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5 Minuten Benzin- contra 30 bis 60 Minuten Stromtanken: Stromladestelle der Shell © Shell

Die Hürden, wenn alle vom Öl- aufs Stromauto umsteigen

Hanspeter Guggenbühl /  Es gibt viele Wege zum Klimaziel von Paris. Der Umstieg aufs Elektroauto ist besonders hürdenreich, zum Beispiel beim Tanken.

Die globale Temperatur darf nicht stärker als um 1,5 Grad steigen, befanden die Regierungen 2015 an der Klimakonferenz in Paris. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Ausstoss des Treibhausgases CO2 (Kohlendioxid) bis 2050 netto auf null sinken, zeigt die darauf basierende Klimaforschung. Darum soll der Konsum von Kohle, Erdöl und Erdgas bis 2050 auch in der Schweiz auf null gesenkt werden, folgert daraus ein Komitee, das diese Forderung mittels «Gletscher-Initiative» in der Bundesverfassung festschreiben will.

Selbst wenn man an diesen klimapolitischen Eckpunkten einige Abstriche macht, ist klar: Unsere Zivilisation muss sich in den nächsten Jahrzehnten von den fossilen Energieträgern verabschieden. Je nach Wirtschafts- und Konsumbereich – von der Stromerzeugung über Industrie, Gewerbe und Gebäude bis zum Verkehr – führen verschiedene Wege ins nachfossile Zeitalter. Im Bereich Verkehr steht heute der Umstieg auf Elektromobilität im Vordergrund.

Szenarien zum Umstieg auf Elektrofahrzeuge

Das Planungsbüro EBP (vormals Ernst Basler& Partner) hat dazu folgende drei «Szenarien der Elektromobilität in der Schweiz» ausgearbeitet und im März 2018 präsentiert:

Zur Erläuterung: Im Jahr 2017 betrug der Anteil der Elektroautos an den neu verkauften Autos in der Schweiz erst 1,6 Prozent. Und ihr Anteil am gesamten Schweizer Autobestand lag bei 0,6 Prozent. Das oberste, klimapolitisch konsequente Szenario «Decarbonisation» (siehe Grafik) rechnet damit, dass bis 2035 hundert Prozent aller neu verkauften Autos elektrisch betrieben werden. Damit würden 15 Jahre später, im Jahr 2050, nahezu alle Autos elektrisch fahren. Die unteren beiden Szenarien sehen einen langsameren Umstieg auf Elektrofahrzeuge vor, nämlich bis 2035 auf 55 bis 75 Prozent.

Im Rahmen der beiden unteren Szenarien bewegt sich auch der kurzfristige Fahrplan der abtretenden Energieministerin: Doris Leuthard will den Anteil der Elektroautos an den inländischen Neuwagenverkäufen innerhalb von fünf Jahren verzehnfachen, von 1,6 Prozent im Jahr 2017 auf 15 Prozent im Jahr 2022.

Doch auch hundert Prozent Elektrofahrzeuge allein garantieren noch keinen CO2-freien Strassenverkehr. Um das Klimaziel von Paris zu erreichen, müssten bis 2050 zusätzlich alle Kohle-, Gas- und Ölkraftwerke ersetzt werden durch Wasser-, Solar-, Wind-, oder Biomasse-Kraftwerke. Dieser doppelte Umstieg auf eine CO2-freie Stromversorgung und CO2-freie Mobilität stellt eine gewaltige technische, ökonomische und gesellschaftliche Herausforderung dar. Besonders schwierig ist die Bewältigung dieses Problems, wenn man den Einzelpersonen-Transport weiterhin mit 1,0 bis 2,5 Tonnen schweren Karossen, angetrieben von Motoren mit 50 bis 500 Kilowattt Leistung, bewältigen will (mehr dazu auf Infosperber: «Das Problem ist das Gewicht«).

Energiedichte Benzin- zu Elektroauto: 12 : 1

Beginnen wir bei den Elektromotoren. Diese sind zwar drei bis viermal effizienter als Benzin- oder Dieselmotoren. Denn sie können rund 80 Prozent der eingesetzten Endenergie in Form von Elektrizität in Antriebskraft umsetzen, während der Wirkungsgrad eines Benzinmotors zwischen 15 und 25 Prozent schwankt. Darum braucht zum Beispiel ein 2,1Tonnen schweres Elektroauto der Marke Tesla für hundert Kilometer Fahrt nur 18 Kilowattstunden Strom; dies zumindest auf dem Prüfstand oder bei sorgsamer Fahrweise im Sommer, wenn keine Heizung läuft. Ein zwei Tonnen schweres Ölmobil hingegen verbrennt mit gleich viel Leistung unter der Motorhaube 70 kWh Energie in Form von 9 Litern Benzin.

Dem Effizienzvorteil der Elektromotoren stehen jedoch Nachteile gegenüber, die primär aus der unterschiedlichen Dichte und Speicherbarkeit von Erdöl und Elektrizität resultieren. Zum Vergleich: Um 500 Kilometer weit zu fahren, braucht ein Tesla Modell S 90 kWh Strom und, um diesen Strom zu speichern, eine 600 Kilo schwere Batterie. Für die gleiche Strecke braucht eine vergleichbar grosse und starke Benzinkutsche etwa 400 kWh Energie oder 45 Liter Benzin; inklusive Tank wiegen diese 45 Liter Benzin knapp 50 Kilogramm. Das heisst: Gemessen an der zurückgelegten Strecke ist die Energiedichte im Benzinauto rund zwölf Mal höher als im Elektroauto. Ähnlich ist das Verhältnis zwischen kleineren Benzin- und kleineren Elektroautos wie etwa dem BMW i3.

Tankzeiten Benzin- zu Elektroauto 1 : 6 bis 1 : 480

Noch krasser ist die zeitliche Differenz für die Aufnahme der Energie, also beim Tanken. Das illustrieren folgende Daten: An einer konventionellen Tankstelle fliessen laut Erdölvereinigung pro Minute 30 Liter Benzin vom Zapfhahn in den Tank. Um einen Benzintank mit 50 Liter Inhalt zu füllen inklusive den Zeitbedarf zum Aus- und Einstiegen, Tankstutzen öffnen und schliessen und zum Bezahlen benötigt eine Automobilistin kaum fünf Minuten. Darum gibt es vor Tankstellen – im Unterschied zu den Autobahnen – heute kaum Staus.

Um die Batterie eines Elektroautos aufzuladen, dauert es viel länger. Wer das daheim an der Steckdose mit 2,3 Kilowatt Leistung tut, benötigt – je nach Batteriegrösse – 10 bis 40 Stunden. Wer an einer Schnell-Ladestation Strom tankt, braucht dafür je nach Automodell 40 bis 60 Minuten. Auch beim für den Tesla speziell entwickelten und mit Gleichstrom betriebenen «Supercharger» erfordert das Volltanken mehr als eine halbe Stunde Zeit. Selbst wenn einmal alle Elektroautos entsprechend ausgerüstet werden, um ihre Batterien im «Supercharger»-Tempo laden zu können, würden sie sechsmal länger an den Ladestellen stehen (und die Tankstellen verstopfen) als Benzin- oder Dieselautos heute.

Das werden sie aber kaum tun. Denn Schnell-Ladungen verkürzen die Lebensdauer der heute (und in absehbarer Zukunft) eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien. Zudem ist das Tanken an neuen Schnelllade-Stellen teurer als zu Hause am bestehenden Niederspannungs-Netz. Darum, so prophezeit die eingangs erwähnte EBP-Studie, wird die Mehrheit der Elektroauto-Fahrenden ihre Batterien weiterhin an der heimischen Steckdose aufladen; dies bevorzugt am Feierabend und in der Nacht, wenn die Sonne keinen Strom mehr produziert, und öfter im Winterhalbjahr, weil Elektroautos in der kalten Jahreszeit mehr Strom fressen als im Sommerhalbjahr.

Wie Elektroautos den Stromkonsum beeinflussen

Damit bleibt die Frage, wie die Elektromobilisierung den Stromkonsum in der Schweiz beeinflusst. Dazu ein eigenes Szenario:

Nehmen wir an, die Schweiz setze das Klimaabkommen von Paris und damit das oberste EBP-Szenario «Decarbonisierung» konsequent um. In diesem Fall wird der gesamte motorisierte Strassenverkehr 2050 elektrisch angetrieben. Nehmen wir weiter an, dass dieser Elektroverkehr im Jahr 2050 einen Viertel so viel Energie in Form von Strom verbraucht wie der heutige Verkehr im Jahr 2017 in Form von Benzin und Diesel. Dann steigt der jährliche Strombedarf in der Schweiz von 2017 bis 2050 um 15 Milliarden Kilowattstunden (kWh) auf total 76 Mrd. kWh.

Auf der andern Seite wird die Stromproduktion in der Schweiz – bei gleichbleibender Produktion der Wasserkraftwerke – sinken, nämlich von 61 Mrd. kWh im Jahr 2017 auf 42 Mrd. kWh im Jahr 2050; dies weil in diesem Zeitraum wohl alle alten Atomkraftwerke vom Netz gehen und keine neuen gebaut werden dürfen. Damit entsteht in der inländischen Stromversorgung eine Lücke von 33 Mrd. kWh pro Jahr.

Diese Lücke gilt es zu stopfen, einerseits durch Steigerung der Stromeffizienz, andererseits durch die vermehrte Stromproduktion aus erneuerbarer Energie. Im Sommerhalbjahr ist das relativ einfach, wenn wir den Zubau von Fotovoltaik rasant vorantreiben, im Winterhalbjahr jedoch schwierig. Denn von der solaren Stromproduktion entfällt nach heutigem Stand nur ein Viertel aufs Winterhalbjahr. Die Nutzung der Windkraft, die einen höheren Anteil Strom im Winter erzeugt, stösst auf politischen Widerstand. Die Biomasse ist begrenzt und die Nettoproduktion von Wasserkraft lässt sich kaum wesentlich steigern, denn der Zubau von Pumspeicher-Kraftwerken und der Verlust beim Pumpbetrieb dürften den Nettoertrag aus Wasserkraftwerken eher senken als erhöhen.

Wachsende Abhängigkeit von Stromimport im Winter

Diese groben Rechnungen zeigen: Der klimapolitisch konsequente Umstieg auf Elektromobilität, verknüpft mit dem Beharren auf bisherigem Verkehr mit übergewichtigen und übermotorisierten Autos, verstärkt die Abhängigkeit der Schweiz von Stromimporten im Winterhalbjahr. Diese Importe aber sind unsicher und teuer, wenn die umliegenden Staaten klimapolitisch ebenso konsequent ihre Kohle- und Gaskraftwerke abschalten. Einfacher und billiger ist darum der Umstieg auf effizientere Verkehrsmittel, die mit weniger Blech und Gewicht mehr Leute transportieren.


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11 Meinungen

  • am 30.11.2018 um 14:46 Uhr
    Permalink

    Sorry aber die im Bericht zitierten Dinge sind überflüssig.

    Wenn die Schweiz den Irrweg der EU für 2050 wirklich konsequent mitgehen will: «Keine Kohle, kein Öl, kein Gas,» also «dekarbonisiertes Land» dann ist danach keinerlei Industrie und Wirtschaft mehr möglich. Damit auch keine Arbeitsplätze mehr und Einkommen um sich etwas zu kaufen. Damit auch keine Elektroautos mehr.

    Wie man ohne Kohle/Koks dann Eisen und Stahl gewinnen will, wie ohne Kohle oder Gas überhaupt Zement erzeugen, wie ohne Öl dann auch nur der Asphalt für Strassenreparaturen hergestellt werden soll und ohne Kohlenstaub etwa RIGIPS-Platten für den innenausbau, das bleibt Geheimnis dieser Planer. Dann sind auch keine Windräder mehr baubar, keine Solarzellen und keine Batterien. Selbst keine Notstromaggregate mehr, zumal diese auch Diesel oder Benzin als Treibstoff bräuchten.

    Wenn die Schweiz klug ist, koppelt sie sich von diesem EU-Irrsinn, besser mit Vernunft ab und bewahrt lieber ihren Wohlstand.
    Werner Eisenkopf

  • am 1.12.2018 um 12:25 Uhr
    Permalink

    Der Auto HP Guggenbühl ist bei einigen entscheidenden Details etwas ungenau oder unvollständig.

    Auslandabhängigkeit: Die besteht vor allem heute, da wir rund 75% der Energie importieren, das meiste in Form von fossilen und nuklearen Brennstoffen. Den importierten Benzin und Diesel verbrennen wir dann auch noch mit einem Wirkungsgrad von nicht mal 20%.

    Ja, Autos sollten vorwiegend am Tag geladen werden, abhängig vom Sonnenstromangebot. Dazu müssen vor allem die Arbeitsplätze mit Lademöglichkeiten ausgestattet werden. Der Strom darf trotzdem vom heimischen Dach kommen. Dass diese Lösung finanziell noch nicht goutiert wird, hat nichts mit Technik und Energie zu tun, sondern mit Politik, was sich somit ändern lässt.

    Ladezeiten: Bei 95% der Fahrten muss man gar nicht unterwegs laden, sondern man fährt täglich mit einem vollen Auto los. Die angegebenen Ladezeiten stimmen auch nicht, denn ich muss das Auto unterwegs ja nur soweit laden, dass ich grad nach Hause komme. Die dreimal im Jahr, wo man dann z.B. in die Ferien fährt, darf es dann ausnahmsweise auch mal etwas länger dauern.

    Unser Energiesystem muss sowieso auf CO2-frei umgebaut werden. Mit oder ohne Elektroautos. Das Angebot wird dann aber vor allem Strom sein – mit dem wir aber auch fahren wollen.

    Und nicht zuletzt gehört selbstverständlich auch die Mobilität umgestaltet, u.a. mit Roadpricing, Fahrrad-Schnellwegen, autofreie Innenstädte und vieles mehr. Aber alles, was dann noch motorisiert ist, wir elektrisch sein!

  • am 1.12.2018 um 16:39 Uhr
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    Geschätzter Herr Guggenbühl

    In Ihrem Artikel wimmelt es von Fehlannahmen und einseitigen Betrachtungsweisen.
    Ein Beispiel; Sie reiten wiederholt auf dem Gewicht von Elektroautos rum.
    Nein – bei Elektroautos ist das Gewicht kaum ein Problem, da sie rekuperieren können, was sie mit keinem Wort erwähnen (Nicht verstehen oder verschweigen?)
    Aerodynamik und ferner Rollwiderstand sind wesentliche Faktoren.

    Zum Laden; typischerweise fährt der EV-Fahrer voll geladen aus dem Haus und muss den ganzen Tag nicht laden. (übrigens gibt 400Volt 11kW her…)Diejenigen, die wirklich weit müssen, haben einen Tesla und kommen damit easy über die Runden.
    Ich weiss wovon ich spreche, fragen sie mal Tesla-Fahrer.
    Voll laden tun auch nur wenige, man bleibt idealerweise im steilen aka schnellen Bereich der Ladekurve.
    Tendenziell nehmen sie beim EV den schlechtmöglichsten oder schlicht falschen Fall an, über die Motivation kann ich nur Vermutungen anstellen.
    Wenn Sie möchten, nehme ich mir aber gerne die Zeit, um Ihren Artikel detailliert zu zerpflücken, mit stichhaltigen Argumenten und Quellenangaben.
    Beste Grüsse

    Harry Tobler

  • am 2.12.2018 um 11:10 Uhr
    Permalink

    Geschätzter Herr Guggenbühl
    Es wird Zeit in der Jetzt-Zeit anzukommen und überholte Betrachtungsweisen über Bord zu werfen. Ihr zeitlicher Vergleich mit dem Tanken hat mich schmunzeln lassen. Ich fahre jederzeit voll geladen los. Denn ich habe genügend Zeit bei kleinen Ladeleistungen (3 kW) mein Fahrzeug wieder auf aufzuladen. Zu Hause und bei meinem Arbeitgeber. Unsere Fahrzeuge sind doch «Stehzeuge». Die Nutzungsdauer pro Tag liegt bei unter 1 Stunde. Bleiben noch 23 Stunden übrig, um nachzuladen und ggf. auch noch das Netz mit «vehicle to grid» zu stabilisieren. Versuchen das mal mit einem Benziner.
    Ihre Phobie gegen grosse Batterie Pakete in Ehren – aber wenn sie kleine verbauen, dann steigen die Ladezyklen rasch an. Die heutigen Batterien haben noch eine lästige Eigenschaft mit dem schönen Namen «Ladezyklusbeständigkeit». Ein 20 kWh Akku muss eben für die gleiche Fahrstrecke 3-mal so häufig geladen werden wie ein 60 kWh Akku. Abgesehen davon können sie die Entwicklung der letzten Jahre im Akku Bereich so zusammenfassen: 1% mehr Kapazität, 1% mehr Zyklusbeständigkeit, 1% weniger Gewicht, 1% weniger Kosten – pro Monat! Es gibt keinen Grund anzunehmen, warum die Entwicklung plötzlich abbrechen sollte. Und nur 1% aller möglichen Material-Kombinationen für Akkus sind heute überhaupt erforscht.
    Im heutigen Stromverbrauch der Schweiz werden 30% der Energie als Betrieb ohne Nutzen verschwendet. Viele Beispiele finden Sie bei der Energieagentur der Wirtschaft http://www.EnAW.ch

  • am 2.12.2018 um 12:27 Uhr
    Permalink

    @H. Tobler
    Auch wenn ich selbst weiter oben recht grundsätzlich Ablehnendes zur Thematik schrieb, habe ich mich doch mehrfach damit näher befaßt. Dabei sehe ich auch das ehrlich gemeinte Motiv von HP Guggenbühl, diese Dinge mal in sachlich-technischer Form näher zu beleuchten. Man kann unterschiedliche Meinungen haben, sollte die aber höflich und sachlich diskutieren.

    Wir haben uns hier in Hessen/D. durchaus mit den Dingen näher befasst und eine Menge Details festgestellt. Allein in der Strasse in einem dörflichen Neubaugebiet der Siebzigerjahre, wo ich wohne und wo überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser stehen, könnte je nach Ladestromdetails, immer nur in jedem 7. oder 10. Haus gleichzeitig ein Elektroauto aufgeladen werden. Mehr gibt die Struktur des Stromnetzes hier, aus 1970, nicht her. Selbst hier in einem Wohngebiet ohne grosse Mietblöcke stehen viele Autos auf der Strasse und wie man die alle laden wollte, wenn das Elektroautos wären, ist nüchtern durchgerechnet und bezüglich Platz und Kabel-Details eine pure Unmöglichkeit. Auch in der Schweiz sind die Kapazitäten der vorhandenen Stromleitungen in den Wohngebieten ähnlich wie in D. ausgelegt. Dies alles erstmal zu erneuern und verstärken, wäre eine sehr teure Herkulesaufgabe. In den Städten ist das grundsätzlich noch schlimmer.

    Die Batterien werden das ungelöste BIG-Problem bleiben. Importierte teure Materialien, Kapazität und Alterung. Tesla-Fahrer können sich also alle 3-4 Jahre völlig neue Batterien leisten?

  • am 2.12.2018 um 23:01 Uhr
    Permalink

    @Herr Eisenkopf:
    Da wohnen sie aber in einer maroden Gegend, was Elektrizität anbelangt, hat denn bei Ihnen keiner Backofen und Herdplatten und dürfen sie nicht gleichzeitig Backen? Frohe Weihnachten… 😉 Und nein, so schlimm sind wir in der CH nicht dran und DE sicher auch nicht.
    Der Leitungsausbau ist ziemlich gut und kann mit den EV mithalten. Zeigen sie mir ein Schweizer Einfamilienhaus ohne 400V und ich zeige ihnen einen schwarzen Schwan.

    Batterien; da müssen sie noch mal hinter die Bücher.
    Tesla Batterien haben acht Jahre Garantie ohne km Begrenzung und halten weit mehr als jedes Verbrenner Auto gefahren wird: (500’000 Meilen, dann bei 80% Kapazität)
    https://electrek.co/2018/04/14/tesla-battery-degradation-data/
    Zudem werden Batterien später als Hausbatterien verwendet, repariert oder recycelt werden. Lithium ist nichts seltenes und Kobalt hat’s sehr wenig und immer weniger in Tesla Batterien drin. Wie in aller Welt kommen sie auf 3-4 Jahre? Belegen sie das doch mal. Übrigens, das Model S gibt’s seit 2012.

  • am 3.12.2018 um 10:15 Uhr
    Permalink

    @ Herr Tobler,
    es lässt sich hier schlecht diskutieren mit den 9 Stunden Pause und auch dem begrenzten Kommentarplatz, daher versuche ich es auch gar nicht, gebe nur ein paar «alternative» Betrachtungsweisen grob rüber.

    Nicht die «Einfamilienhäuser» mit ihren 400V-Anschlüssen sind das Problem für das Elektro-Autoladen, sondern die grossen Miethausblöcke, in Städten und auf dem Land. Mehr noch als D. ist die Schweiz ein «Land der Mieter» und von den Bedingungen der Einfamilienhäuser mit Garagen, eine allgemeine «Ladeumsetzbarkeit» einfach so auf Miethausblöcke mit z.T. komplizierten Parkplatz-Möglichkeiten umzuleiten, ist wohl etwas weltfremd. Eine «allgemeine Umsetzbarkeit» von einer so propagierten Elektromobilität, ist auch in der Schweiz gar nicht möglich.

    In den Berggebieten der Schweiz, haben die meisten lokalen Autos nicht mal eine eigene Garage. Was mit Batterien allgemein, beim Stehen auch unter Schnee und Minustemperaturen passiert, werden Sie wissen. Im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren, ist da nicht einfach Starthilfe von einem anderen Auto machbar um loszufahren. Das ist aber nur EIN Detailproblemchen von mehreren…

    Batterien bleiben die Hauptproblematik der Elektroautos. Allein davon wie oft und wie stark «Schnelladungen» erfolgen, beeinflusst das die Alterung und damit auch die Lebensdauer der Batterien. Wir haben bei den Verbrennungsautos, technisch ident. Batterien, die mal 10 Jahre lang hielten und solche die vor Ablauf von 2 Jahren schon kaputtgingen…

  • am 4.12.2018 um 13:04 Uhr
    Permalink

    Sie haben Recht Herr Eisenkopf, der Dialog hier erinnert stark an Briefpost 😉
    Die Häuser werden schon heute mit Leerrohren ausgestattet (ich arbeite in der Branche) und bald wird es Standard sein, einen 400V Anschluss am PP zu haben, genauso wie PV auf dem Dach und Erdsonde im Boden.

    Zu den Batterien: es braucht zumindest bei Tesla einiges an fast charging, um eine Limitation zu erreichen. Nach ca 300 Fast Charges wird von 120kW auf 90kW Ladeleistung reduziert. Tesla gibt 8 Jahre Garantie, egal wieviele SC Ladungen gemacht wurden. Obige 300 Ladungen machen typischerweise eh nur die Vertreter, und auch dann ist die Limitierung moderat. Ein herkömmlicher Verbrenner ist typischerweise durch, wenn ein Tesla in die Limitierung läuft. Die meisten Tesla-Fahrer werden aber normal zu Hause mit 11 kW laden und hin- und wieder mal SC und werden ein Leben lang keine Limitierung erfahren.
    Wie meinen Sie «identische Batterien bei Verbrennern"? Dort sind herkömmliche Bleibatterien und in extrem raren Fällen Li-Ion (Rennsport)
    Die Akkus in Elektroautos (ich nehme wieder Tesla als Beispiel) sind äusserst clever temperiert und balanciert und werden typischerweise nur zu 90% geladen, um Langlebigkeit zu garantieren. Temp: Siehe EV-Land Norwegen, geht tiptop.
    Der Unterschied zwischen den beiden Batterietypen sowie -Management ist wie das Flugzeug der Gebrüder Wright und einer Boeing 787 Dreamliner.
    Genausowenig können sie Li-Ion Akkus von Notebooks mit denen von EV’s vergleichen.

  • am 5.12.2018 um 01:40 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Tobler,
    Sie konzentrieren sich hier nur auf Tesla, Lob und Einfamilienhaus-Bedingungen. Zu meinen obigen Einwendungen wie der «Laderealität bei grossen Wohnblöcken» kam nichts. Ebenso nichts zu den Lade- und Startproblemen von Elektroautos ohne Garagen in Berggebieten bei Eis und Schnee. Die Träume sind ja immer schön aber die nüchterne Realität bei der Umsetzbarkeit, ist dann oft ziemlich grausam…

    Mehr als diese hinweisenden Anmerkungen brauche ich hier wohl auch nicht zu machen. Die Mehrzahl der Leser im infosperber wird sich ohnehin die eigenen Gedanken dazu machen und mal dem, mal dem anderen eher im Grundsatz zustimmen, je nach persönlicher Einschätzung. Das ist auch OK so und ausdrücklich erwünscht.

    Leider gibt es auch gerade bei Batterien/Stromspeicher immer wieder ziemlich unrealistische Zukunftserwartungen. Man weiss aber eigentlich was der Stand in der Grundlagenforschung ist und wie lange es dann wiederum noch von der Grundlagenforschung, bis zu fertigen Endprodukten dauert. Die grössten Aussichten auf eine verbesserte Batterietechnik, kann man nach derzeitigem Wissenstand wohl von künftigen Silizium- und Aluminium-Luft-Batterien erwarten. Jedoch auch noch 30 -50 Jahre Entwicklungsdauer, bis diese dann erwartbare käufliche Massenprodukte wären. Naturgesetze, Physik und Chemie (in dem Falle: Elektrochemie) scheren sich nunmal nicht um menschliche Wünsche und können nicht einfach ausgetrickst werden. In dem Sinne wollen wir mal hoffen. OK?

  • am 5.12.2018 um 14:48 Uhr
    Permalink

    Geschätzter Herr Eisenkopf

    Der aktuelle Stand vom Laden in Wohnblöcken ist sicher ungenügend, einverstanden.
    Allerdings ist der Aufwand für Aufputzleitungen ab dem Hauptverteiler keine Magie.
    Elektroautos bei Kälte / Schnee; Leitung rausziehen und gut ist. Wie erwähnt in Norwegen gang und gäbe und auch in der Schweiz kaum ein Problem.
    Und sonst lädt man halt am nächsten Supercharger oder ab einer soliden PV.
    Elektro bietet bereits auf dem heutigen Stand für 99% aller Autofahrer die richtige Lösung mit allem drum und dran.
    Zu erzählen, dass es noch 30-50 Jahre Forschung brauche ist ein Witz.
    Das nicht alles perfekt ist an Elektro ist klar. Aber es ist mit Abstand die beste Lösung für die Mobilität. Zudem kommt sie nicht flächendeckend gleich morgen
    Ich weiss nicht, was sie besser finden – aber kommen sie mir jetzt nicht mit irgendwelchen Diesel und Wasserstoffmärchen…

    Sagen sie doch mal klipp & klar, was für sie der richtige Weg gegen die Klimaerwärmung ist.

  • am 7.12.2018 um 12:49 Uhr
    Permalink

    @Harry Tobler
    Ihre Frage ist: «Sagen sie doch mal klipp & klar, was für sie der richtige Weg gegen die Klimaerwärmung ist."

    Meine Antwort: «Ich weiß es nicht!» Desweiteren: «Ich weiß nicht mal mit Bestimmtheit, dass Menschen mit ihrem Tun, überhaupt eine «Klimaerwärmung» verhindern oder beeinflussen können. Ich weiss nur, daß man mit diesem Planeten und seiner Natur, völlig unabhängig von «Klima-Motiven» grundsätzlich schonend, schützend und rücksichtsvoll umgehen muss, weil er unsere Lebensgrundlage ist.

    Wenn jemand also «Klimaschutz» nach intensiver Beschäftigung mit der Thematik, als faktisch «sinnlos und wirkungslos» ablehnt, darf das nicht missbraucht werden, um so jemanden pauschal als «hirnloser Natur- und Umweltzerstörer» zu diffamieren, schon gar nicht mit so Worten wie «Klimaleugner» als verbale Moralkeule. Das ist alles viel komplexer und diffiziler.

    Naturschutz, Umweltschutz und Klimaschutz, sind drei völlig grundverschiedene Dinge, die untereinander schwer kollidieren können. Bei Strassenbaumassnahmen wie z.B. in Biel, haben wir den Konflikt zwischen den beiden Ersteren. Bei den Entwaldungen für Windräderschneisen, haben wir den Konflikt der beiden Ersteren, jeweils zum Dritten.

    Konkret zu Elektroautos, muss ich Ihre Frage so beantworten, dass ich meine, ob Elektromobilität sich ausbreitet, ist eine lokale Verbesserung im Umweltschutz (Emission/Luft) aber bedeutungslos für das globale Wetter und damit auch dem «Klima»…
    Werner Eisenkopf

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