ChrisStirewalt

Das Twitter-Konto von Chris Stirewalt: der Journalist kritisiert seinen ehemaligen Arbeitgeber Fox News. © Screenshot

Als Fox News den US-Präsidenten Trump verärgerte

Rainer Stadler /  Ein Ex-Mitarbeiter von Fox News schaut auf seine Zeit beim rechten Sender zurück. Er spielte eine wichtige Rolle in der Wahlnacht.

Donald Trumps Gastspiel im Weissen Haus hat einige Insider dazu inspiriert, Bücher über Backstage-Szenen zu schreiben. Im September 2022 erschien ein weiteres Oeuvre, «Broken News». Sein Autor heisst Chris Stirewalt. Er war Journalist beim konservativen US-Sender Fox News. In der Wahlnacht der Präsidentschaftswahlen 2020 war er im Einsatz, als Fox News früher als andere Medien – am 3. November um 23 Uhr 20 (Ostküste) – verkündete, Joe Biden habe das Rennen in Arizona gewonnen. Das war eine entscheidende Aussage, die den Gesamtsieg des demokratischen Kandidaten bedeutete. Für den Amtsinhaber war das ein Schlag, und der kam ausgerechnet von einem Sender, der ihm wohlgesonnen war. Trump versuchte zu intervenieren. Erfolglos. Stirewalt war der Journalist, der in der Wahlnacht als erster vor dem Bildschirm die Entscheidung der Redaktion erklärte und rechtfertigte.

Eine politische Entlassung?

Trump ermunterte darauf seine Anhänger, Fox News nicht mehr einzuschalten. Tatsächlich gingen in der Folge die Einschaltquoten des Senders zurück. Und für Chris Stirewalt kam schon bald das Ende seiner 11-jährigen Tätigkeit bei Fox. Im Januar 2021 musste er die Redaktion verlassen; seiner Meinung nach wegen der Wahlnacht. Gemäss Angaben des Senders fiel er Restrukturierungen zum Opfer; auch andere Mitarbeiter wurden damals entlassen.

Fox in Bedrängnis

ras. Die Schneckenpost, auch bekannt als überregionale Presse, neigt dazu, Ereignisse dann aufzugreifen, wenn dies die Konkurrenz auch tut. Dieser Tage wurde relativ breitflächig darüber berichtet, dass Fox News wegen einer milliardenschweren Klage von Wahlmaschinen-Betreibern unter Druck steht. Dem konservativen Sender wird vorgeworfen, arglistig über die vom ehemaligen US-Präsidenten Trump in die Welt gesetzte Lüge eines Wahlbetrugs informiert zu haben. «Infosperber» hat Ende Dezember 2022 darüber berichtet. Die derzeitigen Berichte in den grossen Medien sind ein Anlass dazu, in diesem Artikel nochmals auf den Insider-Blick eines ehemaligen Fox-News-Journalisten hinzuweisen.

Wie auch immer, anderthalb Jahre später blickt Stirewalt in einem Buch zurück. Die «New York Times» hat darauf in einem Artikel kurz vor der Veröffentlichung hingewiesen. Indiskretionen aus dem Bauch von Fox gibt es bis jetzt kaum – sei es wegen der strengen Vertraulichkeitsvorschriften oder wegen der Loyalität der Mitarbeiter.  Stirewalt und seine Kollegen vom sogenannten Decision Desk waren nach der brisanten frühen Verkündigung der Resultate aus Arizona der Wut der Trump-Anhänger ausgesetzt. Ein Senator von North Dakota forderte die Entlassung von Stirewalt und sprach von einer Vertuschung.

Stirewalt schreibt, dass die mit einem Trump-Sieg rechnenden Zuschauer weniger enttäuscht gewesen wären, wenn sie zuvor vom Sender besser über die Entwicklung des Wahlkampfs informiert worden wären und damit gewusst hätten, dass das Rennen keineswegs klar zugunsten von Trump verlief. Doch Fox habe sein Publikum lieber mit Lobhudeleien bedient statt mit Beiträgen, welche das Weltbild der Zielgruppe strapaziert hätte. Den bekannten Fox-Moderator Tucker Carlson und das Management des Senders bezeichnet Stirewalt als Heuchler, die sich als Kämpfer gegen die Medienkonzerne inszenierten, jedoch selber Angestellte eines Grosskonzerns seien.

Ideologen, Geschäftemacher und Journalisten

Fox News geht es nach Meinung von Stirewalt nicht um das Durchsetzen einer politischen Agenda, sondern ums Geldverdienen. Das tue der Sender, indem er dem Publikum nach dem Mund rede und entsprechend wider besseres Wissen auch Lügen verbreite. Beifügen darf man: Fox News operiert wohl wie andere Medien auch: Da gibt es in der Redaktion die Fraktion der Ideologen, die ihre Mission verfolgen, dann jene der Geschäftemacher, die am liebsten an die Maximierung der Einnahmen und der Reichweite denken, und schliesslich jene paar Journalisten, die in erster Linie an der Analyse von Fakten interessiert sind. Die durchaus gewollte Kombination ergibt für das Management eine Mischrechnung, die es im besten Fall erlaubt, einem Medium eine breite ökonomische Basis zu verschaffen.

Stirewalt zählt sich offensichtlich zu den sauberen Journalisten. Das hat er in der Wahlnacht bewiesen. Nach seinem Rauswurf bei Fox wechselte er zum konservativen Online-Magazin «The Dispatch». Im Mai 2022 wurde er politischer Analytiker beim Nachrichtensender «NewsNation».


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Keine
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