Intercept Enthüllung Twitter

«The Intercept» enthüllt die Twitter-Connection mit dem Pentagon am 20. Dezember 2022. © The Intercept

Twitter diente jahrelang als Gehilfe des Pentagons

Urs P. Gasche /  Elon Musk legte interne Twitter-Tools teilweise offen. Sie belegen Handlanger-Dienste für Propaganda des US-Militärs im Ausland.

Unter dem Titel «Twitter hat das Pentagon bei verdeckten Online-Propagandakampagnen unterstützt» veröffentlichte The Intercept Twitter-Interna, welche der neue Besitzer Elon Musk jetzt teilweise offenlegte: Twitter gewährte Propaganda-Konten der Pentagon-Abteilung U.S. Central Command Centcom eine privilegierte Verbreitung. Bei vielen dieser Twitterkonten wurde der wirkliche Absender mit Fake-Autoren verschleiert. 

Drei Beispiele von Propanda-Tweets:

  • Ein unterdessen gelöschtes Konto @yemencurrent verbreitete, dass die Drohnenangriffe im Jemen «genau» («accurate») seien und nur Terroristen, aber keine Zivilpersonen treffen würden.
  • Ein Konto @mktashif hat «routinemässig den Iran und andere US-Gegner wie beispielsweise die Huthi-Rebellen im Jemen angeprangert». 
  • Andere Twitter- und Meme-Konten des Pentagons hätten im Irak anti-iranische Propaganda oder in Syrien Kritik an der Regierung verbreitet.

«Das Pentagon hat ein Netzwerk von Social-Media-Konten zur Meinungsbildung in Jemen, Syrien, Irak, Kuweit und darüber hinaus genutzt», stellt Intercept fest. Die Twitter-Dokumente würden einen im August 2022 veröffentlichten Bericht des Standford Internet Observatory bestätigen. Dieser vermutete, dass Tausende von Konten «Teil einer staatlich unterstützten Informationsoperation waren, von denen viele fotorealistische menschliche Gesichter verwendeten, die von künstlicher Intelligenz generiert wurden». Diese Praxis bezeichne man als «Deep Fakes».

«Es ist zutiefst besorgniserregend, wenn das Pentagon die öffentliche Meinung über die Rolle unseres Militärs im Ausland beeinflusst, und noch schlimmer, wenn private Unternehmen dabei helfen, dies zu verschleiern», erklärte Erik Sperling, Geschäftsführer von Just Foreign Policy, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für diplomatische Konflikt-Lösungen einsetzt. Er kritisiert, dass die Öffentlichkeit nicht darüber informiert wird, dass «Steuergelder dafür ausgegeben werden, um unsere endlosen Kriege positiv darzustellen».

Im Jahr 2020 erklärte Twitter-Sprecher Nick Pickles vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses: «Die Bekämpfung von Versuchen, sich in die Konversationen auf Twitter einzumischen, hat für das Unternehmen weiterhin höchste Priorität, und wir investieren weiterhin auch enorm viel, damit staatlich unterstützte Informationsoperationen transparent erkennbar sind. Unser Ziel ist es, böswillige Akteure zu entfernen und das öffentliche Verständnis für diese kritischen Themen zu fördern.»

Diese Regeln würden bei Konten des US-Militärs offensichtlich nicht angewandt, schreibt Intercept: «Die E-Mails, die Intercept erhalten hat, zeigen, dass Twitter diese Konten 2017 ausdrücklich auf Geheiss des Militärs auf die Whitelist gesetzt hat.» Die Whitelist bewirkte, dass diese Tweets als «verifiziert» galten und von algorithmischen Bots nicht als Spam oder Missbrauch aufgespürt werden.

Aus internen Twitter-E-Mails, in welche Intercept Einblick nehmen konnte, geht auch hervor, dass sich Führungskräfte sowohl von Twitter wie auch von Facebook im Jahr 2020 mit Anwälten des Pentagons zu geheimen Besprechungen trafen – und zwar an einem absolut sicheren Ort, der für hochsensible Treffen genutzt wird. Der Inhalt der Besprechungen und allfälligen Vereinbarungen war aus den von Twitter zur Verfügung gestellten Dokumenten nicht ersichtlich.

Nach einer Sperrung vieler dieser Konten im Mai 2022 soll Twitter versucht haben, dass seine Mitwirkung an diesen Pentagon-Kampagnen nicht öffentlich wird.

Die Einflussnahme auf Twitter ist relevant, weil viele Journalistinnen und Journalisten Twitter als eine Informationsquelle nutzen.

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➔ Zum Originalbericht von The Intercept.

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Twitter arbeitete auch mit dem CIA und dem FBI zusammen

Unter dem Titel «Twitter war ‹Tochtergesellschaft› des FBI» informierte die «Sonntags-Zeitung» am 18. Dezember über weitere «Twitter Files», welche Elon Musk freigegeben hat. Daraus geht hervor, dass die US-Bundespolizei eine «dominante Rolle» spielte: «Twitter tanzte dem FBI regelrecht nach der Pfeife». Aufträge, bestimmte Konten zu schliessen, seien «umgehend ausgeführt worden». Das schrieb der unabhängige Journalist Matt Taibbi, der die «Twitter Files» auswertete. «Die FBI-Anweisungen ähneln einer Zensur», meinte SoZ-Redaktor Martin Suter.

Missliebige politische Stimmen seien mit verschiedensten Mitteln erstickt oder vollends zum Schweigen gebracht worden. Twitter habe schwarze Listen von Konten geführt, deren Tweets schlecht auffindbar sein sollten und trotz allen «Likes» nie Trends auslösen konnten. Davon betroffen sei beispielsweise der Standford-Professor Jay Bhattacharya gewesen. Zusammen mit Kollegen warnte er im Jahr 2020 vor den Folgen von harschen Covid-Lockdowns besonders für Kinder und ärmere Menschen. Twitter habe dafür gesorgt, dass man davon kaum etwas erfuhr. Heute ärgert sich Bhattacharya: «Die Zensur der wissenschaftlichen Diskussion erlaubte Massnahmen wie Schulschliessungen und schädigte eine Generation von Kindern.»

Über die Twitter-Zensur der Informationen über Hunter Bidens Laptop hat Infosperber bereits berichtet. Twitter und auch Facebook hatten diese Nachrichten zensuriert.

Fazit der «Sonntags-Zeitung»: «Publikationen, die konservativen Kreisen nahestehen, berichten ausführlich über die ‹Twitter Files›. Weniger verständlich ist, wie sehr die grossen, Mitte-links stehenden Medien die Enthüllungen herunterspielen oder sogar vollends ignorieren. Über den Kern der Erkenntnisse haben bisher weder die ‹New York Times› noch die ‹Washington Post› geschrieben.»


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Keine
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