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Einsatzbereite Militärfahrzeuge in Bayern © BR

Die Nato sucht russischsprachige Manöver-Statisten

Christian Müller /  Sie sollten, im Idealfall, russisch sprechen können: Die Nato sucht offiziell «passende» Zivilbevölkerung für ihre Manöver.

Ältere Semester erinnern sich: Im Schweizer Militärdienst in den Jahren vor 1989 waren alle Manöver-Anlagen gleich: der Feind war rot und kam von Osten. Kalter Krieg halt.

Und heute?

Wär’s nicht zum Heulen, wär’s zum Lachen: Auf der Website Berlin.de sucht ein Personalbüro russischsprachige Personen für den Einsatz als Statisten in den kommenden Nato-Manövern auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in Bayern. Nämlich so:

Stellenangebote in Helfer/Helferin im Veranstaltungsservice

Details:
Beschäftigungsart: Arbeitsplatz
Eintrittstermin: 26.04.2017
Befristung: unbefristet
Einsatzort:
Verdienst: 88,40 bis 120.- € / Tag

Arbeitszeit – Zusatzinfo: Die Einsätze finden jeweils ca. 2 Wochen durchgehend (inkl. Wochenende) statt. Die durchgehende Teilnahme an jeweils einem vollständigen Einsatz ist dringend notwendig. Die Unterbringung und Verpflegung erfolgt vor Ort.
Stellenbeschreibung: Russisch – Rollenspieler /innen für NATO Übungen gesucht

1. Hintergrund

Gesucht werden Statisten für Rollenspiele bei Trainingseinsätzen der U.S. Army. Durch die Statisten wird die Zivilbevölkerung in Krisengebieten dargestellt. Dadurch wird ein realitätsnahes Übungsszenario für die Soldaten und somit eine optimale Vorbereitung für deren Auslandsmissionen erreicht.

Wir suchen insbesondere Mitarbeiter mit Deutsch- und Englischkenntnissen.

2. Zeitablauf und Anreise

Die Einsätze finden durchgehend (inkl. Wochenende) auf dem Truppenübungsgelände Hohenfels (zwischen Nürnberg und Regensburg) statt. Die durchgehende Teilnahme an jeweils einem vollständigen Einsatz ist dringend notwendig. Die endgültigen Termine werden den Teilnehmern ca. 4 Wochen im Voraus mitgeteilt.
Die Anreise erfolgt per Bus am Abend jeweils vor dem ersten Einsatztag, die Abreise abends am letzten Einsatztag (beides kostenlos). Die genauen Abfahrtszeiten und -orte der Busse werden den Teilnehmern schriftlich mitgeteilt.
Jeweils an den ersten beiden Einsatztagen findet eine Einführungs- und Schulungsveranstaltung für die Teilnehmer statt.

3. Teilnahmebedingungen

Gute Englisch- und Deutschkenntnisse werden für alle Teilnehmer vorausgesetzt. Zusätzlich gute Sprachkenntnisse in Russisch, Polnisch oder Tschechisch sind von grossem Vorteil.
Ausländische Bewerber müssen eine gültige Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis mitbringen. Alle Teilnehmer müssen zum Einsatz einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mitbringen deren Kopie bei Optronic vorliegt.
Die Lohnabrechnung erfolgt ausschließlich auf Lohnsteuerkarte. Diese muss zu Beginn der Veranstaltung zusammen mit dem vollständig ausgefüllten Personalfragebogen bei Optronic vorliegen.

4. Bedingungen vor Ort

Die Unterbringung erfolgt in Stockbetten in Soldatenunterkünften oder Häusern und Zelten auf dem Übungsgelände. Es sind getrennte Toiletten und Waschräume für Damen und Herren vorhanden. Das Verlassen des Kasernengeländes ist während der gesamten Veranstaltungsdauer nicht möglich (Ausnahme: Arztbesuch). Die Häuser in den Dörfern sind mit Heizung und Elektrizität und meist auch mit Wasseranschluss (Toiletten, Waschmöglichkeit) ausgestattet.
Aus Sicherheitsgründen ist das Mitführen von Mobiltelefonen sowie (mobilen) Personalcomputern etc. auf dem Truppenübungsgelände untersagt. Für dringende Nachrichten und Notfälle stehen ein lokales Funknetz und Notrufnummern bereit.
Alle Räumlichkeiten sind in gereinigtem Zustand. Sie müssen von den Teilnehmern selbst für den Zeitraum des Einsatzes sauber gehalten werden und am Ende wieder in einwandfreiem Zustand verlassen werden. Reinigungsmaterial wird gestellt.
Der Tagesablauf beginnt im Regelfall mit dem Aufstehen: 5 Uhr, Frühstück: 6 Uhr, Einsatzbeginn: 7 Uhr.
Die Verpflegung beinhaltet 3 Mahlzeiten am Tag (Die Mahlzeiten werden in einer Kantine, als Feldküche und/oder als Feldrationen serviert). Ausreichend Trinkwasser wird ebenfalls zur Verfügung gestellt.
Während des gesamten Aufenthaltes auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels herrscht ein striktes Alkoholverbot welches auch durch die Military Police mittels Atemalkoholtests überprüft wird. Selbstverständlich sind auch alle Drogen jeglicher Art strengstens untersagt. Verstöße werden mit sofortiger Kündigung und dem Verweis von dem Militärgelände geahndet (4.III).

5. Tätigkeitsbeschreibung

Die Teilnehmer spielen kleine Statistenrollen wie z. B. ein Viehzüchter, Ladenbesitzer oder auch der Bürgermeister eines Dorfes in Afghanistan der hin und wieder auch mit den anwesenden U.S. Streitkräften vermittelt und verhandelt. Auf dem Übungsgelände sind bis zu 10 Dörfer künstlich angelegt die jeweils aus 10 bis 30 Häusern bestehen.

Erfordernisse:

Sie sollten folgende Eigenschaften mitbringen: – Gute Sprachkenntnisse in Russisch – Grundkenntnisse in Englisch – Belastbarkeit – Teamfähigkeit – Flexibilität – Verantwortungsbewusstsein

Bewerbung:

Erforderliche Unterlagen: Weitere Informationen und Online-Bewerbung unter: www.us-statisten.de
Kontakt: Optronic HR GmbH, Maria-Merian-Str. 8, 85521 Ottobrunn
Rückfragen: Frau Polina Börroth , Personalabteilung
Telefon: +49 89 38164XXX
E-Mail: contact@us-statisten.de
Homepage: www.us-statisten.de/registration.html
Chiffre: (XXX)

Ende der Anzeige (die XXX sind von der Redaktion Infosperber gesetzt)
.

Unterschiedliche Reaktionen in Deutschland …

Die Stellenausschreibung wurde natürlich auch von den Medien nicht übersehen. Die Berliner Morgenpost brachte daraufhin sogar einen recht ausführlichen Bericht über solche Manöver auf Hohenfels. Man erfährt dort, dass es auf dem Übungsgelände der U.S. Army richtige kleine Dörfer hat. Nahkampf!

Nicht ganz so erfreut reagierte de.sputniknews.com. «Weltpolitisch katastrophal» zitiert die von Russland finanzierte Plattform einen Vertreter der deutschen Linkspartei. Auch im russischen Fernsehen wurde die Stellenanzeige auf Berlin.de gezeigt und kommentiert.

… und in der Schweiz

Überraschenderweise hat in der Schweiz nur die NZZ auf die Stellenausschreibung für die Nato-Manöver reagiert. Für sie ist es allerdings ganz normal, dass die Nato die Abschreckung gegen Russland probt. Im Vorspann des Artikels, wörtlich: «Die Suche nach russischsprachigen ‹Zivilisten› für ein Rollenspiel auf dem deutschen Truppenübungsplatz Hohenfels sorgt für Aufregung. Dabei macht die Nato kein Geheimnis daraus, dass sie die Abschreckung gegen Russland probt.» Und sie informiert ihre Leserinnen und Leser über den Truppenübungsplatz der U.S.Army auf Hohenfels unter der Zwischenüberschrift «Vorbereitung für den Kampf» so:
«Auslöser der Aufregung war ein Stelleninserat, das kürzlich auf einer offiziellen Job-Website der Stadt Berlin hochgeschaltet worden war. Darin sucht die Firma Optronic Komparsen, die Zivilisten in einem ‹realitätsnahen Übungsszenario› der amerikanischen Armee spielen. Dieses wird ab April im bayrischen Hohenfels inszeniert, einem 160 Quadratkilometer grossen Trainingsgelände, das die US Army seit 1951 benutzt. ‹Auf dem Übungsgelände sind bis zu 10 Dörfer künstlich angelegt die jeweils aus 10 bis 30 Häusern bestehen›, heisst es in der Annonce. 60’000 Soldaten bereiten sich hier jedes Jahr für den Einsatz in Krisengebieten vor.»

Für die einen sind es «Kriegspiele», für die anderen «Vorbereitung für den Einsatz in Krisengebieten». Aber es gibt eine Konstante: Die Einwohner der von der U.S.Army umkämpften Gebiete müssen – schon in der Vorbereitung natürlich – russisch sprechen.

Alles klar?

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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7 Meinungen

  • am 5.04.2017 um 13:56 Uhr
    Permalink

    Neben der grotesken Seit, dass in Afghanistan russisch gesprochen werden soll, gibt es die Seite einer erheblichen Gefährdung für Europa. Dieses Russlandfeindbild ist ja geradezu obsessiv. Russland hat weder die USA noch je Deutschland angegriffen. Es waren die Deutschen, die Russland für ihr 1000-jähriges Reich angriffen. Es ist unverständlich, dass Europa die USA-Aggressionen noch fördert. Der Hauptaggressor in der Welt sind noch immer die USA und nicht Russland!

  • am 6.04.2017 um 06:36 Uhr
    Permalink

    Danke für diesen Beitrag, IS!
    Herr Fritsche: Es ist nicht nur unverständlich, sondern vor allem und in höchstem Mass unverantwortlich, dass Europa die US-Aggressoren und Kriegstreiber fördert. Das ist beängstigend. Ich komme je länger je mehr zu der Überzeugung, dass Europa von verblendeten Irren mit Grossmachtfantasien regiert wird.

  • am 6.04.2017 um 08:57 Uhr
    Permalink

    Liebe Frau Zwahlen-Stucki: Nicht nur in Europa. Der Grund dafür könnte auch in der Hilflosigkeit der Machthaber liegen. Sie alle wurden durch ein längst veraltetes Bildungssystem trainiert auf schwarz/weiss, richtig/falsch und denken noch immer mit Ideologien und oder Religionen Probleme lösen zu können. Sie sind nicht in der Lage und heillos überfordert komplexe Verstrickungen zu erkennen und zu lösen. Die Grossmachtsphantasien sind ja jeder Religion und Ideologie inhärent, ja geradezu die Grundlage: Der «richtige» Glaube schliesst stets den anderen aus. So erleben wir eine Neuauflage mittelalterlicher Religionskriege! Die Verblendung ist die Blendung durch den Glorienschein der eigenen Überzeugung.

  • am 6.04.2017 um 13:10 Uhr
    Permalink

    Lieber Herr Fritsche, Ihr Antwort-Kommentar brachte mich zum lächeln. Grade bin ich dabei, einen Historienroman mit Kaiser Friedrich II als Hauptprotagonisten zu lesen, und Sie haben so recht mit der Neuauflage mittelalterlicher Religionskriege. Schon vor tausend Jahren kloppten sich die Moslems und die Christen. Tragisch, dass seither lediglich eine materielle Entwicklung stattgefunden hat. Die politischen Ränkespiele und Phantasien von damals unterscheiden sich in nichts zu denen von heute.

  • am 6.04.2017 um 14:37 Uhr
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    Liebe Frau Zwahlen-Stucki, Erhellendes dazu findet sich im sog. Kronprinzenprozess, Friedrich und Katte von R. Ahnert. Eine eindrückliche Schilderung der Erziehung «zum Mann» auch auf Kosten von Freundschaften.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 8.04.2017 um 11:15 Uhr
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    Das Szenario überrascht aber trotzdem etwas. wenn sich amerikanische Soldaten an russisch sprechende Dorfbewohner gewöhnen sollen, kann das doch nur heissen, dass ihre Regierung die Soldaten in russisch sprechende Gebiete schicken will.

    Das hat wohl mit üblicher Verteidigung nichts zu tun, wohl aber mit Invasionsgelüsten.

    Dass in Afghanistan russisch gesprochen werden soll ist in dieser Hinsicht vielleicht sogar etwas tröstlich. Die Geographiekentnisse der Kommandantur scheinen nicht besonders vertieft zu sein. Leider kann das aber auch bedeuten, dass institutionalisierte Ignoranz zu Kriegstätigkeiten führen, welche «niemand gewollt» hat.

    Wäre nicht das erste Mal, dass Angriffskriege aus der Illusion sich verteidigen zu müssen entstehen.

  • am 13.07.2017 um 15:46 Uhr
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    Seit dem zweiten Weltkrieg wird in den USA das Feindbild vom bösen Russland aufgebaut. Die Absicht ist, Russland total zu isolieren und US Truppen entlang der ganzen russischen Grenze. Das ist keine Verteidigung, sondern wiedereinmal ein Krieg den die USA im Ausland, nämlich in Europa führen wollen. Die Osterweiterung der NATO hatte nie einen andern Hintergrund. Das Schlimme ist, dass Frau Merkel und ihre Kriegsministerin das brav mitmachen. Die deutsche Kriegskasse soll wieder aufgestockt werden und deutsche Soldaten sollen wieder nach Russland ziehen. Wer beim Geschichtsunterricht etwas aufgepasst hat, weiss was das bedeutet.

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