Sperberauge

Klare Worte des Staatsrechtlers

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Der Hauseigentümerverband macht Stimmung gegen das neue Asylgesetz und missbraucht damit das Geld der Mitglieder.

Am 5. Juni wird in der Schweiz – unter anderem – über eine Änderung des Asylgesetzes abgestimmt, das vor allem eine Beschleunigung der Asylverfahren vorsieht. In diesem Gesetz ist enthalten, dass der Staat, konkret der Bund, berechtigt ist, geeignete Immobilien für Asylzentren auch mit einem Enteignungsverfahren zu übernehmen, wenn ein freihändiger Verkauf nicht zustande kommt.

Jetzt läuft der Hauseigentümerverband HEV Sturm und propagiert deshalb mit einem Offenen Brief an Justizministerin Simonetta Sommaruga ein Nein zur Vorlage. Dieser offene Brief, der als ganzseitiges Inserat in verschiedenen Zeitungen erschienen ist, ist unterzeichnet u.a. vom Präsidenten des Hauseigentümerverbandes, Hans Egloff, der seinerseits für die SVP Zürich im Nationalrat sitzt – für jene SVP also, der kein Gesetz genug fremdenfeindlich sein kann.

Darüber ist nun einem aufmerksamen Beobachter der Polit-Szene und klugen Kopf, dem emeritierten Zürcher Uni-Professor für Staats- und Verwaltungsrecht Georg Müller aus dem Aargau, der Kragen geplatzt. In einem halbseitigen Gastkommentar in der Aargauer Zeitung (Nordwestschweiz) macht er darauf aufmerksam, dass die Bestimmung zur Enteignungsberechtigung in dem neuen Gesetz nicht einmal nötig gewesen wäre, weil das Recht auf Enteignung im Bedarfsfall in der Schweiz schon generell besteht. Wörtlich: «Das Recht des Bundes, Enteignungen durchzuführen oder Dritten das Enteignungsrecht einzuräumen, ist in vielen Gesetzen vorgesehen, so für den Bau von Nationalstrassen, Flugplätzen, Waffenplätzen, Wasserkraftwerken, Stromleitungen oder Eisenbahnen. Es geht immer darum, dem Bund (oder allenfalls den Kantonen bzw. Privaten) das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht an einem bestimmten Grundstück zu übertragen, wenn dies notwendig ist, um eine bestimmte staatliche Aufgabe wahrzunehmen.»

Was also soll dieser öffentliche Aufruf des HEV? Ganz einfach: Er soll die ausländerfeindliche Politik der SVP unterstützen helfen, indem das neue Asyl-Gesetz schlecht geredet wird. Dazu der Staatsrechtler Georg Müller wörtlich: «Der Hauseigentümerverband wird von seinem Präsidenten offensichtlich dazu benutzt, um gegen die Asylgesetzrevision Stimmung zu machen. Er unterstützt damit seine Partei, die SVP, welche die Revision bekämpft, aber dafür – wie sie selbst erklärt hat – keine Mittel aufwenden will. Die Hauseigentümer finanzieren also mit ihren Mitgliederbeiträgen den Abstimmungskampf der SVP, obwohl sie nicht gefragt worden sind, ob sie das tun wollen. Ich finde das im höchsten Masse ungehörig und bin sofort aus dem Verband ausgetreten. Hoffentlich machen es möglichst viele weitere Mitglieder des Hauseigentümerverbandes ebenso!»

Da kann man nur sagen: Chapeau! Und natürlich danke!


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4 Meinungen

  • am 21.04.2016 um 12:35 Uhr
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    Natürlich könnte Georg Müller jetzt einen linken Hauseigentümerverband gründen. Aber sollte er sein Hauseigentum nicht lieber gleich dem Staat übertragen, von dem er so gern enteignet werden möchte?

  • am 21.04.2016 um 14:01 Uhr
    Permalink

    Der Hauseigentümerverband ist auch Makler und Verwalter von Liegenschaften. Dort liegen seine Interessen. Die vielen normalen Eigenheimbesitzer bilden das Fussvolk, ihre Interessen werden nur sekundär vertreten. Zuerst kommt das Makler- und Bankgeschäft!
    Das habe ich schon vor Jahren gemerkt, gäbe es diesen einflussreichen Verband unter falscher Flagge nicht, dann hätten wir Häuschenbesitzer auch längst keinen Eigenmietwert mehr zu versteuern!
    Der HEV hatte damals das Fuder überladen, indem er den Batzen und s’Weggli haben wollte, sprich, Abschaffung des steuerbaren Eigenmietwertes UND Beibehaltung der Steuerabzüge für Hypozinsen.
    Ein Club der überspannten Egoisten! Ich habe zum Hausverein gewechselt. Der Mitgliedbeitrag ist zwar etwas höher, aber man dient nicht dieser Egoistenkaste als Feigenblatt für lusche Geschäfte.
    Argumente habe diese Leute selten, es kommt immer die Links-Rechts-Schablone. Eine kurzsichtige und selbstgefährdende Politik! Wenn das Wohneigentum in der Schweiz gefährdet ist, dann am ehesten durch diese egoistische Politik.

  • am 22.04.2016 um 12:53 Uhr
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    Und wieder wird der HEV durch seinen Präsidenten Hans Egloff für seine Interessen missbraucht.
    Im November 2014 wurden die HEV-Mitglieder mit dem Unterschriftenbogen zur Volksinitiative «Pistenverlängerungen vors Volk!» beglückt. Unter den lokalen HEV-Präsidenten gab es deswegen Rücktritte. Die Initiative untergräbt einerseits die Kompetenz des Zürcher Kantonsrats und andererseits läuft die Initiative den Interessen der Hauseigentümer in der Region Flughafen Zürich zuwider. Den Flughafenturbos, denen Egloff auch angehört, passte die ablehnende Haltung zu Pistenausbauten des Kantonsrats nicht. Also schränken die Flughafenturbos die Kompetenz des Kantonsrats, unter dem SVP mässigen Mantra «das Volk hat immer recht», ein.
    Wie Herr Lachenmeier richtig schreibt, gibt es zum Glück den Hausverein.
    Es dürfte nicht das letzte Mal sein, dass der HEV seine Mitglieder für eigene Interessen missbraucht…

  • am 27.04.2016 um 08:36 Uhr
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    Köppel’s «sachliche Kritik» bzw. freche Polemik….
    Auch dieser Exponent mit Meinungsblatt kritisiert die Enteignungsregelung, aber nur im Zusammenhang mit Unterkünften für Asylsuchende. Alle wissen, dass Enteignungsverfahren hier extrem unwahrscheinlich sind.
    Weshalb denn diese einseitige Polemik insbesondere gegen BR Sommaruga?
    Die absolut grösste Gefahr von Enteignungen gibt es durch AKW!
    Hat denn Redaktor Köppel jeh einmal das Kernenergiegesetz und in diesem Zusammenhang BR und Gesetzgeber kritisiert?
    Es ist völlig unverständlich, dass die «Gross-Schaden-Regelung» eine entschädigungslose Enteignung. Ebenso unverständlich ist, dass R. Köppel dies noch nicht erkannt hat!
    Auch für den HEV existiert diese Enteignungs-Gefahr nicht.

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