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US-Aussenminister Mike Pompeo fordert strengeres Atom-Abkommen mit Iran © Gage Skidmore/Flickr/CC BY-SA 2.0

USA verschärfen den Druck auf Iran mit neuen Forderungen

Andreas Zumach /  US-Aussenminister Pompeo droht Iran mit den «härtesten Sanktionen der Geschichte». Die EU kritisiert die harte Linie der USA.

Iran hat die zwölf weitreichenden ultimativen Forderungen und Sanktionsdrohungen, die US-Aussenminister Mike Pompeo am Montag an die Führung in Teheran richtete, scharf zurückgewiesen. Auch aus der EU kam deutliche Kritik. Am heutigen Mittwoch trifft der deutsche Aussenminister Heiko Maas seinen US-amerikanischen Amtskollegen zu Gesprächen über das Thema Iran sowie die Abschottungszölle der USA gegen die EU.
Lange Liste von neuen Forderungen
In eine Rede vor der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation in Washington hatte Pompeo am Montag verlangt, dass das gültige internationale Abkommen zur Begrenzung des iranischen Nuklearprogramms nach dem angekündigten Rückzug der USA durch ein neues ersetzt werden müsse. Im Unterschied zu dem derzeitigen Vertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren müsse ein neues Abkommen unbegrenzt gelten. Und die Kontrolleure der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) müssten völlig uneingeschränkten Zugang haben nicht nur zu nuklearen Anlagen, sondern zu sämtlichen militärischen Einrichtungen Irans. Zudem solle Teheran vollständig auf die Anreicherung von Uran verzichten – selbst auf jene zu nichtmilitärischen Zwecken der Energieversorgung und der medizinischen Versorgung.
Darüber hinaus verlangte der US-Aussenminister, dass ein neues Abkommen Iran die Entwicklung ballistischer Raketen untersagt. Schliesslich müsse Teheran seine Militärberater und Soldaten in Syrien vollständig abziehen, jegliche Unterstützung für die Hisbollah im Libanon, die Hamas im Gazastreifen und die Huthis im Jemen einstellen, sowie seine – von Pompeo nicht näher erläuterten «Aktivitäten in Afghanistan einstellen».
Sollte die iranische Führung diesen Forderungen «nicht nachkommen», drohte Pompeo mit den «härtesten Sanktionen der Geschichte».
Europäer vermissen Lösungsansätze
Der iranische Präsident Hassan Rohani verurteilte die Ansprache des US-Aussenministers als «inakzeptabel». Sein Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete die US-Diplomatie als «Schwindel». Sein Land werde weiter mit den Europäern zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden, schrieb Sarif auf Twitter. «Das iranische Volk muss zusammenstehen und es wird dem amerikanischen Aussenminister eins hart aufs Maul geben», erklärte Ismail Kowsari, ein ranghoher Kommandeur der Revolutionsgarden.
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini beklagte, Pompeo habe keine Lösungsansätze präsentiert. Er habe auch nicht gezeigt, wie eine Abkehr vom bestehenden Abkommen den Nahen Osten sicherer mache. Ähnlich äusserte sich der britische Aussenminister Boris Johnson.
Der deutsche Aussenminister Heiko Maas will bei seinem heutigen Treffen mit Pompeo die Kritik an den von Washington angedrohten Sekundärsanktionen gegen im Irangeschäft tätige europäische Unternehmen bekräftigen. Pompeo dürfte das kaum beeindrucken. In seiner Rede hatte er bereits erklärt: «Ich weiss, unsere Verbündeten in Europa wollen den Atomdeal mit Iran aufrechterhalten. Sie wissen, wo wir stehen.»
EU am kürzeren Hebel
Auch in Washington ist bekannt, dass die von der EU in Kraft gesetzte Verordnung, die europäischen Unternehmen das Befolgen der US-Sekundärsanktionen untersagt, in der Praxis nur geringe Auswirkungen haben wird. Denn die Ausfallszahlungen, die die EU den Unternehmen mit dieser Verordnung im Prinzip zugesagt hat, könnten, wenn alle Unternehmen sie in Anspruch nehmen würden, im Ernstfall eine hohe dreistellige Milliardensumme ausmachen. Das übersteigt nach Einschätzung aller Experten die finanziellen Möglichkeiten der EU. Daher ist wahrscheinlicher, dass sich nach dem französischen Erdölkonzern Total in den kommenden Wochen und Monaten weitere Unternehmen aus der EU aus dem Irangeschäft zurückziehen werden.
Denn die EU und ihre Mitgliedsregierungen wollen nach allen bisherigen Aussagen auf die rechtswidrigen US-Sanktionen nicht in gleichem Umfang mit Sanktionen reagieren, weil – wie der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier am Dienstag erneut erklärte – bei einer Eskalation des transatlantischen Handelskonflikts «alle verlieren würden». Daher dürfte sich die EU über kurz oder lang zumindest einige der zwölf Forderungen Washingtons an Teheran zu eigen machen. Etwa jene nach einer Einstellung oder zumindest Begrenzung des ballistischen Raketenprogramms sowie nach einem Ende der iranischen Unterstützung für die Hisbollah, Hamas und die Huthis sowie nach einem militärischen Rückzug aus Syrien.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Sanktionspolitik der USA

US-Wirtschaftsboykotte gegen Iran, Venezuela oder Russland müssen auch die Europäer weitgehend befolgen.

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Eine Meinung zu

  • am 9.04.2019 um 21:29 Uhr
    Permalink

    Seit Jahrhunderten fordern die USA von ihren Opfern (wie hier: Iran) Unmögliches, Entwürdigendes, Selbstmörderisches, und wenn die Opfer das dann selbstverständlich nicht tun, ist die Full Spectrum Dominance über ihnen. Seit dem Genozid an den Native Americans stets dasselbe Muster, und weil wir Europäer alias «Volk der Dichter und Denker» das aber trotzdem nicht begreifen, was für einen Erstklässler leicht verständlich wäre, könnte man uns als suizidal diagnostizieren, es könnte der «geistige Tod» bereits eingetreten sein, der laut berühmtem (US!)-Militär-Experiment «Universum 25» dem physischen vorausgeht.

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