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Cargill-CEO MacLennan: Schöne Worte, schlechte Taten © cc

Konzerne sind Komplizen für Bolsonaros Urwald-Zerstörung

Christa Dettwiler /  Seit Präsident Bolsonaros «Liberalisierung» wird Brasiliens Urwald noch schneller abgeholzt – mit Hilfe von Konzernen und China.

Einst galt der US-amerikanische Agrarkonzern Cargill als Beispiel für Umweltverantwortung. Etwa als er kein Soja mehr aus dem Amazonas-Regenwald bezog. Jetzt aber bezeichnet ihn die Umweltorganisation Mighty Earth als «das schlimmste Unternehmen der Welt».

Diese Auszeichnung hat sich Cargill mit der Weigerung verdient, ein ähnliches Moratorium für eine bedrohte Region in Brasilien auszusprechen und ganz allgemein die Abholzungs-Ziele zu verfehlen. Mit einem Umsatz von 110 Milliarden Dollar ist Cargill das grösste Privatunternehmen der USA. Es agiert als Mittler zwischen Farmern und grossen Nahrungsmittelkonzernen und ist einer der grössten Exporteure von Soja aus Brasilien (siehe Grafik ganz unten).

2006 hatte sich Cargill, unter anderem auf Druck von Greenpeace, auf ein Moratorium eingelassen, nicht mehr mit Farmern zusammenzuarbeiten, die im Amazonasgebiet Urwald roden, um Soja anzubauen. Das habe viel dazu beigetragen, die Abholzung zu verringern.

Nun hat sich das Blatt gewendet. Kurz bevor Mighty Earth seinen vernichtenden Report über Cargill veröffentlichte, zog auch Greenpeace Cargills Bekenntnis zum Beenden der Abholzung in Zweifel. Die Kritik richtet sich vor allem an die Abholzung in den Cerrados, dem riesigen brasilianischen Savannengebiet, wo das Unternehmen grosse Mengen Soja von lokalen Bauern aufkauft. Die Cerrados liefern rund 60% der brasilianischen Sojaproduktion, etwa 20-mal soviel wie das Amazonasgebiet.


Das Tempo der Zerstörung des Urwalds in Brasilien hat seit dem Amtsantritt von Präsident Bolsanero wieder zugenommen. Bild: Mighty Earth.

Cargills Verhalten widerspiegelt auch die neuen politischen Verhältnisse unter dem populistischen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der die Umweltregulierungen zurückfährt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet stark zugenommen. Auch deshalb fordern Umweltorganisationen von Cargill ein Sojamoratorium in den Cerrados, aus denen mehr als die Hälfte der einheimischen Pflanzenwelt verschwunden ist. Lokale Wassersysteme sind zerstört, was wiederum dem Klimawandel Vorschub leistet.

Cargill weigert sich, ein Cerrado-Moratorium einzugehen, obwohl das Unternehmen letzten Monat eingestehen musste, sein Ziel zu verfehlen, bis 2020 die Abholzung ganz aus ihrer Lieferkette zu eliminieren.

Gegenüber der «New York Times» sagte der Leiter von Mighty Earth, Glenn Hurowitz, der Cargill CEO, David Mac Lennan, habe mit ihm darüber gesprochen, noch dieses Jahr auf ein Cerrado-Moratorium eingehen zu wollen. Gleichzeitig sprach sich Cargill in einem offenen Brief an die brasilianischen Farmer gegen ein Moratorium aus. «Sie zeigen ganz offen zwei Gesichter», kommentierte Hurowitz.

Mit ein Grund, warum Cargill nicht auf Soja aus den Cerrados verzichten will, ist die grosse Konkurrenz. Chinesische Unternehmen kaufen den grössten Teil des brasilianischen Sojas auf. Wenn sie sich aus den Cerrados zurückzögen, meinte eine Cargill-Sprecherin, kämen einfach andere. «Wir müssen uns noch mehr engagieren, um eine Lösung zu finden.» Vor allem die Farmer pochen darauf, in die Diskussionen mit einbezogen zu werden. Umweltorganisationen sehen die Lösung darin, dass Farmer Soja auf bereits abgeholztem Land in den Cerrados anbauen, ohne weiteren Schaden anzurichten.

Während Cargill sich noch ziert, haben Dutzende von Unternehmen das Cerrado-Moratorium unterzeichnet – eine Zusicherung, Abholzung im Zusammenhang mit Agrar-Business zu stoppen. Zu den Unterzeichnern gehört auch McDonald’s, einer von Cargills grössten Kunden.

Auf diesen Wegen gelangt das auf gerodetem Urwald produzierte Soja auf den Tisch der Konsumentinnen und Konsumenten. Grafik Mighty Earth. Grössere Auflösung hier.


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2 Meinungen

  • am 6.08.2019 um 11:50 Uhr
    Permalink

    Pfui Teufel, und man kann sie nicht mal boykottieren? Könen wir KonsumentInnen irgendwas tun?

  • am 9.08.2019 um 15:29 Uhr
    Permalink

    @Domenica Ott
    natürlich können wir etwas tun! Kaufen Sie beim Bauern/Metzger Ihres Vertrauens ein, wo Sie das Kalb auf der Wiese gesehen haben bevor es geschlachtet wurde. Den Bauer kennen Sie vorzugsweise persönlich und wissen, was er an seine Tiere verfüttert und dass es eben kein Soja aus US/BR oder von wo auch immer ist.
    Aus der Region für die Region wie es so schön heisst, aber komplett und nicht nur vordergründig um sein eigenes Gewissen zu beruhigen!

    Es wird Zeit, dass sich die Menschen endlich wieder mit Ihrer Ernährung auseinandersetzen und nicht komplett getrennt von Herstellung und Konsum sind. Das ist aber vielen halt zu anstrengend und es ist viel einfacher später zu sagen: «Wenn ich das gewusst hätte. Auf dem Label stand doch…"

    Der Wichtigste Rechtsgrundsatz überhaupt trifft halt auch hier zu: Nichtwissen schützt vor Strafe nicht! Die Strafe in diesem Fall ist die Zerstörung unseres Planeten.

    Immerhin hats Spass gemacht. Zumindest einigen.. 🙁

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