Sperberauge

Deutscher Streit um ein Kriegsschiff

Jürg Müller-Muralt © zvg

Jürg Müller-Muralt /  Ein deutsches Kriegsschiff ist auf dem Weg ins Südchinesische Meer. Die Kritik zur Linken und zur Rechten nimmt zu.

Seit Anfang August ist die deutsche Fregatte «Bayern» auf dem Weg in den Indo-Pazifik (Infosperber informierte am 20.08.2021 ausführlich darüber). Offiziell geht es um die Freiheit der Meere und die Sicherheit der Seewege. Deutschland will zusammen mit seinen Partnerstaaten gegenüber China klarmachen, dass Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer nicht nach dem Prinzip des Stärkeren durchgesetzt werden können. Vor dem Auslaufen des Kriegsschiffs in Wilhelmshaven war von offizieller Seite viel die Rede von gemeinsamen Werten und von einer «regelbasierten internationalen Ordnung».

Keine stubenreine Reise

Doch in Sachen Völkerrecht ist die Reise der Fregatte selbst nicht stubenrein. Denn die Route führt auch über den völkerrechtlich äusserst umstrittenen US-Militärstützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean. Dieser ist Teil des Chagos-Archipels, den Grossbritannien einst im Verlauf der Entkolonisierung völkerrechtswidrig seiner Kolonie Mauritius entrissen hatte und anschliessend den USA verpachtete. Seit den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts versucht Mauritius wieder die Souveränität über den Archipel zu erreichen. Mehrere internationale Gerichte haben die Rückgabe verlangt, doch Grossbritannien weigert sich.

Nicht nur die renommierte Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin übt Kritik an der Seereise. Auch German Foreign Policy beleuchtet das maritime Unterfangen aus einer kritischen Warte. Die Internet-Plattform analysiert unter anderem auch den Besuch der «Bayern» in der pakistanischen Hafenstadt Karachi und die problematische militärische Zusammenarbeit Deutschlands mit Pakistan.

«Aussenpolitische Irrfahrt»

Frontal attackiert Sevim Dagdelen die deutsche Regierung. Die Bundestagsabgeordnete der Partei «Die Linke» ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments und bezeichnet die Seereise als «aussenpolitische Irrfahrt der Bundesregierung» und als «abenteuerliche Odyssee»: «Während in Afghanistan Menschen gegen die Unterstützung Pakistans für die Taliban auf die Strasse gehen, stattet die Fregatte Pakistan einen Ehrenbesuch ab.» Wie bereits mit der Lieferung von Waffen im Wert von nahezu 300 Millionen Euro an Pakistan allein in den vergangenen vier Jahren werde mit dem Fregatten-Besuch «ein verheerendes Zeichen der Komplizenschaft der Bundesregierung mit den Taliban-Helfern in Pakistan gesetzt». Dies und die «völkerrechtswidrige Anlandung in dem von Grossbritannien widerrechtlich besetzten Chagos-Inselarchipel und der US-Basis Diego Garcia» zeige, dass die Fahrt der Fregatte «nichts, aber auch gar nichts mit einem Eintreten für Völkerrecht und eine regelbasierte Ordnung zu tun hat».

FDP will aggressiveren Auftritt gegenüber China

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums, bei den Freien Demokraten (FDP), stört man sich weniger am Zwischenhalt auf Diego Garcia als am zu wenig aggressiven Auftreten Deutschlands gegenüber China. Die «Bayern» wird zwar mehrere Tage durch das Südchinesische Meer fahren, aber nur entlang der üblichen Handelsrouten. Sie verzichtet ausdrücklich auf eine «Freedom of Navigation»-Operation der US-Marine. Bei solchen Manövern fahren Kriegsschiffe gezielt durch die von China beanspruchten Gewässer. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lechte, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, sieht nun aber gerade darin ein «fatales Zeichen», dass die Fregatte die Strasse von Taiwan meidet. «Ich hoffe, dass die Route noch angepasst wird und die ‹Bayern› einen Hafen in Taiwan anläuft, als Zeichen der Unterstützung für eine bedrohte Demokratie in der Region», sagte Lechte dem Tagesspiegel. Der Taiwan-Konflikt gilt als einer der potenziell gefährlichsten Konflikte weltweit. Viel stärker als durch den Besuch eines Kriegsschiffes in Taiwan könnte Deutschland Peking wohl kaum provozieren.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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9 Meinungen

  • am 10.09.2021 um 12:19 Uhr
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    Wieviel Leid und Zerstörung will „der“ Westen noch anrichten, bevor er sich an größtenteils von ihm selbst entwickeltes Recht zu halten bereit ist? Die Strategie, „Bedrohung“ durch Kommunismus, Neutralität oder „Islamismus“ zu behaupten, hat seit über 70 Jahren zur Einmischung in nahezu jedes Land geführt, das versucht hat, in Frieden einen selbst gewählten Weg zu gehen und in den eigenen Ressourcen die Grundlagen für das Wohl seiner Bevölkerung zu sehen. Leider ist es ein circulus vitiosus: Diese zynische Politik hat den USA die Billionen verschafft, mit denen sie Politiker in der ganzen Welt kaufen können, zu viele sind eben käuflich. Diejenigen, die es nicht sind, werden mit Gewalt und dirty tricks dazu gebracht. Nirgends wurde das vorgegebene Versprechen von freedom and democracy eingelöst, die Menschen werden gar nicht gefragt. Auch vielfacher und kreativer Protest lässt sich ersticken, wenn Billionen und Medien in den gleichen Händen sind.

  • am 10.09.2021 um 13:52 Uhr
    Permalink

    Statt zu denken scheinen deutsche Diplomaten zu hoffen. Zu hoffen, dass «unser» und Amerikas Stern wohl nur mal kurz vor sich hin stolperte ?! Nach all dem Murks und all den -sinn-losen und un-menschlichen- Verbrechen «unsererseits», die Deutschland teils gedudet teils sogar «flankiert» hat.

    «Amerikas Sonne» geht unter! Ein-deutig ! UND aus vielen, «guten» Gründen ! ! !

    Chinas Stern strahlt immer intensiver
    UND China hat -im Vergleich zu Amerika und uns-
    bezüglich «Umgang mit anderen Völkern» ein fast blütenweises Hemd,
    während Amerikas Hemden und Hände vor Blut triefen ! ! !

    Wir, Deutschland + «der Westen» , wenn wir nicht baldigst die neuen Ge-gebenheiten im Welten-Zirkus ernsthaft zu beachten beginnen, – – –
    wir werden -eventuell bereits innerhalb des nächsten Jahrzehnts-
    teuerst für die (vor Allem, wenn andauernde) politische Schein-Blindheit unserer Diplomaten bezahlen müssen !

    Meine Damen und Herren «dafür verantwortliche Politiker»,
    bedenkt bitte, ihr könntet auch «persönlich» in Haft-ung genommen werden (siehe Afghanistan) – daher beginnt bitte -endlich- so zu handeln, wie es sowohl die Logik als auch euer Selbs-Erhaltungs-Trieb «scheinbar» schon längst gebieten !

    Wolfgang Gerlach
    scheinbar.org

  • am 10.09.2021 um 15:58 Uhr
    Permalink

    China scheint sehr erfolgreich zu sein. Auch im Bereich Energieerzeugung mit Toŕium Akws. Wenn die Angaben stimmen, sind ihre Vakzine, Medikamente und Strategien gegen Covid wesentlich erfolgreicher als die unsrigen. Wobei sie experimentelle mRna Vakzine zwar interessant finden, aber ablehnen am Menschen. Wer nicht nur einseitiges Wissen über China erfahren möchte, sollte die Suchmaschine DuckToGo nehmen, welche ohne Propaganda-Filter auch chin. Webportale anzeigt, welche man in Englisch oder auf deutsch übersetzt ansehen kann. Ein Kriegsbestreben wäre fatal für alle Beteiligten, die großen Wirtschaftsmächte könnten alle voneinander profitieren.

    • am 11.09.2021 um 10:12 Uhr
      Permalink

      Lieber Beatus Gubler,
      mit dem Aus-Spionieren auf Suchmaschinen ist es so wie mit dem Fett-Anteil in Milch: mehr oder weniger ist immer drin !
      DuckDuckGo ist eine amerikanische Firma ! ! !

      Alternativen sind beispielsweise. Ixquik (Holland), Metager (Deutschland), Swisscows (Schweiz)

      Eins ist doch wohl klar: ein «klein Wenig beobachtet» wirst Du überall. Wer wirklich sicher un-ausgeforscht bleiben mag, dem bleibt nur eins:
      Schweigen. –
      Was heutzutage nicht mehr möglich ist.

      Was bleibt also ?
      So wenig wie irgend möglich «amerikanische Dienste» in Anspruch nehmen !
      So wenig mit möglich «Privates» öffentlich machen. –

      Oder -statt konstant verklemmt, sich ab-duckend – und daraus allmählich «psycho»-
      lieber «frei weg» – was so meine Art ist.

      Freundliche Grüsse !
      Wolfgang Gerlach

      scheinbar.org

  • am 10.09.2021 um 18:41 Uhr
    Permalink

    Es ist etwas über 100 Jahre her, dass Kaiser Wilhelm Kanonenboote nach China entsandte, um zu demonstrierten, wer in dieser Welt das Sagen hat. Nun wiederholt sich dies Ereignis als Farce. Soll man da nun lachen oder weinen?

  • am 10.09.2021 um 23:26 Uhr
    Permalink

    Leider haben derzeit mitglieder des deutschen bundestages nur selten einen moment geistiger klarheit, der sie in die lage versetzt, etwas, dem von frau dagdelen zitierten gleichwertiges, sagen oder schreiben zu koennen.

    • am 11.09.2021 um 10:29 Uhr
      Permalink

      Lieber Roland Kaschek,

      KEINER unserer Abgeordneten ist irgendwie Hirn-geschädigt !
      Das sind allesamt sehr, sehr clevere Menschen !

      Aber zu viele sind be – einfluss- bar —
      vor Allem wenn Bares oder sonstige Vorteile lachen.

      Und/oder sindbe-einfluss-bar, nötig-bar und/oder er-press-bar –,
      weil sie der Partei-Disziplin gehorchen MÜSSEN –
      (um bei der nächsten Wahl wieder einen guten Listen-Platz zu bekommen)
      und/oder neueren oder älteren «Dreck am Stecken» haben
      und/oder einen späteren, gut bezahlten Job in der Wirtschaft «anstreben»
      und/oder Verwandte/Freunde haben, denen man zu-arbeitet
      und … und … und

      Es gibt also eine Menge mehr Gründe für «eigen-artiges» Verhalten,
      als dafür, «dem Volk bestens zu dienen» , wie «eigentlich mal geschworen» ! ! !

      Manchmal, denke ich, könnte es besser sein,
      wenn uns «künstliche» Intelligenz regiert ?!

      Freundliche Grüsse !
      Wolfgang Gerlach scheinbar.org

  • am 12.09.2021 um 00:14 Uhr
    Permalink

    Herr gerlach, ich wuensche nicht zu beurteilen wie intelligent diese leute sind. Wofuer ich starke anhaltspunkte sehe, das ist, dass die aussicht auf persoenliches einkommen, hohes ansehen und ausuebung von macht, die meisten dieser menschen unfaehig macht sich ihres verstandes in der angedeuteten weise zu bedienen. Ich wollte das lediglich nicht genauer ausfuehren, da mir eine plattituede zu sein scheint, dass erstens intelligenz voellig ueberbewertet und zweitens oft kaeuflich ist bzw. Eingeschuechtert werden kann.

  • am 13.09.2021 um 10:48 Uhr
    Permalink

    Leider wird in Kommentaren zur Fregatte «Bayern» ein zentraler Aspekt völlig übersehen. Nachdem von Vietnam bis Afghanistan seit Jahrzehnten die militärische Ausrüstungskunst zu Lande und in der Luft auf höchstem Niveau bis hin zur Entwicklung von Drohnen ausgereizt ist, wäre es dringend angezeigt, die militärische Schifffahrtskunst auf den Weltmeeren neu anzuschieben. Eine Werbefahrt der «Bayern» durch potentiell kriegstaugliche Gebiete kann da der deutschen Werftindustrie nur nützen. Wenn dort alte Konflikte neu eskalieren, sind Aufträge und Neuentwicklungen nur eine selbstverständliche Folge. Die deutsche Werftindustrie braucht dringend neue Impulse, nachdem Kreuzfahrten ihren Höhepunkt überschritten haben. Sollte man da die weitschauende Initiative der Bundeswehr nicht loben?

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