Sperberauge

EU-Kommission verweigert Antworten auf Fragen von Infosperber

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Warum verhängt die EU Sanktionen gegen Venezuela, nicht aber gegen Pakistan, Ägypten, Saudiarabien oder China?

Infosperber wollte von der EU wissen, warum für Wirtschaftssanktionen nicht mehr oder weniger gleiche Kriterien gelten. Nach der Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Venezuela aufgrund der jüngsten Wahlen, die weder frei noch fair verlaufen sind, stellte Infosperber der EU-Kommission folgende Fragen:

  1. Warum hat die EU keine Sanktionen gegen Länder wie Ägypten, Saudiarabien, Pakistan oder China verhängt, wo Menschenrechte mindestens so krass verletzt werden und wo Wahlen mindestens so unfrei und unfair stattgefunden haben?
  2. Macht sich die EU nicht unglaubwürdig, wenn sie für Sanktionen je nach Land verschiedene Massstäbe ansetzt?

Als «Antwort» sandte die Medienstelle einen Textbaustein, der überhaupt nicht auf die beiden Fragen einging: Der EU-Ministerrat würde Sanktionen einstimmig beschliessen. Sanktionen seien neben politischem Dialog Teil der EU-Aussenpolitik.
Infosperber wurde ausdrücklich gebeten, diese Antwort keiner Person zuzuschreiben, sondern «einer EU-Pressesprecherin». Der Wortlaut der Antwort in Englisch ist unten angefügt.

Im Namen von Infosperber schrieb ich der EU-Kommisison zurück:

Die EU-Pressesprecherin antwortet mit einem Textbaustein, der nicht auf meine Fragen eingeht:
Meine Fragen:

  • Warum hat die EU keine Sanktionen gegen Länder wie Ägypten, Saudiarabien, Pakistan oder China verhängt, wo Menschenrechte mindestens so krass verletzt werden und wo Wahlen mindestens so unfrei und unfair stattgefunden haben?
  • Macht sich die EU nicht unglaubwürdig, wenn sie für Sanktionen je nach Land verschiedene Massstäbe ansetzt?




Mit freundlichen Grüssen

Urs P. Gasche, Redaktor Infosperber

Darauf kam postwendend die lapidare Antwort:

  • «Wir haben Ihnen geschickt, was wir zu Ihren Fragen antworten können.» Press Officer for Foreign Affairs and Security Policy

Die Schweiz macht mit
Der Bundesrat hat die EU-Sanktionen gegen Venezuela autonom nachvollzogen. Die Antwort des zuständigen Seco hat Infosperber am 15. Juli veröffentlicht:

——————————————————————————
Antwort der EU-Kommission im Wortlaut

The Foreign Affairs Council indeed decided to put 11 individuals holding official positions under restrictive measures. The persons listed are responsible for human rights violations and for undermining democracy and the rule of law in Venezuela. This decision is a direct follow-up to the Council conclusions adopted on 28 May 2018, which called for additional targeted and reversible restrictive measures that do not harm the Venezuelan population in response to the recent presidential elections held in Venezuela, which were neither free nor fair and their outcome lacked any credibility as the electoral process did not ensure the necessary guarantees for them to be inclusive and democratic. So, the sanctions are not against the country, but certain individuals.
More generally, sanctions are agreed on by the 28 Member States in Council by unanimity. While sanctions are never an end in themselves, they are a means to an end, designed to bring about a change in policy or activity by the country, entities or individuals targeted.Sanctions are one of the EU’s many foreign policy tools and part of a wider comprehensive policy approach involving political dialogue. They are put in place in view of a specific situation, which the European Union agrees on in unanimity merits such a decision.
Auf unserer Rückmeldung, diese Antwort beantworte die gestellten Fragen nicht, kam folgende E-Mail:

Sehr geehrter Herr Gasche,

Wir haben Ihnen geschickt, was wir zu Ihren Fragen antworten können.

Beste Grüße, Press Officer for Foreign Affairs and Security Policy
——————————————————————————


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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4 Meinungen

  • am 18.07.2018 um 12:05 Uhr
    Permalink

    Danke, sehr aufschlussreich, Herr Gasche. Zeigt klar, was die EU von mündigen Bürgern hält. Ich höre ja nicht auf zu sagen: die EU ist eine schlecht geführte Société Anonyme, nicht Europa.

  • am 18.07.2018 um 15:14 Uhr
    Permalink

    Volltreffer, Infosperber zeigt die Heuchellei der EU auf !

    Derweil kommt Putin unter Druck !

    https://www.der-postillon.com/2018/07/putin-kritik.html

    Putin in der Kritik, weil er Menschenrechtsverletzungen der USA nicht angesprochen hat

    "Dabei, so Smirnow, hätte es zahlreiche Punkte gegeben, die Putin hätte ansprechen können: «Die Menschenrechtsverletzungen im Gefangenenlager Guantanamo, den Drohnenkrieg mit jährlich über 500 Toten, den die USA in Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Somalia, Jemen und Libyen ohne UN-Mandat führen, völkerrechtswidrige Angriffe auf Syrien, die Einmischung in Politik und Wahlen zahlreicher Länder durch aus den USA finanzierte «transatlantische Thinktanks», den Irakkrieg, den Afghanistankrieg, die jährlich über 10.000 Schusswaffentoten in den USA, die weltweite Spionage durch die NSA – um nur die wichtigsten zu nennen.""

  • am 26.07.2018 um 18:58 Uhr
    Permalink

    Der Gipfel der Heuchelei !
    https://de.nachrichten.yahoo.com/regierung-hebt-erdogan-sanktionen-schritt-072502554.html

    "Erdogan-Sanktionen beendet: Wieso die Bundesregierung richtig handelt"

    und

    "Und auch wenn er angesichts der weiter unübersehbaren Defizite bei Menschenrechten und Pressefreiheit in der Türkei brisant ist, gibt es gute Argumente für den Schritt.
    In erster Linie leidet die Bevölkerung
    Bilder anzeigen

    Denn wenn Erdogans Wiederwahl eins gezeigt hat, dann das: Die halbherzigen Wirtschaftssanktionen haben dem Regime nicht geschadet.

    Die “Wirtschaftswoche” analysierte schon vor rund einem Jahr richtig: “Hier leidet in erster Linie die Bevölkerung."

    Das ist aber eine neue Erkenntnis !
    https://www.welt.de/debatte/kommentare/article9783521/Der-vergessene-Krieg-gegen-Iraks-Zivilbevoelkerung.html

    "Zu noch erschreckenderen Zahlen kam Tim Dyson, Professor für Bevölkerungswissenschaften an der London School of Economics, in einer Studie von 2006. Er schätzt, dass zwischen 1990 und 2003 etwa 660.000 bis 880.000 irakische Kinder unter fünf Jahren aufgrund des Zusammenbruchs der irakischen Ökonomie gestorben sind. Wie viele Iraker anderer Altersstufen umkamen, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass deutlich mehr Mütter im Kindbett starben."

    Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Haseloff ( CDU ), nannte die Sanktionen gegen Russland, «ein Ausdruck politischer Hilflosigkeit» !

    siehe auch
    https://www.stoiber.de/russland-ist-teil-des-problems-und-teil-der-loesung-1223/

  • am 26.07.2018 um 19:04 Uhr
    Permalink

    siehe auch Dr. Stoiber ( CSU ) ex. Minister Präsident von Bayern

    https://www.stoiber.de/russland-ist-teil-des-problems-und-teil-der-loesung-1223/

    "Steinmeier hat heute gesagt: Wir sind entfremdet, wir sind weit auseinander. Aber er hat nicht wie Frau von der Leyen praktisch Putin als Partner ausgeschlossen. Ich meine: So – sage ich Ihnen ganz offen – kommen Sie nicht weiter. Und das sagt jemand, der in seinen jungen Jahren ein harter Verfechter gegen die Entspannungspolitik war und ein großer Kritiker als junger Mann, als Generalsekretär, von Willy Brandt, von Helmut Schmidt und natürlich auch von Egon Bahr. Und heute – glaube ich – bin ich diesen ein bisschen näher als viele glauben und ich höre manche Töne, die den Kalten Krieg ausrufen. Das, glaube ich, bringt uns nicht weiter."

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