Impfung Seniorin im Heim

Die Impfung gegen Covid-19 hätte vor allem die besonders gefährdeten Personengruppen schützen sollen. Dazu zählten insbesondere alte Menschen in Heimen. © thodonal / Depositphotos

mRNA-Impfung: Nur scheinbar hohe Wirkung bei Senioren

Martina Frei /  Die Schutzwirkung der Impfung wurde von Anfang an stark übertrieben. Das belegt eine Studie mit Senioren in Heimen.

Die Grippe-Impfung wurde früher als sehr wirksam eingestuft: 70 bis 90 Prozent Wirksamkeit sprach ihr beispielsweise das Bundesamt für Gesundheit zu. Doch im Jahr 2006 weckte eine Studie im angesehenen «International Journal of Epidemiology» grosse Zweifel. Sie wurde legendär, weil sie die vermeintliche Schutzwirkung der Grippe-Impfung raffiniert hinterfragte. Üblicherweise untersuchen Impfstudien einzig, ob die Impfung gegen die entsprechende Krankheit schützt.

Diese Studienautorinnen und -autoren aber machten noch «Gegenproben»: Sie prüften nicht nur, ob die Grippe-Geimpften seltener an Grippe erkrankten als die Ungeimpften. Sondern sie analysierten zum Beispiel auch die Zahl der Unfälle bei Grippe-Geimpften und -Ungeimpften.

Und siehe da: Die Grippe-Impfung schützte Senioren anscheinend ebenso gut vor schweren Verletzungen wie vor einer schweren Lungenentzündung. Wer gegen Grippe geimpft war – so das Ergebnis – wurde deutlich seltener wegen eines Unfalls oder einer Verletzung hospitalisiert, verglichen mit Senioren, die sich nicht gegen Grippe hatten impfen lassen. 

Doch die Grippe-Impfung verhütet bekanntermassen keine schweren Verletzungen.

Die StudienautorInnen stellten weitere Rechnungen an: Sie untersuchten auch, ob Geimpfte oder Ungeimpfte öfter wegen Herzversagens oder aufgrund eines Schlaganfalls hospitalisiert wurden. Resultat: In allen Punkten waren die Grippe-Geimpften besser dran als die Ungeimpften.

Die Grippeimpfung schien Seniorinnen und Senioren sogar gegen den Tod aus allen möglichen Gründen zu schützen: Das relative Risiko zu sterben war bei den Grippe-Geimpften etwa 30 bis 60 Prozent tiefer als bei den Nicht-Grippegeimpften. Den scheinbar besten «Schutz» vor dem Tod, aber auch vor Unfällen, Verletzungen sowie vor Lungenentzündungen bot die Grippeimpfung sogar, bevor die Grippesaison überhaupt begonnen hatte.

Das war der Beweis, dass etwas nicht stimmte. Denn die Grippe-Impfung hat keine solch wundersame Wirkung.

Gegenproben gefordert – aber selbst nicht gemacht

Der wahre Grund für die Unterschiede bei Grippe-Geimpften und -Ungeimpften war: Die Studie verglich zwei Gruppen von Menschen, die von Anfang an ein unterschiedliches gesundheitliches Profil aufwiesen. Deshalb lebte die insgesamt gesündere Gruppe der Geimpften länger und musste weniger in Spitälern behandelt werden. Die vermeintliche Schutzwirkung der Grippe-Impfung könnte allein darauf zurückzuführen sein, dass die Gruppe der geimpften Senioren insgesamt gesünder war als die Gruppe der ungeimpften. Dieser Unterschied kann bei einem völlig wirkungslosen Impfstoff eine Schutzwirkung von fast 50 Prozent vorgaukeln.

In der Fachsprache heisst der Effekt «healthy vaccinee bias». Er besagt, dass Ergebnisse von Beobachtungsstudien stark täuschen können, falls die geimpften Studienteilnehmenden gesünder sind als die nicht-geimpften. Den eindeutigsten Nachweis, dass eine von zwei Gruppen aus gesünderen und/oder weniger riskant lebenden Teilnehmenden besteht, liefert die Angabe der Gesamtsterblichkeit in beiden Gruppen.

Solche «Gegenproben» wie in dieser Studie sollte man bei Beobachtungsstudien häufiger durchführen, empfahl der Epidemiologe Marc Lipsitch 2010 in der Zeitschrift «Epidemiology». Dort zitierte er die eben erwähnte Studie ausgiebig. Lipsitch ist ein bekannter Wissenschaftler an der Harvard University. Auch der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach berief sich immer wieder auf ihn.

Doch elf Jahre später, in der Corona-Pandemie, vergass Lipsitch offensichtlich, was er damals selbst geraten hatte. Denn in mehreren Studien zur Wirksamkeit der ersten zwei Covid-Impfdosen von Pfizer, zur ersten und zur zweiten Boosterimpfung unterliessen er und seine Co-Autoren es, solche wichtigen Gegenproben zu machen und das Ergebnis mitzuteilen. Durchwegs fehlte nämlich die Angabe, ob sich Geimpfte und Ungeimpfte in der Gesamtsterblichkeit unterschieden.1

Fachzeitschriften lieferten die wichtigen Angaben nicht

Die Studien, an denen Lipsitch während der Pandemie beteiligt war, zählten zu den wichtigsten Covid-Impfstudien. Sie wurden in bekannten Fachzeitschriften wie dem «New England Journal of Medicine» (NEJM) und «The Lancet» veröffentlicht und bescheinigten der Pfizer-mRNA-Impfung eine sehr hohe Wirksamkeit. Angaben zur Gesamtsterblichkeit oder zur Sterblichkeit an anderen Ursachen als Covid-19 findet man in diesen Studien keine – obwohl Lipsitch elf Jahre zuvor solche Gegenproben empfohlen hatte. 

Selbst auf Nachfrage rückten die Autoren mit diesen Angaben nicht heraus. Die Autorin dieses Artikels bat Ron Balicer, den Wissenschaftler, der bei mehreren dieser Studien als Kontaktperson angegeben ist, schon früher zweimal vergeblich, die Gesamtsterblichkeit bei Geimpften und Ungeimpften offenzulegen (Infosperber berichtete). Auch jetzt, auf erneutes mehrmaliges Nachfragen, antwortete er nicht. Noa Dagan, ein weiterer Wissenschaftler, der als Kontaktperson bei einer anderen Studie fungiert, hüllt sich ebenfalls in Schweigen.

«Die Studien zur Wirksamkeit der Impfung verheimlichen die Daten zu den Nicht-Covid-Todesfällen.»

Eyal Shahar, Epidemiologe und Professor für Public Health

Der Hinweis auf Lipsitchs widersprüchliches Verhalten stammt vom US-Epidemiologen Eyal Shahar. Shahar ist emeritierter Professor für Public Health an der Universität von Arizona und weist ebenfalls eine lange Liste von Publikationen in angesehenen Fachzeitschriften auf.

Nicht nur in den Studien von Lipsitch und Kollegen, auch bei diversen anderen wichtigen Covid-Impfstudien fehlen Angaben zur Gesamtsterblichkeit und zu Todesfällen an anderen Ursachen als Covid-19. «Die Studien zur Wirksamkeit der Impfung verheimlichen die Daten zu den Nicht-Covid-Todesfällen», schreibt Shahar auf seinem Blog auf «Medium».

Eyal Shahar hielt monatelang nach einer Studie Ausschau, die diese Informationen lieferte. Es sei nicht einfach gewesen, eine solche Veröffentlichung zu finden, stellte er fest. 

Wichtige Angaben, aber kaum irgendwo erwähnt

Anfang Juli 2023 wurde der Public Health-Experte fündig: Die im Fachblatt «Gerontology» veröffentlichte Arbeit erschien im Februar 2022. Sie untersuchte, wie gut die mRNA-Impfung von Pfizer betagte Senioren in israelischen Pflegeheimen vom Beginn der Impfkampagne im Dezember 2020 bis im Mai 2021 schützte. 

Im Gegensatz zu den Studien, bei denen Lipsitch beteiligt war und die Hunderte Male von anderen Wissenschaftlern und den Medien zitiert wurden, fand diese wichtige Studie im Fachblatt «Gerontology» fast keine Beachtung. Sie wurde bisher erst viermal in anderen wissenschaftlichen Arbeiten erwähnt.2

Das erstaunt, denn sie ist aus mehreren Gründen interessant: 

  1. Die Studie untersucht die Wirksamkeit der Pfizer-Impfung bei durchschnittlich 83 Jahre alten Senioren in Heimen – also genau der Risikogruppe, welche die Impfung am dringendsten benötigte, aber in anderen Impfstudien oft ausgeschlossen wurde oder nur marginal vorkam. 
  2. Die Studie erfasste die Wirkung vom ersten Tag nach der Impfung, wie früher üblich. Fast alle anderen Studien in der Corona-Pandemie zählten den Nutzen anders als früher (Infosperber berichtete): Mit der Begründung, dass die Impfung ihren vollen Impfschutz erst 7 oder 14 Tage nach der zweiten Impfdosis entfalte, wurden Geimpfte erst ab dann als geimpft gezählt. In den Tagen davor galten sie als «ungeimpft», obwohl sie die Covid-Impfung bereits erhalten hatten. Wer in dieser Zeit an Covid erkrankte, wurde in den meisten Studien nicht berücksichtigt. Diese Änderung führt dazu, dass die Impfwirksamkeit in den Covid-Impfstudien höher ausfällt, als wenn die Teilnehmenden bereits ab dem Moment der Impfung als «geimpft» gelten würden.
  3. Die Studie gehörte während der Corona-Pandemie zu den sehr wenigen Impfstudien, welche nicht allein die Sterblichkeit an Covid-19 nannte, sondern auch die Gesamtsterblichkeit. Mit dieser Information lässt sich abschätzen, ob die Gruppe der Geimpften insgesamt gesünder war und wie stark der «healthy vaccinee bias» dazu beiträgt, dass die Wirksamkeit der Impfung überschätzt wird (Infosperber berichtete). 

Den «healthy vaccinee bias» vom Resultat «abziehen»

Eyal Shahar nahm diese Studie Anfang Juli 2023 unter die Lupe. Er wollte herausfinden, welchen Einfluss der «healthy vaccinee bias» auf das Resultat – also die vermutete Schutzwirkung gegen Covid-19 – hat.

Mit Hilfe eines Korrekturfaktors gerechnet

Die Rechnung, die Shahar machte, ist schnell erklärt. Er verglich, wie viel Prozent der Geimpften und der Ungeimpften nicht an Covid, sondern an anderen Ursachen starben. 60 Tage nach der Impfung waren von den Ungeimpften beispielsweise 13,5 Prozent an anderen Ursachen als Covid verstorben, bei den Geimpften waren es 2,6 Prozent. Die Ungeimpften waren also insgesamt kränker als die Geimpften. Das wirkte sich auf alle Todesursachen aus.

Weil die Covid-Impfung bekanntermassen nicht vor anderen Todesursachen schützt, zeigt dieser Unterschied wahrscheinlich, um wie viel gesünder die Geimpften waren. Die Geimpften hatten folglich – schon vor der Impfung – auch ein niedrigeres Risiko, an Covid zu sterben als die Ungeimpften. Shahar berechnete aus den Angaben einen Korrekturfaktor von 13,5: 2,6 = 5,2. Mit diesem Korrekturfaktor korrigierte er die angebliche Schutzwirkung der Impfung. 

Im besten Fall 37 Prozent Schutzwirkung

Die Studienautoren der «Gerontology»-Studie kamen zum Schluss, dass die Pfizer-mRNA-Impfung bei den Senioren in Heimen eine Schutzwirkung von 85 Prozent hatte, um Todesfälle an Covid zu verhindern. Die vermeintliche «Schutzwirkung» gegen alle möglichen Todesursachen betrug 64 Prozent.

Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 in der Studie

Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19
Unter den geimpften Heimbewohnerinnen und -bewohnern (blaue Linie) gab es in den 150 Tagen ab der ersten Impfdosis viel weniger Todesfälle an Covid-19 als bei den ungeimpften (rote Linie). Der Unterschied war in den ersten 60 Tagen am grössten. Wer nur diese Kurven sieht, vermutet eine grosse Schutzwirkung der Impfung.

Todesfälle an allen Ursachen in der Studie

Gesamtsterblichkeit
Die gegen Covid Geimpften (blaue Linie) und die nicht gegen Covid Geimpften (rote Linie) unterschieden sich auch in Bezug auf Todesfälle aus allen möglichen Gründen. Das zeigen diese Kurven der Gesamtsterblichkeit bei den Covid-geimpften und den Covid-ungeimpften betagten Heimbewohnerinnen und -bewohnern. Angegeben ist der Anteil der Verstorbenen in beiden Gruppen im Verlauf von 150 Tagen ab der ersten Impfdosis.

Shahar kam zu einem anderen Schluss, den er auf seinem Blog veröffentlichte: Setzt man den Korrekturfaktor ein, dann verhinderte die Impfung bei diesen Senioren keine Todesfälle an Covid. Im allerbesten Fall hatte sie eine Schutzwirkung von 22 bis 37 Prozent, also weit entfernt von der immer behaupteten «hohen Wirksamkeit». Im schlechtesten Fall führte die mRNA-Impfung von Pfizer bei den Geimpften laut Shahars Rechnung während der ersten 30 Tage sogar zu mehr Todesfällen als bei den Ungeimpften. 

Berichterstattung über Covid-Fälle in Altenheimen gestoppt

Da es keine etablierten Methoden gibt, um zu schätzen, wie stark der «healthy vaccinee bias» die angebliche Impfwirksamkeit beeinflusst, ist offen, wie nahe Shahars Resultat der Wahrheit kommt. Fest steht für ihn aber, dass seine Rechnung ihr näher kommt als die «Gerontology»-Studie. Der Public Health Experte ist sicher, dass die proklamierte, hohe Wirksamkeit der mRNA-Covid-Impfung von Pfizer nicht haltbar ist.

Das schliessen auch die Studienautoren der «Gerontology»-Studie nicht aus: «Die Gruppe der Ungeimpften könnte an mehr Begleiterkrankungen gelitten haben, wodurch sie anfälliger wurde für Sars-CoV-2-Infektionen und Tod. Dadurch würde die Impfung wirksamer erscheinen, als sie es tatsächlich ist», schreiben sie.

Shahar zitiert aus einem israelischen Zeitungsbericht vom Januar 2021: 

«Während die zweite Dosis COVID-19-Impfstoff verteilt wird, schlägt die Pandemie in den Einrichtungen, in denen ältere Menschen leben, voll zu. In den vergangenen zwei Wochen wurden Ausbrüche in nicht weniger als 160 geriatrischen Einrichtungen verzeichnet, und allein bei den Bewohnern der vom Gesundheitsministerium zugelassenen Einrichtungen wurden 1098 neue bestätigte Fälle festgestellt. Parallel zum Anstieg der Patientenzahlen in Pflegeheimen und Einrichtungen für betreutes Wohnen hat ‹Senior Shield› [eine Arbeitsgruppe für das Covid-Management in Pflegeheimen] in den letzten zwei Wochen die Veröffentlichung des täglichen Berichts über die Covid-Morbidität in geriatrischen Einrichtungen auf der Website des Gesundheitsministeriums eingestellt.»

Interessenkonflikt der Studienautoren

«Warum stoppten sie die Berichterstattung über die Covid-Fälle in Heimen? Haben sie auch einen Anstieg der Covid-Todesfälle bei geimpften Bewohnern von Pflegeheimen im ersten Monat der Kampagne festgestellt?», fragt Shahar in seinem Blog auf «Medium». 

Zwei der Autoren der «Gerontology»-Studie gehörten zur «Senior Shield»-Task Force – ein Interessenkonflikt, den sie selbst angeben. Diese Task Force war in den israelischen Alters- und Pflegeheimen für die Vorbeugung und das Erfassen der Coronavirus-Infektionen sowie für das Impfprogramm zuständig. Sie wurde von der israelischen Regierung ins Leben gerufen. Einer der Autoren der «Gerontology»-Studie leitete die «Senior Shield»-Task Force, ein anderer war für die Informationen zu Covid-Ausbrüchen und deren Eindämmung zuständig.

Auch viele andere Studien betroffen

Eyal Shahar geht davon aus, dass der «healthy vaccinee bias» auch bei anderen Covid-Impfstudien zum Tragen komme: «Wenn eine Studie bei gebrechlichen älteren Menschen zeigt, dass die Wirksamkeit der Impfung gegen den Tod an Covid weit entfernt davon ist, ‹hoch wirksam› zu sein, dann müssen wir daraus ableiten, dass alle anderen Studien, die ähnliche oder bessere Resultate zur Wirksamkeit lieferten, ebenfalls falsch sind – ebenso verzerrt durch den healthy vaccinee bias», schlussfolgert der Epidemiologe.

Shahars Misstrauen, ob die mRNA-Impfungen den Senioren einen Nutzen brachten, wird geschürt durch eine weitere Studie, welche die US-Ärztezeitung «Jama» am 6. April 2023 online veröffentlichte. Sie verglich die Sterblichkeit von US-Senioren, die im vergangenen Winter mit Covid oder mit Grippe ins Spital kamen. 

Anhand der Angaben konnte Shahar die Wirksamkeit der Covid-Impfung errechnen: Wer von den Senioren ein- oder zweimal geimpft war, hatte ein um 29 Prozent tieferes Sterberisiko an Covid, verglichen mit ungeimpften Senioren. Wer geboostert war, hatte ein 41 Prozent tieferes Risiko, an Covid zu sterben, verglichen mit den Ungeimpften, und ein 17 Prozent tieferes Risiko, verglichen mit den nur ein- oder zweimal Geimpften.

Schutz vor Covid-19 «nahezu Null»

Doch unter der Annahme, dass der «healthy vaccinee bias» auch hier zum Tragen gekommen sei, habe die Wirksamkeit der Covid-Impfung in dieser Bevölkerungsgruppe – egal, ob mit einer, mit zwei oder mit mehr Impfdosen – «nahezu null» betragen, so Shahar. 

Um den Nutzen der Impfung zu kennen, muss die Wirksamkeit in jeder Altersgruppe den unerwünschten Wirkungen gegenübergestellt werden. Shahar äussert sich in seinem Blog auch zu den Nebenwirkungen und zu kurz nach der Impfung aufgetretenen Todesfällen. Sein Fazit ist vernichtend: Die mRNA-Impfung gegen Covid-19 erfülle nicht die Standards, die für eine als sicher bezeichnete Impfung gelten würden. Milliarden von Menschen seien mit dem Slogan «sicher und wirksam» geimpft worden, schreibt Shahar, doch: «Es war weder das Eine noch das Andere.»

Infosperber fragte mehrere Fachleute in «Evidenz-basierter Medizin», ob sie diese Ansicht teilen. Alle anerkennen, dass der «healthy vaccinee bias» wichtig ist. Die Wirksamkeit der mRNA-Impfung sei überschätzt worden, sagen mehrere. Dennoch sind sie überzeugt, dass die Covid-mRNA-Impfung eine Schutzwirkung hatte, zumindest für einen gewissen Zeitraum. Dabei verweisen sie unter anderem auf die grosse Pfizer-Biontech-Impfstudie – allerdings waren dort nur 4,3 Prozent der Teilnehmenden über 75 Jahre. Diese Studie sagte also nicht viel darüber aus, wie gut die Impfung bei hochbetagten Heimbewohnerinnen und -bewohnern wirkte (Infosperber berichtete).

Man wünschte sich eine randomisierte, placebo-kontrollierte Studie bei den Senioren in Pflegeheimen. Dann hätte man dieses Problem der Verzerrung wie bei den Beobachtungsstudien nicht, sagt einer der Befragten. Bei solchen randomisierten Studien werden die Studienteilnehmenden – per Los zugeteilt – entweder geimpft oder sie erhalten nur ein Placebo gespritzt.

Die gleiche Forderung stellt auch Eyal Shahar auf. Das Impfen von älteren, gebrechlichen Menschen mit Impfstoffen, die an neue Virusvarianten angepasst sind, sollte ausgesetzt werden, findet er. Und die Behörden sollten vor der Zulassung solcher Impfstoffe verlangen, dass die Hersteller randomisierte, plazebo-kontrollierte Studien mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen durchführen. Diese Studienanordnung gewährleistet viel eher als die Beobachtungsstudien, dass beide Gruppen von Anfang an vergleichbar sind – und nicht die eine gesünder ist als die andere. Dann, verlangt Shahar, sollten die Sterblichkeit an Covid und die Gesamtsterblichkeit erfasst werden.

_____________________

1 Die Autorin fragte bei Professor Lipsitch an: 

  • Gibt es irgendeine Studie zu den Covid-Impfungen, bei der sie mitgewirkt haben, welche die Gesamtsterblichkeit und / oder die Todesfälle an anderen Ursachen als Covid-19 angibt? Oder wurde diese Information später gegeben, beispielsweise in einer Antwort auf einen Leserbrief?
  • Falls Sie diese Information nicht gegeben haben: Warum nicht?
  • Haben Sie oder ihre Co-Autoren überprüft, ob es einen «healthy vaccinee bias» gab? Falls ja: Bei welchen Studien und wo finde ich die Analysen und Resultate?

In seiner Antwort verwies Lipsitch auf die Kontaktpersonen der jeweiligen Studien. Sie seien für solche Auskünfte zuständig. Die Autorin fragte daraufhin nochmals bei Lipsitch nach: «Haben sie bei diesen Studien vorgeschlagen, dass man die Gesamtsterblichkeit und / oder die Todesfälle an anderen Ursachen als Covid-19 untersucht?» – Lipsitch antwortete nicht mehr. 

2 Auch die Autorin verpasste die «Gerontology»-Studie bei der Recherche nach Informationen zum Artikel über die Wirkung der mRNA-Covid-Impfungen bei Senioren. Das Bundesamt für Gesundheit nannte diese Studie ebenfalls nicht, als die Autorin damals dort nach entsprechender Fachliteratur fragte. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Ärztin und hat selbst Patientinnen und Patienten mit mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 geimpft.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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Covid-19 fordert Behörden und Medien heraus. Infosperber filtert Wichtiges heraus.

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3 Meinungen

  • am 15.09.2023 um 12:57 Uhr
    Permalink

    Wissenschaft ist von Studien abhängig, Studien davon, welche Rahmenbedingungen gesteckt werden und das alles davon, wie die so gewonnenen Daten interpretiert werden und welche Erwartungen etc. und welches Weltbild den Interpretatoren zugrunde liegt.

  • am 15.09.2023 um 15:37 Uhr
    Permalink

    wie ich heute der Tagespresse entnehmen konnte, wird Moderna in nächster Zeit mit etwa 15 neuen mrna basierten «Medikamenten» auf den Markt kommen. Ohne die von Politikern und Medien heraufbeschworenen «Not» der Pandemie hätte die ordentliche Zulassung für diese mrna basierten Produkte mindesten noch 10 weitere Jahre in Anspruch genommen. Da freuen sich die Aktionäre.

  • am 16.09.2023 um 15:49 Uhr
    Permalink

    Wessen Brot ich ess› dessen Lied ich sing›
    Diejenigen, welche die Studien bezahlen, geben auch das Ergebnis vor, was im Allgemeinen als «Korruption» bezeichnet wird.

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