PFAS Belastung Innenräume

In der Luft von Innenräumen finden sich teils grössere Mengen «ewiger» Chemikalien. © copyright American Chemical Society

Umweltchemikalien: Nichts wie raus

Daniela Gschweng /  Auch in Innenräumen finden sich oft besorgniserregende Konzentrationen giftiger Chemikalien. Besonders ungesund ist das für Kinder.

Giftige Umweltchemikalien verschmutzen die Luft von Kindergärten, Klassenzimmern oder Büros in erheblichem Masse, haben Forschende in den USA festgestellt. Ein Gesundheitsrisiko, das bisher unterschätzt worden sei.  

Gemessen daran, dass viele Menschen bis zu 90 Prozent ihrer Zeit drinnen verbringen, sei das Einatmen giftiger Umweltchemikalien ein wichtiger dritter Expositionspfad, schreibt ein Forscherteam der Universität von Rhode Island und des «Green Science Policy Institute» in Berkeley, Kalifornien. Bisher gingen Experten davon aus, dass toxische Umweltchemikalien vor allem mit Nahrung und Wasser in den Körper gelangen.

«Unterschätzte und wichtige Quelle der PFAS-Belastung»

In einer Analysestudie, die im Online-Magazin «Environmental Science & Technology Letters» veröffentlicht wurde, untersuchten die Forschenden die Luft in 20 Innenräumen auf sogenannte «ewige» Chemikalien. Darunter waren Kindergärten, Schul-Klassenzimmer, Laboratorien, Büroräume, Wohnungen, ein Aufzug und auch das Lager eines Geschäfts für Outdoorbekleidung. Für die Probennahme nutzten sie spezielle Polyethylen-Folien, die für einen bestimmten Zeitraum im Raum aufgehängt und aus denen gesuchte Stoffe später extrahiert wurden. Zusätzlich nahmen sie Staub- und Teppichproben.

Als besonders belastet zeigte sich ein Kindergarten

In der Luft von 17 Räumen fanden die Forschenden PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen), teilweise in hohen Konzentrationen. Besonders belastet zeigte sich die Luft in einem kalifornischen Kindergarten. Raumluft sei «eine unterschätzte und potenziell wichtige Quelle der PFAS-Belastung», bestätigte der Umweltingenieur Tom Bruton, Mitautor und leitender Wissenschaftler bei Green Science, gegenüber dem «Guardian».

Die Stoffklasse der PFAS, über die «Infosperber» bereits in mehreren Artikeln berichtet hat, umfasst mehrere tausend Chemikalien, viele sind giftig und bleiben lange Zeit in der Umwelt erhalten.

PFAS wurden und werden so breit eingesetzt, dass es schwierig sei, festzustellen, woher genau die einzelnen Stoffe stammten, sagen die Forschenden.

Besonders gefährdet sind Kleinkinder

Bei Raumtemperatur gasförmige Chemikalien können sich sowohl in der Luft finden, wie auch an Staub anheften. Inzwischen wegen ihrer Giftigkeit verbotene PFAS finden sich weiterhin in Teppichen, Böden, Möbeln und Kleidung. Und bei den Ersatzstoffen gibt es zunehmend Hinweise auf Gesundheitsgefahren.

Besonders gefährdet durch Chemikalien in Luft und Staub sind Kinder zwischen zwei und sechs Jahren. Einmal, weil Kleinkinder viel auf dem Boden herumkrabbeln, vieles anfassen und in den Mund stecken. Zum anderen, weil ihr Körper im Wachstum besonders empfindlich ist. Eine kleine Menge eines Stoffes wirkt bezogen auf das geringe Körpergewicht von Kindern auch anders als bei einem Erwachsenen.

6:2 FTOH ist die am häufigsten gefundene Chemikalie

In den meisten Proben fanden die Forschenden vor allem einen Fluortelomeralkohol mit der Bezeichnung 6:2 FTOH sowie die sehr ähnlichen Verbindungen 8:2 FTOH und 10:2 FTOH, die wahrscheinlich vor allem aus Teppichen stammen. FTOH werden aber auch bei der Herstellung anderer Chemikalien, in Lebensmittelverpackungen und in Arbeits- und Outdoorkleidung verwendet. Im Körper können sie sich in das giftige PFOA umwandeln. Wie gesundheitsschädlich 6:2 FTOH ist, hat sich erst kürzlich herausgestellt. Die Hersteller hatten Gefahren jahrelang verborgen (Infosperber berichtete: «PFAS: Konzerne verbargen Gefährlichkeit von Verpackungschemie»).

Nix wie raus. Und lüften.

An der frischen Luft, darauf weisen auch andere Studien hin, ist die Konzentration flüchtiger PFAS bis zu 20mal geringer, falls man sich nicht in der Nähe anderer Chemikalienquellen wie etwa Fabriken befindet.  Ein gutes Argument, vor allem Kinder öfters nach draussen zu schicken. Einen Einfluss auf die Konzentration von Chemikalien in der Innenraumluft habe auch das Lüften, fanden die Forschenden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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2 Meinungen

  • am 10.09.2021 um 13:57 Uhr
    Permalink

    Auch die Papp-Trinkbecher sind innen mit einem Chemikalien-Mix beschichtet, der «nicht gesundheits-fördernd» ist !
    Wolfgang Gerlach
    scheinbar.org

    • am 11.09.2021 um 04:06 Uhr
      Permalink

      was soll das verwässrn.??

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