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Uno Resolution 2334: Das ist ein schändlicher Schlag gegen mich! © ccc

Israel wird immer dreister

Christian Müller /  »Es gibt kein palästinensisches Territorium», sagt Max Singer, einer der prominentesten Vordenker Israelischer Strategie.

Er ist wahrlich kein Nobody. Max Singer studierte an der Harvard University in Cambridge / Massachusetts USA und holte sich dort den Doctor of Jurisprudence. 1961 gründete er zusammen mit Herman Kahn, dem damals international wohl bekanntesten und einflussreichsten Befürworter eines Atomkrieges der USA gegen die Sowjetunion, das Hudson Institute (damals in New York, seit 2004 in Washington D.C.), wo Singer jetzt ein Senior Fellow und sogenannter Trustee Emeritus ist. Später wurde Singer auch Senior Research Associate am israelischen BESA Center for Strategic Studies an der Bar Ilan Universität in Tel Aviv und Direktor des Institute for Zionist Strategies in Jerusalem. Und Max Singer hat auch ein paar Bücher geschrieben, darunter die «Geschichte der Zukunft» (History of the Future: The Shape of the World to Come Is Visible Today. Lexington 2011.)

Donald Trump hat, man weiss es, mit David Friedman einen rechtskonservativen Juden zum US-Botschafter in Israel ernannt, und dieser hat die Öffentlichkeit gleich wissen lassen, dass er für einen Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem eintritt (»Ich freue mich, in Jerusalem zu arbeiten»), eine totale Provokation gegenüber den Palästinensern, denn Jerusalem ist von den meisten Staaten der Welt nie als Hauptstadt Israels anerkannt worden, auch nicht von den USA.

Doch Donald Trumps Botschafter-Wahl und die Ernennung seines orthodox-jüdischen Schwiegersohns Jared Kushner zum Chefberater im Weissen Haus haben nicht nur weltweit schockiert. Offensichtlich haben diese Entscheide einige Opinion Leaders in Israel auch beflügelt – Max Singer zum Beispiel. Singer veröffentlichte unverzüglich einen Kommentar mit der Argumentation, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem werde eine grosse Chance des neuen US-Präsidenten sein und dem israelisch-palästinensischen Frieden Vorschub leisten.

Und jetzt, vor wenigen Tagen, hat er erneut zugeschlagen. Seine These: Da die arabischen Einwohner in Palästina nie souverän waren, gibt es auch kein palästinensisches Territorium. Und er kritisiert – überraschenderweise – dabei auch äussert hart die USA. Sie seien mitschuldig, dass die weltweit verbreitete Geschichtsschreibung zu Palästina völlig falsch sei. Die USA hätten diese falsche Geschichtsschreibung immer mitgetragen und sie nie richtiggestellt.

»Die USA werden üblicherweise für voreingenommen Israel-freundlich gehalten, auch nach der Annahme der UNO-Resolution 2334. Aber schon viele Jahre sind die USA ein Hauptgrund, warum die Welt der Diplomatie eine falsche Geschichtsschreibung des arabisch-israelischen Konflikts akzeptiert, die Israel schadet und die Erreichung eines Friedens behindert. Washington sollte endlich zu einer Strategie der Wahrheit übergehen, um das Lügengebäude der falschen Anschauungen zu zerstören, mit dem Israel verleumdet wird und das einem Frieden im Weg steht.»

(«The US is usually thought to be biased in favor of Israel, even after its recent acceptance of UNSC Resolution 2334. But for many years, the US has been a big part of the reason why the diplomatic world accepts a false narrative of the Arab-Israeli conflict that harms Israel and makes it harder to achieve peace. Washington should move to a truth-telling strategy to dismantle the structure of false views that slander Israel and stand in the way of peace.»)

Max Singer wörtlich:

«Die weitverbreitete falsche Geschichtsschreibung des Israelisch-Palästinensischen Konflikts basiert auf den folgenden Annahmen:
● Israel habe palästinensisches Territorium gestohlen und halte es jetzt besetzt
● dort seien Millionen von ‹palästinensischen Flüchtlingen›, die das ‹Recht auf Rückkehr› nach Israel hätten
● Israel und Palästina hätten gleichen oder vergleichbaren Anspruch auf Jerusalem
● die palästinensische Bevölkerung und ihre Anführer seien bereit, eine Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren, die die palästinensischen Bemühungen, den israelischen Staat zu eliminieren, beendigen werde.»

Die USA hätten diese Annahmen konsequent unterstützt oder waren zumindest nie bereit, diesen Annahmen zu widersprechen, schreibt Singer.

(«The widely accepted false narrative of the Israeli-Palestinian conflict is built on the following premises:
● Israel stole and now occupies Palestinian territory;
● there are millions of »Palestinian refugees” who have a »right of return” to Israel;
● Israel and the Palestinians have equal or comparable claims to Jerusalem;
● the Palestinian community and its leadership are ready to accept a two-state solution that will end Palestinian efforts to eliminate the Jewish state.»)

Und weiter unten in seinem Pamphlet: «Die Politik der USA hat diese Lügen immer ignoriert und sie manchmal sogar unterstützt, um den Palästinensern nicht entgegentreten zu müssen und um einen aufkommenden Zorn der arabischen und muslimischen Nationen zu vermeiden. Diese langanhaltende US-amerikanische Bereitschaft, die Realität beiseite zu schieben und zu Verhandlungen zu ermuntern, war soweit erfolglos und wurde sogar zunehmend schädlich.»

(«US policy has always been to ignore, and sometimes even to support, the falsity of these diplomatically accepted narratives in order to avoid contradicting the Palestinians and arousing the wrath of the Arab and Muslim nations. This longstanding American willingness to put reality aside to try to encourage negotiations has been unsuccessful thus far, and has become increasingly harmful.»)

Und was ist denn falsch an dieser Darstellung?

Nach weiteren Erklärungen lässt Max Singer die Katze schliesslich aus dem Sack:
»Eine wahrheitsgemässe Darstellung würde die palästinensische Geltendmachung auf palästinensisches Land zwar nicht ignorieren, aber klarstellen, dass das betreffende Land umstritten ist. Es ist nicht palästinensisches Territorium. Unbeachtet der Annahme der Uno-Resolution 2334, die auf der gleichen falschen Annahme basiert: Es gibt kein palästinensisches Territorium und es hat nie ein palästinensisches Territorium gegeben. Die Palästinenser haben nie einen eigenen Staat mit eigenem Land gehabt und sie hatten noch nie die Souveränität über eigenes Land. Das ist eine indiskutable Tatsache, nicht eine Frage der Politik oder der Interpretation.»

(«A US truth-telling strategy would not ignore Palestinian assertions about ‹Palestinian land›, but would point out that the land in question is disputed. It is not Palestinian territory – despite US acceptance of a UNSC resolution that refers to it as such – because there is no Palestinian territory and never has been. Palestinians have never ruled or been sovereign over any land. This is an indisputable fact, not a question of policy or interpretation.»)

Der historische Anspruch Israels auf Palästina

Es stimmt natürlich: Als 1948 das Vereinigte Königreich seinen Anspruch auf sein Mandatsgebiet Palästina aufgab und damit den Plan der Uno ermöglichte, in Palästina zwei Staaten zu etablieren, einen für die Araber und einen für die Juden, da haben die meisten arabischen Staaten nicht zugestimmt. Die arabische Bevölkerung in Palästina war in der Mehrheit und hatte deshalb keine Veranlassung, einer Aufteilung des Landes zuzustimmen. Die darauf folgenden Kriege bis 1967 sind bekannt. Klar ist aber, dass die Uno zwei Staaten wollte, um den Überlebenden des Holocaust und den in alle Welt zerstreuten Juden eine eigene Heimat geben zu können. Daraus nun allerdings abzuleiten, die dort wohnenden Palästinenser hätten gar keinen Anspruch auf ihr Land, es gäbe «kein palästinensisches Territorium», ist schon eine sehr eigensinnige Auslegung der historischen Fakten.

»Einzelne Palästinenser», so Max Singer, «besitzen sicherlich viel Land in der umstrittenen Zone, so wie sie auch Land in Israel, in den USA und anderswo besitzen. Aber Landeigentum von palästinensischen Privatpersonen ergibt noch kein palästinensisches Territorium, weder in Nablus noch in New York.»

Singers Argumentation hat in Israel denn auch bereits politische Folgen. Letzte Woche hat die Knesset einem neuen Gesetz zugestimmt, gemäss dem es legal ist, wenn der Staat Israel in Westjordanland Land in palästinensischem Privatbesitz für israelische Siedlungen enteignet. Wenigstens zu diesem neuen Akt politischer Provokation – nicht zuletzt eine Folge des Wechsels von Obama zu Trump, hat man mit dem Gesetz doch bewusst bis zur Inauguration Donald Trumps zugewartet – haben jetzt zahlreiche Politiker in Europa und sogar in den USA nicht mehr geschwiegen.

Auch die Geschichte mit den Flüchtlingen ist eine Lüge

Klar, dass es in den Augen von Max Singer auch keine palästinensischen Flüchtlinge mit dem Recht auf Rückkehr gibt. Wenn die Palästinenser nie einen eigenen Staat hatten, können sie auch kein Recht auf Rückkehr in diesen Staat haben. Die USA sollten, so Singer, auch in diesem Punkt endlich die Wahrheit sagen.

Und Jerusalem? Die Juden, nicht die Palästinenser, haben einen historischen Anspruch auf Jerusalem. Die Juden beten für Jerusalem, nicht die Araber. Deshalb, so Singer wörtlich: «Israel kann als Jüdischer Staat nicht überleben ohne Jerusalem als Hauptstadt.»

Ob Max Singer, prominenter Kopf in einem einflussreichen US-amerikanischen Think-Tank, in einem Israelischen Think-Tank und in einem Center für strategische Studien einer israelischen Universität, mit seinen Thesen Israel einen Gefallen tut? Wohl eher nicht.

––

Der ganze Artikel von Max Singer kann unten eingesehen und auch als PDF downgeloadet werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Atommacht Israel und ihre Feinde

Teufelskreis: Aggressive Politik auf allen Seiten festigt die Macht der Hardliner bei den jeweiligen Gegnern.

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7 Meinungen

  • Portrait_Felix_Schneider
    am 12.02.2017 um 12:28 Uhr
    Permalink

    Max Singer und das «Begin-Sadat-Center for Strategic Studies» betreiben die ideologische Vorbereitung der Annexion (eines grossen Teils) der Westbank durch Israel.
    Felix Schneider

  • am 12.02.2017 um 14:36 Uhr
    Permalink

    Israel muss lernen, dass die Zeiten der biblischen Begründung für die Bildung und Erhaltung seines Staates der Vergangenheit angehören. Israelunterstützungen aus dieser Perspektive nehmen von Dezennium zu Dezennium ab. Es bleiben aber die
    Erwartungen und nehmen noch zu, dass der Staat Israel sich im Rahmen seiner ganz
    besonderen Ausgangslage, die ihm zur Geschichte des Christentums zufällt, ver-
    hällt. Tut er das? Ich könnte es nicht bejahen.
    Paul Spätig, Ligerz

  • am 12.02.2017 um 16:26 Uhr
    Permalink

    Jetzt kommt der zionistische Masterplan immer unverhüllter zum Vorschein: das ganze (historische) Palästina nur für jüdische Israelis, unter Vertreibung und Ausrottung der einheimischen nichtjüdischen Bevölkerung. Nach diesem Plan waren mehr oder weniger alle israelischen Regierungen vorgegangen, hatten ihn jedoch mit einem vorgeblichen Friedensprozeß verschleiert, um Zeit zu gewinnen. Jetzt, wo sie unumkehrbare Tatsachen geschaffen haben und sich so stark wie niemals zuvor sehen, lassen sie diesen Schleier fallen.
    Ursprünglich war die zionistische Bewegung säkular gewesen und hatte sich auf ein angebliches historisches Recht auf Palästina berufen, wonach dieses die Heimat der leiblichen Vorfahren der heutigen Juden gewesen sei, doch im Laufe der Zeit hat sie sich in Richtung auf die Religion bezogen gewandelt und wird nun durch jene „ultraorthodoxen“ Siedler repräsentiert und bestimmt. Ohne Entzionifizierung Israels wird es keinen Frieden geben. Die Kräfte, die eine solche durchführen könnten, wie die Friedensbewegung, sind derzeit jedoch viel zu schwach. Solange Israel zionistisch ist, wird es keine Zweistaatenlösung geben, da es stets bestrebt sein wird, einen Palästinenserstaat zu verhindern, und wenn das nicht geht, ihn zu strangulieren und so schwach wie möglich zu halten.

  • am 13.02.2017 um 11:57 Uhr
    Permalink

    Passend dazu auch das hier… eine Randnotiz in englischer Sprache vom 12.2.2017

    The Palestinian Authority on Sunday slammed proposed Israeli legislation prohibiting the overnight use of loudspeakers in houses of prayer, calling it an attack on religious freedom. A new version of the so-called muezzin bill prohibits the use of loudspeakers for religious purposes from 11 p.m. to 7 a.m. It was approved by the Ministerial Committee for Legislation on Sunday. Violators of the proposed legislation will be fined NIS 10,000 ($2,600). PA President Abbas on Sunday condemned the bill, saying it “would drag the area into disaster,” according to the official Palestinian news outlet Wafa. The bill is a revised version of an earlier proposal, which would have banned loudspeakers over a certain volume at all hours, but which drew opposition from certain lawmakers.

    Jüdische Verantwortliche dürfen sich ohne weitere Konsequenzen in drastischen rassistischen Forderungen und Ansichten gegenüber allen anderen äussern…. Goyim

  • am 13.02.2017 um 12:07 Uhr
    Permalink

    Deja vu all over again. Die letzten der israelischen «neuen» Historiker, die diese Geschichte seinerzeit akademisch sauber aufgearbeitet haben gehen oder sind in Pension. Dass Israel bei der Staatsgründung 750’000 PalästinenserInnen vertrieben hat (Nakba) ist als Fakt nich mehr bestritten. Nur finden die Rechten darunter (etwa Benny Morris), man hätte etwa 250’000 mehr vertreiben sollen. Das alles ist auf Wikipedia abgelegt unter New Historians, Benny Morris, Illan Papé etc.
    In den USA muss man dagegen mit einer bestfinanzierten Landschaft von politisch motivierten Thinktanks rechnen, die allenfals Apokalypse-theologisches Material recyceln.
    MfG
    Werner T. Meyer

    Quelle: Paul Krugman beschreibt die Entstehung in «The Conscience of a Liberal» im Kapitel «Movement Conservatives». Die Republikaner bauen ab den 1970ern eine Think Tank – Landschaft auf samt Finanz-Infrastruktur (insbesondere American Enterprise Institute) auf. Seither gibt es in diesen Tanks eine Schicht Pseudo-Intellektuelle, die nicht mehr akademisch arbeiten, sondern nach Auftrag eine spezialisiert Ideologie erzeugen. Zuhanden der Führungsschicht selbst wie der Medien für die 99%.

  • am 13.02.2017 um 17:38 Uhr
    Permalink

    da sind sie alle beisammen die wahren Bombenleger

  • am 13.02.2017 um 20:40 Uhr
    Permalink

    Danke für den informativen Artikel! Das musste ja so kommen. Dank den USA hatte Israel nie einen Grund, die Menschenrechte einzuhalten, oder UN-Resolutionen zu entsprechen. Das Ganze erinnert mich fatal an die Zeiten von «Heim ins Reich». Da hatte sich auch jemand konsequent um internationale Verträge foutiert. Und was daraus geworden ist, kennt man.

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