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John R. Bolton erhält den «Guardian of Zion Award» in Jerusalem 2017 © John Bolton

John Bolton: «Grossartig für die USA» – und jetzt glaubwürdig?

Christian Müller /  Die Trump-Kritiker freuen sich über ein Trump-kritisches Buch von John Bolton. Doch wer ist dieser John Bolton?

Am 1. Juni 2017 durfte John R. Bolton in Jerusalem vom «Ingeborg Rennert Center for Jerusalem Studies» den «Guardian of Zion Award» entgegennehmen. Er war damals Chairman des Think-Tanks «Gatestone Institute», dessen selbstgewählte Mission es ist, weltweit Muslim-Hass zu verbreiten, in 16 verschiedenen Sprachen – auch wenn «Gatestone» es natürlich nicht so formuliert. Ein knappes Jahr später wurde John Bolton Donald Trumps Sicherheitsberater. Das «Gatestone Institute», das ihn damit gehen lassen musste, kommentierte das so:

«Das Gatestone Institute freut sich ausserordentlich und ist stolz darauf, dass sein Vorsitzender, Botschafter John R. Bolton, den Nationalen Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten leiten wird. Wir gratulieren ihm und Präsident Donald J. Trump herzlich zu einer Berufung, die grossartig ist für Amerika, seine Verbündeten und die freie Welt.»

Infosperber hat damals detailliert darüber berichtet.

Auch die NZZ hat diese damalige Berufung John Boltons zum Sicherheitsberater kommentiert. Ihr USA-Korrespondent Peter Winkler schrieb: «Der 69 Jahre alte Bolton verfasst zwar gern Analysen zu sicherheitspolitischen Fragen, darunter auch für das konservative ‹Wall Street Journal›. Doch am besten passte sein öffentliches Säbelrasseln stets zum Nachrichtenkanal Fox News, wo er ein gern gesehener Gast war. Er verkörpert das, was die Amerikaner gern als ‹red meat› bezeichnen: provokative Aussagen, welche vor allem unter Konservativen und Nationalisten die Gemüter in Wallung bringen.» Und NZZ-Ausland-Redaktor Andreas Rüesch vermerkte, die Berufung John Boltons zum Sicherheitsberater sei von «besonderer Brisanz»: «Bolton hat nie verhehlt, was seiner Ansicht nach die beste Lösung des Problems Iran wäre: nicht ein Abkommen voll fauler Kompromisse, sondern die Bombardierung der iranischen Atomanlagen. Kein Zweifel, der Wind aus Washington ist rauer geworden, und er wird noch rauer werden.»

«The Room where it happened» – ein Blick in den Raum, in dem es geschah – links Bolton, rechts Trump, beste Freunde, in vielen Punkten einig (Bild: Gov US).

Anderthalb Jahre später, im September 2019, war John R. Bolton als Sicherheitsberater schon wieder weg vom Fenster: Donald Trump hat auch ihn, wie etliche andere ehemals enge Vertraute vorher schon, nach kurzer Zeit wieder gefeuert.

Zwei Millionen Dollar Honorar für ein Buch über Trump

Jetzt hat dieser John R. Bolton ein Buch über seine Zeit mit Donald Trump geschrieben: «The Room where it happened», «Der Raum, in dem es geschah». Es kommt am nächsten Dienstag offiziell in die US-Buchhandlungen. Einzelne Passagen daraus hat der Verlag – eine clevere Werbung für das Buch – bereits bekannt gegeben. Und natürlich wird bereits über das Buch geschrieben. Andreas Rüesch in seinem Kommentar in der NZZ vom 19.6.2020: «Boltons Darstellung, die vom Weissen Haus zwar dementiert wird, aber glaubwürdig wirkt, ist entlarvend.»

Zwischenzeitlich versucht das Weisse Haus, den Verkauf des Buches mit juristischen Mitteln zu verhindern. Die Argumentation: Es handle sich um den Verrat von Geheimnissen. Trump seinerseits twittert, was Bolton schreibe, seien einfach Lügen und Fake Stories. «Ein übelgelaunter, langweiliger Verrückter, der immer nur Krieg beginnen wollte. Hatte von nichts eine Ahnung, wurde deshalb geächtet und glücklicherweise abserviert. Was für ein Dummkopf!» Geheimnisverrat also oder nur Lügen? Passt nicht wirklich zusammen.

So twitterte Donald Trump zum Buch von John R. Bolton. Lügen oder Geheimnisverrat?

Dumm ist John R. Bolton mit Sicherheit nicht. Mit einiger Wahrscheinlichkeit intelligenter und zumindest gebildeter als Trump. Aber auch ehrlich, gradlinig, ein «glaubwürdiger» Mann, wie er nun bezeichnet wurde? Oder doch eher ein geldgieriger Karrierist, fern jeder Moral? Als Voraushonorar für sein Buch, das zweifellos ein Bestseller wird, soll er schon mal zwei Millionen Dollar kassiert haben.

Die Buchrezensenten sollten an Gatestone denken

Schon bei seiner Ernennung zum Sicherheitsberater im März 2018 haben die wenigsten Kommentatoren das «Gatestone Institute», dessen Chairman Bolton damals war, erwähnt. Ein Fehler; denn was «Gatestone» fast täglich und oft in 16 verschiedenen Sprachen verbreitet, ist reiner Rassismus: Hass gegen die Muslime. Und «Gatestone» schreibt über alle Länder der Welt, auch über die Schweiz. So etwa brachte «Gatestone» im Juni 2018 einen Artikel von Judith Bergman, einer in Israel lebenden «Analystin», mit der Headline: «Die Schweiz heisst den muslimischen Terrorismus willkommen.» Und sie setzte, zum Entsetzen der Behörden von Baden im Aargau, ein wunderschönes Bild der Badener Altstadt dazu.

Infosperber berichtete auch darüber – mit dem gleichen Bild von Baden, das dann aber auf Wunsch des Badener Stadtammanns wieder entfernt wurde. Doch die Badener Behörden wollten das schöne Bild auch auf dem Artikel von «Gatestone» weg haben. Sie empfanden das Bild der Badener Altstadt über dem «Gatestone»-Artikel von Judith Bergman offensichtlich als imageschädigend. Infosperber empfahl deshalb der Stadt Baden, sich an Josef Bollag, einen in Baden wohnhaften Juristen, zu wenden. Bollag, einer der Gründer der Schweizer Plattform «Audiatur online», habe vermutlich gute Beziehungen zu «Gatestone», argumentierte Infosperber – und siehe da: Das Bild der Stadt Baden über dem «Gatestone»-Artikel von Judith Bergman verschwand tatsächlich und wurde durch ein Bild eines Schneeberges mit einer Schweizer Fahne ersetzt. Wie die Behörden der Stadt Baden Infosperber später schriftlich mitteilten, hatte die Stadt mit Bollag tatsächlich Kontakt aufgenommen, worauf das Bild der Stadt Baden von «Gatestone» entfernt wurde. Die Stadt bedankte sich bei Infosperber für den hilfreichen Tipp (*).

Perfekte «Swiss-Connections»

Warum der Tipp mit Josef Bollag? Von eben diesem Badener Juristen Josef Bollag wurde vor etlichen Jahren, wie oben erwähnt, die erwähnte Schweizer Plattform «Audiatur online» gegründet, damals unterstützt vom Zürcher PR-Berater Sacha Wigdorovits. In den letzten Jahren hat «Audiatur online» gegen 500 Artikel von «Gatestone» übernommen! Viel Kritisches über islamistische Bestrebungen und terroristische Organisationen und natürlich fast nur Gutes über Israel.

Und eine weitere «Swiss-Connection»: Der Zürcher IT-Mann Daniel Heiniger fungiert als Übersetzer zahlreicher «Gatestone»-Artikel aus dem Englischen ins Deutsche.

Wer jetzt in diesen Tagen einen Blick auf «Audiatur online» geworfen hat, fand zum Beispiel am 22. Mai einen Artikel, in dem ein Michel Calvo argumentiert, warum die geplante Annexion des Jordanlandes durch Israel nicht gegen das Völkerrecht verstosse. Vor 3500 Jahren habe Gott den Juden dieses Land geschenkt. Also seien die Juden die «indigenen» Besitzer dieses Landes. Und das Eigentum der Indigenen dieser Welt sei durch das international anerkannte Völkerrecht geschützt. Wörtlich: «Nach dem Völkerrecht sind die Juden die Ureinwohner der als Judäa, Samaria, Palästina, Israel und Heiliges Land bezeichneten Länder und erfüllen daher die völkerrechtlich geforderten Kriterien. Die Juden sind die ethnische Gruppe, die vor 3500 Jahren die ursprünglichen Siedler von Judäa und Samaria waren, als das Land vom Allmächtigen den Juden geschenkt wurde. Führer dieser Welt, die sich dafür entschieden haben, die Geschichte zu verwässern, bezeichnen Judäa und Samaria fälschlicherweise als ‹Westbank›, ‹Westjordanland› oder die ‹besetzten palästinensischen Gebiete›.» Wo erschien dieser Artikel von Michel Calvo zuerst? Drei Tage vorher, am 19. Mai, auf «Gatestone» natürlich.

Ein anderes Müsterchen von «Gatestone», diesmal aus den letzten Tagen (6. Juni 2020): «Killing Free Speech in Switzerland». Oder zu Deutsch auf «Gatestone», am 13. Juni, übersetzt auch hier wieder von Daniel Heiniger: «Abwürgen der Redefreiheit in der Schweiz». Einmal mehr von Judith Bergman, der in Israel lebenden «politischen Analystin».

Auch über die politischen Missetaten während Boltons Amtszeit als Sicherheitsberater unter Donald Trump hat Infosperber mehrmals informiert. Siehe die Links am Ende des Textes.

John R. Bolton: prädestiniert, über Donald Trump zu schreiben?

John Bolton war wie oben erwähnt vor seiner Berufung zum Sicherheitsberater durch Donald Trump fünf Jahre lang Chairman des «Gatestone Institute». Gerade auch in der Schweiz, wo wir eine sogar dem «Verband Schweizer Medien» angehörende Publikation «Audiatur online» haben, die regelmässig Artikel des «Gatestone Institute» übernimmt, sollten solche politischen «Connections» genau angeschaut werden. Es gibt gute Gründe, Donald Trump gegenüber kritisch zu sein: Ein Mann mit der politischen Vergangenheit eines John R. Bolton jedoch – als Chairman des «Gatestone Institute» ebenso wie als Sicherheitsberater unter Trump – ist alles andere als qualifiziert und legitimiert, in einem Buch mit dem Zeigefinger auf Donald Trump zu zielen. Auf «Schwiizertütsch» nennt man so etwas «Säuhäfeli, Säudeckeli».

Man ist gut beraten, beim Lesen dieses am Dienstag erscheinenden Buches die Geisteshaltung des Autors nicht zu vergessen – oder sich das Lesen ganz zu ersparen.

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* Nachtrag vom 17. Juli 2020: Aufgrund einer Beanstandung von «Audiatur online» wurden im obenstehenden Artikel einzelne Formulierungen geändert. (cm)

* Nachtrag vom 11. Juli 2020: Aufgrund einer erneuten Beanstandung von «Audiatur online» wurde im obenstehenden Artikel eine weitere einzelne Formulierung geändert. (cm)

Siehe dazu auch

  • «Bolton & Co. treiben den Iran zum Vertragsbruch» von Erich Gysling auf Infosperber
  • «Der Konflikt USA-Iran: eine nötige Auslegung» von Erich Gysling auf Infosperber
  • «Trump ohne Bolton: Verunsicherung bleibt Devise» von Erich Gysling auf Infosperber

    Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

    Zum Autor deutsch und englisch.

  • Zum Infosperber-Dossier:

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    US-Politik unter Donald Trump

    Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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    10 Meinungen

    • am 21.06.2020 um 11:59 Uhr
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      "Also seien die Juden die «indigenen» Besitzer dieses Landes. Und das Eigentum der Indigenen dieser Welt sei durch das international anerkannte Völkerrecht geschützt.» Aufgrund dieser Einschätzung gehören die USA und Kanada den indigenen Völker Nordamerikas!

    • am 21.06.2020 um 12:24 Uhr
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      Trump twittert viel Unsinn. Ein Satz in seinem Twitter über Boltons Buch charakterisiert diesen jedoch trefflich: «A disgruntled boring fool who only wanted to go to war.» John Bolton ist tatsächlich ein krankhafter Kriegstreiber. Vom Vietnam-, über den Irak- bis zum Syrien-Krieg und vielen anderen Kriegen und «regime changes», immer war Bolton einer der lautesten «warmongers». Sein grösstes Ziel: Krieg gegen den Iran, Hand in Hand mit Netanjahu. Dass Trump diesen Krieg – bis jetzt – verhindert hat, ist bemerkenswert, wenn man seine enge Verbindung mit Netanjahu und Israel kennt.

    • am 21.06.2020 um 12:40 Uhr
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      Bollag/ Wigdorovits haben auch den Badener Ammann Gary Müller abgeschossen (Gary Gates), der sich immer wieder als Israel Kritiker hervorgetan hat. Zufall? Wohl eher nicht

    • am 21.06.2020 um 14:11 Uhr
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      „We know where your kids live“-Bolton

      Im März 2002 traf Bolton – damals als Unterstaatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheitsfragen tätig – persönlich im Hauptquartier der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag ein, um den Leiter der Organisation, José Maurício Bustani, zu warnen. Bolton, so Bustani, nahm kein Blatt vor den Mund. «Cheney will Sie raus haben», erinnerte sich Bustani an Boltons Worte und bezog sich dabei auf den damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten. «Wir können Ihren Führungsstil nicht akzeptieren."
      Bolton fuhr fort: «Sie haben 24 Stunden, um die Organisation zu verlassen, und wenn Sie sich nicht an diese Entscheidung Washingtons halten, haben wir Möglichkeiten, Vergeltungsmaßnahmen gegen Sie zu ergreifen."
      Es gab eine Pause.
      "Wir wissen, wo Ihre Kinder leben. Sie haben zwei Söhne in New York."
      Bustani erzählte, dass er verblüfft war, aber sich weigerte, einen Rückzieher zu machen. «Meine Familie ist sich der Situation bewusst, und wir sind bereit, mit den Folgen meiner Entscheidung zu leben», antwortete er.

      Quelle: https://theintercept.com/2018/03/29/john-bolton-trump-bush-bustani-kids-opcw/

      Politik in übelster Mafia-Manier, mehr ist dazu nicht zu sagen.

    • am 21.06.2020 um 15:27 Uhr
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      Der Fairness halber sei aber auch erwähnt, dass liberale US Medien und Kommentatoren durchs Band auf’s schärfste verurteilen wie Bolton während dem ganzen Amtenthebungsverfahren schwieg und jetzt für Profit die Zeugenaussagen verkauft, welche im Verfahren fehlten und sogar im Buch zynisch sagt, die Ankläger hätten diese Fakten finden sollen im Verfahren.

    • am 21.06.2020 um 15:56 Uhr
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      Eine grosse starke ‹unglaubwürde› Bande (Trump-Lager)
      liegt im Bandenkrieg mit
      einer viel schwächeren ‹unglaubwürdigen› Bande (Gatestone).
      Beide schaden sich wohl damit.

      Wenn nach meiner Analyse beide Banden letzendlich u. indirekt mir und meinen Nächsten schaden, freut mich deren Machtkampf u. ich unterstütze mit meinen geringen Möglichkeiten natürlich eigen-verantwortlich die kleinere Bande. Viel Erfolg John Bolton.

      Mit Erkenntnisvermögen sind auch zutreffende Schlüsse aus Texten ‹unglaubwürdiger› Autoren zu ziehen.
      «Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann."
      Das gilt nicht nur in den Naturwissenschaften.
      Erst die Theorie, dass ‹auch› Bolton unglaubwürdig ist, automatisch mehr oder weniger glaubwürdig sein müsste, ermöglicht eine achtsamere Beobachtung und damit mehr Erkenntnisgewinn.

    • am 21.06.2020 um 18:50 Uhr
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      Tja, langsam dämmert es den republikanischen Hardlinern, dass sie den egomanen Kuckuck, den sie aufgefüttert haben, doch kein ihriger ist. Aber diese Einsicht macht die Boltons, Bannons, etc. in der Tat auch nicht sympathischer. Aber es schadet auch nichts, wenn sie sich untereinander selber zerfleischen.

    • am 22.06.2020 um 12:18 Uhr
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      Ist Trump deshalb auf der Abschussliste, weil er sich geweigert hat, den Netanyahu/Bolton-Krieg gegen den Iran loszutreten?

    • am 22.06.2020 um 21:48 Uhr
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      Vor 3500 Jahren hat Gott den Juden das Land Palästina, oder wie immer es damals hiess, geschenkt. So steht es in der Bibel! Was für ein Gott das wohl war, oder ist?
      Wigdorovits hatte Geri Müller, der Präsident der Gesellschaft Schweiz-Palästina war, eine Falle gestellt, in die Müller leider hinein getappt war.

      Bolton und Trump sind vom selben Kaliber.

    • am 2.08.2020 um 16:01 Uhr
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      Mit Recht fragen sich viele n den USA wie weltweit: Wie wird Trump mal sein Ende – als Politiker – erleben.

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