefe, und sie importiert monatlich doppelt so viel Strom, wie ein AKW produziert.

Wie Infosperber bereits berichtete (19. Januar «Trotz geplünderten Stauseen genügend Strom»), produziert die Schweiz derzeit zuwenig Bandstrom rund um die Uhr. Der kalte Winter treibt den Verbrauch hinauf und die Stromproduktion in Wasser-Laufkraftwerken hinunter. Und als erschwerender Faktor kommt der Ausfall der Atomkraftwerke Beznau I und Leibstadt (beide ausser Betrieb) hinzu. Die Wasser-Speicherkraftwerke in den Alpen liefern dagegen so viel Strom wie selten.
Dieser Trend setzte sich in den letzten sieben Tagen ungebrochen fort, wie die neueste Statistik des Bundesamtes für Energie belegt. Allein in den ersten drei Januarwochen plünderten die Elektrizitätswerke ihre Stauseen um 1.5 Milliarden Kilowattstunden (kWh) oder 17 Prozent der in den Speicherbecken lagernden Elektrizität. Die Folge davon: Der Füllungsgrad der Stauseen sank weiter, bis 23. Januar auf nur noch 33,3 Prozent. Das ist auch an diesem Datum der tiefste Wert seit 20 Jahren.
Auf Anfrage erklärte dazu die nationale Strom-Aufsichtsbehörde: «Die Elcom hat die tiefen Pegel der Speicherseen zur Kenntnis genommen und beobachtet die Situation laufend. Sie geht davon aus, dass die Marktakteure im Spannungsfeld zwischen kurzfristiger betriebswirtschaftlicher Optimierung und mittelfristiger Risikoabsicherung ihre Verantwortung wahrnehmen und hat sie entsprechend angeschrieben.»

Nachtrag: Bis zum 30. Januar sank der Füllungsgrad fast ungebremst weiter, auf noch 27,6 Prozent. Das zeigt die neuste Statistik. Weil sich die untersten 8 Prozent des Inhalts der Stauseen nicht nutzen lassen, verfügte die Schweiz Ende Januar noch über einen Stromvorrat von einem Fünftel; dieser muss bis Ende April reichen; erst ab dann werden in der Regel die Stauseen wieder stark gefüllt.

Speicherwerke machen Kasse
Mit dem starken Abbau ihrer Vorräte machten die Besitzer der Speicherkraftwerke hohen Gewinn. Denn die Börsenpreise für Spitzenstrom stiegen auf dem Strommarkt in den ersten 25 Januartagen auf den höchsten Durchschnittswert seit 2011; dies weil der Stromverbrauch im Inland kältebedingt die Stromproduktion der inländischen Kraftwerke deutlich übertraf.
Der Importüberschuss von Strom (Import von Bandstrrom minus Export von Spitzenstrom) liegt seit November 2016 im Schnitt bei 2200 Megawatt konstante Leistung. . Das entspricht der zweifachen Produktion des AKW in Leibstadt, wenn es nicht still stände.
Die Summe aller Faktoren – wenig Inlandproduktion, tiefe Vorräte in den Stauseen, weiterhin hoher kältebedingter Verbrauch und hohe Marktpreise – liesse einen Engpass in der aktuellen Schweizer Stromversorgung erwarten. Doch die Verantwortlichen geben Entwarnung. «Im Moment droht kein Engpass in der Schweizer Stromversorgung», wiederholte gestern Mittwoch Swissgrid-Sprecher Patrick Mauron. Der Grund: Trotz hohem Import verfügt die Schweiz auf ihren grenzüberschreitenden Stromleitungen weiterhin über grosse Reserven. Die Aufsichtsbehörde ElCom kommt zum gleichen Schluss: Die Belastung der Stromnetze sei «momentan unkritisch», antwortete die Elcom auf Anfrage von Infosperber.
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Weiterführende Informationen


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keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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