JohannesXXIII

Aus der Vergessenheit hervorgeholt: Papst Johannes XXIII. © common

Heute wird Papst Johannes XXIII. heilig gesprochen

Christian Müller /  Dass Johannes Paul II. heiliggesprochen würde, war klar. Dass nun auch Johannes XXIII. dabei ist, verdankt er Papst Franziskus.

Die Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. war programmiert. Dem begnadeten Selbstdarsteller war es gelungen, sich mit unzähligen Weltreisen und Massenveranstaltungen in die Herzen von Jung und Alt zu schleichen. Dass er gleichzeitig die soziale Komponente seiner christlichen Kirche nicht nur vernachlässigte, sondern bewusst zu limitieren versuchte – in vielen Ländern mit Erfolg! – war eine Folge seiner Vergangenheit: Als polnischer Kardinal Karol Jozef Wojtya hatte er sich in seinem Heimatland gegen das kommunistische Regime gewehrt und sich damit nicht nur die Achtung vieler Landsleute verdient, sondern auch die Anerkennung jener Mitglieder im Konklave, die im Kommunismus die Gefahr für die Kirche schlechthin sahen. (Siehe dazu den Beitrag auf Infosperber «Papst Franziskus signalisiert Eigentändigkeit»).

Erstaunlicher also als die heutige Heiligsprechung Papst Johannes Paul II. ist die gleichzeitige Heiligsprechung von Johannes XXIII. Es war der neue Papst Franziskus, der am 13. März 2013 überraschend ankündigte, dass beide Päpste gleichzeitig heilig gesprochen werden sollten.

Johannes XXIII., schon fast in Vergessenheit

Papst Johannes XXIII., mit bürgerlichem Namen Angelo Giuseppe Roncalli, war auch schon 77 Jahre alt, als das Konklave ihn zum Papst wählte. Zahlreiche Beobachter mutmassten, man habe absichtlich einem bereits betagten Kardinal die Stimme gegeben, um Zeit zum Aufbau eines jüngeren, reformfreudigeren Kandidaten zu gewinnen. So war männiglich überrascht, als Johannes XXIII. trotz vorgerücktem Alter die Einberufung eines Konzils vorantrieb, mit dem klaren Ziel, die Kirche nach den Sünden des Zweiten Weltkrieges und belastet mit etlichen überholten Dogmen endlich etwas zu öffnen.

Die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962 bis 1965 lesen sich heute, nach den 35 Jahren der beiden erzkonservativen Päpste Johannes Paul II. und Benedkt XVI., wie Signale aus einer anderen Welt. Es waren völlig neue Gedanken, die da dokumentiert wurden. Vor allem in Lateinamerika hatten sie dem volksnahen niederen Klerus der Römisch-Katholischen Kirche die nötige und willkommene Rückendeckung gegeben, um gegen die menschenverachtenden Grossgrundbesitzer und die sie schützenden und stützenden Militärjunten in Opposition zu gehen.

Tempi passati. Die sozialen Bewegungen, in Lateinamerika konkret die «Theologie der Befreiung», waren dem Polen Wojtyla alias Johannes Paul II. zu nahe am kommunistischen Gedankengut. Restauration war angesagt, Rückkehr zu Dogmentreue und zur Machtpolitik aus der Zentrale.

Papst Franziskus, Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien, kennt aber vor allem die Gefahren von Rechts: von der Hochfinanz, dem Grossgrundbesitz, den Multinationalen Konzernen. Er kann und will vielleicht auch den Personenkult um Johannes Paul II. nicht stoppen – was soll’s? Aber an einem Revival der sozialen Ideen des Zweiten Vatikanischen Konzils ist er zweifellos interessiert. Nicht persönlich, aber seiner Mitmenschen wegen, vor allem auch in Lateinamerika, wo die Kirche auch in der Politik noch ein meinungsbildender Faktor ist.

So ist das echt Bemerkenswerte heute nicht die Heiligsprechung Johannes Paul II., sondern jene von Johannes XXIII. Mal sehen, ob auch die Medien Johannes XXIII. die verdiente Beachtung schenken.

PS:

Papst Johannes XXIII. war auch aus jüdischer Sicht «the best pope ever» (siehe unten den Link!)


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Eine Meinung zu

  • am 27.04.2014 um 14:17 Uhr
    Permalink

    Fragwürdig: Wie kann man in 10’000 Dollar Bekleidung sich Papst nennen, sich als Vertreter Christi auf Erden ausgeben. Und dann noch 60 Evangelien unterschlagen, und die längst bekannten Verfälschungen in der Bibel weiter aufrecht erhalten. Wie kann man historische Wahrheiten heute noch leugnen, Jesus hiess Joshua, war Rabbi und verheiratet (Nur verheiratete können Rabbi werden) und ein der Mahatma Gandhi seiner Zeit. Es gibt keine Heiligen. Menschen sind immer Menschen und bleiben Menschen. Es gibt gute Handlungen, und Menschen welche solche Handlungen tun, und der Ehre verdienen deswegen. Doch deswegen bleibt ein Mensch immer nur ein Mensch, solange er hier auf Erden weilt. Doch deswegen austreten aus der Kirche bringt auch nichts, diese Kirche hat Potential, und man kann dieses Potential nicht in die richtige Richtung lenken, nicht erneuern, wenn man davonläuft. Von den Befreiungstheologen können die Katholiken noch viel lernen. Wer aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernt, wird diese Fehler wiederholen. Den Preis für die Fehler haben nämlich die Gläubigen bezahlt, nicht die Kirchenführer. Also, an alle Katholiken, löst die dogmatische Theokratie der kath. Kirche auf, und macht eine ethische Geniokratie daraus.

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