Sperberauge

Credit Suisse: «Die Schweizer Elite schlief oder war unfähig»

Sperber © Bénédicte Sambo

Red. /  Lukas Hässig von Inside-Paradeplatz geht mit Verantwortlichen hart ins Gericht.

Auf Inside Paradeplatz schreibt Finanzspezialist Lukas Hässig (gekürzt):

«Im September brach der Sturm aus. Vor allem reiche Asiaten zogen ihr Geld bei der CS ab. Es waren letzte laute Warnungen an die Schweizer Elite. Als dann am Tag von ‹New Credit Suisse› Ende Oktober die Aktie der Bank statt hochzuschiessen zweistellig tauchte, sagten die Meinungsführer des Kleinstaats, darunter Professoren und Zeitungsmacher: ‹Habt Geduld›.

Anfang 2023 übernahm Karin Keller-Sutter, eine gelehrte Dolmetscherin und Gymi-Lehrerin, das Finanzministerium. Die Freisinnige erbte ein Dossier, dessen Explosivität sie nicht im Entferntesten erahnte. Keller-Sutter tat nichts. Null. Nada.

Und die Nationalbank SNB? Thomas Jordan? Was wird sich dereinst in den Annalen zur Schweiz und ihrem Reichtum verfestigen: Jordan, Thomas? Oder: Jordan, über den?

Die SNB ist der Lender of Last Resort. Die Zentralbank rettet die Geschäftsbanken, wenn diesen der Sprit ausgeht. Cash à gogo, wenn diese den Ansturm ihrer Kunden nicht mehr bewältigen können – damit nicht das ganze System crasht. So steht es im Gesetz, so hat man es seit den grossen Bankenkrisen zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts für alle wichtigen Finanzzentren rund um den Erdball gezimmert.

Was hat nun die Schweizerische Nationalbank getan?

Nichts. Auch sie hat all die Wochen und Monate geschwiegen, gleich wie der Bundesrat und das Parlament.

Dann, am letzten Mittwoch, meldete sich die Notenbank zur CS. Nach fünfeinhalb Monaten Radio silence. Man würde dem Multi mit Kredit in der Not helfen. So ein dürres Communique um halb neun Uhr am Abend.

Höhe des Zinses? Maximale Höhe des Kredits? Harte Auflagen zur Rückzahlung? Auswechslung des Managements? Rückzahlung vergangener Boni der Spitze?

Kein Wort dazu.

Als dann am Donnerstag bei Börsenstart die am «Black Wednesday» um 25 Prozent eingebrochene CS-Aktie lediglich um 30 Prozent hochsprang, war Beobachtern klar: Die CS ist doomed. Seit Freitag steht nun die Schweiz am globalen Pranger.

Unsere zentralen Vertreter – die Verantwortlichen in der Zürcher SNB-Zentrale und jene im Bundeshaus zu Bern – haben das Ausmass dieser «Crisis in the Making» sträflich unterschätzt. Sie müssen aus der Not heraus einen Plan aus dem Hut zaubern, der sämtliche Versprechen Lügen straft, wonach Bürger und Steuerzahler nie mehr für das Versagen von hoch bezahlten Spitzenbankern geradezustehen hätten. Auf der Brücke der Helvetia hat in den letzten Jahren ein Panik-Orchester das Kommando übernommen.

Dieses schaute monatelang tatenlos zu, wie die CS-Titanic mit voller Fahrt auf den Eisberg zuraste.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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6 Meinungen

  • am 20.03.2023 um 11:16 Uhr
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    Manchmal hat man das Gefühl, dass das System «Schweiz» von innen her verfault ist, wenn nichts mehr zu holen ist wird es kollabrieren. «Aber wir konnten es nicht kommen sehen, sorry!» wird uns dann gesagt – und den Spruch kennen wir doch bereits. Mir tun die jungen Generationen leid!

  • am 20.03.2023 um 11:41 Uhr
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    Eigentlich zeichnete sich etwas Grösseres ab, als der Vatikan im August 2022 die Überweisung der Vatikan-Vermögenswerte auf die Hausbank angeordnet hatte. Gleiches taten die Rothschild-Banken. Diese, und natürlich auch andere, wussten also rechtzeitig Bescheid über das Bevorstehende.

    Die nun vorliegende Lösung ist eine verlangte Lösung vornehmlich der USA und GB. D.h. die Schweiz hilft bei der Sanierung der dortigen Märkte.

    Nach mir hätte man durch den Schweizer Staat (SNB) nur das solide Schweizer Geschäft, die eine eigenständige Gesellschaft ist, retten sollen – auch wenn hierfür keine Rettung notwendig gewesen wäre. Nicht aber die internationalen CS-Firmen, in denen die Risiken liegen. Das hätte man dem Markt überlassen müssen.

    Und jene, die das grösste Interesse an der Rettung dieser CS-Sparten hatten (u.a. USA, GB), hätten dafür selbst in die Taschen greifen müssen.

  • am 20.03.2023 um 13:35 Uhr
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    ……..und wieder wurden wir von der Politik angelogen und muss der normale Bürger einspringen, während jahrelang die Banken Profite abschöpften und überrissene Bonis bezahlten—— usual wie immer !

  • am 20.03.2023 um 14:36 Uhr
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    Man fragt sich schon, wofür all diese hoch bezahlten VR-Leute, Manager und Managerinnen ihr Geld bekommen. Und äusserst fragwürdig, dass die Boni trotzdem bezahlt werden sollen.
    Das nächste Problem steht ja gleich an, die übergrosse UBS/CS … sollen da weitere Steuermilliarden verschleudert werden?

  • am 20.03.2023 um 14:38 Uhr
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    Gewolltes, totales Versagen. Die liberalen Polit- und Finanzgrössen verteidigen immer das freie Wirken des Marktes, exorbitante Boni sind aus Konkurrenzgründen notwendig, Mafia-Gelder aus all over the world waren und sind in der Schweiz sicher, u.a. auch die Milliarden russischer Oligarchen, Rohöl und Gaserträge, die weltweit vor allem in der Schweiz anfallen, fliessen unbesehen und unkontrolliert nach Russland, um den Faschistensaubannerzug gegen die Ukraine, mit schrecklichsten Verbrechen zu finanzieren. Was geht das unsere liberalen Spitzenpolitikerinnen und Wirtschaftskapitäne an, solange die Kohle stimmt. Jetzt war es einmal halt ein bizzeli zu viel des Schlechten? So what? Wir haben gespart und halten den Schaden in Grenzen. Die Eidgenossenschaft hat so viel unsauberes Geld über Steuern abgeschöpft, dass sie dieses CS-Malheur, das anderen Ländern und Banken das Genick brechen würde, mit links finanziell stemmen kann. Wohlige Albisgüetli-Stimmung lassen wir uns nicht vermiesen!

  • am 20.03.2023 um 14:41 Uhr
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    Elite bedeutet «Gruppe der Tüchtigsten und Fähigsten». Bei keinem Bankenskandal der letzten Jahrzehnte hat es eine solche Gruppe gegeben, die irgendetwas konstruktives zur Abwendung oder Lösung beigetragen hätte. Vielleicht gibt es ja gar keine Elite, sondern nur eitle Nutznießer, die ihr Schäfchen rechtzeitig ins Trockene bringen und die Verluste den Steuerzahlern umhängen. Seitdem mein Gehirn halbwegs verstehend an Nachrichten teilhaben kann – das war so um 1990 – waren die Begründungen für jegliche Finanzmalversation immer die gleichen: Versäumnisse der Aufsichtsbehörde, Unterschätzung des Schadensvolumens, Duldung und Nichtmeldung von Unregelmäßigkeiten um Rufschädigung und Runs zu verhindern, blanke Ignoranz und Unterlassung trotz eindeutiger Indizien. Ich halte es daher mit Brecht: «Was ist das Ausrauben einer Bank gegen das Gründen einer solchen?».

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