Ozeane saugen viel Plastik aus der Luft
Die Menschheit produziert und nutzt enorme Mengen Plastik. Ein guter Teil davon wird achtlos weggeworfen und landet im nächsten Gewässer, wo er zu Mikroplastik zerfällt. Die Plastikteilchen gelangen über Wind und Gischt dann in die Luft. Das war zumindest bisher die Vermutung.
Ein internationales Forschendenteam kehrt die Theorie um: Die Ozeane schlucken etwa 15 Prozent der Mikroplastikteilchen in der Luft, schätzen die Forschenden aus Shanghai, Hamburg und Colorado.
Überraschende Wende in der Forschung
Am Max-Planck-Institut für Meteorologie versuchten sie mit einer dreidimensionalen Modellierung, den Wege der Plastikteilchen auf der Erde nachzuvollziehen. Die Meere nehmen mehr Mikroplastik auf, als sie Plastikpartikel abgeben, stellen sie in ihrer im Magazin «npj Climate and Atmospheric Science» veröffentlichten Arbeit fest.
Das ist neu. Bisher ging man davon aus, dass ein merklicher Teil der winzigen Teilchen über Gischt in die Luft gelangt. Zwei vorausgehende Studien gingen sogar davon aus, dass 93 Prozent des Mikroplastiks in der Atmosphäre aus den Ozeanen stammen. Laborversuche, die die Aerosolbildung in der Gischt simulierten, kamen jedoch zu anderen Ergebnissen. Und zwar gleich um mehrere Grössenordnungen.
Ursprung und Wege des Mikroplastiks
Nach der neuen Studie wandert nur etwa 0,0008 Prozent des globalen Mikroplastikaufkommens vom Meer in die Luft, aber ungefähr 15 Prozent aus der Luft in die Ozeane.
Die kleinen Plastikpartikel entstehen in erster Linie in dicht bevölkerten Gebieten an Land. Mikroplastik wird dann über die Wasserläufe ins Meer gespült, wo es weite Wege zurücklegen kann. Kleidungsfasern beispielsweise wandern mit Meeresströmungen bis zu den Polen (Infosperber berichtete).

Mikroplastik in der Luft kann ebenfalls weit reisen. Wie mobil die Kleinstteilchen sind, hängt von ihrer Form und Grösse ab. Grössere Partikel setzen sich schon über Land oder an der Küste ab. Kleinere Teilchen können bis zu einem Jahr in der Luft bleiben und sich dann sogar auf dem Schnee der Arktis ablagern. Über Ballungsgebieten wie dem Südosten der USA, Indien, dem Nahen Osten oder Südostasien ist die Mikroplastikkonzentration trotzdem am höchsten.
Millionen Tonnen Mikroplastik wandern in die Ozeane
Welche absoluten Plastikmengen aus der Luft in die Ozeane wandern, können die Forschenden nur schätzen. Nach ihrer Rechnung könnte es um hunderttausende oder sogar mehrere Millionen Tonnen Mikroplastik gehen, schreibt das Max-Planck-Institut in einer Zusammenfassung.
Die Ergebnisse der Modellierung könnten helfen, Strategien gegen Mikroplastikverschmutzung zu verbessern, so die Forschenden in ihrem Resümee. Die Rechnung wurde bisher nicht durch praktische Versuche bestätigt, die errechneten Werte stimmen aber mit aktuell gemessenen Konzentrationen überein.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Überraschende Wende in der Forschung»
Schönes Beispiel, wozu «Forschung» taugt. Nach wenigen Jahren immer wieder gegensätzliche Aussagen; finanziert mit Steuergeldern!
Wer stoppt diesen Unsinn endlich?
Guten Tag Herr Krähenmann, über diese «Unstetigkeit» bin ich tatsächlich sehr froh. Sonst würden wir noch immer glauben, dass die Erde eine Scheibe ist und Rauchen gut für die Gesundheit, dass Krankheiten durch schlechte Luft übertragen werden und dass es den Klimawandel gar nicht gibt.
Ich war mir nicht sicher ob ich wirklich richtig gelesen habe.
Forscher die ursprünglich zur Annahme gelangten, Mikroplastik gelange hauptsächlich aus dem Meer in die Luft sollte sein Studium wiederholen. In einem anderen Studienfach. Wenn der Hauptverursacher an Land ist, wie kann es dann aus dem Meer in die Luft gelangen? Einzig über Flüsse? Scheint mir, als wurde die unwahrscheinlichste Möglichkeit untersucht. Ein gigantischer Verursacher von Mikroplastik ist der Reifenabrieb. Wieso dies nach wie vor dermassen viele Menschen ignorieren kann ich nicht nachvollziehen. Ein Reifen hat üblicherweise 6mm Profiltiefe. Beim (meist jährlichen) Wechsel noch ca 2mm. Die 4mm Gummi pro Reifen müssen ja irgendwohin und auf der Strasse sind sie nicht. Dabei könnten Reifenhersteller bereits heute deutlich haltbarere Mischungen anbieten (4x länger wäre problemlos möglich) aber das wäre ja geschäftsschädigend.