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Bundesrat Berset: Die Margen der Pharmafirmen sind gross genug © zv

Alain Berset widersteht dem Druck der Pharma

upg /  Der SP-Bundesrat bleibt dabei: Die Medikamenten-Preise werden zum Euro-Kurs von 1.29 Franken berechnet – in drei Stufen bis 2014.

Die Pharmaindustrie machte mächtig Druck auf Bundesrat und Parlamentarier, um einen Wechselkurs durchzusetzen, der noch viel höher ist. Doch Bundesrat Alain Berset habe sich durchgesetzt und dem «grossen Tamtam» der Pharmalobby ein Ende gesetzt. Das meldete gestern die Sonntags-Zeitung. Die Branche habe sich «nun still damit abgefunden.»
Die Preise von je einem Drittel der Medikamente, welche die Krankenkassen und damit die Prämienzahler zahlen müssen, werden jährlich vom Bundesamt für Gesundheit BAG neu festgesetzt. Entscheidend für die neuen Preise sind 1) Preisvergleiche mit Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Niederlande und Dänemark und 2) die Wechselkurse.
Bisher galt ein Wechselkurs von 1.55 Franken
Das BAG überprüft alle drei Jahre ein Drittel der Medikamente. Bisher galt ein Euro-Wechselkurs von 1.55 Franken. Um Währungsschwankungen etwas auszugleichen gilt der Durchschnittskurs der letzten zwölf Monate. Auf den so berechneten Preisen gewährte das BAG der Pharmaindustrie bisher noch einen Zuschlag von drei Prozent. Als Folge davon müssten die Preise jetzt zu einem Kurs von 1.24 umgerechnet werden.
Doch letzten März kam Bundesrat Berset der Pharmaindustrie entgegen und bewilligte einen Wechselkurs von 1.29, so lange der offizielle Wechselkurs bei 1.20 verharrt. Begründet wurde das Entgegenkommen mit der abrupten Erstarkung des Frankens.
Von den nicht eingeforderten Wechselkursgewinnen profitieren in erster Linie Pharmakonzerne im Ausland. Denn mehr als zwei Drittel aller Medikamente, welche die Kassen zahlen müssen, werden importiert. Bis heute hat das BAG noch überhaupt keine Währungsgewinne abgeschöpft. Deshalb konnten diese ausländischen Pharmakonzerne bereits weit über eine halbe Milliarde Währungsgewinne einstreichen – ohne dass damit ein einziger Arbeitsplatz in der Schweiz geschaffen worden wäre.
Kurs von 1.55 Franken zum Teil noch bis 2014
Und das Abkassieren kann munter weiter gehen: Dieses Jahr wird nur ein Drittel der Medikamentenpreise auf Basis des Kurses von 1.29 berechnet. Ein weiteres Drittel aller Medikamente müssen die Prämienzahler noch bis 2013 zu einem Wechselkurs von 1.55 zahlen, und ein letztes Drittel sogar noch bis 2014.
Trotzdem versuchten Lobbyist Thomas Cueni und andere Pharma-Vertreter anfänglich mit Erfolg, Parlamentarier einzulullen und mit irreführenden Informationen auf ihre Seite zu ziehen (Infosperber hatte darüber berichtet): Bundesrat Berset sollte gezwungen werden, der Pharma einen noch höheren Wechselkurs zuzugestehen.
Maschinen- und Metallindustrie gegen «Sonderbehandlungen»
Das brachte sogar die Maschinen- und Metallindustrie auf die Palme. Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor beim Maschinen-, Elektro und Metall-Industrieverband Swissmem erklärte, auch Swissmem könnte eine Sonderbehandlung fordern: «Gründe wie Kostenbasis oder die Investititionen in den Standort Schweiz, die die Pharma aufführt, gelten für die Schweizer Maschinen-, Elektro und Metall-Industrie ebenfalls». Kohl wehrte sich gegen «Sonderbehandlungen». Die Swissmem-Mitglieder seien noch stärker von Exporten abhängig als die Pharmaindustrie. Und es seien auch noch viel mehr Arbeitsplätze betroffen als bei der Pharmaindustrie.
Christoph Meier, der neue Direktor des Krankenkassenverbands Santésuisse, hält den von Bundesrat Berset festgesetzten Wechselkurs von 1.29 für «pharmafreundlich».
Die Stiftung für Konsumentenschutz SKS und der Dachverband der Patientenstellen hatten vergeblich gefordert, die Währungsgewinne der Medikamenten-Importeure sofort und nicht erst stufenweise bis 2014 und überdies unvollständig abzuschöpfen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Vertritt die Interessen der Patientinnen und Patienten in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission.

Zum Infosperber-Dossier:

Medikamente_Antibiotika1

Preise von Medikamenten

Medikamente verschlingen jeden vierten Prämienfranken. Warum müssen die Kassen viel mehr zahlen als im Ausland?

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Eine Meinung zu

  • am 23.07.2012 um 20:34 Uhr
    Permalink

    Bundesrat Berset wiedersteht der Pharma nur halb denn er hätte gleich sofort auf die niederste Umrechnungsstufe gehen sollen, das wäre für uns Prämenzahler besser gewesen, dann müssten wir nicht noch warten bis 2014. In der Zeit verdient die Pharmaindustrie sich dumm und dämlich und bei uns steigen dabei die Prämen immer weiter an.

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