Kommentar

Durchdachte Verkehrswende statt Fahrverbote

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsDer pensionierte Autor war viele Jahre lang ARD-Journalist. Er betreibt heute den Blog sonnenseite.com. ©

Franz Alt /  Es ist ein Armutszeugnis, wenn Gerichte Verkehrspolitik machen müssen. Es gibt fünf Massnahmen, um den Autoverkehr zu reduzieren.

Der frühere US-Vizepräsident Al Gore schreibt, dass in Washington auf einen Abgeordneten oder Senator vier Lobbyisten kommen, die versuchen, Klimaschutz zu verhindern. Das ist eine Demokratiekrise. Wenn wir diese – auch in Deutschland – nicht lösen, können wir auch die Klimakrise nicht lösen.
In den USA haben allein die Milliardärs-Brüder Charles und David Koch, Eigentümer eines riesigen Öl- und Chemiekonzerns, 88 Millionen Dollar an Gruppen bezahlt, welche den Klimawandel leugnen – so Al Gore. Und bezahlte Wissenschaft für gefällige Gutachten gibt es nicht nur in den USA. Am bekanntesten dafür sind die Tabakindustrie, die Autobranche, die industriellen Nahrungshersteller, die Kohle-Lobby, die Atomwirtschaft, die Waffenhersteller. Irrsinn statt Politik für das Allgemeinwohl.
Das grosse Geld hat grossen Einfluss auf die grosse Politik. Auch in Deutschland.
Ganz im Sinn der Waffenlobby hat Präsident Trump nach dem jüngsten Amoklauf an einer Schule mit 17 Toten auch noch eine Bewaffnung der Lehrer gefordert. Eine alte Forderung der Waffenhersteller.
Sollten nach dem Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Deutschland tatsächlich Fahrverbote für alte Diesel ausgesprochen werden, dann profitiert auch davon die Autowirtschaft, denn die Leute werden neue Benzinautos kaufen, was der Umwelt weiterhin schadet und der Gesundheit der Menschen ebenso.
Weil die Politik bisher unfähig war, eine wirkliche Verkehrspolitik zu organisieren, müssen Gerichte die Arbeit von Regierungen erledigen. Ein Armutszeugnis.
Eine durchdachte Verkehrswende sieht folgende Massnahmen vor:

  1. Attraktiver Nahverkehr durch günstigere Ticketpreise, bessere Takte, mehr Bahnen und Busse.
  2. Bahnpolitik im Fernverkehr wie in der Schweiz oder in Japan. Die Schweiz investiert pro Einwohner jedes Jahr 350 Euro in ihre Bahn, in Deutschland 54 Euro und in Japan hat ein Shinkansen-Zug – vergleichbar unserem ICE – im Schnitt 10 Sekunden Verspätung.
  3. In Zeiten der Digitalisierung und von Carsharing kann auch hierzulande künftig mehr Arbeit von zuhause anstatt im weit entfernten Büro erledigt werden. Das Ergebnis wäre eine starke Reduktion der Autos und des Autoverkehrs.
  4. Ausbau von Radwegen.
  5. Mehr Platz für Menschen und Bäume in unseren Städten durch Rückbau von Strassen zu Fussgänger- und Radwegen. Mehr Parks statt immer mehr Parkplätze.

Das alles führt zu weniger Autoverkehr, besserer Luft, weniger Staus und Stress und zu insgesamt höherer Lebensqualität.
Es geht also um weit mehr als um Fahrverbote – es geht um lebenswerte Städte mit sauberer Luft und um Entschleunigung unserer Lebensweise. Die Stadt ist der Ort, der weniger den Autos gehört, sondern allen Menschen.
Die heutige Autopolitik ist umweltpolitisch eine Katastrophe und zugleich eine Bankrotterklärung demokratisch gewählter Regierungen – in den USA wie in Deutschland und anderswo.
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Der pensionierte Autor war viele Jahre lang ARD-Journalist. Er betreibt heute den Blog sonnenseite.com.

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3 Meinungen

  • am 2.03.2018 um 12:06 Uhr
    Permalink

    Bisher war ich auch für Fahrverbote. Dieser gute Artikel hat mich eines Besseren belehrt.

  • am 2.03.2018 um 20:47 Uhr
    Permalink

    6. ein leasingverbot für privatpersonen.

  • am 3.03.2018 um 18:13 Uhr
    Permalink

    Verkehrswende? Gab da mal eine Abstimmung, die ich verpasst habe? Was hat das mit der Waffenlobby zu tun?

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