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Zum Verkauf der CS an die UBS hätte es Alternativen gegeben. © peshkov.depositphotos

CS-Zwangsverkauf mit Milliardengarantie war nicht alternativlos

Urs P. Gasche /  Mit den 206 Milliarden Franken hätten die Behörden besser alle Guthaben der Bankkunden geschützt als die Risiken der Aktionäre.

Unter Anwendung von Notrecht garantiert der Bund den Aktionären der Grossbanken UBS und CS 109 Milliarden Franken, und die Nationalbank garantiert weitere 100 Milliarden Franken für den Fall, dass es bei den beiden Banken zu «Ausfällen», «unvorhergesehenen Bilanzlöchern» oder Liquiditätsengpässen kommt.  

Bundesrat und Notenbank haben die «209-Milliarden-Franken-Wette» (NZZ) als «alternativlos» bezeichnet. Doch alternative Lösungen wurden nach eigenen Angaben nicht einmal ernsthaft geprüft. Von Anfang an konzentrierte man alle Anstrengungen auf einen notrechtlichen Zwangsverkauf der CS an die UBS.

Dabei hätte es zwei bessere Alternativen gegeben, für die sich der Bundesrat – falls nötig ebenfalls mit Notrecht – hätte entscheiden können.


1. Alternative: Insolvenz mit Garantie für alle Spareinlagen und Kredite

Als ersten Schritt hätten Bundesrat und Nationalbank öffentlich garantieren können, dass sämtliche Bankeinlagen von Privaten und Firmen garantiert seien, «whatever it takes», wie es EZB-Präsident Mario Draghi im Jahr 2019 mit Erfolg getan hatte1. Statt mit 209 Milliarden Franken mögliche Probleme der Bankaktionäre zu garantieren, hätte die gleiche Summe mehr als genügt, um die Sparer und Unternehmen vor Verlusten zu schützen.

Die umfassende Staatsgarantie aller Kunden-Guthaben hätte weitere Geldabzüge bei der CS verhindert.

Als zweiten Schritt hätte die CS angesichts der Liquiditätsprobleme Insolvenz anmelden müssen. Der Zahlungsverkehr einer insolventen Bank bricht nicht zusammen, falls ein Insolvenzverwalter dafür sorgt, dass alle staatlich garantierten Zahlungen ohne Verzug erfolgen. Die Notenbank hätte, falls nötig, die Refinanzierung dieser Zahlungen übernehmen können.

Der Bund und die Nationalbank würden alle Kredite garantieren, welche die Bank an Kunden und die reale Wirtschaft vergab. Die insolvente Bank dürfte sie nicht einseitig kündigen. 

Anders die Kredite, die dem Spekulationsgeschäft dienten. Diese wären nicht garantiert. Falls dies andere Banken in Schwierigkeiten brächte, wären deren Kunden in einem gleichen Insolvenzverfahren zu schützen. Eine – sogar erwünschte – Kettenreaktion würde dazu führen, dass das völlig überschuldete, casinoartige Wettgeschäft (u.a. «Eigenhandel») der Grossbanken abgewickelt werden könnte, ohne die garantierten normalen Bankgeschäfte zu beeinträchtigen. 

Andere Staaten würden möglicherweise gezwungen, diese kontrollierte Abwicklung von Banken nachzuahmen. 

Zu dieser alternativen Variante zur Lösung eines «Too big to fail»-Problems schrieben Frank Schäffler, FDP-Bundestagesabgeordneter und Kritiker des «Euro-Rettungsschirms», sowie Geldspezialist Norbert F. Tofall in einem gemeinsamen Beitrag in der NZZ: «Ungedeckte Zahlungsverpflichtungen zwischen den Banken und grosse Teile der aus dem Nichts geschöpften Geld- und Kreditmenge würden zurück ins Nichts befördert und die Schrottpapiere vernichtet.» Mit diesem Verfahren würde man «eine neue Geldordnung gestalten, die marktwirtschaftlichen Bedingungen entspricht, ohne dass es zu einem Zusammenbruch des gesamten Zahlungsverkehrs kommt». 

Die Banken, die Insolvenz anmelden müssten, würden nach dem Insolvenzverfahren verkauft. 

Eine solche zukunftssichernde Lösung haben Bundesrat, Nationalbank und Finma im Vorfeld wohl nicht einmal im Ansatz evaluiert.



2. Alternative: Kauf der Credit Suisse durch den Bund mit Garantie für alle Spareinlagen und Kredite

Als ersten Schritt hätten Bundesrat und Nationalbank ebenfalls öffentlich garantieren müssen, dass sämtliche Bankeinlagen von Privaten und Firmen garantiert seien, und zwar ebenfalls «whatever it takes» (Mario Draghi). Statt mit 209 Milliarden Franken Probleme der Bankaktionäre zu garantieren, hätte die gleiche Summe mehr als genügt, um die Sparer und Unternehmen vor Verlusten zu schützen.

Die Staatsgarantie der Kunden-Guthaben hätte weitere Geldabzüge bei der CS verhindert.

Als zweiten Schritt hätte der Bund die CS kaufen und damit vorübergehend verstaatlichen können. Ein Befürworter dieser Lösung war nach Angaben der NZZ Adriel Jost, früherer Berater eines Vizepräsidenten des Nationalbank-Direktoriums. Und Peter Hettich, Professor für Wirtschaftsrecht in St. Gallen, sagte gegenüber CH-Media, der Bund hätte die CS nach einer Übernahme vielleicht sogar mit Gewinn wieder verkaufen können. Vor allem, wenn er nur so wenig für die CS bezahlt hätte wie die UBS. Es gibt kaum einen Grund, weshalb der Bund mehr als die drei Milliarden hätte zahlen sollen.

Mindestens wichtige Teile der CS hätte der Bund erhalten können. Es entstünde jetzt mit der UBS keine marktmächtige Bank in der Schweiz, deren Verpflichtungen doppelt so gross sind wie das jährliche Bruttoinlandprodukt der ganzen Schweiz – eine Grossbank, die in Zukunft mehr als je zuvor von einer Staatsgarantie profitiert.

Der Bund hätte dem Druck vom Ausland nicht so rasch nachgeben und die CS an die UBS verkaufen sollen, erklärte Finanzprofessor und Geldspezialist Professor Urs Birchler in der NZZ. Er hätte erwartet, «dass die Schweizer Regierung hinsteht und gegenüber ihren internationalen Partnern die ‹Too big to fail›-Regeln verteidigt».

Doch jetzt sind die Chancen alternativer Lösungen zur Monster-UBS vertan.

_:_________________
1NACHTRAG: Hier stand fälschlicherweise EZB-Präsidentin Lagarde. Diese hatte den Ausdruck später ebenfalls verwendet.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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4 Meinungen

  • am 23.03.2023 um 12:12 Uhr
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    Einmal mehr eine scharfsichtige Anlayse von Urs P. Gasche! Ich (und wohl viele andere auch) fühle mich von den Abzocker-Managern, die sich trotz grosser Verlusten Boni zahlen und nicht ein Wort der Entschuldigung über die Lippen bringen, und auch vom Bundesrat absolut verschaukelt.

  • am 23.03.2023 um 17:47 Uhr
    Permalink

    Das ist die Wahrheit: «Die US Finanzchefin Yellen hat die billigste, doch die stärkste Waffe genutzt, um den Bundesrat, die FINMA und der SNB eine 48-Stunden Lösung aufzuzwingen. Das war die Drohung: «Entweder wir das Problem am Wochenende gelöst oder die USA wird die CS vom US Korrespondenzbanken-Prinzip ausschliessen!“ Yellen musste um jeden Preis weitere Tumulte im US Bankensystem verhindern, das ist der Hintergrund.

    Zweitens, die Sache zeigt jedoch ein TOTALES SYSTEMVERSAGEN der CH-Behörden, das an Lächerlichkeit kaum mehr zu überbieten ist und NUN eine internationale Klagewelle auslöst. Vertrauen u Glaubwürdigkeit à la Suisse ist schwer beschädigt und die Zukunft sieht schlecht aus.

    Drittens das Bundesgericht muss nun entscheiden, ob der „dubiose Deal“ rechtens ist. Ich meinte nein, und somit geht es dann unter Umständen um die Rückabwicklung des Deals, was noch grösseres Chaos verursachen wird.

  • am 24.03.2023 um 01:21 Uhr
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    Ja, ich bin auch mit dieser Analyse einverstanden. Einmal mehr, lassen sich unsere Politiker von der EU und denUSA unter Druck setzen. Sorry, aber die «To big to fail»-Regel soll gelten, denn diejenigen, die ein Risiko eingegangen sind, haben ja keine Steuern bezahlt, und nun ist das Risiko eingetreten, Na, und? Wo bleibt die Selbstverantwortung der Aktionäre??? Würde die CS jetzt noch als CH-Bank weiter geführt, könnten viele Arbeitsplätze gerettet werden. In den USA, England halt nicht. Die Lehre? Aufhören mit dem Russisch-Roulette, es gibt anständigere Bankgeschäfte! Dass nun die CH-Bürger das desaströse US-Roulette-Spiel bezahlen müssen, ist nicht akzeptabel! Die CH-Banken sollen zurückkehren zu ihren früheren Werten, die CH ist nicht USA!!!

  • am 24.03.2023 um 09:27 Uhr
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    Der Bundesrat hat sich einmal mehr von den USA erpressen lassen. Zudem wäre diese Fusion bei der Wettbewerbskommission nie und nimmer bewilligungsfähig.
    Dass wir nachher nur noch eine, noch viel grössere Grossbank haben, macht die Situation für unser Land auch nicht gemütlicher. Schon bei der UBS-Rettung hätte man sagen müssen: den für unsere Firmen relevanten Geschäftsbankenteil übernimmt der Staat, inklusive natürlich alle Liegenschaften.
    Der Rest, Investmentbanking im weltweiten Stil, soll ruhig mal den Bach runter gehen. Denn solange diese globalen Investoren so hohe Risiken fahren, müssen sie auch mal mit einem Totalverlust rechnen. Die in New Jersey eingereichte Klage von Investoren gegenüber der CS zeigt einmal mehr: diese Leute sind nicht mehr bereit, Verluste selber zu tragen. Wer in den letzten 10 Jahren noch CS-Aktien gekauft hat, wusste doch, dass er/sie ein sehr grosses Risiko eingeht. Wetten, dass am Ende noch wir Steuerzahler eine Busse in die USA begleichen?

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