close up of fast food snacks and drink on table

Die bekanntesten ultra-verarbeiteten Lebensmittel sind Burger, Tiefkühlpizza und Snacks. Tatsächlich ist die Hälfte der Lebensmittel im Supermarkt mittlerweile hochverarbeitet – und ungesund. © Depositphotos

Gefährliche Kost – was Hochverarbeitetes mit dem Körper macht

Daniela Gschweng /  Die weltweit erste Übersichtsstudie bringt hochverarbeitete Lebensmittel mit 32 Krankheitsbildern in Verbindung.

Mikrowellengerichte, Fertigpizzas, Donuts, Softdrinks und Fertigsnacks, sogar Müesli – viele Lebensmittel sind speziell verarbeitet und mit Zusatzstoffen versehen. Die so aufgepeppte Nahrung soll dadurch mehr Volumen bekommen, ansprechender aussehen, intensiver schmecken, länger halten und sich einfacher verarbeiten lassen.

Auf Kosten der Gesundheit. Hoch- oder ultraverarbeitete Lebensmittel können krank machen. Wie krank, stellte die weltweit erste Übersichtsstudie zu ultra-verarbeiteten Lebensmitteln (ultra-processed Food, UPF) gerade einmal mehr fest. Forschende mehrerer Forschungsinstitutionen haben darin so viele bestehende Studien zusammengefasst wie möglich. Insgesamt analysierten sie Daten von mehr als 10 Millionen Personen.

Herzkrankheiten, Krebs und Angstzustände – was UPFs mit dem Körper machen

Sie fanden direkte Zusammenhänge zwischen dem Konsum ultraverarbeiteter Lebensmittel und «32 Gesundheitsparametern, die Sterblichkeit, Krebs sowie psychische, respiratorische, kardiovaskuläre, gastrointestinale und metabolische Gesundheitsergebnisse umfassen», so die im Fachmagazin «The BMJ» veröffentlichte Analyse.

Wer viel Hochverarbeitetes isst, leidet also häufiger an Herz-Kreislauf-Krankheiten, stirbt tendenziell früher, hat häufiger Krebs und etwas häufiger Diabetes. Auch psychisch geht es Fast-Food-Fans weniger gut. Sie schlafen schlechter und haben häufiger Angstzustände.

«Überzeugende Beweise zeigten, dass eine höhere UPF-Aufnahme mit einem etwa 50 Prozent höheren Risiko für kardiovaskulär bedingte Todesfälle, einem 48 bis 53 Prozent höheren Risiko für Angstzustände und allgemeine psychische Störungen sowie einem 12 Prozent höheren Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden war», fasst der «Guardian» die Ergebnisse zusammen.

Eine Ernährung, die reich an ultra-verarbeiteten Lebensmitteln ist, ist also mit deutlichen Gesundheitsrisiken verbunden. Warum das so ist, ist nur teilweise geklärt. Ursache und Wirkung lassen sich bei Lebensmittelinhaltsstoffen nur teilweise in Zusammenhang bringen, was an der Studie auch kritisiert wird.

Die Wirkung einzelner Stoffe ist oft nicht klar nachvollziehbar

Zwei Beispiele: Dass zuckerhaltige Produkte, die kaum Ballaststoffe enthalten, den Blutzuckerspiegel sprunghaft erhöhen, ist beispielsweise nachvollziehbar, aber keine Krankheit. Auf Dauer können häufige «Blutzucker-Turbos» aber Diabetes auslösen.

Süssstoffe wie Saccharin und Sucralose andererseits können die Darmflora verändern und zu einem Reizdarm führen. Langfristig können solche Änderungen Darmkrebs oder die Autoimmunkrankheit Morbus Crohn auslösen.

Generell lassen sich bei Menschen, die viel Hochverarbeitetes konsumieren, höhere Entzündungswerte im Blut beobachten. Das begünstigt mehrere Krankheiten.

Ein ganzer Katalog an potenziell Ungesundem

Hochverarbeitete Lebensmittel enthalten normalerweise eine ganze Reihe Zusatz- und Farbstoffe, Emulgatoren und Aromen. Dazu kommen ungesunde Fette, zu viel Zucker, zu viel Salz sowie Stoffe, die bei der Zubereitung entstehen können, wie Acrylamid. Und obendrauf Chemikalien aus der Verpackung, die ebenfalls gesundheitsschädlich sein können.

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Vom Apfel bis zur Glace: Die NOVA-Klassifikation teilt Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad in vier Gruppen ein.

Oft keine «kleine Sünde»

Die Länge der Zutatenliste wird deshalb oft als Merkmal von Hochverarbeitetem angeführt. Merksätze wie «Iss nichts, was deine Grossmutter nicht als Lebensmittel angesehen hätte», «wenn mehr als drei Dinge draufstehen, die Sie nicht verstehen, kaufen Sie es nicht» oder «mehr als zehn [Zutaten] – lass es stehn», kennt wahrscheinlich jeder. Dabei geht es nicht um ein gelegentliches Gummibärchen. Etwa die Hälfte aller Produkte im Lebensmittelhandel gelten als hochverarbeitet.

Besonders viele hochverarbeitete Lebensmittel konsumieren weltweit Menschen, die wenig Geld und wenig Zeit haben. Eine ausgewogene Ernährung sei für Geringstverdiener gar nicht bezahlbar, rechnete die Heinrich-Böll-Stiftung im Ernährungsatlas 2021 vor. In Ländern wie Deutschland, Grossbritannien, Kanada und den USA machen UPFs rund die Hälfte der Energiezufuhr aus.

Forschende sprechen sich für Regulierung von UPF aus

Die Übersichtsstudie in «The BMJ» füge sich ein in eine grosse Anzahl vorangehender Arbeiten, die hochverarbeitete Lebensmittel eindeutig mit gesundheitsschädlichen Folgen in Verbindung brächten, sagt Chris van Tulleken, TV-Arzt, ausserordentlicher Professor am University College London und einer der weltweit führenden UPF-Experten, gegenüber dem «Guardian».

Hochverarbeitete Lebensmittel müssten reguliert werden wie Tabak, findet der Wissenschaftler. Auch die Autor:innen der Studie unterstreichen die Wichtigkeit von Massnahmen, die den Verzehr von HPF reduzieren können.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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2 Meinungen

  • am 2.04.2024 um 23:04 Uhr
    Permalink

    Das ist wieder mal so eine von den vielen beliebigen Metastudien, in die man alles Mögliche hinein interpretieren kann (wenn man nur die Datenbasis geschickt genug wählt, und danach die richtigen Fragen stellt). Hier meine Version:
    Die Befindlichkeiten korrelieren mit einem fremdbestimmten Lebenswandel (z.B. zu kurze Mittagspause, oder mit einer generellen Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation) und die korrelieren mit fehlenden Koch-Künsten (nie richtig kochen gelernt). Und wieso Geringverdiener sich nicht gesund ernähren können sollen, das erhellt sich auch nicht – sind doch frische Lebensmittel preisgünstiger als UPF (pro Kilo wie auch pro Kalorie gerechnet). Ich weiss ja nicht, aber die angesprochene Regulierung sollte vielleicht sein, dass jedermann (Jungs wie Mädels) in der Schule ordentlich kochen lernt.

  • am 3.04.2024 um 11:35 Uhr
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    Details der Studie kenne ich zwar nicht, doch bleibt zu vermuten, dass die Gruppe der UPF Verzehrer
    allgemein auch eher einen ungesunderen Lebensstil führen (wie bsw.Bewegungsarmut, Schlafarmut, Rauchen und/oder übermäßigenführen Alkoholgenuss ) und die in dieser Studie veröffentlichten Daten erheblich davon beeinflusst sind.

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