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Flüchtlinge aus Burundi in einem Flüchtlingscamp von Tansania © cc

Flüchtlinge von Medien und Politik vergessen

Gianna Blum /  Neben den Saraouis in Nordwestafrika erhalten auch über 100'000 Flüchtlinge aus Burundi in Tansania kaum Aufmerksamkeit.

Red. Die Berner Journalistin Gianna Blum absolviert in Tansania eine von der Deza und der Schweizer Journalistenschule MAZ vermittelte Stage bei der tansanischen Zeitung «The Citizen». Von dort hat sie diesen Bericht für Infosperber verfasst.
Der Konflikt in Burundi hat im Nachbarland Tansania in der Gegend von Kigoma für überfüllte Flüchtlingslager gesorgt. Internationale Hilfsorganisationen erhalten zu wenig Geld, um genügend zu helfen. Über die Lage in Burundi und Burundis Flüchtlinge berichten die westlichen Medien ebenso selten wie über die Saraouis aus Nordwestafrika (siehe Infosperber vom 20.1.2016). Spenden- und Steuergelder würden ungern für die Konsequenzen eines Konflikts ausgegeben, von denen kaum jemand je gehört hat, klagt Joyce Mends-Cole. Sie ist Leiterin des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) in Tansania.
Burundi: Nach Beruhigung brach ein neuer Konflikt los

Noch 2012 konnten die Behörden Tansanias das Flüchtlingslager Mtabila an der Grenze zu Burundi schliessen. Die burundischen Flüchtlinge wurden teilweise zurück in ihr Heimatland geschickt, teilweise erhielten sie einen tansanischen Pass. Nach Jahrzehnten des Konflikts schien Burundi endlich zur Ruhe zu kommen.
Doch im April 2015 wollte Präsident Pierre Nkurunziza eine dritte Amtszeit, obwohl die Verfassung dies nicht zuliess. Es kam zum Putsch, zu Demonstrationen und schliesslich zu Neuwahlen, die von internationalen Beobachtern stark kritisiert wurden. In der Folge heizte die Regierung die Stimmung zwischen den dominanten Bevölkerungsgruppen Tutsi und Hutu wieder an.

Seither flüchten wieder tausende Menschen aus Burundi, manche davon bereits zum wiederholten Mal. Internationale Beobachter befürchten einen erneuten Genozid. Ein Treffen für Friedensgespräche hat die burundischen Regierung wiederholt verschoben.

Die Flüchtlinge bleiben in den Lagern blockiert
Die Uno schätzt die Zahl der neuen Flüchtlinge aus Burundi auf rund eine Viertelmillion Menschen. Anfang Januar 2016 lebten 124’000 von ihnen in Flüchtlingslagern in Tansania.

«Eine gewisse Müdigkeit auf Seiten der tansanischen Behörden war spürbar», sagt Tamara Keating, Verantwortliche für Tansania bei der Internationalen Organisation für Migration IOM. Nichtsdestotrotz habe Tansania lobenswert reagiert. Jede Person, welche die Grenze überquert, erhält automatisch Flüchtlingsstatus mit allen dazugehörigen Rechten. Das Personal von IOM holt Flüchtlinge an der Grenze ab und sorgt dafür, dass sie die Lager sicher erreichen.
«In diesen Flüchtlingslagern lebt man nur, wenn man keine andere Wahl hat», sagt Joyce Mends-Cole. Die Liberianerin ist Leiterin des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) in Tansania. Das UNHCR organisiert mit einer Reihe anderer internationaler Organisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen, die Lager an der tansanischen Grenze. Für viele ist das Flüchtlingslager die Endstation, denn Tansanias verbietet es den Flüchtlingen, die Lager zu verlassen. Damit sei das UNHCR nicht einverstanden, sagt die Leiterin Mends-Cole. Immerhin habe Tansania das Verbot etwas gelockert und zum Beispiel einen Markt erlaubt, den Flüchtlinge und die lokale Bevölkerung gemeinsam betreiben.

Cholera, Konflikte, Gewalt

Flüchtlingslager in Nyagurusu
Als die ersten Flüchtlinge über die Grenze kamen, wurden sie in einem noch bestehenden Flüchtlingslager untergebracht, in Nyagurusu. Das für 50’000 Menschen gedachte Camp war bereits vor dem Konflikt überfüllt – mit Flüchtlingen aus dem Kongo. Diese Zahl schwoll nach April 2015 auf über 150’000 an. Ein Cholera-Ausbruch konnte mit viel Glück sowie Impfaktionen eingedämmt werden, trotzdem fielen der Krankheit 30 Menschen zum Opfer.

Impfaktion gegen die Cholera
Nach und nach bekäme man die Situation aber in Griff, sagt Mends-Cole. Ein zweites und ein drittes Lager sind eröffnet worden, ein viertes Lager ist in Planung. Problematisch ist die Situation aber nach wie vor. Es schwelen Konflikte zwischen den kongolesischen und den burundischen Flüchtlingen.

Ein weiteres Problem ist sexuelle Gewalt. «Ein Grund sei die patriarchale Gesellschaft, die auch ausserhalb einer Konfliktsituation Frauen eine schlechtere Stellung gibt», erklärt Joyce Mends-Cole. Innerhalb der Lager verschärfe sich jedoch die Situation. Zwar gebe es Möglichkeiten für Opfer sexueller Gewalt, rechtliche Schritte zu unternehmen. Das bleibe jedoch die Ausnahme. Die Familie müsse einen solchen Schritt unterstützen, sonst fehle den meisten Opfern das Vertrauen in die ausländischen Hilfsorganisationen.
Ein eigentlich simples Mittel um wenigstens ein bisschen Abhilfe zu schaffen, wäre Licht, «Wenn die Umgebung beleuchtet ist, schafft das automatisch mehr Sicherheit», erklärt Mends-Cole. Doch um eine Solaranlage zu installieren, die Beleuchtung schaffen würde, fehlt das Geld.
Das fehlende Geld ist bei allen Hilfsorganisationen Thema. Im Fall des UNHCR ist in Tansania vom veranschlagten nötigen Budget gerade einmal ein Drittel vorhanden: Über 98 Millionen US-Dollar sind veranschlagt, etwa 37 Millionen sind vorhanden. Ähnlich liegt der Fall in Uganda und Ruanda, ebenfalls Zielländer der Flüchtlinge.
Indes überqueren täglich zwischen 150 und 250 Flüchtlinge die Grenze von Burundi nach Tansania. Eine Zahl, die wenig Schlagzeilen macht. «Es fühlt sich an, als ob auf eine grosse, dramatische Flüchtlingswelle gewartet würde», sagt Tamara Keating vom IOM. Dabei werde übersehen, dass der Zustrom an Flüchtlingen zwar langsam, aber beständig sei.
«Die Geberländer haben ihre eigenen Probleme und müssen schwierige Entscheide treffen», erklärt Joyce Mends-Cole. Mit dem Konflikt in Syrien und Europas eigener Flüchtlingskrise ist Ostafrika weit aus dem Fokus gerückt. Dass Burundis Flüchtlinge medial wenig Platz finden, sei ein Teil des Problems, dass zu wenig Hilfsgelder fliessen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Die Berner Journalistin Gianna Blum absolviert in Tansania eine von der Deza und der Schweizer Journalistenschule MAZ vermittelte Stage bei der tansanischen Zeitung «The Citizen».

Zum Infosperber-Dossier:

Afghanischer_Flchtling_Reuters

Migrantinnen, Migranten, Asylsuchende

Der Ausländeranteil ist in der Schweiz gross: Die Politik streitet über Asyl, Immigration und Ausschaffung.

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