KlimaaktivistinMartulloBlocher

So feiert der «Blick» die «Klimaaktivistin» Magdalena Martullo-Blocher. © Parlament

Millionen-Subventionen für «Axpo Tegras» Stromproduktion

Kurt Marti /  Die Subventionskritikerin und Ems-Chefin Martullo-Blocher inszeniert sich als «Klimaaktivistin».

Der «Blick» trug letzte Woche faustdick auf, als er SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher als «grösste Klimaaktivistin hierzulande» bezeichnete. Auch die «Klimaaktivistin» Martullo-Blocher gab sich unbescheiden: «Wir sind die Schweizer Firma, die am meisten CO₂ reduziert!» Und sie begründete: «Mit dem Biomasse-Kraftwerk auf unserem Werkplatz in Domat/Ems GR konnten wir zwischen 2001 und 2017 85 Prozent unseres CO₂-Ausstosses einsparen.»

Laut «Blick» ist die «Klimaaktivistin» Martullo-Blocher «nicht bekannt dafür, Massnahmen zu unterstützen, die den CO₂-Ausstoss verteuern oder erneuerbare Energien fördern». Zudem halte sie «nichts von Subventionen für Elektroautos». Ihr Credo bei der Ems-Chemie sei vielmehr die «Selbstverantwortung».

Tatsächlich profilierte sich die Ems-Chemie-Chefin schon früher als Subventionskritikerin. Anlässlich der Medienkonferenz der Ems-Chemie im Jahr 2013 geisselte sie die Empfänger von Subventionen aus dem Topf der «Kostendeckenden Einspeisevergütung» (KEV) mit harten Worten: «Der Krieg um diese immensen Subventionsgelder ist in vollem Gang. Eine ganze Branche von Subventionsjägern ist hier aktiv.»

«Subventionsjägerin» liefert Energie für die Ems-Chemie

Das Holzkraftwerk in Domat/Ems, das Strom und Wärme produziert, steht zwar auf dem Gelände der Ems-Chemie, wird aber von der «Axpo Tegra AG», einer Tochterfirma der Axpo, betrieben. Die Ems-Chemie bezieht ihre thermische Energie in Form von heissem Wasserdampf von der «Axpo Tegra».

Doch mit ihrer Stromproduktion gehört just die «Axpo Tegra AG» zu den von Martullo-Blocher attackierten «Subventionsjägern». Von 2011 bis 2017 kassierte die Meisterjägerin «Axpo Tegra» insgesamt rund 115 Millionen Franken Subventionen aus dem von Martullo-Blocher bekämpften KEV-Topf. Das geht aus den KEV-Bezüger-Listen des Bundesamts für Energie (BFE) hervor. Damit gehört die «Axpo Tegra» zu den Spitzenreitern unter den KEV-Bezügern.

Bund bastelte eine «Lex Axpo Tegra»

Die KEV-Millionen flossen übrigens auch dann noch ungehindert weiter, als der Wirkungsgrad der «Axpo Tegra» wegen dem Konkurs eines wichtigen Wärmeabnehmers im Jahr 2010 unter die vorgeschriebenen 70 Prozent fiel. Flugs bastelte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Jahr 2011 eine «Lex Axpo Tegra», die bis 2014 befristet war.

Weil 2015 und 2016 der Mindestwirkungsgrad noch nicht erfüllt war, sanken die KEV-Subventionen auf 3,5 beziehungsweise 6,5 Millionen Franken ab. Im November 2016 nahm die «Axpo Tegra» eine Holzschnitzel-Trocknungsanlage in Betrieb, womit der Wirkungsgrad wieder erhöht wurde. Deshalb stiegen im Jahr 2017 die Subventionen wieder auf 18,7 Millionen an.

«Tonnenweise gesundheitsschädigender Feinstaub»

Keine Freude an der neuen Holzschnitzel-Trockungsanlage hatten die Bündner Sektionen des WWF und der «Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz» (AefU). «Mit der Vortrocknung der Schnitzel wird tonnenweise gesundheitsschädigender Feinstaub in die Luft ausgestossen», warnte Gustav Ott, AefU-Präsident Graubünden, gegenüber der Südostschweiz.

Und Anita Mazzetta, Geschäftsleiterin des WWF Graubünden, kritisierte: «KEV ist für den Klimaschutz und nicht für ein solches Staubmonster geschaffen worden, welches wertvolle Energie vernichtet.» Stattdessen verlangten der WWF und die AefU Graubünden eine umweltfreundlichere Lösung: Eine Nah- und Fernwärmeleitung nach Domat/Ems und Chur West.

Vor kurzem hat Anita Mazzetta als grüne Churer Gemeinderätin einen Auftrag für die Planung einer Fernwärmeleitung vom Holzkraftwerk der «Axpo Tegra» in Domat/Ems nach Chur West eingereicht, wie das «Bündner Tagblatt» berichtete. Laut Mazzetta wird ein Grossteil der Wärmeenergie des Holzkraftwerks Tegra «vernichtet, das heisst ins Wasser abgeleitet oder für eine fragwürdige Holzschnitzelheizung verwendet». Dass diese CO₂-freie Energie heute nicht genutzt werde, sei «ein Skandal».

Siehe dazu: Hintergründe zu Martullo-Blochers Wasserdampf
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Zum DOSSIER: «Die Klimapolitik kritisch hinterfragt»
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 21.03.2019 um 19:43 Uhr
    Permalink

    Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Libertär für freie Marktwirtschaft plädieren und den Staat bei jeder Gelegenheit zur Kasse beten.

  • am 21.03.2019 um 21:54 Uhr
    Permalink

    Ist doch die alte SVP Strategie nach Blocher.

  • am 23.03.2019 um 15:28 Uhr
    Permalink

    Wenn ich das richtig verstehe, wird hier ein Holzstrom-Kraftwerk betrieben, dessen Wärme nur teilweise von der Ems-Chemie genutzt wird, und vom nahen Ems gar nicht. Logisch wäre es doch, nur so viel Strom zu produzieren, wie Wärme tatsächlich benötigt wird und eine Wärmeleitung nach Ems (2-3 km), vielleicht auch Tamins, nicht nach Chur-West (6-7 km) zu bauen. Und ausserdem weniger schädliche weitere Sommer-Wärmeverbraucher als die Holzschnitzeltrocknung (warum kein Feinstaubfilter?) zu suchen. Ausserdem dachte ich, dass Schnitzel gar nicht getrocknet werden müssen, und wenn schon, würde sich auf dem riesigen unbenutzen Gelände dort (weil die Grosssägerei zurückgebaut wurde) Trocknung mit Luft und Sonne anbieten.

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