DW Pilotanlage Damann Screenshot

Sieht nach nicht viel aus, ist aber höchst innovativ: die Pilotanlage von Microbubbles. © Deutsche Welle

Startups fischen Mikroplastik mit Luftblasen

Daniela Gschweng /  Luftsprudelanlagen holen Mikroplastik an die Wasseroberfläche. Das Konzept ist nicht neu, könnte aber Flüsse von Plastik befreien.

Die jüngste Innovation in Sachen Mikroplastik sieht nicht sehr aufsehenerregend aus: Ein schwarzer Schlauch, der als Sechseck fast ringförmig auf der Wasseroberfläche liegt. Im Inneren des Rings schwimmt etwas, darunter blubbert es. Mehr sieht man im Video nicht.

Das «Etwas» sind Mikroplastik-Teilchen, das Blubbern ist der Trick. Die Pilotanlage des Startup-Unternehmens  Microbubbles entfernt bis zu 98 Prozent der winzigen Plastikteilchen aus dem Wasser. Dazu nutzt sie kein Netz und keinen Haken, sondern Luft.  

Dahinter steht der Ingenieur Roland Damann. Damanns Anlage produziert unter Wasser ständig sehr kleine Wasserblasen. Die Idee sei nicht neu, sagt der Experte für Abwasserbehandlung im Interview mit der «Deutschen Welle». Die Ausführung aber ist fortgeschritten.

Das Geheimnis: Ultrakleine Luftblasen

Mikroblasen mit einem Durchmesser kleiner als ein Haar zu erzeugen, sei die grösste Herausforderung gewesen, sagt Damann. Aber je kleiner sie sind, desto mehr Plastik sammeln sie ein.

Die Technologie ist uralt, das Prinzip ist simpel: Mikroplastik ist hydrophob, also wasserabstossend. Plastikpartikel mögen Luft lieber als Wasser und heften sich an die Blasen an. So angeklebt schwimmen sie nach oben.

An der Wasseroberfläche platzen die Blasen, das Mikroplastik bleibt liegen und kann abgefischt werden. Das alles läuft ohne Chemikalien oder andere fremde Stoffe ab.

Dem Wasser und den Lebewesen darin tut der Blasenvorhang sogar gut, weil dadurch mehr Sauerstoff ins Wasser gelangt. Der Nachteil: Kleinstlebewesen können ebenfalls darin hängen bleiben.

Die Anlage solle deshalb nur punktuell eingesetzt werden, sagt der Ingenieur. Noch ist Damanns Idee nicht marktreif. Die nächste Pilotanlage ist aber ein Stück grösser, etwa wie ein kleiner runder Swimming-Pool.

Amsterdam: In Low-Tech geht es auch

Etwas günstiger und pragmatischer geht es auch: Die Low-Tech-Version des Luftsprudel-Plastikfängers ist schon länger in Betrieb. Das Startup-Projekt Great Bubble Barrier aus Amsterdam verlegte 2017 erstmals einen perforierten Gummischlauch in einer Gracht. Auf die Idee seien drei der Gründerinnen bei der Beobachtung der Bläschen in ihren Biergläsern gekommen, das besagt zumindest die Firmenlegende.

Durch den schräg zur Strömung verlegten Schlauch wird Luft gepumpt, die als Blasenvorhang aufsteigt. Das nach oben geschwemmte Plastik wird in eine Sammelbucht am Kanalrand geleitet.

Dorthin gelangt es quasi von allein, denn die aufsteigenden Blasen erzeugen ihre eigene Strömung. Die Bubble-Barrier-Anlage sammelt nach älteren Angaben 70 bis 80 Prozent des Mikroplastiks im Wasser, nach neueren Untersuchungen 86 Prozent. Sie fängt nur Teilchen ein, die grösser als ein Mikrometer sind. Dafür ist sie relativ einfach aufgebaut und stört Fische und Schiffsverkehr nicht. Betrieben wird sie rund um die Uhr und mit nachhaltiger Energie. Derzeit gebe es vier solche Anlagen in den Niederlanden und eine in Portugal, gibt das Unternehmen an.

Bisher grösstes Problem: Der hohe Energiebedarf

Mikroplastik kann so abgefangen werden, bevor es ins Meer gelangt. Der Bedarf für weitere Anlagen wäre also gross. Nicht nur in den Niederlanden, wo viele Kanäle ins Meer münden.

Amanns Erfindung könnte in Seen und Teichen eingesetzt werden oder in Becken an Land. Seine Mikrobläschen leisteten viel, resümiert die «Deutsche Welle», allerdings mit hohem Energieaufwand, was auch den Erfinder stört.

Mit der Analytik ist er noch unzufrieden. Es klingt absurd, aber Mikroplastik zu finden ist anscheinend gar nicht so einfach. «Wir können die Nadel aus dem Heuhaufen entfernen, aber wir müssen den Heuhaufen finden», sagt er.


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Eine Meinung zu

  • am 31.05.2025 um 07:48 Uhr
    Permalink

    Ich frage mich, wie skalierbar das Ganze ist.
    Daran scheiterten alle bisherigen Bestrebungen, das vom Menschen in die Umwelt ausgebrachte Plastik wieder zu entfernen. Auch wenn der Ansatz innovativ ist: Er scheint mir am falschen Ende. Sind solche Bestrebungen auch nur halbwegs erfolgreich, neigt der Mensch (oder besonders Technokraten) dazu, noch weniger Acht zu geben.
    Zentral sollte sein, dass wir aufhören gedankenlos im grossen Stil Stoffe auszubringen, die wir anschliessend nicht mehr unter Kontrolle haben. Das beginnt beim Reifenabrieb und hört beim Mikrofasertuch und Zahnpastas oder sonstigen Kosmetikas auch nicht auf. Dabei ist Plastik ein unglaublich nützlicher und praktischer Werkstoff, z.b. für Gehäuse oder in dutzenden anderen Anwendungen. Als „Einweg“gegenstand (Verpackungen, persönlich zähle ich eigentlich auch Reifen dazu) ist er aber höchst gefährlich.

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