Sperberauge

Auf Schießschartengröße verengt

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  «Das Meinungsspektrum wurde auf Schießschartengröße verengt.» Der Deutsche Gabor Steingart schert aus.

«Der deutsche Journalismus hat binnen weniger Wochen von besonnen auf erregt umgeschaltet. Das Meinungsspektrum wurde auf Schießschartengröße verengt.

Blätter, von denen wir eben noch dachten, sie befänden sich im Wettbewerb der Gedanken und Ideen, gehen im Gleichschritt mit den Sanktionspolitikern auf Russlands Präsidenten Putin los. Schon in den Überschriften kommt eine aggressive Verspannung zum Ausdruck, wie wir sie sonst vor allem von den Hooligans der Fußballmannschaften kennen. Der «Tagesspiegel»: «Genug gesprochen!» Die «FAZ»: «Stärke zeigen». Die «Süddeutsche Zeitung»: «Jetzt oder nie». Der «Spiegel» ruft zum «Ende der Feigheit» auf: «Putins Gespinst aus Lügen, Propaganda und Täuschung ist aufgeflogen. Die Trümmer von MH 17 sind auch die Trümmer der Diplomatie.

Westliche Politik und deutsche Medien sind eins.»

Ende Zitat.

Der zum bedenkenswerten Fazit kommt, «Westliche Politik und deutsche Medien sind eins», ist kein «Linker», kein «Grüner», kein «Gutmensch». Es ist Gabor Steingart, langjähriger Spiegel-Redaktor, später Chefredaktor des deutschen Handelsblatts und heute einer der Geschäftsführer der Handelsblatt Gruppe. Am 8. August veröffentlichte er ein Essay mit dem bemerkenswerten Titel: Der Irrweg des Westens.

Man darf aufatmen: Auch in Deutschland hat noch eine andere Meinung Platz. Selbst auf höchster Ebene.

Hat diese «andere Meinung» auch in der Schweiz ein Echo gefunden? Ein Blick ins Archiv der Schweizer Medien zeigt: Nur gerade Jacques Pilet im französischsprachigen Nachrichtenmagazin «L’Hebdo» hat Steingart erwähnt (neben Roman Berger auf Infosperber).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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2 Meinungen

  • am 17.08.2014 um 00:21 Uhr
    Permalink

    Peter Scholl-Latour meinte kürzlich, dass ihm die vielen Toten, die er sah, nie Albträume verschafften.
    Was er die letzten Monate von seiner Branche ansehen und anhören musste, hinterliess bei ihm wohl tiefere Spuren.

    Es sei ihm vergönnt, dass er dieses Kapitel, wie dunkel es werden mag, nicht mehr kommentieren muss.
    Einer der auszog, um uns fremde Kriege zu erklären, bleibt ein weiterer Krieg in seiner Heimat erspart.

  • am 17.08.2014 um 02:53 Uhr
    Permalink

    Peter Scholl-Latour:
    Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung.

    Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.

    Interview am 9.3.2014:
    http://www.heise.de/tp/artikel/41/41168/2.html

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