Nur Referendum kann Mehrwertabgabe stoppen

Hanspeter Guggenbühl /  Im Parlament konnte der Gewerbeverband das revidierte Raumplanungsgesetz nicht bodigen. Jetzt erwägt er ein Referendum.

Im Bundeshaus ist das Lobbying von Gewerbeverband, Economiesuisse und Walliser Bodenbesitzern gescheitert. Denn das Parlament befürwortete am Freitag in der Schlussabstimmung das von ihm revidierte Raumplanungs-Gesetz (RPG): Der Ständerat hiess die Vorlage mit 30 gegen 10, der Nationalrat mit 108 gegen 77 Stimmen gut. Gegen die Revision stimmten im Nationalrat Mehrheiten von FDP und SVP (mit Ausnahme einiger Bauern) sowie die Minderheit der CVP. Im Ständerat herrscht über das Stimmverhalten (noch) keine Transparenz.

Komitee zieht Initiative bedingt zurück

Das revidierte Gesetz zwingt Kantone und Gemeinden, «überdimensionierte Bauzonen zu reduzieren». Davon betroffen sind vor allem ländliche Kantone wie Wallis, Graubünden, Freiburg oder Glarus. Die Einzonung von neuen Baugebieten hingegen bleibt dort möglich, wo Bedarf besteht. Doch ein Teil des daraus resultierenden Mehrwerts müssen die Kantone zwingend mit einer Mehrwertabgabe von 20 Prozent des Planungsgewinns abschöpfen. Ein Druck für zusätzliche Baugebiete besteht in dicht besiedelten Kantonen im Mittelland.

Die RPG-Revision dient als indirekter Gegenvorschlag zur grünen Landschaftsinitiative. Diese verbietet per Verfassung während 20 Jahren eine Ausdehnung der Gesamtfläche an Bauzonen in der Schweiz, lässt die gesetzlichen Mittel dazu aber offen. Das Initiativkomitee hat, wie die federführende Umweltorganisation Pro Natura am Freitag mitteilte, den bedingten Rückzug erwartungsgemäss beschlossen. Das heisst: Ein endgültiger Rückzug der Initiative erfolgt erst, wenn das Gesetz in Kraft tritt.

Wie weiter, wenn das angedrohte Referendum kommt?

Jetzt kann nur noch ein Referendum das revidierte Gesetz verhindern. Ein solches hat der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) angedroht: In einer Mitteilung vom 24. Mai rief er «alle freiheitlichen und föderalistischen Kräfte» dazu auf, das Referendum zu ergreifen, und erklärte: «Der SGV wird an vorderster Front den Kampf aufnehmen.» Ob diese Drohung wahr wird oder nur dazu dienen sollte, das Gesetz im Parlament zu Fall zu bringen, wird sich nächste Woche zeigen: Dann werde der Vorstand des SGV für oder gegen das Referendum entscheiden, erklärte SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler gegenüber den Medien.

Unterstützt wird ein allfälliges Referendum unter anderem von der Walliser CVP sowie andern bürgerlichen Parteien und wahrscheinlich auch von der Economiesuisse, welche die Mehrwertabgabe ablehnt. Den Gegnern dürfte es gelingen, die notwendigen Unterschriften zu sammeln. Doch ob das Volk, das die Zersiedelung und Verschandelung der Schweiz zunehmend kritisiert, ein Referendum unterstützt, ist fraglich.

Falls das Volk das revidierte Gesetz ablehnen sollte, bliebe die Landschafts-Initiative in Kraft und müsste dem Volk später doch noch zur Abstimmung vorgelegt werden. Und wenn es dieser Initiative dann zustimmen sollte, könnte die Revision des Raumplanungsgesetzes wieder von vorne beginnen.


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