Kommentar

Euro: Die Dämme brechen

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine. René Zeyer, ist Autor des Bestsellers «Bank, Banker, Bankrott». Er arbeitete als Journalist für den ©

René Zeyer /  Griechenland steht wie vor zwei Jahren vor dem Abgrund. Nur wird der Sturz heute viel tiefer sein, als er damals gewesen wäre.

In den noch wenigen Jahren ihrer Existenz haben der Euro und die europäischen Rettungsschirme einen Schaden angerichtet, den man sonst nur mit Flächenbombardements hinkriegt. Dabei kommt das dicke Ende erst noch.

Momentaufnahme

Nehmen wir den soweit normalen Montag, 23. Juli 2012. Börsenabstürze (der deutsche Dax minus 3,2 Prozent, die Börse in Athen minus 7 Prozent). In Spanien fordern die ersten Provinzen finanzielle Nothilfe vom Staat. Bankaktien kommen weltweit unter Druck, das UBS-Papier ist mal wieder weniger als 10 Franken wert. In Italien ist es fraglich, ob im Süden einige Schulen nach den Sommerferien wieder eröffnet werden können – Geldmangel.

Und Deutschland bekommt Geld dafür, dass es Geld aufnimmt, während 10-jährige spanische Staatsschuldpapiere auf mörderische Zinssätze von über 7,5 Prozent steigen. Griechenland wird es nicht über den Sommer schaffen, wenn nicht subito weitere Zusatzmilliarden Nothilfe gewährt werden. Was endlich immerhin fraglich ist.

Also eigentlich ein ganz gewöhnlicher Wochentag nach dem nun aber allerletzten Krisengipfel, der nach bedauerlichen Fehlschlägen seiner Vorgänger grundsätzlich und für mindestens die nächsten fünf Jahre alle Probleme aus der Welt geräumt hat. Ein ganz gewöhnlicher Montag nach einem Freitag, an dem ein neues Rettungspaket von immerhin 100 Milliarden Euro auf den Weg gebracht wurde, das ja wirklich mehr als ausreichend war, um wenigstens Spanien wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Schamlosigkeit

Das alles ist das Resultat einer wohl inzwischen historisch einmaligen Unfähigkeit der Regierenden. In unheiliger Allianz mit dem Finanzsektor, also mit der Vereinigung der wichtigsten Grossbanken, haben sie Privatschulden vergesellschaftet, Staatsschulden europäisiert und mit einer unüberblickbaren Anzahl von Wortbrüchen das Vertrauen ihrer Untertanen weitgehend verspielt. Wie das Amen in der Kirche folgen die nächsten Katastrophen nach inzwischen 19 Krisengipfeln in zweieinhalb Jahren, vom ESM und ingeniösen weiteren Rettungspaketen ganz zu schweigen.

Aber eins muss man den Eurokraten lassen, an Schamlosigkeit sind sie nicht zu überbieten. Unerschütterlich verkünden sie mitten im absaufenden Euroland, dass sie alles im Griff hätten, ihre Politik weiterhin alternativlos sei und sowieso das Merkel-Unwort gelte: Fällt der Euro, fällt Europa. Dabei ist es sonnenklar: Europa fällt über den Euro.

Plan B?

Von Staatenlenkern könnte man ja zumindest erwarten, dass sie allenfalls auch einen Plan B zur Hand hätten, wenn Plan A offensichtlich und mit Anlauf und völlig vorhersehbar in einem krachenden Desaster endet. Zitieren wir dazu den Wirtschaftsminister des stärksten Eurolands, Philipp Rösler: «Für mich hat ein Austritt Griechenlands längst seinen Schrecken verloren.» So spricht das Mitglied einer Regierung, die noch bis gestern der alternativlosen Gewissheit war, dass Griechenland niemals aus dem Euro oder der EU aussteigen wird. Einer Regierung, die ein Rettungspaket nach dem anderen durch den deutschen Bundestag jagte. Einer Regierung, die bis heute keinen Plan B hat, wie sie, mit oder ohne Schrecken, mit einem Ausscheiden Griechenlands umgehen will.

Plan U?

Heisst der Plan der Eurokraten in Wirklichkeit U für Unfähigkeit oder U für Untergang? Es mag paradox klingen, aber beim Anrichten eines Schlamassels von solchen monströsen Dimensionen sind Zweifel daran erlaubt, ob man das lediglich mit unvorstellbarer Unfähigkeit hinkriegt. Könnte es nicht sein, dass in den geheimen Sitzungssälen, bei den abhörsicheren Videokonferenzen unter den Staatenlenkern langsam eine Stimmung herrscht wie bei den letzten Lagesprechungen im Führerbunker zu Berlin?

Statt über nicht existierende Ersatzheere und die Gewissheit des Endsiegs wird heute einfach über nicht existierende Rettungsmilliarden und die Sicherheit der endgültigen Rettung der Eurozone schwadroniert. Während alle Beteiligten wissen, dass sie Fantasmen nachjagen, während die finanziellen Einschläge immer näher kommen. Leider gibt es aber einen gravierenden Unterschied beim Ende.

Haftungslos und verantwortungslos

Schreckensszenarien wie der Untergang der Staatsmacht als gesellschaftliche Ordnungskraft, Aufruhr, Hungermärsche, militanter Protest, Faustrecht, rechtsfreie Räume sind ja keine Zukunftsfantasien mehr, sondern gehören in Griechenland, Spanien und Teilen Italiens bereits zum Alltag. Und das ist erst der Anfang, wo das alles enden wird, ist nicht absehbar. Eines ist aber klar: Restlos alle, die dafür Verantwortung zu übernehmen hätten, in erster Linie die Regierenden und die bedeutendsten Vertreter des Bankensektors, werden haftungslos und ungestraft davonkommen. Ausser, der Mob lyncht sie auf den Strassen. Auch das ist nicht länger ausgeschlossen.
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Dieser Beitrag erschien zuerst auf Journal21.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. René Zeyer, ist Autor des Bestsellers «Bank, Banker, Bankrott». Er arbeitete als Journalist für den «Stern», «Geo», «FAZ», «Das Magazin», «Schweizer Illustrierte» und war mehrere Jahre Auslandkorrespondent der «Neuen Zürcher Zeitung». Als langjähriger Kommunikationsberater in der Finanzbranche gehört er zu den Insidern. Zeyer lebt in Zürich.

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Euro- und Währungskrise

Noch mehr Geldspritzen und Schulden bringen die Wirtschaft nicht mehr zum Wachsen. Sie führen zum Kollaps.

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14 Meinungen

  • am 24.07.2012 um 23:59 Uhr
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    Ratlos. Was Herr Zeyer hier geschrieben hat, macht betroffen. Man ist geneigt, abwehrend beizufügen: ’stark übertrieben›. Er begründet aber seine Szenarien, illustriert sie und stellt Zusammenhänge her, nicht nur in diesem einen Beitrag. Zeyer sei Dank, dass er so fundiert und klar berichtet und kommentiert und einen trüben Blick in die Zukunft erlaubt.

    Aber was nun? Was ist unsere Aufgabe als einfaches Stimmvolk? An einem schönen Sommerabend Strategien ausdenken mit Nachbarn und Freunden beim Bräteln an der untergehenden Sonne? Eine Alternative, statt über Olympia zu debattieren? Ja wirklich, wir hätten Wichtigers zu besprechen, als über Sport, was letztlich nur ablenkt vom Wesentlichen. Wer macht den Anfang und lädt seine Nachbarn zum politschen Straegie-Talk ein?

  • am 26.07.2012 um 01:00 Uhr
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    Seien wir ehrlich, alle diese Herren sind hoffnungslos überfordert und haben keine Ahnung wie es weiter gehen soll ! Die schmeissen verzweifelt mit Milliarden um sich wie mit Konfetti … so was von unseriös !

    Brüssel wurde als die Immer-Gebende-Milchkuh betrachtet und dementsprechend gemolken bis sie nichts mehr hergab. Es musste ja so kommen, zu gross und zu gierig das Nehmer Gebiet, zu knapp und zu Naiv das Geber Umfeld, zu gutgläubig die Kriterien und die Kontrollen, Fehlanzeige …

    Mein einfaches aber effizientes Rezept. Das ganze Europa Desastergebilde wird wieder zerschlagen, – es hat sich ja nicht bewährt -, und jedes Land soll sich wieder um sich selbst «kümmern".
    Die Schweiz und ihre Kantone machen es ja vor wie es gehen sollte.

    Allerdings würde etwas Nachhilfe in Ethik und Moral in gewisse Länder nicht schaden …

  • am 30.07.2012 um 12:53 Uhr
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    All diese grandiosen Analysen kranken am entscheidenden Punkt, den sie nicht beantworten können : Was ist die Alternative zum Euro? – Es gibt keine. Ein Rückzug in nationale Klein- und Kleinstwährungen wäre eine Scheinlösung. Dann hiesse der neue Euro «DM» – und das wollen nicht mal die Deutschen. Das ist der entscheidende Grund, warum weder die EU noch die Eurozone auseinanderbrechen werden. Ausserdem gibt es in keinem einzigen Land eine qualifizierte Mehrheit für einen Austritt, und es ist auch keine absehbar.

    Diese Grundbedingung kommt in den Überlegungen der Grossökonomen nicht vor. Daher: Vorsicht bei deren Analysen. Wenn die Grundannahme falsch ist, ist auch alles andere falsch.

  • am 30.07.2012 um 16:48 Uhr
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    Der Beitrag von Fred David ist bedenkenswert. Schade nur,dass er seine Meinungen nicht belegt. Unbelegte Meinungen sind blosse Behauptungen, und die sind nahezu wertlos, wenn die breit abgestützten Begründungen fehlen. Gerne würde ich von ihm seine Begründungen, seine erweiterte Analyse, seine verifizierten Hypothesen lesen.

  • am 30.07.2012 um 18:51 Uhr
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    @) Hans Roggwiler: Ich kann nicht belegen, dass weder EU noch die Eurozone zusammenbrechen werden, genauso wenig, wie das Gegenteil belegbar ist.

    Aber ich kann rationale Überlegungen anstellen. Der Kernpunkt: Es gibt keine realistische Alternative. Ohne Euro würde eine nationale Währung den Lead in Europa übernehmen, und das wäre ohne jeden Zweifel die alte «DM".

    Der Aufwertungsdruck auf die DM wäre mörderisch und verlangte von Deutschland einen rigorosen politischen Führungsanspruch, den die Deutschen nicht anstreben und den vor allem die übrigen Europäer nicht akzeptieren würden.Die Folge wäre ein Chaos mit unabsehbaren Folgen.

    Darum werden weder die EU noch die Eurozone zusammenbrechen.Mit jeder Garantie nicht. Trotz aller Schwierigkeiten hat sich die EU in den letzten 20 Jahren den radikalen Veränderungen mit beeindruckender Felixibilität anzupassen gewusst (s. Zusammenbruch des Ostblocks etc.). Das wird auch diesmal der Fall sein, eben: Weil es keine Alternative gibt.

    Das ist den Völkern Europas bewusst. Die Erfahrungen der Katastrophe des 2.Weltkriegs hindern sie an selbstmörderischen Alleingängen. Die EU ist zum Erfolg verdammt – und mit ihr der Euro.

    Manchmal ist es sehr hilfreich, sich neben der Oekonomie auch mit der europäischen Geschichte näher zu befassen.

  • am 30.07.2012 um 22:10 Uhr
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    Wie angetönt, ich schätze die Ueberlegungen von Fred David. Und ich pflichte ihm bei, dass die nötigen Antworten auf die Fragen nach Bestand und Zukunft unserer Zivilisation nicht alleine von der Oekonomie kommen bzw. kommen dürfen. Aber Sie kennen das Wort auch: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Zuerst möchten die Leute einen vollen Magen und erst dann wenden sie sich der Seele und dem Geist zu. Neben dem rein Rationalen wirken eben auch die Emotionen. Und da können allein das Imponiergehabe, das Geltungsbedürfnis, die Rampengeilheit usw. der Politiker, der entscheidenden Entscheidungsträger auf höchster Ebene – die Rede ist von Hollande, Merkel, Cameron, Monti usw. – verhindern, die von Ihnen voller Zuversicht herbeigewünschten rationalen Lösungen zu realisieren.

    Vielleicht sollten wir die "Lösungen" nicht allzu sehr den genannten Politikern selber überlassen. Wir sollten uns einmischen. Das bedeutet, sich für die Förderung des Bewusstseins einzusetzen. Lehrer der Oberstufe und der Gymnasien nähmen da eine Schlüsselrolle ein. Und es geht darum, Gleichgesinnte zu finden, der Solidarität entgegen zu gehen. Menschen, die aktiv Lösungen, demokratisch abgestützt, dieser Fragen finden möchten, und nicht solche Leute, die der Oberschicht nacheifern und diese bestaunen. Ein Paradigmenwechsel wäre angesagt. Derjenige, der – nehmen wir mal an – mehr als 10 mal mehr an Einkommen hereinnimt, als der landläufig tiefste Lohn von – auch angenommenen 36 000 Franken, wird nicht länger als Ehrenmann, sondern als Krimineller betrachtet, weil er soviel Geld schlicht nicht "verdienen" kann, sondern diese Beträge zu Lasten anderer hemmungslos "abzockt". Aber diese Gedanken sind nur ein Seitenzweig vom Entwurf des Autors, der uns zwar ein Szenario schilderte, das letzlich aber auch "soziale Unrast" – um es zurückhaltend zu formulieren, beinhaltet.

  • am 31.07.2012 um 03:19 Uhr
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    Klar könnte das (Fehl)Konstrukt EU mit dem Euro bestehen bleiben aber nur mit ständiger Subventionierung (bzw. Opfer) seitens der starken Länder.
    Eine Art «Dauer-Soli“, wie es in der BRD für die ex-DDR nach dem Mauerfall eingerichtet wurde, müsste ins Leben gerufen werden.
    Entrichten müsste man diesen „Dauerobolus“ für die nächsten 50 Jahre mindestens, und zwar bis alle schwache Länder „aufgeholt“ haben.
    Kurz gesagt: Ein Fass ohne Boden!

  • am 31.07.2012 um 11:04 Uhr
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    Die Krankheit des Euro hat viele Ursachen. Dass er ein Fass ohne Boden ist, stimmt nur dann, wenn nicht endlich Gegenmassnahmen getroffen werden. An zwei Ursachen sei hier erinnert.
    1. Die L�nderhaushalte werden individuell gef�hrt, der Euro ist aber �ber die L�nder hinaus wirksam. Logische Folge: Um den Euro zu halten, muss ein europaweiter Haushalt gef�hrt werden. Das bedeutet, dass die Finanzkompetenz der L�nder eingeschr�nkt w�rde. Die EU hat sich durch die rasche Erweiterung m�glicherweise
    verschluckt. Die wirtschaftlichen Gef�lle und die Mentalit�tsunterschiede zwischen Ost und West, Nord und S�d sind m�glicherweise zu gross.
    2. In Deutschland wird zu tiefen L�hnen zu viel produziert und �berschwemmt auch die s�dlichen L�nder mit technologisch hochstehenden Produkten. Deutschland vermochte der Offensive aus China mit Dumpingl�hnen und Hochtechnologie zu trotzen, die s�dlichen L�nder verm�gen das mangels weitgehend fehlender handwerklicher Berufsbildung nicht. L�nder mit Handelsbilanz�bersch�ssen wie Deutschland  und die Schweiz geh�rt leider auch dazu  geh�ren abgestraft, denn sie nehmen anderen L�ndern die Arbeit weg. Es ist leider so, wer in der G�terproduktion zu fleissig ist, schadet der Menschheit. Die Arbeitszeitverk�rzung um 20 % i produzierenden und logistischen Bereichen w�re sofort einzuf�hren. Hier w�re anzusetzen. Die L�nder m�ssten eine ausgeglichene Handelsbilanz anstreben. Und in Deutschland sind massive Streiks f�r h�here L�hne angesagt. Der Mittelstand und die Unterschicht sollten sich nicht weiter auspl�ndern lassen. Einfach zu warten, weil infolge der Teuerung in China die Arbeitspl�tze von dort in vielleicht zwanzig Jahren wieder zur�ck kommen, gen�gt nicht.
    Es w�re an uns, auf unsere stets erst sp�t agierenden Politiker einzuwirken. Die Amtszeitbeschr�nkung w�re ein Mittel dazu, denn der Mensch neigt dazu, sich bei hoher Gage saturiert zur�ck zu lehnen, statt seine Arbeit zu tun. Wer eine Schl�sselstellung inne hat und schl�ft, sch�digt die Allgemeinheit. Und wenn die Macht anonymisiert ist, wie in Parlamenten das zum Teil der Fall ist, sind kaum brauchbare L�sungen innert Frist zu erwarten. (Weil die Verantwortung kaum konkrete Namen hat, ausser man jagt gleich das ganze Parlament aus ihren Sitzen).
    Wir als W�hlende sollten aufmerksamer sein und den Parteien, welche die Herrschaftsverh�ltnisse zementieren, unsere Stimme nicht mehr geben. Man m�ge einmal schauen, welche Parteiprotagonisten diese Herrschaftsstrukturen erhalten m�chten: die SVP mit den NRen Kaufmann, M�rgeli und Heer, die CVP mit St�nderat Pirmin Bischof und NR Pfister in Zug, die FDP mit Gabi Huber aus Uri und Doris Fiala aus Z�rich, die GLP insbesondere mit NR B�umle aus D�bendorf, demjenigen, der in Diskussionen immer recht hat. Es ist nun mal eine Tatsache, es ist die SP, welche sich tatkr�ftig f�r eine Remedur einsetzt, aber leider nur �ber eine Stimmkraft von ca. 19 % vrf�gt. Das w�re zu �ndern. Die in Wirtschaftsfragen aktive Susanne Leutenegger w�re weiterhin stark zu unterst�tzen, zusammen mit der ganzen Partei. NR-Wahlen sind wieder im Jahre 2015. Man m�ge sich vorbereiten und die Zeitungen lesen.

  • am 31.07.2012 um 13:27 Uhr
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    @ Hans Roggwiler
    Die EU hat sich nicht nur "verschluckt" sondern auch noch verstiegen!

    Wo ich Ihnen recht gebe ist wenn Sie sagen: "Die wirtschaftlichen Gefälle und die Mentalitätsunterschiede zwischen Ost und West, Nord und Süd sind möglicherweise zu gross" – nicht nur möglicherweise, sie sind es doch!
    Ich bin überzeugt, dass es schon damals kluge Köpfe gab, die dies erkannt haben, aber es wurde in Kauf genommen als Opfer für eine (grossartige?) Idee.
    Es wurde in Kauf genommen dass für Generationen in vielen Ländern das Volk zu leiden haben wird.
    Dies ist doch linkes Gedankengut oder nicht? Lasten umverteilen, wo es nur geht. Ein Paar Leute wollten sich halt ein Denkmal setzen lassen.

    Sie sagen: … "die SP, welche sich tatkräftig für eine Remedur einsetzt .."
    Das löst bei mir nur Kopfschütteln aus; nix da mit SP, die Linken konnten nie vernünftig mit Finanzen umgehen, dies ist ja hinlänglich bekannt. Was sie gut können, ist das Geld der anderen umzulenken, was aber nicht immer mit Effizienz geschieht!

    Erinnern wir uns: Als erster verletzte damals Finanzminister Eichel (Kavallerist der SPD), in der BRD die Maastricht Kriterien! Das war ein gutes Beispiel für alle andere EU Länder, die sich danach (auch) hielten …
    Die "Schuldenäufner" sind europaweit leider in den linken Parteien zu finden.
    Die haben den Staatsapparat ins Unermessliche (Griechenland, Italien), aufgebläht, beinahe mehr Beamte als Bürger produziert, Pensionierungen ab 48 eingeführt, die Arbeitswoche auf 30 Stunden reduziert, Renten an jedem der eine wollte grosszügig erteilt; alles nur, um sich so Stimmen zu erkaufen. Ist das eine seriöse "Remedur", die auch für die CH geeignet wäre ?

    Dass unser Land sich so "absetzen" konnte von all diesen negativen Trends ist unseren bürgerlichen Parteien zu verdanken, Parteien die eine gewisse "Ur-Vernunft" versuchen zu bewahren, zu leben und (Gott sei Dank), zu verteidigen !

  • am 31.07.2012 um 14:31 Uhr
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    Wenn wir uns nun gegenseitig die Vorzüge resp. die Nachteile von ‚rechts‘ und ‚links‘ nahe bringen wollen, dann geraten wir ins Abseits der vom Autor ursprünglich erwähnten Problematik. Ich vertraue aber darauf, dass Sie Ihre Meinung gegenüber der SP zu ändern vermögen, wenn Sie bei Ihrer künftigen Zeitungslektüre (die Weltwoche mal ausgenommen) darauf achten, wer sich für das gesellschaftliche Gemeinwohl, die Schwachen, die Unterschicht und den Mittelstand einsetzt, wer also der Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen möchte.
    Der Kavallerist war der Peer Steinbrück, der als erster in Deutschland von der Regierung aus sich dagegen wehrte, dass die hiesigen Banken mit ihrem kriminellen Geschäftsmodell Steuerschlupflöcher anbieten. Aber es stimmt. In der Regierung Schröder hat Eichel dazu beigetragen, dass die Restriktionen gegen die Finanzakrobatik gelockert worden sind, und schon kurz darauf gerieten einige Landesbanken in der BRD ins Trudeln, weil sie sich verspekuliert hatten, indem sie der Profitmaximierung wegen Milliardenbeträge in die USA sandten und dort verlochten. Das waren keine Linke, sondern bürgerlich gesinnte Banker.
    Wo man mit 48 pensioniert wird und nur 30 Stunden pro Woche bei einem Lohn, der den Lebensunterhalt garantiert, arbeiten muss, ist mir nicht bekannt. In Italien war Berlusconi seit 1994 bis 2011 während 10 Jahren Regierungschef. In dieser Zeit verschuldete sich der Staat in unermessliche Höhe, was ihn heute als gebrechlich erscheinen lässt. Berlusconi ist aber kein Linker.
    Aber es stimmt schon, die Linke wird sich vom Kapitalismus weiter entflechten müssen. Dies gilt insbesondere für die Thematik der Pensionskassen. Sie wird zu erkennen haben, dass auf Grund der Schulden kein stabiles Haus gebaut werden kann. Das hat sie den Finanzhaien leider abgeschaut. Aber das kann man ja wieder ändern, wenn Sie mit Ihrer SP-Kritik konstruktiv mithelfen.

  • am 31.07.2012 um 14:32 Uhr
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    @) Carmey Bruderer: Sie sehen das viel zu ideologisch. Europa ist doch kein «linkes» Projekt! Europa ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der sich laufend weiterentwickelt, und zwar erstaunlich flexibel, wie die letzten 60 Jahre zeigen. Wenn man das mal begriffen hat, hat man viel von dem begriffen, was derzeit abläuft – und welche enormen Fortschritte (inkl. Rückschlägen!) auf allen Ebenen damit verbunden sind.

    Im übrigen: die Nord-Süd-Unterschiede in der Schweiz waren im 19.Jahrhundert, bei der Staatsgründung, nicht geringer. Das Tessin war eine verelendete Gegend, augewrungen von den ehemaligen «Kolonialmächten» jenseits der Alpen. Appenzell Innerhoden lag in der Entwicklung um mindestens 100 Jahren hinter Zürich und Bern zurück usw. usw.

    Europa hat schon ganz andere Krise hinter sich gebracht (allerdings wirklich nicht immer mit Bravour). Es gibt zwar keine europäische Identität, aber ein Grundverständnis, dass ein «Alleingang» und der Rückzug in die Kleinstaaterei in einer globalisierten Welt eine gefährliche Illusion ist, was ja auch für die Schweiz zutrifft, die faktisch am Rockzipfel der EU-hängt – aber mit verschlossenen Augen, entsprechend dem Kinderspruch: «Gäll, gsiesch mi nöd".

  • am 31.07.2012 um 17:39 Uhr
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    @Hans Roggwiler

    Sie haben recht, wir sollten diese Seite nicht für unsere "Glaubens-Kämpfe" missbrauchen! Ich reagiere halt allergisch auf … zu "kräftige" unrealistische Einstellungen. Es waren schon immer (leider) die ideologische und religiöse Sturheit, die auf der Welt zu verheerende Kriege geführt haben … und immer noch führen, dies sollten wir nie vergessen.

    … ein grober Fehler von mir, es war P. Steinbrück unser berittener und giftelnder Angreifer… Asche auf mein Haupt.

    Nun, stellen Sie sich vor, die CH wäre ein linker Staat wie traditionell es Italien (abwechselnd mit der DC) immer war (Berlusconi konnte nicht alles abschaffen, was die Linke dort längst eingerichtet hatte, bzw. das grassierende Beamtentum das von "nicht arbeitenden Beamten" besetzt war – und noch ist -, die Korruption, die falsche Rentner, die Mafia, usw.; sind Sie wirklich davon überzeugt, dass es ein Muster für die Schweiz wäre und es dann hier besser wäre?

    Ich gehe nicht soweit, dass ich sage, man sollte das linke Gedankengut abschaffen, ganz im Gegenteil, nur interessant ist es schon wie oft ein engagierter Linke nach erlangtem Erfolg plötzlich zum … Geniesser wird.
    Beispiel: Schröder längst stiller Millionär durch Putins Ölkonzerne … oder unser Turnschuh-Freund Fischer, wohl genährt meist in den USA unterwegs, oder hier bei uns, unser Leuenberger, der bei der Implenia seine, bestimmt nicht allzu klein bemessenen, Batzeli verdient !
    Übrigens rannte dieser, es ist nicht allzu lange her, in Zürich nicht mit den roten Mao Büchlein unter dem Arm geklemmt, herum ?

    OK, alles Einzelfälle, aber dadurch leidet die Glaubwürdigkeit der Wasser-Prediger.
    So ist doch der Mensch gestrickt, jeder strebt nach etwas Wohlstand, ich werde die SP erst ernst nehmen wenn sie sich vom Grundsatz … "Abschaffung des Kapitalismus" gelöst hat.
    Und noch etwas, "das mit den Banken" finde ich genauso skandalös … und hierzu würde ich vorerst mal die Abzocker-Initiative (und dazu ein vollständig revidiertes Aktienrecht) sofort an der Urne annehmen !

  • am 31.07.2012 um 22:02 Uhr
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    @Fred David

    Ideologisch ? Im Gegenteil ich würde alle diese Starre Denkmuster abschaffen, es teilt uns nur und bringt Streit.
    Schon eher würde ich es gerne sehen wenn die Menschheit mehr von „Vernunft-Ethik und Moral“ gelenkt würde, wobei auch Religionen, wenn sie schädliche Dogmen verbreiten, zu verbieten wären …
    Aber davon sind wir ja noch weit entfernt !

    Europa, auf dem Papier bestimmt eine gute Idee, aber so wie es umgesetzt wurde, … wem hat es eigentlich genutzt, wo sind die Menschen die dadurch glücklicher geworden sind ?
    Das Ziel jeder menschliche Tätigkeit ist eine Verbesserung zu erreichen. Also wo ist diese geblieben, und warum müssen nun plötzlich alle Opfer bringen, für was und für wen, wohin geht das „geopferte Gut“ ?
    Zu viele unbeantwortete Fragen lassen mich immer noch an Europa zweifeln, leider !

    Das Tessin hat sich „organisch“ entwickelt. Ich bin der Meinung jede Veränderung soll spontan und von innen heraus geschehen, ohne fremde Hilfe, es dauert länger aber es bringt nicht alles durcheinander. Ausbildung und Hilfe zur Selbsthilfe in bescheidenem Rahmen ist möglich, aber sonst … alle Einmischungen enden unweigerlich in Ausbeutung !
    Wir haben’s ja in Afrika gesehen. Und die permanente Entwicklungshilfe hat seit Jahrzehnte nur Geld verbrannt und doch nichts gebracht, der zustand dort unten ist immer noch wie vor 50 Jahre …

  • am 2.08.2012 um 11:07 Uhr
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    Zum Thema: In einer jüngsten Umfrage wollen 27 % der Franzosen aus dem Euro aussteigen ud den Franc zurück haben. Ein Jahr zuvor waren es noch 37%. Das heisst: Es stellen sich immer mehr Menschen konkret die rge: Was ist denn überhaupt die realistische Alternative zum Euro? Bis jetzt ist kene erkennbar.

    Es ist falsch – was viele Schweizer tun – auf den Zusammenbruch des Euro zu spekulieren, in der Meinung, dann wäre das ganze EU/Euro-Thema für die Schweiz endlich erledigt.

    Das ist Wolkendenken, Verdrängung von Realitäten. Die Schweiz muss sich mit Europa auf «erwachsene Art» auseinandersetzen, wie das z.B. hier auf Infosperber geschieht, obwohl die Beteiligten widersprechende Positionen verteten. Gerade dies ist Bestandteil einer Debatte. Und sie müsste öffentlich und auf einem intellektuellen Niveau geführt werden, wie es einem «erwachsenen» Land entspricht, was aber nicht der Fall ist.

    Ich teile z.B. René Zeyers Einschätzung nicht, aber er gibt – wie auch die andern Teilnehmer dieser Runde hier – ein Niveau vor, wo sich eine Debatte lohnt. Das ist selten.

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