Kommentar

Unverständliche Reaktion auf russische Feuerpause

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Während der orthodoxen Weihnachten am 7. Januar hat Russland eine kurze Feuerpause angekündigt. Erfreulich für die Einwohner.

Für die betroffenen Einwohner und orthodoxen Christen im Kriegsgebiet eigentlich eine erfreuliche Nachricht.

Doch Politiker und Medien überschlagen sich mit schwer nachvollziehbaren Reaktionen. Fernsehen und Radio zitieren fast stündlich Präsident Biden und Ukraines Präsident Selensky, die Russland jede Legitimität absprechen, auch eine nur 36-stündige Waffenruhe vorzuschlagen oder einseitig zu respektieren. Eine solche Waffenruhe sei nicht glaubhaft und scheinheilig, ja eine «zynische Falle», wolle die Ukraine in ein böses Licht stellen, falls sie nicht mitmacht. Und das im Donbass bedrängte Russland werde die Feuerpause dazu nutzen, um seine Gefechtspositionen zu stärken.

Es fällt auf: Noch während unserer Weihnachten am 25. Dezember sowie am Neujahrstag, als Russland den Beschuss ukrainischer Städte nicht unterbrach, wurde dies als besonders unmenschlich und brutal kritisiert. Wie hätten Biden, Putin und grosse Medien reagiert, falls Putin am 25. Dezember eine Feuerpause angeboten hätte?

Man kann sich zudem fragen: Ist eine 36-stündige Feuerpause während der höchsten orthodoxen Feiertage tatsächlich geeignet, das militärische Gleichgewicht an den Fronten zu verändern? Falls ja: Kann eine Feuerpause nicht auch dem ukrainischen Militär Gelegenheit bieten, seine Positionen zu stärken?

Die Ukraine hätte Bedingungen stellen können, um ihrerseits eine kurze Feuerpause einzuhalten. Die vorgeschlagene Mini-Feuerpause wäre auch als ein ausnahmsweise kleines positives Signal aus Moskau zu verstehen gewesen. Die Betroffenen in den Kriegsgebieten hätte dies während ihrer Weihnachten am 7. Januar wohl begrüsst.


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Keine
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17 Meinungen

  • am 6.01.2023 um 11:21 Uhr
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    Nachdem Russland über die Festtage (Weihnacht ist ja auch nicht ohne) dieses Land mit Drohnen und Raketen zugedeckt haben zur Zerstörung der Infrastruktur, soll jetzt die Ukraine diese «Waffenruhe» erfreut und dankbar annehmen? Man versetze sich einmal in die Position der ukrainischen Regierung, die bald über 10 Monate diesen putinschen Irrsinn ertragen muss. Putin hat eben gerade keine Pause über Weihnachten gemacht – das wäre ein positives Zeichen gewesen. Und Patriarch Kirill steht wohl nur aus Nächstenliebe hinter diesem Angebot….

  • am 6.01.2023 um 11:47 Uhr
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    Für mich lautet der entscheidende Satz in Ihrem Text: «Wie hätten Biden, Putin und grosse Medien reagiert, falls Putin am 25. Dezember eine Feuerpause angeboten hätte?» Er hat das eben nicht. Das hätte etwas Menschliches an sich gehabt, vielleicht. Jetzt zeigt er nur, wie wenig das Mennschliche für ihn bedeutet. Menschen, die am 25. Dezember Weihnachten feiern, sind offensichtlich deutlich weniger wert als solche, die es am 6. Januar tun. Aber er wird die Reaktionen im Westen und in der Ukraine mit Sicherheit propagandistisch ausnutzen.

    • am 6.01.2023 um 22:15 Uhr
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      Abgesehen davon, dass wohl alle aktiv Kriegsbeteiligten den Sinn von Weihnachten nicht wirklich zu verstehen scheinen, ist nicht auch in der Ukraine das orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar?

      Wenn aber Kiew oder dem Westen ein gewaltfreies Weihnachten am 25. Dezember wichtig gewesen wäre, warum hat das niemand vorgeschlagen oder einseitig Feuerpause angeordnet?

      Die betroffene Bevölkerung würde sich über eine Feuerpause sicher nicht beklagen, egal ob am 25.12. oder 7.1.
      Die Argumentation scheint mir schon manchmal sehr konstruiert …

  • am 6.01.2023 um 12:15 Uhr
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    In Putin steckt nicht der kleinste Funken von Menschlichkeit. Das hat er in den letzten Monaten täglich demonstriert. So muss eigentlich jedem klar sein, dass sein Angebot einer Waffenruhe nicht ohne Hintergedanken ist. Insofern ist die fehlende Begeisterung über dieses Friedensangebot gut nachvollziehbar. Wenn es Putin ernst damit wäre, könnte er ja einfach die Waffen schweigen lassen.

    • am 6.01.2023 um 23:33 Uhr
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      aktuelle Meldung zum Thema:

      «… Die Ukraine hatte den Vorschlag des orthodoxen Moskauer Patriarchen Kirill von Anfang an abgelehnt, weil Kirill »russische Kriegspropaganda« betreibe. Der russische Präsident Wladimir Putin war dagegen seinem Aufruf gefolgt und hatte von Freitag zwölf Uhr (Ortszeit) bis Sonnabend mitternacht eine Feuerpause angeordnet.

      Ukrainische Soldaten im Donezker Gebiet eröffneten jedoch das Feuer auf Stellungen der russischen Truppen. »Auf diese Weise gratulieren sie den Besatzern zum bevorstehenden Weihnachten!«, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Freitag in sozialen Netzwerken mit. In der Kleinstadt Bachmut seien russische Stellungen mit 120-Millimeter-Mörsergranaten als »Geschenk« beschossen worden. …»

      aus: https://www.jungewelt.de/artikel/442275.ukraine-krieg-auch-zu-weihnachten.html

  • am 6.01.2023 um 12:42 Uhr
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    Ich kann diese Gedanken gut nachvollziehen, natürlich wäre es für alle Betroffenen ein Moment des Aufatmens, ein klitzekleines Zeichen von Menschlichkeit.

    Die Reaktionen hierzulande und vom US-Präsidenten wundern mich allerdings nicht. Eine Unterbrechung der Gewalt, und sei sie noch so kurz, zumal auf Initiative von Moskau, passt einfach nicht in die hiesige Propaganda. Das «Böse» kann nur Böses im Sinn haben …

    Dass die Situation der Menschen im Kriegsgebiet niemanden unter den Entscheidungsträgern wirklich interessiert, wissen wir doch längst.

    Die Eskalationsschraube wird weitergedreht, da darf es keine Unterbrechung geben. Dazu passen doch schön die in der heimatlichen Weihnachts- und Neujahrszeit angekündigten französischen und deutschen Panzerlieferungen wie auch die Drohnenangriffe auf die Krim und die russischen Militärflughäfen.

    Wir brauchen eine Friedensinitiative von unten, unsere Staatsführer sind völlig unfähig und unwillig dazu. Aber wie kann das gehen?

    • am 9.01.2023 um 08:20 Uhr
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      Aufgrund Ihres Beitrags, Herr Langhammer, könnte man zum Eindruck kommen, es sei immer und ausschliesslich der Westen, d.h. USA und Nato, der diesen fürchterlichen Konflikt anheizt. «Die Eskalationsschraube wird weitergedreht» – ja, diesen Eindruck habe ich auch, aber im umgekehrten Sinn. Vor einem Jahr haben mehrere westliche Staatsführer bei Besuchen in Moskau versucht, eine Eskalation zu verhindern – Putin hat zugesichert, es gebe keine Invasion. Er hat später behauptet, die Ukraine hätte sonst Russland überfallen – was selbst von russischer Seite bestritten wird. «Dazu (zur Eskalation) passen doch schön … die Drohnenangriffe auf die Krim und die russischen Militärflughäfen …» – die seit Monaten andauernden Drohnen- und Raketenangriffe auf die ukrainischen Städte sind Ihrer Aufmerksamkeit entgangen? Ist es denn Eskalation, wenn ein Angegriffener sich zur Wehr setzt?

  • am 6.01.2023 um 12:48 Uhr
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    Die Medien inkl. SRG treiben die Politik vor sich her, wer nicht die gefährliche Eskalation fordert wird als Putinversteher diffamiert, Pazifismus ist ein Schimpfwort.
    Beispiel Tagesschau vom 5.1.: Frau Tschirky („aus meiner Sicht, ich vermute 1., 2., 3. Ich nehme an) behauptet Misnk 1 und 2 seien seit 24.2.22 hinfällig, obwohl Merkel/Hollande kürzlich bekannten, diese Verträge dienten nur dazu der Ukraine Zeit für Aufrüstung zu geben. Für sie ist jede Information aus Russland Propaganda, Aussagen von Vertretern der UKR jedoch Fakten.

  • am 6.01.2023 um 13:22 Uhr
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    Bravo Urs Gasche! Ein ausgezeichneter Artikel zur richtigen Zeit. Wir brauchen solche gute Journalisten wie Sie.
    Ganz herzlichen Dank!

  • am 6.01.2023 um 14:51 Uhr
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    Danke Herr Gasche

  • am 6.01.2023 um 16:00 Uhr
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    Russland kann auch den ganzen Krieg per sofort beenden wenn sie das wollen, indem sie einseitig eine unlimitierte Feuerpase nicht nur ausrufen, sondern auch einhalten.Sofern sie ihre Truppen nicht in fremden Territorien stehen lassen, brauchen sie auch keine Angriffe auf ihr eigenes Land zu befürchten. Wollen sie aber nicht, sie halten nach wie vor an ihrem Kriegsziel ‹Eroberung oder Zerstörung der ganzen Ukraine› fest. Auch Friedensverhandlungen, das haben sie ganz klar gemacht, können nur unter Berücksichtigung der ’neuen territorialen Realitäten› stattfinden. Ein Abrücken von all diesen Zielen, wäre ein Applaus wert; eine kurze Feuerpause, nicht wegen der Bevölkerung in der Ukraine, sondern um das eigene private Weihnachtsfest zu retten, ist unter diesen Umständen niochts anderes als eine Verhöhnung der Ukraine.

  • am 6.01.2023 um 17:07 Uhr
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    Als Kind dachte ich, Amerika wäre etwas Besonderes. Es wäre die aktuelle Vorbildnation. Je älter ich wurde, desto mehr sah ich, daß dies alles nur eine Illusion war. Eine große Enttäuschung, eine Nation welche ihre Chancen vertan hatte. Es ist wirklich sehr enttäuschend.

  • am 6.01.2023 um 18:50 Uhr
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    Es lohnt sich nicht mehr, die (AZ-Medien-)Zeitung zu lesen oder SRG-Medien zu hören. Die Berichterstattung ist so unglaublich einseitig, dass man schon fast Erbarmen haben muss mit denen, die jeden Tag diese schreiben müssen. Zum Glück gibt es das Internet, wo man nach zwei, drei Sätzen den Wahrheitsgehalt grob einschätzen kann. Ein schwacher Trost ist, dass es in den umliegenden Ländern noch schlimmer ist, weil dort etliche ausländische Quellen wegen Zensur nicht verfügbar sind. Wohin wird diese Blase unser Land noch tragen?

  • am 7.01.2023 um 00:20 Uhr
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    In der Ukraine wird Weihnachten traditionell am 7. Januar gefeiert. Ueber eine Feuerpause am 7. Januar müssten also auch die Ukrainer erfreut sein.

  • am 7.01.2023 um 02:24 Uhr
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    Ja, Herr Gasche, ich habe mich auch über unsere Medien geärgert. Und nicht nur über die Medien, sondern auch über unsere schwachen Politiker, die sich von den USA unter Druck setzen lassen und gleich mit neuen schweren Waffenlieferungen an die Ukraine prahlen. Nicht nur pueril, sondern auch gefährlich. An Verhandlungen denkt niemand, Vorschläge werden gar nicht kommentiert und studiert, man tötet weiter! Das kann nicht gut kommen. Haben sich unsere Politiker überlegt, was sie tun würden, falls der Serbien-Kosovokonflikt sich als neues Pulverfass enthüllen würde???
    Es wäre Zeit, dass sich Europa von den USA löst, die Nato auflöst und eine selbständige Armee aufstellen würde. Da wäre Russland vielleicht nicht mehr unser Feind, sondern ein Gesprächspartner. Der Krieg wäre sicher nicht in dem Masse ausgeartet!

  • am 7.01.2023 um 16:07 Uhr
    Permalink

    Weshalb springt der Gegenpart automatisch eine Ziffer hoch, wenn ich einen Kommentar bewerte?

    • am 8.01.2023 um 22:38 Uhr
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      Vielleicht sehen Sie nicht den aktellen Stand. Zuerst Seite neue laden (refresh page), dann Daumen anklicken.

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