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NATO-Staaten (hellgrün) und Russland © ARD

Ein Vorschlag zum Frieden in der Ukraine

Andreas Buro und Karl Grobe /  Wenn Schuldzuweisungen wie im Kalten Krieg Konflikte zu verschärfen drohen, sind Ideen zur Deeskalation gefragt.

Jürgmeier. «Europa soll für einen Krieg fit gemacht werden», «Putin – Der Mann von gestern», «Der Russe ist an allem schuld», «Moskau versteht nur die Sprache der Stärke», «Unbequeme Fragen an Europa», «Die Nato ist nicht die Übeltäterin» – dies ein paar Titel zur Ukraine-Krise, auch von «InfoSperber», aus den letzten Wochen. Abseits der täglichen Schlagzeilen haben Andreas Buro (u.a. friedenspolitischer Sprecher des Komitees für Grundrechte und Demokratie in Deutschland, Träger des Aachener und Göttinger Friedenspreises) und Karl Grobe (freier Autor, ehemaliger leitender Redaktor Aussenpolitik der «Frankfurter Rundschau») ein Dossier zum Ukraine-Konflikt erarbeitet – Titel: Kooperation statt Konfrontation. Dies für die Kooperation für den Frieden (Dachorganisation von rund 60 Friedensorganisationen in Deutschland), die im Rahmen eines Monitoring-Projektes Analysen und Vorschläge für «Zivile Konfliktbearbeitung, Gewalt- und Kriegsprävention» für eskalationsgefährdete Situationen im europäischen Raum macht. Zum Beispiel, eben, zur Ukraine.

Eine Road-Map für die Ukraine

• Es besteht die Gefahr einer nicht gewollten militärischen Eskalation zwischen den Grossmächten. Die NATO und Russland erklären deshalb, sie wollten auf keinen Fall den Konflikt militärisch austragen. Deshalb solle zwischen NATO und Russland ein rotes Telefon und ein entsprechender Krisenstab eingerichtet werden.
• Die EU begrüsst diese Erklärungen und bietet Hilfe zur Deeskalation an.
• Russland stimmt diesem Vorschlag zu und beteiligt sich an dessen Verwirklichung.
• Die NATO erklärt, sie beabsichtige nicht, die Ukraine als Mitglied aufzunehmen und auch nicht in anderer Form mit ihr militärisch zu kooperieren.
• Die EU erklärt, sie betrachte alle Teile des mit Kiew abgeschlossenen Assoziierungsabkommens, die sich auf eine militärische Kooperation beziehen, als ungültig.

Neutrale Ukraine

• Kiew erklärt sich als neutral, wie es bereits in seiner Verfassung festgelegt ist. Es würde keinem Militärpakt beitreten.
• Die USA erinnern Russland an den trilateralen Vertrag zwischen der Ukraine, den USA und Russland vom 13.1.1994 in Moskau. Dabei wurden der Ukraine unter anderem Grenzgarantien zugesichert.
• Russland erklärt sich mit der Neutralität der Ukraine einverstanden und will sie dauerhaft respektieren.
• Russland beendet daraufhin stillschweigend seine Unterstützung für die Separatisten in der Ost-Ukraine.
• USA und EU akzeptieren die Neutralitätserklärung der Ukraine und bringen zum Ausdruck, sie dauerhaft respektieren zu wollen. Sie kündigen einen Plan an zur stufenweisen Beendigung ihrer Sanktionen gegen Russland und fordern dieses auf, es ihnen gleich zu tun.
• Kiew erlässt eine Amnestie für die Separatisten und gestattet ihren unbehinderten Abzug nach Russland.
• Kiew erarbeitet eine neue föderale Verfassung mit angemessenen Autonomierechten, die auch Minderheiten schützen. In ihr ist eine Wirtschaftsordnung festgelegt mit gleichberechtigten Beziehungen nach West und Ost unter Berücksichtigung der entwicklungspolitischen Bedürfnisse der Ukraine.
• Die NATO zieht die Streitkräfte wieder ab, die sie während des Konflikts in Mitgliedsstaaten mit einer Grenze zu Russland stationiert hatte.
• Kiew fordert eine neue Volksabstimmung auf der Krim über deren Sezession. Dabei wird Russland vorab vertraglich zugesichert, dass das Areal um den russischen Kriegshafen Sewastopol unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung exterritoriales Gebiet Russlands bleiben würde. Die Volksabstimmung soll unter strikter Kontrolle der OSZE erfolgen und die Ergebnisse wären verbindlich für alle. Russland müsse sich verpflichten, die kulturellen Rechte der Krimtataren zu respektieren, falls die Abstimmung die Angliederung der Krim an Russland bestätigt.
• Russland erklärt sich bereit, über die Modalitäten dieses Vorschlags zu verhandeln.

Aufhebung von Sanktionen

• USA, EU und NATO heben ihre Sanktionen gegen Russland auf.
• Russland erklärt sich bereit, mit Kiew über die Lieferung von Öl und Gas und die Verrechnung bestehender Schulden erneut zu verhandeln.
• Deutschland schlägt in Übereinstimmung mit der EU eine dauerhafte Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) vor – eventuell im Rahmen der OSZE. Auf ihr sollen in mehreren «Körben» die verschiedenen Themen behandelt und zur Schlichtung von Kon­troversen beigetragen werden.
• Kiew fordert Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldawien auf, sich ebenfalls für einen neutralen Status zu entscheiden und in regionaler Kooperation bestehende Differenzen – etwa bezogen auf Berg-Karabach und Transnistrien – beizulegen und gemeinsame Interessen zu vertreten.
• Die NATO verzichtet darauf, sich um einen Beitritt dieser Länder zu bemühen, falls diese sich für neutral erklären sollten.

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Dieser Vorschlag zum Frieden in und um die Ukraine erschien als «Road-Map für die Ukraine» in der September-Ausgabe der «Friedenszeitung».

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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Ukraine_Sprachen

Die Ukraine zwischen Ost und West: Jetzt von Russland angegriffen

Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

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5 Meinungen

  • am 25.09.2014 um 14:34 Uhr
    Permalink

    Die Ukraine darf nicht isoliert gesehen werden.
    Georgien mit Abchasien und Südossetien muss unbedingt in solche Überlegungen mit einbezogen werden. Georgien sieht sich spätestens seit dem 19. Jh. ernsthaft als Teil Europas; als Teil des Abendlandes schon viel länger.
    Hans Hauri

  • am 25.09.2014 um 16:46 Uhr
    Permalink

    Ein alternativer, meines Erachtens sehr viel einfacherer Vorschlag für einen Friedensplan:

    alle beteiligten Parteien bitten die OSZE darum die ukrainisch-russische Grenze mittels einer Beobachermission ausreichender Grösse und Stärke so abzusichern, dass der Transport von Waffen, Material und Kämpfern nicht mehr unentdeckt erfolgen kann und alle Versuche zu solchen Grenzüberschreitungen verhindert werden.
    Gelingt diese Grenzsicherung so ist es die Verpflichtung der Ukraine der eigenen Bevölkerung in international kontrollierter Form Optionen zur Selbstbestimmung zu ermöglichen.

  • am 25.09.2014 um 17:20 Uhr
    Permalink

    Hört sich gut an. Doch dieser Vorschlag beruht auf falschen Voraussetzungen. Wie kann man einfach so annehmen, alle Separatisten seien russische Staatsbürger? Die Mehrheit der Aufständischen rekrutiert sich aus Bürgern der Ukraine. Viele davon mögen ethnische Russen sein, viele davon Verwandte in Russland haben. Kommt dazu: Wenn sich nun die Regierung in Kiew als neutral ausgibt, also verlauten lässt, sie würde weder der Nato noch der EU beitreten, ändert nichts daran, dass die Bevölkerung der Ost-/ Südukraine mehrheitlich die derzeitige Führung der Restukraine ablehnt. Über Jahrzehnte werden die Bewohner des Donbass nicht vergessen, dass die ukrainische Nationalgarde und die mit ihr verbandelten Neonazi-Milizen ganze Wohnquartiere mit Artillerie und Bomben in Schutt und Asche gelegt haben, dass dadurch Tausende von Zivilisten umgekommen oder für das spätere Leben versehrt bleiben.
    Warum nicht die betroffene Bevölkerung fragen? Das liesse sich problemlos machen. Wollt ihr im Staatsverband der Ukraine ohne Sonderrechte (ohne Autonomie) verbleiben? Dies dürften die Provinzen der Ost-/Südukraine unisono ablehnen. Wollt ihr eine föderale Ukraine mit selbständigen Staaten nach dem Vorbild der Schweiz oder der USA? Dem könnten die Hälfte der Provinzen zustimmen. Wollt ihr einen eigenen Staat Ukraine? Dieser Vorschlag dürfte die grösste Zustimmung bekommen. Ein Anschluss an Russland steht nicht zur Diskussion, da Moskau das gar nicht will.

  • am 25.09.2014 um 17:23 Uhr
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    Da ist ein kleiner Verschreiber drin. Müsste heissen: «Wollt ihr einen eigen Staat Neurussland."

  • am 25.09.2014 um 22:03 Uhr
    Permalink

    Ideen von Aussen tragen nicht zu einer Deeskalation bei – sind darüber hinaus eine Entmündigung der Konfliktparteien. Genau das ist ja die Ursache dieser Krise.

    Es hilft nur Eines: Alle Einmischung von Aussen stoppen. Wenn wir was tun können und müssen, dann unseren Regierungen beibringen, dass wir nur demokratisch gewählte Staatsgewalten als legitim betrachten, keine Waffenexporte wollen, keine Nationen unterstützen wollen, die Konflikte schüren, nur um Rohstoffe abzuschöpfen.

    Unsere Regierungen folgen der Roadmap eines Imperiums, welches rohstoffreiche Regionen reihenweise ins Choas stürzt. Mit lächerlichen Argumenten wird dort zudem die ganze Infrastur für die Wertschöpfung der Rohstoffe zerstört (z. Bsp. Raffinerien).

    Also: Nicht die Ukraine braucht unsere Belehrungen oder eine «Roadmap» von uns aufgedrückt, sondern unsere eigenen Regierungen. Die Einmischung von Aussen ist das Problem, nicht die Lösung.

    Es ist mehr als überheblich und deplatziert von Deutschland aus Belehrungen an die Ukraine abzugeben, solange Mami am Zipfel von Onkel Sam hängt.

    Vorgestern im ZDF: 50 Minuten Wahrheit 😉

    https://www.youtube.com/watch?v=pNbmIpLe0lE

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