Depositphotos_79686600_klein

Die meisten Menschen trinken jedes Jahr viele Liter Flaschenwasser - und damit mehr Plastik, als bisher bekannt. © Depositphotos

Erschreckend viel Plastik in Wasser aus PET-Flaschen

Daniela Gschweng /  In einem Liter Flaschenwasser schwimmen durchschnittlich 240’000 Plastikpartikel, fanden Forschende aus den USA.

Forschende der University of Columbia haben herausgefunden, dass Flaschenwasser weitaus mehr Plastik enthält, als bisher angenommen. In ihrer im Januar im Magazin «PNAS» publizierten Studie untersuchten die Forschenden das Wasser dreier gängiger US-Wassermarken aus Plastikflaschen.

Pro Liter Wasser fanden sie durchschnittlich 240’000 Plastikteilchen. Der grösste Teil davon war Nanoplastik aus PET (Polyethylenterephthalat). Das sind PET-Stückchen, die weniger als ein Mikrometer (0,001 Millimeter oder 1000 Nanometer) gross sind. Die Nanoplastik-Partikel stammen wahrscheinlich aus Abrieb von Deckel und Flaschenhals, der beim Öffnen und Wiederverschliessen entsteht. Damit hat sich 2021 schon einmal eine Studie beschäftigt.

Ein Zehntel der ultrakleinen Teilchen waren aus PA (Polyamid), PS (Polystyrol), PVC (Polyvinylchlorid) und PMMA (Polymethylmethacrylat). Ein Teil davon könnte aus Wasserfiltern stammen.

Warum fällt das erst jetzt auf?

240’000 Plastikteilchen – das sind deutlich mehr als bisher bekannt. Was teilweise daran liegt, dass noch niemand nach so kleinen Plastikstücken im Flaschenwasser gesucht hat. Das Forschenden-Team nutzte eine neue Messtechnik, die auch kleinste Plastikpartikel zuverlässig von anderen Stoffen unterscheiden kann.

Bisherige Analysen beschränkten sich auf Mikroplastik in der Grössenordnung von 5 Millimetern (5000 Mikrometer) bis etwa einem Mikrometer. Zum Vergleich: Ein Sandkorn hat einen Durchmesser von etwa 90 Mikrometern, ein menschliches Haar ist 50 bis 80 Mikrometer dick (0,05 bis 0,08 Millimeter).

partikelgroesse-mikro-nanoplastik
Grössenvergleich Mikro- und Nanoplastik

Wir produzieren Plastikschüsseln für die Ewigkeit

Dass sich Plastik in kleinsten Mengen überall findet, ist nicht weiter verwunderlich. Die Menschheit produziert seit den 1950er-Jahren tonnenweise Kunststoffe, die irgendwo bleiben müssen. Deren Zerfallsprodukte finden sich an den abgelegensten Orten des Planeten und auch im menschlichen Körper. Wir essen sie, trinken sie und atmen sie ein.

Nach einer populären Faustregel nehmen wir pro Woche etwa Plastik mit dem Gewicht einer Kreditkarte zu uns. Diese Aussage beruht auf einer Schätzung von 2019 und entspricht ungefähr fünf Gramm Plastik. Die Plastikfragmente wandern in innere Organe und können die Blut-Plazenta- und die Blut-Hirn-Schranke überwinden.

Wie gefährlich ist das?

Wir haben uns mehr oder weniger damit abgefunden, dass wir von Plastikfusseln und -krümeln umgeben sind. Die schiere Menge von 240’000 nicht sichtbaren Plastikteilchen in einem Liter Wasser hört sich dennoch besorgniserregend an. Ob und wie gesundheitsschädlich sie sind, ist allerdings noch kaum erforscht.

Mikroplastik steht im Verdacht, das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen zu erhöhen sowie ADHS und Autismus zu verstärken. Belegt ist das nicht. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Plastikteilchen im Körper Entzündungen fördern und so eine ganze Reihe von Krankheiten begünstigen können (Infosperber berichtete).

Nanoplastik sei potenziell schädlicher für die menschliche Gesundheit als Mikroplastik, sagt Wei Min, einer der Autoren der Studie. «Was auch immer Mikroplastik mit der menschlichen Gesundheit anrichtet: Ich würde sagen, dass Nanoplastik gefährlicher ist», sagte der Chemieprofessor an der Columbia University gegenüber der «Washington Post».

Sind Glasflaschen besser?

Also nur noch Wasser aus Glasflaschen? Im Prinzip schon, aber so einfach ist es leider nicht. Darena Schymanski, Doktorandin an der Universität Münster, untersuchte 2018 Wasser in Ein- und Mehrwegbehältern aus PET, Glas und Karton. Die Lebensmittelchemikerin fand in Mehrweggefässen durchweg mehr Plastikteilchen als in Einwegflaschen – egal, ob diese aus Plastik oder Glas bestanden. Sie vermutete, dass die Partikel beim Reinigen dort zurückbleiben. «Öko-Test» fand 2020 in einer Stichprobe aus PET- und Glasflaschen in den Glasflaschen allerdings kein Plastik.

Vielleicht sollten Sie sich mit Leitungswasser anfreunden, dieses wird zumindest streng kontrolliert. Pech allerdings, wenn Ihnen dabei die Blöterli fehlen: Wasser aus Sprudel-Geräten wie Soda Stream hat noch niemand auf Plastikpartikel untersucht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Laufen_ElizabethTable4Five

Öffentliche Gesundheit

Ob wir gesund bleiben, hängt auch von Bewegungsmöglichkeiten, Arbeitsplatz, Umwelt und Vorsorge ab.

goldstein

Plastik-Abfälle für die Ewigkeit

Kunststoffmüll wird zum Problem künftiger Generationen. Weltweit gelangen fast 80% in Umwelt und Deponien.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

3 Meinungen

  • am 31.01.2024 um 20:24 Uhr
    Permalink

    Leitungswasser ist leider keine Alternative. Die Leitungen sind mittlerweile auch schon aus Kunststoff. Wenigstens bei unserem EFH Neubau vor einigen Jahren (Kt. BE) habe ich nicht schlecht gestaunt: sowohl die Hauptleitung in der Strasse als auch das Hausnetz waren aus Kunststoff. Im Haus wollten wir eigentlich Inox, haben es aber dann sein gelassen, weil eh umsonst. Man darf gespannt sein, ob sich das zur Zeitbombe entwickelt…

  • am 1.02.2024 um 07:20 Uhr
    Permalink

    Interessant zu erfahren wäre, woher die anderen Kunststoff-Teilchen im Wasser tatsächlich stammen. Falls diese tatsächlich auch aus Wasserfiltern stammen, vermute ich, das dies Ultrafiltrationsanlagen oder Umkehrosmoseanlagen sind. Gerade die Ultrafiltrationsanlagen werden auch in der Schweiz genutzt (z.B. in Männedorf) für die Seewasseraufbereitung.
    Es muss aber auch gesagt werden: die Chance, dass wir über unser Essen Kunststoff-Nanopartikel aufnehmen, dürfte deutlich grösser sein. Bei der Produktion dürfte es deutlich mehr mehr Kontakt und Reibung mit Kunststoff geben. Z.B. Förderbänder, Transportgebinde, Verpackung.

  • am 1.02.2024 um 11:38 Uhr
    Permalink

    und was ist mit den Baby-Fläschchen?

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...