Zerstörte Bomber am 1. Juni SBU via X

Von ukrainischen Drohnen am 1. Juni zerstörte russische Bomber. © SBU via X

Warum ukrainische Drohnen die Bomber so leicht treffen konnten

upg. /  Die grossen Bomber Tu-95 und Tu-22 standen ungeschützt auf Flugplätzen, damit die USA Zahl und Bewegungen kontrollieren können.

Die Ukraine hat Anfang Juni 2025 mit einer gross angelegten Drohnenoperation – bekannt als «Operation Spinnennetz» – mehrere russische Militärflugplätze tief im russischen Staatsgebiet angegriffen und zahlreiche strategische Langstreckenbomber der Typen Tupolew Tu-95 und Tu-22M mit Drohnen zerstört oder beschädigt. Diese Bomber sind sowohl für den Einsatz konventioneller als auch nuklearer Waffen ausgelegt.

«Die ‹Operation Spinnennetz› gilt als Meisterstück des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Und die Ukraine selbst offenbart sich als grosses Kriegslabor.»

NZZ an Sonntag, 8.6.2025

Die ukrainischen Drohnen der «Operation Spinnennetz» konnten zahlreiche strategische Bomber Russlands nur zerstören, weil diese unter freiem Himmel stationiert waren. Das ungeschützte Präsentieren dieser mit Atomwaffen bestückbaren Bomber ist eine Vorschrift des im Jahr 2010 zwischen den USA und Russland abgeschlossenen Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen (abgekürzt New START oder Strategic Arms Reduction Treaty).

START begrenzt die Zahl der strategischen Sprengköpfe auf beidseitig 1550 Stück. Der Vertrag regelt die Sichtbarkeit, die Kontrolle und die Vorhersehbarkeit dank Satellitendaten, Inspektionen sowie Notifikationen bei Einsätzen der Bomber. All das soll verhindern, dass Misstrauen in einen nuklearen Kurzschluss mündet. 

Die letzten im Vertrag vorgesehenen Inspektionen vor Ort fanden Anfang März 2020 statt. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie wurden alle Vor-Ort-Inspektionen ausgesetzt. Trotz mehrerer Versuche, die Inspektionen wieder aufzunehmen, blieb es dabei: Russland verweigerte die Wiederaufnahme wegen der Situation in der Ukraine. 

Als Reaktion auf die drastischen Sanktionen der USA setzte Russland den Vertrag im Februar 2023 aus, ohne ihn zu kündigen.

Russland verzichtete seither weiterhin – auch aus eigenem Interesse – auf die Tarnung der Bomber: «Wir haben nichts zu verbergen.»

US Bomber Air Force Base Google Maps Airbus Maxar
US-Bomber im Freien auf der Barksdale-Air-Force-Base im US-Bundesstaat Louisiana

Die USA haben den START-Vertrag nicht gekündigt. Die US-Luftwaffe parkiert fast alle strategischen Bomber wie B-1B oder B-52 nach wie vor im Freien. Allerdings gibt es keinen Zwang, Bomber immer im Freien abzustellen. Die B-2-Bomber auf der Whiteman Air Force Base in Missouri beispielsweise stehen in festen Hangars. Entscheidend ist, dass die Flugzeuge nicht so abgedeckt oder versteckt werden, dass sie der Satellitenüberwachung entzogen sind. Der Anhang des START-Vertrags hält fest: 

«Jede Vertragspartei stellt sicher, dass sich schwere Bomber, wenn sie sich auf einem gemeldeten Luftwaffenstützpunkt befinden, nicht unter einer Überdachung oder einer anderen Vorrichtung befinden, die verhindern, dass die nationalen technischen Verifikationsmittel die Zahl der schweren Bomber auf dem Luftwaffenstützpunkt ermitteln können.»

Der START-Vertrag ist noch bis zum 26. Februar 2026 gültig. Er kann nicht mehr einfach verlängert, sondern müsste neu aufgelegt werden. 


Nur eine gegenseitige Überwachung ermöglicht Beschränkungen der Rüstung

Die russischen Bomber waren zwar für jedermann leicht zu orten und für Drohnen leicht zugänglich. Trotzdem war ihre Zerstörung im russischen Hinterland eine logistische Meisterleistung des ukrainischen Geheimdienstes.

Der Drohnenangriff auf die vertragsgemäss offen abgestellten russischen strategischen Bomber bedeutet allerdings auch eine weitere Erosion der Rüstungskontrolle. Denn gegenseitige Überwachungsmöglichkeiten sind dafür eine entscheidende Bedingung.


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9 Meinungen

  • am 10.06.2025 um 14:47 Uhr
    Permalink

    Wieso nur missbrauchen unsere Medien im Westen solche Situationen, um die Russen öffentlich runterzumachen?
    – Ich verstehe diese (leider weit-verbreitete) Haltung im Westen nicht.
    – Ich bitte unsere Medien, fair + sachlich zu informieren, nicht wie derzeit unfair + oft grundlegend bzw. absichtlich falsch.

    PS: Nein, ich bin kein ‹Putin-Fan›, sondern nur einfach an Falsch-Meldungen nicht interessiert. Im Übrigen sollten wir im Krieg allesamt beide Seiten anhören, niemals nur eine Seite.

  • am 10.06.2025 um 17:38 Uhr
    Permalink

    Sehr interessant Aussagen im Artikel: «Die ukrainischen Drohnen der «Operation Spinnennetz» konnten zahlreiche strategische Bomber Russlands nur zerstören, weil diese unter freiem Himmel stationiert waren…Das ungeschützte Präsentieren dieser mit Atomwaffen bestückbaren Bomber ist eine Vorschrift des im Jahr 2010 zwischen den USA und Russland abgeschlossenen Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen…Die US-Luftwaffe parkiert fast alle strategischen Bomber wie B-1B oder B-52 nach wie vor im Freien.»

    Das könnte wohl auch heissen die USA und Russland sind vertragstreu und die ukrainische Führung hat die US-amerikanische-russische Vertragstreue ausgenutzt, um ungeschützte Atom-Bomber zerstören zu können, weil wohl theoretisch die Hoffnung bestehen könnte, so den Krieg verlängern zu können, weil man wohl den Glauben haben könnte, der Kreml wird nach dem ukrainischen Drohnenangriff auf die A-Bomber mit einer rachsüchtigen Kopflosigkeit antworten.
    Gunther Kropp, Basel

    • am 11.06.2025 um 05:02 Uhr
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      Danke für diesen interessanten Beitrag. Er brachte mir erhellende Informationen, die ich vorher nicht kannte.

      Bei dieser ukrainischen «Aktion» wurde «nur Blech» zerstört.
      Das ist nun sowohl für Russland als auch für die Ukraine eine gute Voraussetzung für Friedensverhandlungen, damit das Töten und die Zerstörung endlich gestoppt werden kann!
      Es muss nur bald geschehen.

  • am 10.06.2025 um 22:54 Uhr
    Permalink

    «Trotzdem war ihre Zerstörung im russischen Hinterland eine logistische Meisterleistung des ukrainischen Geheimdienstes.» Wirklich?
    (Vielleicht noch CIA und MI6?)
    Nach der Genfer Konventionen ist es ein Kriegsverbrechen. (!)
    Zivile Container, mit zivilen Fahrzeugen und ahnungslosen zivilen Chauffeuren zu benutzen ist ein klarer Verstoss. Auch gegen das IStGH-Statut.
    Da Selenskij sogar stolz Auskunft in einem TV-Interview gab, müsste eigentlich bald der Haftbefehl aus Den Haag kommen.
    Ausserdem ist ein so grosses Land wie Russland, sehr einfach mit Anschlägen zu treffen. Terror ist simpel und hat noch nie eine Wende auf dem Schlachtfeld gebracht (Die Autobombe wurde zum ersten Mal vom Staat Israel benutzt). Zusammen mit den Sprengstoffanschlägen auf Eisenbahnbrücken in Brjansk und Kursk. Bei denen Ausnahmslos Zivilisten starben, wird nur der Wille der Russen gestärkt.
    Wenn der Westen der Ukraine den Rücken zu dreht, werden wir diesen Terror in unseren Ländern erleben.

    • Favorit Daumen X
      am 11.06.2025 um 07:46 Uhr
      Permalink

      Die Zerstörung der Bomber verstösst weder gegen das Völkerrecht noch gegen die Genfer Konvention. Es wurden keine Zivilisten angegriffen.

      • am 11.06.2025 um 09:29 Uhr
        Permalink

        Wir alle wissen: Die Ukrainer verfügen weder über die nötigen Waffen, noch handeln sie in eigener Verantwortung. Deshalb teile ich Ihre Meinung nicht, denn die Ukrainer handelten im Auftrag + unter dem Kommando der USA.
        – Und die USA + Russland haben das sichtbare Aufstellen der Atom-Bomber so vereinbart.
        – Dann können Sie ihr Wissen um die bewusst vereinbarte Verletzlichkeit der russischen Atom-Bomber nicht dazu missbrauchen, einen Handlanger auszuschicken, sie im Auftrag der USA zu zerstören.

        Es würde mich nicht erstaunen, wenn die Russen als eine der Reaktionen auf diesen hinterhältigen Angriff das Atom-Abkommen mit den USA aufkündigen würden. So können Atom-Mächte miteinander kein Vertrauen aufbauen.

      • am 11.06.2025 um 21:24 Uhr
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        Keiner braucht zu kündigen…
        Der New START-Vertrag läuft am 5. Februar 2026 aus, falls er nicht vorher verlängert oder durch ein neues Abkommen ersetzt wird.

        Unterzeichnung: 8. April 2010 (USA & Russland).
        Inkrafttreten: 5. Februar 2011.
        Laufzeit: Ursprünglich 10 Jahre, von Biden und Putin um 5 Jahre verlängert.

        Kernpunkt: Begrenzung der strategischen Atomwaffen (max. 1.550 einsatzbereite Sprengköpfe, 700 Trägersysteme).

        Aktuelle Situation:
        Der Vertrag ist weiterhin gültig, aber die Zusammenarbeit ist eingeschränkt.

        Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung sind derzeit blockiert.

        Falls keine neue Vereinbarung zustande kommt, gäbe es ab 2026 keine vertraglichen Beschränkungen mehr…

      • am 11.06.2025 um 09:41 Uhr
        Permalink

        Kriegsparteien müssen zwischen zivilen und militärischen Objekten unterscheiden (Grundsatz der Distinktion, Art. 48 ZP I).

        Die Nutzung ziviler Fahrzeuge für militärische Zwecke macht sie zu legitimen Angriffszielen und gefährdet Zivilisten.

        Der vorsätzliche Missbrauch ziviler Transportmittel für Kriegshandlungen kann als Kriegsverbrechen gelten (Art. 8 des Römischen Statuts des ICC).

        Zivile Fahrzeuge und Transportmittel sind geschützt, solange sie nicht militärisch genutzt werden. Ihr Missbrauch für Kampfhandlungen ist völkerrechtswidrig und kann strafbar sein. Im Zweifel entscheiden die Umstände (z. B. ob das Fahrzeug direkt in Feindseligkeiten eingebunden ist).

        Für detaillierte Fälle sind zusätzlich die Regeln des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Vorsorgegebots (Art. 57 ZP I) relevant.

        Quellen: Genfer Konventionen 1949, ZP I (1977), Römisches Statut des ICC.

  • am 11.06.2025 um 07:25 Uhr
    Permalink

    «Die grossen Bomber Tu-95 und Tu-22 standen ungeschützt auf Flugplätzen, damit die USA Zahl und Bewegungen kontrollieren können.»

    Mit anderen Worten: Der Westen hat also mit den USA und UK wieder einmal einen Vertrag gebrochen, der mit Russland geschlossen wurde, um die Welt sicherer zu machen. In diesem Fall ist es der Vertrag über den Offenen Himmel.

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