Coop Heidelbeeren aus Peru

Heidelbeeren aus Peru im Coop auf der Riederalp. Auch Migros, Aldi und Lidl verkaufen solche Heidelbeeren. © Urs P. Gasche

Auf der Riederalp gibt es Heidelbeeren aus Peru

Marco Diener /  Trauben aus Namibia, Heidelbeeren aus Chile, Limetten aus Kolumbien – das Angebot in unseren Supermärkten ist verstörend.

Coop schreibt: «Seit 1973 ist der Umweltschutz in unseren Statuten verankert.» Vor sechs Jahren hiess es: «Wir sind die nachhaltigste Detailhändlerin der Welt.» Und heute: «Nachhaltigkeit muss aus unserer Sicht ein grundlegender Bestandteil der Geschäftstätigkeit sein.»

Nur schöne Worte

Das sind leider nicht mehr als schöne Worte. Ein Leser machte Infosperber darauf aufmerksam, dass Coop gegenwärtig Heidelbeeren aus Peru verkauft – selbst in abgelegenen Filialen wie auf der Riederalp VS. Infosperber machte deshalb einen kurzen Rundgang durch Filialen von Coop, Migros, Aldi und Lidl. Berücksichtigt wurden keine exotischen Früchte oder Gemüse, sondern nur solche, die eigentlich auch in der Schweiz oder in Südeuropa wachsen — halt einfach nicht ganzjährig.

Coop: Trauben aus Namibia

Neben den erwähnten Heidelbeeren aus Peru verkauft Coop im Moment Orangen aus Südafrika, Trauben aus Namibia und Südafrika, Bio-Limetten aus Kolumbien, herkömmliche aus Brasilien und Mini-Karotten aus Dänemark.

Migros: Grapefruits aus China

Eine kleine Auswahl aus dem Migros-Sortiment: Erdbeeren aus Holland, die obligaten Heidelbeeren aus Peru, Limetten aus Brasilien, Grapefruits aus China und — wie Coop, Aldi und Lidl auch — Mini-Karotten aus Dänemark.

Dabei schreibt die Migros wie Coop: «Die Migros ist die nachhaltigste Detailhändlerin der Welt.» Und: «Darauf ruhen wir uns aber nicht aus, sondern bauen unser Engagement in Sachen Nachhaltigkeit immer weiter aus.»

Aldi: Melonen aus Brasilien

Am buntesten treibt es Aldi: Trauben gibt es aus Brasilien, Südafrika und Namibia, Heidelbeeren aus Chile, Himbeeren aus Marokko, Grapefruits aus China, Melonen und Limetten aus Brasilien. Aldi verkauft auch angeblich «klimaneutrale Heidelbeeren» aus Südafrika.

Und trotzdem schreibt der Discounter: «Immer mehr Menschen achten darauf, woher ihre Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Zugleich fördern wir die heimische Landwirtschaft und lokale Lebensmittelproduzenten.»

Aldi schreibt übrigens bei vielen Produkten aufs Preisschild am Regal: «Ursprung: siehe Verpackung.» Auch bei Offenware, die in gar keiner Verpackung steckt. Der Kunde erfährt nicht, woher die Ware stammt. Das ist nicht zulässig.

Lidl: Trauben aus Südafrika

Auch Lidl schreibt bei Offenware häufig: «Herkunft: siehe Packung.» Lidl verkauft ebenfalls Heidelbeeren aus Peru, Grapefruits aus China und Trauben aus Südafrika. Und natürlich behauptet auch Lidl: «Für Lidl Schweiz ist Nachhaltigkeit eine Grundhaltung.»

«Warum nicht?»

Infosperber wollte wissen, warum die Detailhändler solche Produkte überhaupt verkaufen. Die Migros fragte zurück: «Warum sollten wir diese Produkte nicht im Sortiment führen?» Infosperber antwortet: Weil die Heidelbeeren in peruanischen Wüstengebieten angebaut werden, wo Wasser knapp ist. Weil der Transportweg über 10’000 Kilometer lang ist. Weil die Heidelbeeren drei Wochen im Kühlschiff unterwegs sind. Und weil es grosse Mengen an Pestiziden braucht, damit die Beeren auf dem Transport nicht schimmeln.

«Kundenbedürfnisse»

Die Migros schreibt weiter, sie wolle «die Möglichkeit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung bieten und die Kunden nicht bevormunden». Ähnlich argumentieren auch die anderen Anbieter.

  • Coop schreibt: «Mit unserem Angebot richten wir uns nach den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden und bieten ihnen die Wahlfreiheit. Heidelbeeren aus der Schweiz sind nur während wenigen Wochen verfügbar und in diesem Zeitraum auch bei Coop erhältlich.»
  • Aldi formuliert fast wortgleich: «Wir richten unser Sortiment stets auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden aus.»
  • Lidl argumentiert, man müsse «in bestimmten Fällen auch auf ausländische Artikel zurückgreifen, um Kundenbedürfnissen nachzukommen.»

Ob die Heidelbeeren aus Peru wirklich einem Kundenbedürfnis entsprechen oder ob Kunden sie womöglich aus Versehen oder aus Gleichgültigkeit kaufen, muss offenbleiben. Klar ist indessen: Einen Winter ohne Heidelbeeren überstehen wir ohne weiteres. Und auch einen Winter ohne Trauben überleben wir.

Nachtrag vom 15. Januar 2023: Das «Kundenbedürfnis» nach Heidelbeeren aus Peru scheint doch nicht so gross zu sein. Die Migros versucht, den Absatz mit einer 24-Prozent-Aktion anzukurbeln.

Heidelbeeren Peru Aktion
Offenbar trotzdem kein «Kundenbedürfnis»: Heidelbeeren aus Peru, Chile und Südafrika bei der Migros in Aktion.

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Logos Migros etc

Migros, Coop, Aldi, Lidl & Co. in der Verantwortung

Die Detailhändler sprechen ständig von Nachhaltigkeit und Regionalität. Aber sie bewerben Lebensmittel vom anderen Ende der Welt.

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4 Meinungen

  • am 14.01.2023 um 13:18 Uhr
    Permalink

    Bei allen Grossverteilern geht es nur um mehr Geld. Darum ist ‹bio› oft teurer, als der Aufwand rechtfertigen würde. Wer diesen Firmen vertraut, ist selber schuld. Vor allem Coop und Migros haben ein grosses Nonfood-Sortiment, in dem Unmengen von Ramsch angeboten werden. Das Argument ist immer das gleiche: ‹der Kunde wünscht es›. Das wollte man uns schon mit dem Hormon-Kalbfleisch weismachen. Für einen Grossteil der Kunden trifft das Argument allerdings zu. Sonst würden im Winter keine Erdbeeren verkauft. Auswege aus dieser Misere gibts nur, wenn wir von unendlichem Wachstum und Ressourcenverschwendung wegkommen. Dies wird nur über Verbote und Kontingente funktionieren. Oder mit dem Aussterben der Menschen.

  • am 15.01.2023 um 07:59 Uhr
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    Immer wieder dieselbe Leier mit dem Kundenbedürfnis. Unfug. Man braucht sich bloss einmal die Geschichte mit dem Kapselkaffee anzuschauen. Kein Mensch auf dieser Welt hatte jemals ein Bedürfnis nach Kaffeea aus Kapseln. Bis eine Firma aus Vevey mit der Idee kam. Aber es wurde eben nicht Kaffee verkauft, sondern ein Image, ein Gefühl, verbunden mit dem Nimbus des Hollywoodstars, das uns etwas fehlen liess – what else? Und schon laufen die seit Jahrzehnten durch Werbung und den damit verbundenen TV-Serien und unsäglichem Hollywoodramsch verblödeten Massen in jeden Laden, an dem ein N hängt. Und dank des Internets und den damit erst ermöglichten aber nichts desto trotz unnötigen asozialen Medien bleibt die Verblödung nachhaltig. Also auch der Konsum, das Wachstum, die Verschwendung – und die Zerstörung. Bei Coop, Migros, Aldi, Lidl und dem ganzen Verein, der doch nur unsere nicht vorhandenen Bedürfnisse schafft und befriedigt. Wollt ihr den totalen Konsum? Yeah!

  • NikRamseyer011
    am 15.01.2023 um 15:34 Uhr
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    «Herkunft siehe Verpackung» ist eine Zumutung. Und oft muss man da mit der Lupe suchen. So werden die KonsumentInnen systematisch getäuscht. Und das ist noch das kleinste Problem: Der ganze, weltweite Transporthorror hat generell keine Zukunft. Notwendig wäre ein «Inländervorrang für alles und jedes – und jede und jeden». Denn: Dass schöne, hiesige Speisekartoffeln Tieren verfüttert – und gleichzeitig billige Konkurrenz-Knollen aus Holland Sattelschlepper-weise heran gekarrt werden, geht gar nicht. Aber hat das Volk nicht schon einmal immerhin einen «Inländervorrang» für Werktätige beschlossen? Hat es schon. Nur wurde der in den Räten auf Druck der Kommerz-EU faktisch sogleich versenkt. Sogar angeblich «Linke und Grüne» kuschten da vor Brüssel – und halfen der FDP bei diesem üblen Streich. Ein «Inländervorrang für Konsumgüter» hätte wohl erst recht null Chancen. So geht der Transport- und Wachstums-Wahnsinn weiter. Hoffnung (die «zuletzt sterben» könnte) gibt es kaum mehr.

  • am 16.01.2023 um 19:31 Uhr
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    Vor einigen Tagen ging die Meldung durch die Presse, dass Aldi und Lidl in punkto Ökologie und Bio aufholen würden (was ja offensichtlich nicht stimmt, siehe diesen Artikel).
    Darauf angesprochen, frassen die Pressesprecher von MigrOop tonnenweise Kreide – offensichtlich ganz ohne dass die Geschäftspolitik nachziehen würde.
    Man könnte noch viel ergänzen in Sachen inhaltsloser Propaganda, zum Beispiel dis Migros-Etikette „aus der Region“: diese umfasst nämlich ca. 1/3 der ganzen Schweiz…

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