Radio SRF 1 Wetter Prognose Gespräch

Geht's ums Wetter oder was? Die Wettergespräche auf Radio SRF 1 sind nicht hörerfreundlich. © SRF

«Welchen Haarfestiger braucht’s?»

Marco Diener /  Das Wetter auf Radio SRF ist ein Ärgernis. Moderatoren und Meteorologen schäkern und witzeln. Um die Prognose geht es nur am Rande.

Die Wettergespräche auf Radio SRF 1 sind anstrengend. Die Hörer müssen endlose Plaudereien und Witzeleien über sich ergehen lassen, ehe sie erfahren, wie das Wetter wird.

Besonders wichtig scheint, was jeder ohnehin schon sieht: Wie das Wetter gerade ist. Weniger wichtig scheint: Wie das Wetter wird. Die Prognose ist Nebensache.

Sechs Mal am Tag

Neben den Wetterprognosen in den Nachrichten bringt Radio SRF 1 sechs Mal am Tag ein Gespräch zwischen Moderator und Meteorologe – kurz vor 6 Uhr, vor 7 Uhr, vor 8 Uhr und vor 9 Uhr, vor den Mittagsnachrichten sowie kurz vor 17 Uhr.

Am längsten dauert das Gespräch am Mittag. Häufig sind es über fünf Minuten. Insgesamt dauern die Wettergespräche über den ganzen Tag gegen zwanzig Minuten.

Während einer Woche hat sich Infosperber jeden Mittag das Wettergespräch angehört. Hier drei Beispiele aus der letzten Woche.

Am Dienstag

Der Moderator kündigt an: «Und jetzt schalten wir am internationalen Tag der Muttersprache um auf Winterthurer Dialekt. Den Dialekt von Felix Blumer. Felix, scheint überall die Sonne im Land?»

Der Meteorologe antwortet: «Es scheint überall die Sonne.» Für Hörer, die es nicht begriffen haben: «Wir haben heute wirklich überall Sonnenschein.» Und im Südtessin: «Einfach Sonne mit ein paar Schleierwolken. Die haben jetzt mal einfach dekorativen Charakter.»

Während beinahe anderthalb Minuten bekommen die Leute vor dem Radio zu hören, was sie selber sehen, wenn sie zum Fenster hinausschauen. Erst dann beginnt der Meteorologe mit der Prognose.

Und am Schluss sagt der Moderator: «Felix Blumer mit dem Wetterüberblick. Vielen herzlichen Dank, Felix. Schönen Nachmittag.» Der Meteorologe: «Das wünsche ich dir auch.» Der Moderator: «Und guten Appetit, wenn es etwas gibt.» Meteorologe (bekommt einen Lachanfall): «Ja, es gibt etwas.»

Am Samstag

Den Moderator beschäftigt an diesem Tag nicht das künftige Wetter, sondern das vergangene: «Felix Blumer von SRF Meteo. Wenn wir uns das Wetter ein bisschen durch den Kopf gehen lassen. In der Nacht hat es kräftig geregnet. Sogar gewittert. Man hat es donnern hören. Die Sonne, sagst du, Felix, die scheint aber wieder.»

Der Meteorologe verliert sich in allerlei Details: «Am Jura-Südfuss haben wir einen Nordföhn, der über den Jura hinunterzieht. Deshalb ist es in der Region Biel ziemlich sonnig.» Oder: «Aktuell haben wir im Bleniotal 15 Grad.» Und: «Die in Lugano haben wahrscheinlich eine ganz leichte Krise. Dort liegt nämlich stockdichter Nebel. Die Sichtweite liegt irgendwo bei 200 Metern.» Wer in Lugano ist, sieht das selbst. Wer nicht in Lugano ist, interessiert sich dafür wohl nur mässig. Die Prognose für die nächsten Tage beginnt erst nach zwei Minuten.

Am Sonntag

Weil die Bise bläst, fragt die Moderatorin: «Welchen Haarfestiger braucht es für die, die hinausgehen?» Der Meteorologe antwortet: «Da bin ich jetzt nicht so sattelfest. Weil ich meine Naturlocken (Lachanfall der Moderatorin) ihrem Schicksal überlasse.»

Der Meteorologe bemüht sich weiter um Originalität: «Ich gehe davon aus, dass es im Verlauf des Nachmittags auch mal im Flachland wenige Flocken geben kann. Also nicht, dass man es nachher messen könnte, aber dass es unmotiviert vor sich hin flockt. Das ist durchaus drin.»

Die Moderatorin ihrerseits wagt sich an ein Wortspiel: «Du, aber nochmals: Diese fiese Bise – begleitet uns die morgen weiterhin?»

Und sie liefert gleich noch ein Witzchen zur Basler Fasnacht: «Du, wenn es beim Piccolo-Spielen so komisch klappert – das sind die Finger.» Darüber muss sie sellbst herzhaft lachen.

Der Meteorologe sagt relativ stabiles Wetter voraus. Die Moderatorin: «Das ist ja eigentlich ein bisschen langweilig. Gerade für dich als Experte.» Der Meteorologe: «Zwischendurch ein bisschen Langeweile schadet auch nicht (Moderatorin muss lachen).»

Das Problem

Lustig oder nicht – das ist Geschmackssache. Das Problem liegt anderswo: Der Smalltalk, die Witzchen und die Neckereien dauern so lange, dass es für die Hörer nicht einfach ist, die Aufmerksamkeit hochzuhalten. Und wenn nach dem ganzen Vorgeplänkel endlich die Prognose kommt, haben viele Hörer geistig schon längst abgeschaltet.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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8 Meinungen

  • am 28.02.2023 um 13:20 Uhr
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    Radio höre ich schon seit 18 Monaten nicht mehr. Ich habe die App von MeteoSwiss – da gibts nur Fakten. Die für mich relevaten Ortschaften habe ich mit Messstation in den Favoriten. Der Blog wird auch mit spannenden Themen bespielt. Das Niederschlafsradar ist auch sehr hilfreich – gerade im Sommer. Dann kann man die Gewitterzellen beobachten und abschätzen ob man besser drin bleibt.
    SwissMeteo-App ⭐⭐⭐⭐⭐

  • am 28.02.2023 um 13:41 Uhr
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    Endlich wagt es jemand, dieses unsäglich Geplauder anzuprangern. Das ist aber nicht nur beim Wetter so. Auch am Morgen sind 2 Moderatoren «am Werk» (frührer reichte eine Person), die dann
    Herumblöldeln und erzählen was sie privat machten oder vorhaben etc. Und der Clou; bei den doch recht einfachen Spielchen wird dann der zweite Moderator als Schiedsrichter bezeichnet, den es ja gar nicht braucht. Aber es braucht halt eine Rechtfertigung für die zweite Person am Sender.
    Deshalb stimme ich der Halbierung der Empfangsgebühr zu, und ich hoffe, dass es viele andere auch tun. Denn nur über das Geld kann man bei SRF etwas erreichen.

  • ToniKoller
    am 28.02.2023 um 13:46 Uhr
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    Stimmt – und leider nicht nur für die Wettergespräche: Die Moderation beim biederen Radio SRF1 (Info-Sendungen ausgenommen) nervt allgemein mit dem krampfhaften Versuch, stets «gute Laune» zu verbreiten und «lustig» zu sein. Die Hörerschaft soll «bei der Hand genommen» werden – und muss sich dabei vorkommen wie eine Schar von Kindergärtelern.
    Man höre als Kontrast das Westschweizer Pendant RTS «La Première»: Die welschen Radioleute nehmen ihr Publikum für voll!

  • am 28.02.2023 um 18:50 Uhr
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    Kürzlich frühmorgens in Radio 1: «Tiefliegender Hochnebel».

  • am 1.03.2023 um 04:59 Uhr
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    Ich finde es durchaus sympathisch, wenn Wetterprognosen – die ja für alle Menschen irgendwie lebens- und alltagsbestimmend sind – auf lustige Weise verbreitet werden. Auch hier liegt aber die Würze in der Kürze. Was mich weit mehr stört und irritiert ist, dass die Börsennachrichten vor den Wetternachrichten gesendet werden. Ich deute das als ein Zeichen unserer völlig entwerteten, entarteten und deregulierten Gesellschaft. Das Wetter kann die Börse beeinflussen, die Börse aber nicht das Wetter. Deshalb muss die Meteorologie höher eingestuft werden und müsste Vorrang vor den Börsenkursen haben.

  • am 1.03.2023 um 17:53 Uhr
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    Ein Spässchen lockert auf und schon scheint die Sonne….das Leben ist schon streng genug mit uns.

  • am 2.03.2023 um 17:06 Uhr
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    Launische Bemerkungen über Wetterkapriolen am Radio sollten uns nicht die gute Laune verderben. Wie Marco Diener selber erwähnt, sind Witz und Humor Geschmacksache. Wer sich nervt, dass gewisse Spässe unter seinem Niveau liegen, ein Unwohlsein und vorzeitige geistige Ermüdung erzeugen, wende doch ein einfaches Mittel an: Drücken Sie «off», und schalten Sie erst wieder ein, wenn auf nüchterne Art die regulären, meist todernsten (im wahrsten Sinne des Wortes) Nachrichten erfolgen, inklusive Wetter.
    Mücke und Elefant sind nicht weit weg. Wegen einem Stürmchen im Wasserglas muss man nicht gleich einen Orkan gegen SRF heranbrausen lassen.

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 2.03.2023 um 21:15 Uhr
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      Ja, das Radio kann man durchaus ausschalten. Aber sind die ganzen Plaudereien und die faulen Witze eines gebührenfinanzierten Radios würdig? Und muss sich SRF wirklich dem Niveau mancher Privatradios annähern?

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