Bildschirmfoto20130427um09_50_13Kopie

Geborgene tote Textilarbeiterinnen © ZDF

Diese Menschen haben auch wir auf dem Gewissen

upg /  Wenn wir für Billigkleider nur 10 Prozent mehr zahlen würden, könnten Löhne und Produktionskosten in Bangladesch verdoppelt werden.

Wer beim Shopping-Vergnügen T-Shirts und Jeans «made in Bangladesh» kauft, ist mit verantwortlich für die 600 ausgebeutete Fabrikarbeiterinnen, die in den letzten sieben Jahren bei Fabrikbränden und -einstürzen ums Leben gekommen sind, und mit verantwortlich für die miserablen Arbeitsbedingungen von insgesamt rund vier Millionen Textilarbeiterinnen, die in Bangladesh Textilien für den Export nach Europa herstellen.
Das vor wenigen Tagen eingestürzte Fabrikgebäude war für vier Stockwerke ausgelegt, doch der neunte Stock war im Rohbau schon fertig. Als gefährliche Risse sichtbar wurden, hat eine Bank im Gebäude alle Mitarbeitenden evakuiert, die Textilarbeiterinnen aber liessen vier Textilfabrikanten weiter schuften. «Profitgier hält sich nicht an Sicherheitsauflagen und Bauvorschriften», kommentierte das ZDF im «Heute Journal» am 26. April 2013.
Die Textilarbeiterinnen in Bangladesh arbeiten häufig 60 Stunden pro Woche. Der Mindestlohn, der nicht überall eingehalten wird, beträgt 28 Euro im Monat, berichtete das ZDF. Die meisten bei uns erhältlichen Textilmarken lassen auch in Bangladesh produzieren, weil sie dort Textilien noch viel billiger als in China herstellen lassen können.
Die «Kampagne für saubere Kleider» hat ausgerechnet, dass die ganzen Produktionskosten inklusive Lohnkosten in Bangladesh 14 Prozent des Preises in deutschen Läden ausmacht. Würden westliche Kleiderkonzerne für Löhne, Material- und Infrastrukturkosten doppelt so viel entschädigen, würde dies also die Ladenpreise um nur zehn Prozent erhöhen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

7 Meinungen

  • am 27.04.2013 um 12:15 Uhr
    Permalink

    Danke für diese wichtige Mitteilung, Urs Gasche! Es ist reine Ausbeuterei auf Kosten von Menschenleben. Das geht auch in das Thema Sklaverei!! Zudem werden hier auch die Menschenrechte SCHWER verletzt!!!
    Das geht tatsächlich jede Schweizerin und jeder Schweizer etwas an. Übernehmt bitte Verantwortung und unterstützt solche AUSBEUTER nicht.

  • am 27.04.2013 um 12:27 Uhr
    Permalink

    Solange es keine Garantien gibt, dass TextilarbeiterInnen weder gefährdet noch ausgebeutet werden, kaufe ich nur Kleider, welche in der EU hergestellt wurden. So viel teurer ist das gar nicht, denn sie lassen sich meistens auch länger tragen.

  • am 27.04.2013 um 12:28 Uhr
    Permalink

    Nicht den Sack, sondern den Esel schlagen. Herr Gasche macht es sich wieder einmal zu einfach. Wer ist denn der Käufer bei den Lieferanten ? Die grossen Kleiderketten. Sie streichen enorme Gewinne ein und zahlen dem Management Spitzenlöhne. Diese könnten auf etwas Marge verzichten, den Herstellern mehr bezahlen, Mindestlöhne bei den Lieferanten durchsetzen und damit den ArbeiterInnen ein würdiges Einkommen ermöglichen.
    Die Endverkaufspreise in den Läden sind Marktpreise. Da die Preise zu erhöhen, ist unrealistisch, denn es scheucht die Kunden weg (die braucht es, damit Fabriken laufen….).
    Woran es jedoch mangelt, ist eine die Arbeitsleistung schätzende Geschäftsethik der Einkäufer (und bei vielen Journalisten betriebswirtschaftlicher und ökonomischer Verstand).

  • am 27.04.2013 um 12:34 Uhr
    Permalink

    @Roland Naef: Labels sind nicht zuverlässig. Es reichen simple Arbeitsgänge in einem EU Land, um die Herstellung in einem Billiglohnland mit einem ‹Made in EU› auf dem Label zu kaschieren. Alle preisgünstigen – und für die den Trends folgende Masse der Kunden erschwinglichen Kleider – sind nie und nimmer in Europa hergestellt.

  • am 28.04.2013 um 07:59 Uhr
    Permalink

    Bei aller Unvollständigkeit der Wirkung wäre es trotzdem sinnvoll zu wissen welche Labels in Bangla Desh herstellen lassen und diese Inofrmation dann publik zu machen. Falls es sich dabei um vorbildliche Arbeitgeber vor Ort handelt müsste das sauber nachgewiesen und regelmässig überprüft werden. Geht doch bei der Kinderarbeit auch – oder?

  • am 28.04.2013 um 09:48 Uhr
    Permalink

    Ja, ein Fairnesslabel für Textilien wäre eine Möglichkeit. Es gibt Bestrebungen: http://www.fairwear.org/36/brands/ Die grossen Modehäuser fehlen jedoch !
    Dort wird nur schön geredet: http://www.innovationintextiles.com/committed-to-fairness/
    PS: Übrigens: die Fabrik in Bangladesh ist nicht wegen den schlechten Arbeitsbedingungen eingestürzt, sondern weil der Eigentümer dank dem korrupten Bürgermeister ohne Baubewilligung und Kontrolle das Gebäude erstellte und die Gebäudeschäden ignoriert wurden. Die Arbeiterinnen wurden trotz erkennbarer Einsturzgefahr zur Rückkehr in die Fabrik getrieben. Da hätten auch faire Löhne nicht geholfen. Für solche Unglücke können die KundInnen hier nicht verantwortlich gemacht werden. Deshalb sind solche kollektiven und polemischen Vorwürfe ("Diese Menschen haben wir auf dem Gewissen") an die KundInnen von günstigen Kleidern zurückzweisen.

  • am 28.04.2013 um 14:23 Uhr
    Permalink

    Stimmt und stimmt nicht liebe/r I. Heim. Wenn Arbeitnehmer/innen anständig entlöhnt werden steigt die Chance dass sie nicht oder weniger als leicht zu ersetzende Betriebsmittel angesehen werden. Es geht ja hier um die Würde und Einmaligkeit der Menschen. Die schützt man nicht nur, aber auch mit einer Entlöhnung die dem Gegenwert ihrer Arbeit in etwa entspricht.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...