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Hochverarbeitetes wie Burger, Pommes und Chips ist nicht sehr gesund. © Jonathan Borba, Unsplash

Wer viel Junkfood isst, bekommt häufiger Krebs

Daniela Gschweng /  Hochverarbeitetes Essen erhöht das Krebsrisiko, fand eine Langzeituntersuchung. Bei einigen Krebsarten trifft das besonders zu.

Nach der Arbeit noch schnell ein Fertiggericht in die Mikrowelle schieben, danach mit einer Packung Chips aufs Sofa. Wem Zeit und Energie zum Kochen fehlen, der greift gerne zu industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie Snacks, Softdrinks oder Fertiggerichten. An manchen Tagen geht es nicht anders oder es ist sogar ganz angenehm.

Gesund gegessen ist das nicht, das weiss fast jeder. Zur Gewohnheit werden sollte es nicht. Denn wer mehr Hochverarbeitetes iss, bekommt später eher Krebs, das konnten Forschende nun nachverfolgen.

Grosse Untersuchung mit 200’000 Erwachsenen

In einer grossen Studie in Grossbritannien wurden dafür die Daten von fast 200’000 Personen im Alter von 40 bis 69 Jahren untersucht. Diese haben dafür zwischen 2009 und 2012 insgesamt fünfmal ihren Lebensmittelkonsum einen Tag lang bis zum letzten Krümel aufgezeichnet. Forschende verglichen zehn Jahre später ihre Ernährungsgewohnheiten mit den inzwischen aufgetretenen Krebserkrankungen und Todesfällen.

Der Zusammenhang mit dem Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel sei deutlich, schreiben sie in der am 28. Februar im Fachmagazin «The Lancet» veröffentlichten Studie.

Insgesamt erkrankten von 197’426 Personen 15’921 (8 Prozent) an Krebs, 4009 (2 Prozent) starben daran, fand das Team der Imperial College London School of Public Health in Zusammenarbeit mit Forschenden der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), der Universität Sao Paulo und der NOVA-Universität Lissabon. Die Studie ist die erste dieser Art, die einen grösseren Personenkreis untersucht.

Was zählt als hochverarbeitet?

hochverarbeitete Lebensmittel
Hochverarbeitete vs. naturbelassene Lebensmittel, Schema des New York City Food Policy Centers. Deutsche Beschreibung von Infosperber.

Für ihre Untersuchung hatten die Forschenden sowohl Lebensmittel wie auch Ernährungsgewohnheiten in vier Gruppen eingeteilt. Lebensmittel stuften sie in vier Gruppen von unverarbeitet bis hochverarbeitet ein:

  • Als unverarbeitet galten dabei beispielsweise rohes Obst und Gemüse.
  • Leicht verarbeitet sind zum Beispiel Zucker, Butter und Pflanzenöl.
  • Als verarbeitet stuften die Forschenden Gemüse in Dosen, Brot und Käse ein.
  • Hochverarbeitete Lebensmittel umfassen zum Beispiel Hot Dogs, Doughnuts, Softdrinks, Snacks, Frühstücks-Cerealien, Fleischerzeugnisse, Fertiggerichte und Brot aus Backfabriken.
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Einteilung von Lebensmitteln nach der 2016 entwickelten NOVA-Klassifikation

Die Probanden teilten die Forschenden ebenfalls in vier Gruppen ein, die dem Anteil an hochverarbeiteten Lebensmitteln in ihrer Ernährung entsprachen.

Mehr Hochverarbeitetes, mehr Krebs

Die Gruppe, die die meisten hochverarbeiteten Lebensmittel konsumierte, hatte gegenüber der mit dem niedrigsten Konsum ein um sieben Prozent erhöhtes Krebsrisiko. Bei einzelnen Krankheiten war das Risiko deutlich erhöht, wie bei Lungenkrebs (25 Prozent), Gehirntumoren (52 Prozent), B-Zell-Lymphomen (63 Prozent) sowie Tumoren der Eierstöcke (45 Prozent).

Das Imperial College in London fasst das Studienergebnis etwas sperrig zusammen mit:

«Für jede 10 Prozent mehr ultra-verarbeiteter Lebensmittel in der Ernährung einer Person ergab sich eine um zwei Prozent erhöhte Inzidenz für Krebs insgesamt und ein 19-prozentiger Anstieg speziell für Tumore der Eierstöcke und des Gehirns.»

Diese Zusammenhänge seien auch nach Berücksichtigung sozioökonomischer Faktoren wie Rauchen, körperlicher Aktivität und Body-Mass-Index (BMI) stabil.

Genaue Gründe für Krebsanstieg sind noch unklar

Warum ausgerechnet Eierstockkrebs und auch Brustkrebs bei übermässigem Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln häufiger auftreten, wissen die Forschenden nicht. Die Studie liefere zwar belastbare Zahlen, lege aber keine Ursache-Wirkung-Beziehung dar, sagt die Hauptautorin Eszter Vamos zur «Washington Post», die über die Studie berichtet.

Eine andere internationale Studie von 2020 bringt laut der «Washington Post» Krebserkrankungen der Eierstöcke mit dem Verzehr von Acrylamid in Verbindung. Wieder andere haben Zusammenhänge zwischen hochverarbeiteten Lebensmitteln und Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und Darmkrebs aufgezeigt.

Wenn die Pommes knusprig braun sind – ist das leider ungesund

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Wenn Pommes Frites zu heiss oder zu lange frittiert werden, entwickelt sich nicht nur eine knusprig braune Farbe, sondern auch Acrylamid (rechts).

Acrylamid kann entstehen, wenn eine stärkehaltige Speise bei hohen Temperaturen knusprig braun geröstet wird. Besonders viel Acrylamid entsteht beim Braten, Backen und Frittieren über 180 Grad. Wenn die Pommes Frites nicht mehr golden, sondern leicht bräunlich sind, ist das also leider ungesund. Acrylamid ganz zu vermeiden, ist fast unmöglich. Es sei denn, man ernährt sich nur von nicht erhitzten Lebensmitteln. Es gelten jedoch Grenzwerte.

Vamos drückt sich etwas allgemeiner aus. Die Medizinerin und Epidemiologin sieht eine mögliche Ursache für die erhöhten Krebsraten in der Menge an Zusatz- und Farbstoffen sowie prozess- und verpackungsbedingten Chemikalien, die sich in hochverarbeiteten Lebensmitteln finden.

Einige davon seien potenziell krebserregend, könnten die Wirkung von Hormonen beeinträchtigen und hormonbedingte Krebsarten wie Eierstockkrebs fördern. Frauen und Kinder seien dazu die Hauptkonsumenten von hochverarbeiteten Lebensmitteln. Es brauche mehr Forschung, um diese These abzuklären.

Konsum hängt vom Einkommen ab

Laut der American Cancer Society steht Eierstockkrebs in der Liste tödlicher Krebserkrankungen bei Frauen an fünfter Stelle. Gerade die US-Bevölkerung ist stark gefährdet. Fast 60 Prozent der Kalorien, die Erwachsene in den USA zu sich nehmen, stammen aus hochverarbeiteten Lebensmitteln. In anderen Ländern sind es 20 bis 50 Prozent.

Wie viel Fast-Food jemand konsumiere, hänge weitgehend vom Einkommen ab, sagt Vamos. Am meisten zugenommen habe der Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel in den USA und Grossbritannien. Dabei seien Fertiggerichte günstig und attraktiv aufgemacht, sagt Co-Autorin Kiara Chang, die bessere Konsumenteninformation auf den Verpackungen fordert.

Lange Zutatenlisten weisen auf Ungesundes hin

Womit sie einen umstrittenen Punkt anspricht. Die Unterscheidung, was hochverarbeitet ist und was nicht, fällt Konsument:innen nicht immer leicht. Nicht alles, auf dem beispielsweise eine Erdbeere abgebildet ist, enthält Erdbeeren. Und viele Lebensmittel werden in moderatem Masse verarbeitet – beispielsweise Käse und Pastasauce.

Eine gute Faustregel ist es laut der «Washington Post», die Anzahl der Einträge auf der Zutatenliste als Massstab zu nehmen. Hochverarbeitete Lebensmittel enthalten mehr Zusatzstoffe, künstliche Aromen, Farbstoffe, Süssstoffe und Konservierungsmittel. Je weniger Einträge die Liste hat, desto naturbelassener sind Lebensmittel. Sonst hilft nur die Homepage des Herstellers oder hartnäckiges Nachfragen weiter. Und Vorsicht – nicht alle Zusatzstoffe sind deklarationspflichtig.

Einige Länder geben bereits Gegensteuer. Nicht nur wegen des Krebsrisikos, sondern auch, weil ernährungsbedingte Krankheiten durch den Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel häufiger werden. Brasilien hat die Werbung für Hochverarbeitetes eingeschränkt, Kanada und Frankreich geben in ihren Ernährungsrichtlinien an, den Konsum beschränken zu wollen. Dabei spielt nicht nur der Verarbeitungsgrad eine Rolle, sie beziehen auch zu viele Transfette, zu viel Zucker und zu viel Salz ein.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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Schadstoffe in Lebensmitteln

Essen und trinken können krank machen, wenn Nahrungsmittel zu stark belastet sind.

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Eine Meinung zu

  • am 1.04.2023 um 19:54 Uhr
    Permalink

    In seinem neuen Buch «Kompass für die Seele» schreibt Bas Kast, dass «Junk Food» zu Depressionen beiträgt, bzw. dass Leute, welche sich gesund ernähren, weniger depressiv werden. Ich frage mich allerdings bei diesen Studien, ob die Causalität auch anders manchmal herum sein könnte. Also, dass Leute, die schon krank sind, eher «Junk Food» essen, weil es praktisch ist.

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