Blatten

Das zugeschüttete Dorf Blatten und der Schuttkegel mit einer Länge von fast zwei Kilometern und einer Dicke von bis zu hundert Metern © SRF

Kaputtes Blatten: «Es sind nicht die Zürcher, es ist die Natur»

upg. /  Man müsse Wallisern klaren Wein einschenken. Manche könnten ihren Wohnort verlieren. Das schreibt ein Walliser in der «NZZ».

NZZ-Redaktor Samuel Burgener weiss, worüber er schreibt. Denn er ist im Walliser Dorf Saas-Fee aufgewachsen, das in den vergangenen zwölf Monaten von der Aussenwelt mehrfach abgeschnitten war. Im Sommer 2024 verursachte der Triftbach eine schwere Überflutung und brachte Geröll, Schutt und Schlamm ins benachbarte Dorf Saas-Grund.

Burgener erinnert daran, dass es «überall im Wallis Überschwemmungen, Sturzfluten und Steinschläge» gab und schreibt seinen «lieben Wallisern»: «Wir haben kein Recht auf eine intakte, bewohnbare Landschaft.»

«Unschweizerischer Angriff auf die Berggebiete»

«Ich frage mich, ob die Walliser Politiker tatsächlich glauben, was sie sagen», fährt NZZ-Redaktor Samuel Burgener fort. Nachdem Deutschschweizer Medien oder Ökonomen in geschwollenem Ton die Frage aufgeworfen hätten, wie lange man sich in der Schweiz den Schutz des gesamten Berggebiets noch leisten könne und wann man Ortschaften, ja Talschaften aufgeben müsse, hätten die Walliser Spitzenpolitiker «wie immer eine Abwehrhaltung inszeniert, beleidigt und mutig zugleich». Nur schon die Frage sei ein zynischer, pietätloser, unschweizerischer Angriff auf die Berggebiete. 

Es stehe allerdings fest, schreibt Burgener seinen Walliser Landsleuten ins Gewissen, dass es nicht die Zürcher seien, die den Wallisern irgendwann verunmöglichen, in den abgelegensten Bergtälern zu leben. Vielmehr sei es die Natur, die gewisse Gebiete möglicherweise schon bald unbewohnbar machen werde.

An der eigenen Nase nehmen

Die Walliser hätten zwar «ein moralisches Recht auf Heimat, Geschichte, Kultur, Identität», jedoch «kein Recht auf eine intakte, bewohnbare Landschaft».

Die Walliser müssten in den eigenen Spiegel schauen: «Im Herbst 2024 hat das Wallis das neue kantonale Klimagesetz mit 55,8 Prozent der Stimmen abgelehnt. Es wäre visionär gewesen. Das Wallis hätte zehn Jahre vor der übrigen Schweiz klimaneutral werden sollen, also schon 2040. In diesem Klimagesetz wäre ein Fonds von 100 Millionen Franken für Katastrophenfälle vorgesehen gewesen. Doch der Mitte-Ständerat Beat Rieder, geistiger Landesvater des deutschsprachigen Oberwallis, hatte sich dagegen gewehrt. Es sei zu kompliziert und zu teuer.»

Die Mitte-Staatsrätin Franziska Biner habe das Klimagesetz ebenfalls bekämpft: «Jetzt sehe ich, wie sie auf Social Media das Spendenkonto der ‹Glückskette› postet.»

Auch die Walliser SVP-Politiker hätten das Klimagesetz bekämpft, weil sie «die Freiheit behalten» wollten. Burgener kommentiert: «Nun werden sie von der Natur ihrer Freiheiten beraubt.»

Realistische Auseinandersetzung

Bei aller Pietät gegenüber den Opfern von Katastrophen und der Trauer müsse man sich mit der Zukunft des Lebensraums realistisch auseinandersetzen, meint Burgener. 

Aufrichtige Politiker sollten in diesen Tagen den Leuten in Blatten und im Oberwallis erklären, dass man alles daransetzen werde, den alpinen Lebensraum zu erhalten. Aber auch, dass man nichts garantieren könne. Schon gar keine ewige Bleibe an diesem oder jenem Ort. Auch dass Walliser möglicherweise gezwungen sein werden, ihr Habitat neu zu definieren.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...