Kommentar

Zähmt das Lehrplan-Monster!

Heinz Moser © zvg

Heinz Moser /  Der Lehrplan 21 ist zur Umsetzung frei gegeben. Doch wohl ist es damit nur den wenigsten.

Die NZZ am Sonntag titelt zum Lehrplan 21: «Man muss das Lehrplan-Monster zähmen – nicht erschlagen». Ach so ist das. Da wurde von Expertinnen und Experten ein Monster in die Welt gesetzt. Und dieses müssen nun die Kantone und die Lehrerinnen und Lehrer in seine Schranken weisen. Der Lehrplan bietet also nicht Hilfe und Unterstützung, sondern er ist primär ein Feind, der wie ein wildes Tier erst einmal gebändigt werden muss.

Zwar haben sich die Erziehungsdirektoren an ihrer Pressekonferenz auf die Schultern geklopft: Um 20 Prozent wurde der Lehrplan gekürzt auf «nur noch» 470 Seiten. Und auch sonst sei man den Kritikern entgegengekommen, wenn nun gegenüber den Kompetenzen auch die Inhalte wieder wichtiger genommen würden.

Doch das Grundproblem ist die verfehlte Anlage des ganzen Projekts. Anstatt zu Beginn eine offene und öffentliche Diskussion zu führen, verschrieb man sich der Geheimdiplomatie. Der ganze Lehrplan wurde hinter verschlossenen Türen erarbeitet und mit einem strikten Verbot versehen, davon etwas auszuplaudern. Auf diese Weise am Schwanz aufgezäumt, muss die harsche Kritik am Ergebnis nicht überraschen. Jedenfalls hat auch die neue Fassung die Kritiker wenig überzeugt, obwohl die Erziehungsdirektoren mit ihren Anpassungen Kreide gefressen haben.

Ist das Lehrplan-Monster wirklich zu zähmen – oder vielleicht schon eine Totgeburt, die man gar nicht mehr erschlagen muss? Das wird davon abhängen, in wie vielen Kantonen es in den nächsten Monaten über Volksabstimmungen zur Ablehnung kommt. Im schlimmsten Fall wird die angestrebte Harmonisierung der Lehrpläne nur zu einem neuen Bildungschaos führen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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Eine Meinung zu

  • am 10.11.2014 um 22:56 Uhr
    Permalink

    Gut gebrüllt Löwe! (und erst noch witzig)
    Tatsächlich gab und gibt es für die Implementation des Lehrplans21 keine demokratische Legitimation. In den kantonalen Abstimmungen zu Harmos wurde den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern weisgemacht, es gehe dabei zur Hauptsache um eine Koordination von Schuleintrittsalter, Anpassung der Ausbildungsjahre in der Primar- und Sekundarstufe (6+3-Modell) sowie um die Harmonisierung der Stundentafeln. Die Abschaffung von definierten Fächern und ihre Einbindung in schwammige fachübergreifende Bereiche stand dabei nie zur Diskussion. Wäre dem Volk klarer Wein eingeschenkt und die Absicht transparent ge-macht worden, dass ein Lehrplanmonster alle bisherigen kantonalen Lehrpläne ausser Kraft setzen soll, so wäre das Projekt Harmos noch in mehr Kantonen vom Volk abgelehnt wor-den. Der Lehrplan21 wurde von einer im Elfenbeinturm sitzenden ideologisch einseitig zu-sammengesetzten Bildungslobby ausgeheckt. Er verarscht das Volk auch in jenen Kantonen, die Harmos an der Urne zugestimmt haben. Durch eine demokratisch nicht legitimierte Hin-tertüre trachtet ein missratener und verblasener Lehrplans nun danach, den Unterricht didaktisch und pädagogisch auf den Kopf zu stellen, um jene ideologischen Ziele zu erreichen, die in der Bevölkerung niemals eine Mehrheit gefunden hätten.

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