3M multinational technology group

Der US-Konzern 3M, bekannt für Post-It und Scotch Tape, hat mehrere Niederlassungen in Europa, wie hier in Amsterdam. © Depositphotos

3M kündigt Ausstieg aus der PFAS-Produktion an

Daniela Gschweng /  Bis 2025 will 3M keine PFAS mehr herstellen. Die Folgekosten der «ewigen Chemikalien» sind zu hoch.

Der Konzern 3M, der vor allem für seine gelben Post-It-Zettel bekannt ist, ist einer der grössten Hersteller von PFAS-Chemikalien. In wenigen Jahren wird sich das ändern. Der Konzern kündigte am 20. Dezember den Ausstieg aus der Fertigung von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen an. Das berichteten unter anderen die Nachrichtenagentur «Reuters» und die BBC.

Bis 2025 will das Unternehmen die Produktion der umstrittenen Chemikalien vollständig einstellen. Endgültiger Auslöser war wohl eine Klage der Staatsanwaltschaft von Kalifornien gegen mehrere Unternehmen, die PFAS fertigen oder nutzen, darunter DuPont und 3M. Der juristische Druck durch weltweit strengere Umweltregulierungen wirkt.

3M ist wegen PFAS weltweit in Prozesse verwickelt

Das Unternehmen musste sich in den USA bereits mehreren Klagen wegen Umweltverschmutzung stellen. Laufende Verfahren und Sanierungskosten stellen für den Konzern ein zunehmendes Risiko dar. Die jüngste Klage in Kalifornien ist Teil einer Serie, die Fachleuten zufolge eine der teuersten in der Geschichte der USA werden könnte (Infosperber berichtete).

Auch in anderen Ländern steht das Unternehmen unter Druck. 3M betrieb und betreibt mehrere Fertigungsstätten in Europa, unter anderem in Deutschland und Österreich. Im Juli 2022 sagte das Unternehmen beispielsweise Sanierungszahlungen von mindestens einer halben Milliarde Euro im belgischen Zwijndrecht zu.

Der Ausstieg rechnet sich

Zum Vergleich: Der Konzern gibt für 2021 einen Jahresumsatz von 35 Milliarden Dollar an; 1,3 Milliarden entfielen auf die PFAS-Produktion. Die Kosten des PFAS-Ausstiegs schätzt 3M auf etwa 1,3 bis 2,3 Milliarden Dollar.

3M fertigt eine grosse Bandbreite von Produkten wie Klebstoffe, Beschichtungsmaterialien, Baustoffe, Etiketten, Filter und Medizinprodukte. Einige PFAS wie PFOA (Perfluoroctansäure) produziert der Konzern auch für andere Unternehmen. Der erste bekannt gewordene Verschmutzungsfall geschah in den 1990er-Jahren nahe einem Werk von DuPont in West Virginia.

DuPont nutzte das 3M-Polymer bei der Herstellung von Teflonbeschichtungen (Infosperber berichtete). Eher durch Zufall wurde bekannt, dass das Unternehmen die Umgebung durch Abwässer massiv verschmutzte und damit der Gesundheit der Anwohner nachhaltig schadete.

3M wusste früh um die Gefährlichkeit von PFAS

3M hatte bereits in den 1960er-Jahren Hinweise auf die Giftigkeit von PFAS, was der Konzern aber lange vor der Öffentlichkeit verbarg. Seither ist die Stoffklasse der PFAS, die aus mehreren tausend einzelnen Substanzen besteht, weiter in den Fokus von Umwelt- und Gesundheitsbehörden gerückt.

Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass mindestens einige PFAS die Fortpflanzung beeinflussen, Krebs auslösen, Immunsystem und Leberstoffwechsel stören. PFAS werden ihrer fett- und wasserabweisenden Eigenschaften wegen in sehr vielen Produkten genutzt und sind ein wichtiger Bestandteil von Feuerlöschschäumen. Wegen der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sind sie quasi omnipräsent.

Unter Umweltbedingungen sind PFAS fast unzerstörbar, reichern sich in der Nahrungskette an und gelangen so in den Körper. Selbst in der Plazenta wurden PFAS nachgewiesen.

Viele Fachleute fordern deshalb ein Verbot der gesamten Stoffklasse. Einzelne europäische Länder sowie die EU erwägen ein Komplettverbot aller PFAS oder haben bereits Schritte dazu eingeleitet. Einzelne Unternehmen wie McDonald‘s (Verpackungen) oder Vaude und GoreTex (Outdoorkleidung) wollen Produkte mit PFAS ebenfalls auslaufen lassen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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